Röhrenblüte

Röhrenblüten im Blütenkörbchen der Schwarzäugigen Rudbeckie

Als Röhrenblüten (auch Scheibenblüten) bezeichnet man meist radiäre (aktinomorphe) Einzelblüten in den scheinblütigen Blütenkörbchen der Korbblütler (Asteraceae).[1][2] Röhrenblüten sind in der Regel zwittrig. Seltener sind sie rein weiblich, rein männlich oder unfruchtbar (steril).[1][3] Ist die Krone bei weiblichen Röhrenblüten verkümmert werden sie auch als „Fadenblüten“ bezeichnet wie bei Leontopodium, diese Blüten besitzen auch keine Staubblätter.[4]

Bei den Vertretern der Unterfamilie Asteroideae stehen die fast immer zwittrigen Röhrenblüten dicht in der Mitte des Blütenkörbchens. Am Rand werden sie umgeben von größeren Zungenblüten, die rein weiblich oder unfruchtbar sind und bestäubende Insekten anlocken.[1][3]

Bei der Unterfamilie Carduoideae bestehen die Körbchen nur aus Röhrenblüten. Bei einigen Taxa (beispielsweise bei den Flockenblumen) können die randlichen Röhrenblüten mehr oder weniger zygomorph und vergrößert sein, diese Blüten mit Lockfunktion sind meistens steril.[2][3]

Auch eine zweilippige Ausbildung der Corolla ist selten möglich, wie im Tribus der Mutisieae, in der Unterfamilie der Barnadesioideae und in der Gattung Pectis.[5]

Bei der Unterfamilie der Cichorioideae enthalten die Blütenkörbchen ausschließlich Zungenblüten.[3][6]

Aufbau einer Röhrenblüte

Aufbau einer Röhrenblüte; hier ohne Pappus, mit ganz reduziertem Kelch:
A. Fruchtknoten
B. Blütenkronröhre
C. Verwachsene Antherenröhre
D. Zweiästiger Stempel
Bei den Röhrenblüten von Gymnocoronis spilanthoides sind die zwei sehr langen, keulenförmigen Griffeläste petaloid weiß gefärbt

Die Röhrenblüten können am Körbchenboden in der Achsel von reduzierten Deckblättern stehen, die Spreuschuppen (Palea) genannt werden.[2] Der Kelch ist zum Pappus umgebildet, er besteht aus Borsten, Haaren oder Schuppen oder kann auch ganz reduziert sein.[1] Die drei oder fünf verwachsenen Kronblätter haben in der Regel nur kurze Kronblattzipfel, während die Kronröhre lang und schmal ist, wodurch sie insgesamt eine lang röhrige Form aufweisen.[1] Die drei bis fünf Staubblätter sind an der Basis mit der Krone verwachsen und bilden einen Stamen-Corollentubus. Sie haben freie Staubfäden und sind an den Antheren miteinander verwachsen.[1][2] Die Blüten sind normalerweise protandrisch (vormännlich),[2] der Griffel wächst durch die Antherenröhre und schiebt dabei den Pollen mit „Fegehaaren“ heraus, die sich an der Außenseite oder der Spitze des Griffels befinden[2] (sekundäre Pollenpräsentation). Erst danach entfaltet er seine zwei Narbenäste.[2] Der Fruchtknoten ist unterständig, einkammerig und besteht aus zwei Fruchtblättern mit einer Samenanlage und basaler Plazentation.[2] Die Frucht ist eine Achäne[2] (Cypsela) oder sehr selten eine Steinfrucht (bei Chrysanthemoides).

Auch einige Vertreter der Familien der Nachtschattengewächse, Primelgewächse und Enziangewächse besitzen zu einer Röhre verwachsene Kronblätter, so dass auch ihre Blüten gelegentlich als Röhrenblüten bezeichnet werden.

Literatur

  • Peter H. Raven, Ray F. Evert, Helena Curtis: Biologie der Pflanzen. Walter de Gruyter, Berlin 1985, ISBN 3-11-007446-X, S. 412.
  • Nádia Roque, David J. Keil, Alfonso Susanna: Illustrated glossary of Compositae. 2009, in: V. A. Funk u. a.: Systematics, evolution, and biogeography of Compositae. International Association for Plant Taxonomy, University of Vienna, 2009, ISBN 978-3-9501754-3-1, Appendix A, online (PDF) auf researchgate.net, abgerufen am 1. Juni 2018.
  • James W. Byng: The Flowering Plants Handbook. Plant Gateway, 2014, ISBN 978-0-9929993-0-8, S. 501.
  • Asteraceae (PDF; 168 kB), bei Plantz Africa - SANBI, abgerufen am 1. Juni 2018.
  • Peter Sitte, Hubert Ziegler, Friedrich Ehrendorfer, Andreas Bresinsky: Strasburger, Lehrbuch der Botanik. Gustav Fischer, Stuttgart, Jena, New York 1991, ISBN 3-437-20447-5, S. 809–810.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Peter H. Raven, Ray F. Evert, Helena Curtis: Biologie der Pflanzen. Walter de Gruyter, Berlin 1985, ISBN 3-11-007446-X, S. 412.
  2. a b c d e f g h i Peter Sitte, Hubert Ziegler, Friedrich Ehrendorfer, Andreas Bresinsky: Strasburger, Lehrbuch der Botanik. Gustav Fischer, Stuttgart, Jena, New York 1991, ISBN 3-437-20447-5, S. 809.
  3. a b c d Eckehart J. Jäger: Rothmaler Exkursionsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen: Grundband. Spektrum, Heidelberg 2011, ISBN 978-3-8274-1606-3, S. 774.
  4. Fadenblüten bei Blumen in Schwaben.
  5. Nádia Roque, David J. Keil, Alfonso Susanna: Illustrated glossary of Compositae.
  6. Peter Sitte, Hubert Ziegler, Friedrich Ehrendorfer, Andreas Bresinsky: Strasburger, Lehrbuch der Botanik. Gustav Fischer, Stuttgart, Jena, New York 1991, ISBN 3-437-20447-5, S. 810.

Auf dieser Seite verwendete Medien

2012 - Last daisy (8085329197).jpg
Autor/Urheber: Alias 0591 from the Netherlands, Lizenz: CC BY 2.0
2012 - Last daisy
Cosmos bipinnatus 09 ies.jpg
Autor/Urheber: Frank Vincentz, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Cosmos bipinnatus
Arctium tomentosum20090912 151.jpg
Autor/Urheber: Bff, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Inflorescence of Woolly burdock. Moscow region, Russia.
Gymnocoronis spilanthoides 61119283.jpg
Autor/Urheber: Leonel Roget, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Senegal tea (Gymnocoronis spilanthoides)
Disc floret01.jpg
Autor/Urheber: unknown, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Rudbeckia hirta (4991893364).jpg
Autor/Urheber: Matt Lavin from Bozeman, Montana, USA, Lizenz: CC BY-SA 2.0
The receptacular bracts are blunt and mostly whitish but with the very margins reddish and the receptacle is conical. The pappus comprises a crown of scale.