Rah

Oberseite der Untermars-Rah im Vortopp der Gorch Fock (1968)
Bergen der Rahsegel der Thor Heyerdahl

Die Rah (auch Raa oder Rahe) ist ein segeltragender Bestandteil der Takelage eines Segelschiffs.

Funktion

Rahen sind Rundstangen, meist aus Holz oder Stahl, deren beide Enden (Nocken) über den Mast hinausragen im Gegensatz zu Bäumen, Gaffeln und Sprieten, die an einem Ende am Mast angeschlagen sind. Die bekanntesten Segelformen an Rahen sind Lateinersegel, Luggersegel und die typischen symmetrischen, allgemein als Rahsegel bezeichneten Quersegel. Bei diesen ist die Rah quer zur Fahrtrichtung mit ihrer Mitte waagerecht an einem Rack an der Vorderseite des Mastes befestigt, das eine Drehbewegung (brassen) und eine senkrechte Bewegung (auftoppen) ermöglicht. Die Enden der Rah heißen Rahnocken und nehmen mit Anschlagmitteln und Rollen das laufende Gut zum Segelsetzen und Bewegen der Rah auf.

1. Vor-Untermast; 2. Vormarsstenge; 3. Vorbramstenge; 4. Vorroyalstenge; 5. Vorskysegelstenge; 6. Vorskysegeltopp; 7. Großmast; 8. Großmarsstenge; 9. Großbramstenge; 10. Großroyalstenge; 11. Großskysegelstenge; 12. Großflaggentopp; 13. Kreuzmast; 14. Kreuzmarsstenge; 15. Kreuzbramstenge; 16. Kreuzroyalstenge; 17. Kreuzskysegelstenge; 18. Kreuzflaggentopp; 19. Bugspriet; 20. Klüverbaum; 21. Flieger; 22. Delphingeisel; 23. Vorrah; 24. Voruntermarsrah; 25. Vorobermarsrah; 26. Vorunterbramrah; 27. Voroberbramrah; 28. Vorroyalrah; 29. Vorskysegelrah; 30. Großrah; 31. Großuntermarsrah; 32. Großobermarsrah; 33. Großunterbramrah; 34. Großoberbramrah; 35. Großroyalrah; 36. Großskysegelrah; 38. Kreuzuntermarsrah; 39. Kreuzobermarsrah; 40. Kreuzunterbramrah; 41. Kreuzoberbramrah; 42. Kreuz-royalrah; 43. Kreuzskysegelrah; 44. Ausleger; 45. Vorgaffel; 46. Großgaffel; 47. Kreuzgaffel; 48. Besanbaum;

Eine Rah wird um den Mast gedreht („gebrasst“), bis das Rahsegel optimal zur Windrichtung steht und maximalen Vortrieb erzeugt. Im weiteren Sinne bedeutet brassen zu berücksichtigen, dass die Windströmung nahe der Wasseroberfläche abnimmt, so dass die optimale Ausrichtung übereinanderliegender Rahen eine spiralförmig leicht versetzte Anordnung ergibt.


Zum Reffen, Packen oder Entpacken des Segels stehen ausreichend viele Personen (Toppsgasten) auf dem Fußpeerd, einem in regelmäßigen Abständen an der Rah aufgehängten Tau, lehnen bäuchlings über die Rah und sind durch entsprechend geformte Schuhabsätze sowie mit Karabinerhaken gesichert. Das geborgene (aufgegeite) Segel wird unter der Rah eingebunden. An den Nocken der Rah erfordert diese Arbeit den größten Muskeleinsatz.

Auch für das Rahsegel gibt es Schoten; anders als bei Schratsegeln sind die Schoten beim Rahsegel eine zusätzliche Hilfe zum Setzen des Segels und ziehen die unteren Ecken des Segels (Schothörner) zur darunterliegenden Rah. Nur die Schoten der untersten Segel werden zum Deck geführt und müssen beim Brassen mit bedient werden. Weiteres Tauwerk dieses Segeltyps sind Geitau und Gordinge, mit denen von Deck aus die Segel zur Rah aufgeholt (zusammengerafft) wird. Die Geien ziehen die Schothörner hoch, während die Gordinge (nicht bei allen Rahsegeln vorhanden) das Tuch zusammenziehen.

Während im Mittelalter die Rahbesegelung eher in nördlichen Regionen verbreitet war, entwickelte sich im Mittelmeer und in den arabischen Regionen die sogenannte Lateinertakelung mit Schratsegeln. Mit Lateinertakelung kann höher am Wind gesegelt werden, dafür hat die Rahbesegelung Vorteile bei Raumschotkursen, da der Aufwand für eine Halse viel kleiner ist und auch keine Gefahr einer Patenthalse besteht. Deshalb wählte z. B. Kolumbus für seine Atlantiküberquerung die Rahbesegelung. Mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Segeltechnik ging die sinnvolle Kombination der beiden Prinzipien einher. Beispiele für Mischformen der Takelung sind Rahschoner, Brigantine und Schebecke.

Die Rahen von historischen Großseglern konnten mehr als die doppelte Breite des Schiffsrumpfes haben. So wird von dem Viermast-Klipper Great Republic eine Großrah-Länge von 36,8 Metern und beim Adler von Lübeck von 34,2 Metern berichtet. Die jeweils höher gelegenen Rahen sind aus Gründen der Statik jeweils kürzer gehalten. Manche Großsegler konnten einige Rahen durch hinausschiebbare Leesegelspieren verlängern und dort Leesegel anschlagen, um schwache Winde besser auszunutzen.

Siehe auch

Wiktionary: Rah – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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Thor Heyerdahl Bergen der Segel2 0206.jpg
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Bergen der Segel auf der Thor Heyerdahl während der Kieler Woche 2007
Untermarsrah im Vortopp der Gorch Fock.JPG
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Untermars-Rah im Vortopp der Gorch Fock (1958)
Paasch Illus Mar Ency 1890 pl 73 - Full Rigged Ship at Anchor.jpg
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Full-rigged ship at anchor.
1. Fore mast; 2. Fore topmast; 3. Fore topgallant mast; 4. Fore royal mast; 5. Fore skysail mast; 6. Fore skysail pole; 7. Main mast; 8. Main topmast; 9. Main topgallant mast; 10. Main royal mast; 11. Main skysail mast; 12. Main skysail pole; 13. Mizzen mast; 14. Mizzen topmast; 15. Mizzen topgallant mast; 16. Mizzen royal mast; 17. Mizzen skysail mast; 18. Mizzen skysail pole; 19. Bowsprit; 20. Jib boom; 21. Flying jib boom; 22. Martingale boom, Martingale; 23. Fore yard; 24. Lower fore topsail yard; 25. Upper fore topsail yard; 26. Lower fore topgallant yard; 27. Upper fore topgallant yard; 28. Fore royal yard; 29. Fore skysail yard; 30. Main yard; 31. Lower main topsail yard; 32. Upper main topsail yard; 33. Lower main topgallant yard; 34; Upper main topgallant yard; 35. Main royal yard; 36. Main skysail yard; 37. Crossjack yard; 38. Lower mizzen topsail yard; 39. Upper mizzen topsail yard; 40. Lower mizzen topgallant yard; 41. Upper mizzen topgallant yard; 42. Mizzen royal yard; 43. Mizzen skysail yard; 44. Outriggers; 45. Fore gaff; 46. Main gaff; 47. Spanker gaff; 48. Spanker boom; 49. Monkey gaff. 50. Fore rigging; Fore lower rigging. 51. Fore topmast rigging. 52. Fore topgallant rigging. 53. Main rigging; Main lower rigging. 54. Main topmast rigging. 55. Main topgallant rigging. 56. Mizzen rigging; Mizzen lower rigging. 57. Mizzen topmast rigging. 58. Mizzen topgallant rigging. 59. Fore topmast backstays. 60. Fore topgallant backstays. 61. Fore royal backstay. 62. Fore skysail backstay. 63. Main topmast backstays. 64. Main topgallant backstays. 65. Main royal backstay. 66. Main skysail backstay. 67. Mizzen topmast backstays. 68. Mizzen topgallnt backstays. 69. Mizzen royal backstay. 70. Mizzen skysail backstay. 71. Fore stay. 72. Fore topmast stay. 73. Jib stay. 74. Fore topgallant stay. 75. Flying jib stay. 76. Fore royal stay. 77. Fore skysail stay. 78. Flying jib boom stay; Flying martingale stay. 79. Jib boom stay; Martingale stay. 80. Martingale guys; Martingale back ropes. 81. Bobstays.