Quarzfeinstaub

Als Quarzfeinstaub wird im Immissionsschutz die alveolengängige Fraktion des kristallinen Siliciumdioxids in den Modifikationen Quarz und Cristobalit bezeichnet.[1] Im Arbeitsschutz wird auch noch die alveolengängige Fraktion des Tridymits hinzugezählt.[2] Quarzfeinstaub wird in der Fachliteratur auch als PM4 geführt.[3]

Bedeutung

Durch Quarzfeinstaub können beim Menschen Silikose, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und Lungenkrebs hervorgerufen werden.[4] Weitere mögliche Erkrankungen sind chronische Bronchitis, Sklerodermie und rheumatoide Arthritis.[5] Bei Cristobalit oder Tridymit wird ein besonders hohes Risiko für die Entstehung einer Silikose vermutet.[6] Um die Berufskrankheit Silikose zu vermeiden und das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, zu senken, wurde im Jahr 2006 durch die Sozialpartner der Hersteller und industriellen Verarbeiter ein Abkommen über den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer geschlossen.[7] Erste MAK-Werte wurden 1971 veröffentlicht.[8] 1999 wurde von der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft die krebserzeugende Wirkung des alveolengängigen Anteils dreier kristallinen Formen des Siliciumdioxids festgestellt.[9] Laut Umweltbundesamt ist Quarzfeinstaub als krebserzeugender Stoff der Klasse III der Nr. 5.2.7.1.1 der TA Luft zuzuordnen.[10]

Quarzfeinstaub führt allein im Bereich der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft jährlich zu ungefähr 20 Todesfällen und 100 anerkannten Atemwegserkrankungen.[11] In der Schweiz wurden zwischen 2005 und 2014 von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt 179 Silikosen als quarzstaubbedingte Berufskrankheit anerkannt, davon 178 Männer und eine Frau.[5] Die meisten Erkrankten waren in der Stein-verarbeitenden Industrie tätig.[5]

Herkunft und Entstehung

Quarzstaub und Quarzfeinstaub entstehen insbesondere bei Abbau und Verarbeitung quarzhaltiger Materialien. Dazu zählen neben dem Bergbau sowie der Glas- und Keramik[12]-Industrie auch Gießereien. Quarzstaub wird aber auch durch die Landwirtschaft freigesetzt und kann durch Windverwehungen verbreitet werden.[13]

Ebenso werden bei Handhabung und Umschlag quarzfeinstaubhaltiger Produkte entsprechende Stäube freigesetzt. Eine Aussage über das Staubungsverhalten anhand der Korngrößenverteilung kann aber nicht getroffen werden.[14]

Größendefinition

In der Fachliteratur ist die Größendefinition uneinheitlich.[3] Während teilweise davon ausgegangen wird, dass die zur Charakterisierung von Quarzfeinstaub verwendete Bezeichnung PM4 analog zu den Bezeichnungen PM10 und PM2,5 festlegt, dass bei einem aerodynamischen Durchmesser von 4 µm eine Abscheidewirksamkeit von 50 % vorliegen muss,[1][15] wird an anderen Stellen beschrieben, dass der aerodynamische Durchmesser von Quarzfeinstaub kleiner oder gleich 4 µm ist.[3]

Messtechnische Erfassung

Die messtechnische Erfassung von Quarzfeinstaub-Emissionen erfolgt mittels Impaktionsmethode. In einem zweistufigen Kaskadenimpaktor, der mit Trennstufen für PM10 und PM4 ausgestattet ist, wird die Fraktion analysiert, die auf dem Endfilter abgeschieden wird. Zur Massenbestimmung auf dem Endfilter werden Röntgendiffraktometer oder Infrarotspektroskope verwendet.[16]

Die Trennstufen dienen nur zur Abtrennung gröberer Partikel. Die dort gesammelten Fraktionen werden verworfen.[16] Erfasst und bewertet werden nur die Modifikationen Quarz und Cristobalit.[17] Querempfindlichkeiten können auftreten, wenn mineralische Beimengungen wie beispielsweise Orthoklas oder Albit vorliegen.[18]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b VDI 2066 Blatt 11:2018-05 Messen von Partikeln; Staubmessung in strömenden Gasen; Messung der Emissionen von kristallinem Siliziumdioxid (Quarz und Cristobalit) in der PM4-Fraktion (Particulate matter measurement; Dust measurement in flowing gases; Measurement of emissions of crystalline silicon dioxide (quartz and cristobalite) in the PM4 fraction). Beuth Verlag, Berlin, S. 4.
  2. TRGS 559 Ausgabe: Februar 2010, Mineralischer Staub (GMBl Nr. 22/23 vom 9. April 2010, S. 459, zuletzt geändert GMBl Nr. 29 vom 1. September 2011, S. 578.)
  3. a b c Markus Mattenklott, Norbert Höfert: Stäube an Arbeitsplätzen und in der Umwelt – Vergleich der Begriffsbestimmungen. In: Gefahrstoffe – Reinhalt. Luft. 69, Nr. 4, 2009, ISSN 0949-8036, S. 127–129.
  4. Claudia Drossard, Heidi Ott, Rüdiger Pipke: Grenzen der Grenzwertableitung. In: Gefahrstoffe – Reinhalt. Luft. 78, Nr. 1/2, 2018, ISSN 0949-8036, S. 19–26.
  5. a b c Michael F. Koller, Claudia Pletscher: Quarzstaubbelastung und Silikosen in der Schweiz. In: Gefahrstoffe – Reinhalt. Luft. 79, Nr. 7/8, 2019, ISSN 0949-8036, S. 261–267.
  6. Joachim Bruch, Frank Seiler, Bernd Rehn: Primäre und sekundäre Genotoxizität von Quarzfeinstaub. In: Gefahrstoffe – Reinhalt. Luft. 61, Nr. 9, 2001, ISSN 0949-8036, S. 365–370.
  7. Rainer Dörr: Gefahrstoff-Tage 2016 – der Herbst der Arbeitsschutzverordnungen. In: Gefahrstoffe – Reinhalt. Luft. 77, Nr. 1/2, 2017, ISSN 0949-8036, S. 39–42.
  8. Alfred Schütz: Der MAK-Wert für Quarzfeinstaub unter dem Gesichtspunkt der Verhältnisse in der obertägigen Industrie. In: Staub – Reinhalt. Luft. 31, Nr. 11, 1971, S. 443–448.
  9. Rainer Remus: Quarzfeinstaub PM4. In: Kommission Reinhaltung der Luft im VDI und DIN (Hrsg.): Staub und Staubinhaltsstoffe. VDI-Verlag Düsseldorf 2004, ISBN 3-931384-49-7, S. 101–117.
  10. C. Lehmann, C. Ehrlich: Quarzfeinstaubemissionen (PM4) aus Industrieanlagen in Deutschland. In: Kommission Reinhaltung der Luft im VDI und DIN (Hrsg.): Emissionsminderung 2014. VDI-Verlag Düsseldorf 2014, ISBN 978-3-18-092214-0, S. 101–109.
  11. Rainer Dörr, Jana Popritzki: 33. Münchner Gefahrstoff- und Sicherheitstage – wenig Fortschritte ohne Regierung. In: Gefahrstoffe – Reinhalt. Luft. 78, Nr. 1/2, 2018, ISSN 0949-8036, S. 27–30.
  12. VDI 2585:2006-02 Emissionsminderung; Keramische Industrie (Emission control; Ceramic industry). Beuth Verlag, Berlin, S. 6.
  13. Hans-Joachim Woitowitz: Quarzstaub. In: Gefahrstoffe – Reinhalt. Luft. 61, Nr. 7/8, 2001, ISSN 0949-8036, S. 291–292.
  14. Dirk Dahmann, Klemens Möckinghoff: Das Staubungsverhalten quarzfeinstaubhaltiger Produkte. In: Gefahrstoffe – Reinhalt. Luft. 60, Nr. 5, 2000, ISSN 0949-8036, S. 213–216.
  15. Christian Ehrlich, Christian Lehmann, Günter Noll, Ernst Wusterhausen, Wolf-Dieter Kalkoff: Quarzfeinstaubemissionen in der Staubfraktion PM4 aus Anlagen zur Aufbereitung von Quarzsand und quarzhaltigem Gestein – Messprogramme des Bundes und der Länder. In: Zeitschrift für Immissionsschutz. 20, Nr. 1, 2015, ISSN 1430-9262, S. 22–28.
  16. a b VDI 2066 Blatt 11:2018-05 Messen von Partikeln; Staubmessung in strömenden Gasen; Messung der Emissionen von kristallinem Siliziumdioxid (Quarz und Cristobalit) in der PM4-Fraktion (Particulate matter measurement; Dust measurement in flowing gases; Measurement of emissions of crystalline silicon dioxide (quartz and cristobalite) in the PM4 fraction). Beuth Verlag, Berlin, S. 10.
  17. VDI 2066 Blatt 11:2018-05 Messen von Partikeln; Staubmessung in strömenden Gasen; Messung der Emissionen von kristallinem Siliziumdioxid (Quarz und Cristobalit) in der PM4-Fraktion (Particulate matter measurement; Dust measurement in flowing gases; Measurement of emissions of crystalline silicon dioxide (quartz and cristobalite) in the PM4 fraction). Beuth Verlag, Berlin, S. 3.
  18. VDI 2066 Blatt 11:2018-05 Messen von Partikeln; Staubmessung in strömenden Gasen; Messung der Emissionen von kristallinem Siliziumdioxid (Quarz und Cristobalit) in der PM4-Fraktion (Particulate matter measurement; Dust measurement in flowing gases; Measurement of emissions of crystalline silicon dioxide (quartz and cristobalite) in the PM4 fraction). Beuth Verlag, Berlin, S. 20.