Römische Herberge (Xanten)
Die Römische Herberge in Xanten war eine Mansio in der antiken Colonia Ulpia Traiana, der römischen Vorgängerstadt des heutigen Xanten. Sie stand in der Insula 38 in der Nähe des Hafens am Rhein. Das Gebäude wurde ausgegraben und als Teil des Archäologischen Parks Xanten an Ort und Stelle rekonstruiert.
Beschreibung
Das zweigeschossige Bauwerk stand entlang einer Straße nahe dem Kleinen Hafentor der Stadtmauer der Colonia Ulpia Traiana im südöstlichen Teil der Insula 38. Es war ursprünglich 64 Meter lang und 10 Meter breit. Die Entstehungszeit wird in das vorletzte bis letzte Jahrzehnt des 1. Jahrhunderts datiert. Zu einem unbekannten späteren Zeitpunkt wurde der Bau auf eine Länge von 80 Meter und eine Breite von bis zu 25 Meter erweitert und erhielt einen Keller.
Vermutlich diente das Gebäude Kaufleuten, Handwerkern und wegen der Nähe zum Hafen wohl auch Schiffsreisenden als Unterkunft. Im Erdgeschoss gab es drei Eingänge, denen sich Gänge anschlossen, die quer durch den Bau führten. Von jedem Gang gingen nach links und rechts Kammern ab, die als Schlafkammern zur Unterbringung von Gästen gedeutet werden. Außerdem gab es größere Raumgruppen, die für wohlhabendere Reisende bestimmt gewesen sein können. Zum Hof bestand eine Zone, die als offener zweigeschossiger Portikus rekonstruiert wurde.
Unmittelbar an die Herberge schließen sich im Südwesten die Herbergsthermen als römische Badeanlage an. Es ist nicht bekannt, ob diese Anlage für die Herbergsgäste oder für die Bewohner des Stadtviertels bestimmt war.
Forschungsgeschichte und Rekonstruktion
Die Ausgrabung der Herberge fand zwischen 1974 und 1983 statt. Begonnen wurde sie mit der Absicht, für den neu gegründeten Archäologischen Park Xanten typische römische Handwerkerhäuser freizulegen. Die ergrabenen archäologischen Strukturen wurden zunächst als Haus am kleinen Hafentor bezeichnet. Während der Grabung erkannten die Archäologen, dass es sich bei dem Gebäudekomplex um die Reste einer Mansio handelt.
Bei der Ausgrabungen legten die Archäologen den Keller der antiken Herberge frei, wo sie in einer Brandschicht einen Antoninian (römische Silbermünze) aus der Zeit des Aurelian (regierte 270–275) fanden. Der Ausgräber Johann-Sebastian Kühlborn folgerte daraus, dass die Anlage wohl im Zuge der großen Einfälle durch fränkische Stämme in die gallischen und germanischen Provinzen in den Jahren 275/276 zerstört worden sei. In der Folge wurde mit diesem historisch bezeugten Ereignis auch die Zerstörung und Aufgabe der gesamten Stadt in Verbindung gebracht, auch wenn dafür sonst keine Hinweise vorliegen. Bernd Liesen und Marcus Reuter publizierten 2009 die archäologischen Funde aus den Kellerräumen und kamen zu dem Ergebnis, dass die Brandschicht mit der Münze als Indiz nicht ausreicht, um die Zerstörung der gesamten Colonia Ulpia Traiana mit den fränkischen Raubzügen westlich des Rheins in Verbindung zu bringen oder auch nur eine gewaltsame Zerstörung der Herberge zu behaupten.
Nach Abschluss der Ausgrabungen 1983 rekonstruierte Gundolf Precht die Mansio für den Archäologischen Park Xanten (APX) auf ihren originalen Grundmauern, ebenso den Keller. Die Innenräume des nachgebildeten Gebäudes wurden möbliert und mit Wandmalereien nach römischen Vorbildern geschmückt. In der Herberge gibt es ein Restaurant, in dem man unter anderem nach original römischen Rezepten gekochte Gerichte erhalten kann.
- Großzügiger Innenraum mit römischer Wandbemalung
- Küchenraum
- Kleinerer Schlafraum mit mehreren Betten
- Der Innenhof mit Portikus
Literatur
- Bernd Liesen, Marcus Reuter: Der Keller der mansio in Insula 38 und das Ende der Colonia Ulpia Traiana. In: Xantener Berichte. Band 15, 2009, S. 279–312 (online) (Publikation der Funde aus dem Keller und historische Einordnung der Aufgabe des Baus).
- Evamarie Goddard: Colonia Ulpia Traiana: Die Ausgrabungen im Bereich des Hauses am kleinen Hafentor (Insula 38). Dissertation, München 1990 (Dissertationsdruck erschienen im Selbstverlag, ohne Ortsangabe 1996; behandelt die Ergebnisse der Ausgrabungen von 1974 bis 1978).
- Peter Kienzle: Die zivile Wohnbebauung in der CUT. In: Martin Müller, Hans-Joachim Schalles, Norbert Zieling (Hrsg.): Colonia Ulpia Traiana. Xanten und sein Umland in römischer Zeit (= Geschichte der Stadt Xanten. Band 1). Philipp von Zabern, Mainz 2008, ISBN 978-3-8053-3953-7, S. 413–432, hier S. 427.
- Clive Bridger: Colonia Ulpia Traiana, Insula 38: Die Befunde der Grabung 1979 bis 1983 (= Rheinische Ausgrabungen. Band 31). Rheinland-Verlag in Kommission bei Dr. Rudolf Habelt, Köln/Bonn 1989, ISBN 3-7927-1132-X (die Ausgrabungen umfassten im Wesentlichen den Bereich der „Herbergsthermen“).
Weblinks
- Beschreibung der römischen Herberge auf der Website des Archäologischen Parks Xanten
Koordinaten: 51° 40′ 7,2″ N, 6° 26′ 55,7″ O
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Impressionen aus dem LVR-Archäologischer Park Xanten
Hier: Bilder aus der rekonstruierten Herberge
© Steffen Schmitz (Carschten) / Wikimedia Commons / CC BY-SA 4.0
Diese Aufnahme wurde mit einer Nikon D7000 erstellt.
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Schlafraum in der rekonstruierten Mansio der Colonia Ulpia Traiana im Archäologischen Park Xanten
Autor/Urheber: Carole Raddato from FRANKFURT, Germany, Lizenz: CC BY-SA 2.0
Reconstructed Roman furniture and mural painting in of the living room of the Roman Hostel, Xanten, Germany
Autor/Urheber: Hartmann Linge, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Küche in der rekonstruierten Mansio der Colonia Ulpia Traiana im Archäologischen Park Xanten