Radiogalaxie

Die Radiogalaxie Hercules A in einer kombinierten Aufnahme im sichtbaren Spektrum (Hubble-Weltraumteleskop) und im Radiobereich (VLA)

Eine Radiogalaxie, ähnlich den radio-lauten Quasaren und Blazaren, ist eine aktive Galaxie, deren außergewöhnlich starke Kontinuums-Synchrotronstrahlung im Radiowellenbereich beobachtet werden kann.

Die beobachtete Radioemission entsteht hierbei durch die Wechselwirkung zwischen den Doppel-Materiestrahlen (engl. Jets) eines aktiven galaktischen Kerns und dem intergalaktischen Medium, wobei sie nahe dem aktiven galaktischen Kern durch relativistisches Beaming modifiziert werden kann.

Im Allgemeinen entstehen somit Emissionsgebiete, die weit über die eigentliche Ausdehnung der Galaxie in das umgebende Medium hinausreichen können. Die Galaxie muss aufgrund der zeitlichen Verzögerung der Wechselwirkung nicht gezwungenermaßen noch als aktive Galaxie beobachtbar sein. Fast ausschließlich handelt es sich jedoch um eine massereiche elliptische Galaxie.

Trotz ihrer extragalaktischen Entfernung gehören manche Radiogalaxien zu den scheinbar hellsten und zuerst entdeckten Radioquellen am Himmel, die nach dem Sternbild benannt sind, in dem sie gefunden wurden. Beispiele sind Virgo A und Cygnus A. Die uns nächste Radiogalaxie ist Centaurus A am Südhimmel.

Da die helleren Vertreter der Radiogalaxien bis hin zu hohen Distanzen sichtbar sind, stellen sie ein wertvolles Werkzeug der Kosmologie da. Lange waren sie die einzigen der genauen Beobachtung zugänglichen Galaxien im fernen Universum (Rotverschiebungen größer eins). Zudem wird anders als bei Quasaren die Galaxie im sichtbaren Licht nicht durch ihren Kern überstrahlt.

In jüngerer Zeit wurde zunehmender Aufwand betrieben, um zu verstehen, wie Radiogalaxien ihre Umgebung beeinflussen und selbst durch diese beeinflusst werden.[1][2] So ist z. B. der Ausstrom von Radiogalaxien in Galaxienhaufen und das damit verbundene Aufheizen des umgebenden Gases ein wichtiger Rückkopplungsmechanismus, um den Zustrom an kühlem Gas in deren Zentrum und damit auch allgemein die Sternentstehungsrate in den zentralen Galaxien zu unterdrücken.

Die Emission von Radiogalaxien kann dazu genutzt werden, um das intergalaktische Magnetfeld zu bestimmen, das vom Materiewind in den Raum getragen wird. Dazu sind Annahmen über die Elektronendichte, also der Dichte des umgebenden Mediums, notwendig.

Erscheinungsbild

Die Radiostrahlung vieler Radiogalaxien kommt aus zwei meist symmetrisch zum Kern angeordneten Emissionsgebieten (engl. Radiolobes), die mit Ausdehnungen bis zu mehreren Megaparsec wesentlich größer als die sichtbare Galaxie sind. Bisweilen sind dünne Materiestrahlen (engl. Jets) erkennbar, die diese Regionen mit dem Galaxienkern verbinden. Energiequelle von Radiogalaxien ist ein supermassereiches Schwarzes Loch im Galaxienkern, das einerseits Materie aufsaugt, aber auch in seiner Nähe ionisierte Materie auf Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, Magnetfelder verstärkt und Materiestrahlen aussendet. Sowohl in den Materiestrahlen als auch in den Gebieten, in denen sie auf das intergalaktische Medium auftreffen, ist die beobachtete Radiostrahlung Synchrotronstrahlung.

In der meist englischsprachigen Wissenschaftsliteratur existiert eine vielfältige Einteilung von Radiogalaxien in unterschiedliche Typen. Am bekanntesten ist die 1974 von Bernie Fanaroff und Julia Riley aufgestellte Einteilung auf der Basis des Verhältnisses der Helligkeit der Radiolobes und des Jets, mittlerweile zu Ehren dieser als FRI (Klasse I) und FRII (Klasse II) bezeichnet.

Begrifflichkeit

Der Begriff „Radiogalaxie“ wird bisweilen fehlgedeutet, da auch andere Galaxien – vor allem Starburstgalaxien – eine detektierbare Radioemission aufweisen können, aber nicht als Radiogalaxie bezeichnet werden.

Literatur

  • D. S. De Young: The Physics of Extragalactic Radio Sources. University of Chicago Press, Chicago 2002, ISBN 978-0226144153.
  • Philip E. Hardee: Energy transport in radio galaxies and quasars. Astronomical Society of the Pacific, San Francisco 1996, ISBN 1-886733-21-X.
  • Andrzej G. Pacholczyk: Radio galaxies. Pergamon Press, Oxford 1977, ISBN 0-08-021031-7.
  • Jeffrey Benett u. a.: Astronomie: Die kosmische Perspektive. Springer, München 2010, ISBN 978-3-8273-7360-1.
  • H. J. A. Röttgering: The most distant radio galaxies. North-Holland, Amsterdam 1999, ISBN 90-6984-238-6.

Einzelnachweise

  1. B. R. McNamara, P. E. J. Nulsen: Mechanical feedback from active galactic nuclei in galaxies, groups and clusters. In: New Journal of Physics. 14. Jahrgang, Nr. 5, 2012, S. 055023, doi:10.1088/1367-2630/14/5/055023, bibcode:2012NJPh...14e5023M (englisch).
  2. J. Ineson, et al., et al.: The cluster environments of radio-loud AGN. IAU Symposium. In: Extragalactic Jets from Every Angle. Honolulu, Hawai’i 2015, S. 299–300, doi:10.1017/S1743921315002367 (englisch).

Weblinks

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A Multi-Wavelength View of Radio Galaxy Hercules A.jpg
Autor/Urheber: NASA, ESA, S. Baum and C. O'Dea (RIT), R. Perley and W. Cotton (NRAO/AUI/NSF), and the Hubble Heritage Team (STScI/AURA), Lizenz: CC BY 3.0
Visible light image obtained by the Earth-orbiting Hubble Space Telescope superposed with a radio image taken by the Very Large Array (VLA) of radio telescopes in New Mexico, USA.