Qandilit

Qandilit
Qandilit vom Dupezeh, Qala Diza, as-Sulaimaniyya, Irak
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1980-046[1]

IMA-Symbol

Qnd[2]

Andere Namen
  • Magnesiotitanat-Spinell[3]
Chemische Formel
  • (Mg,Fe3+,Fe2+)2(Ti4+,Fe3+,Al)O4[4]
  • (Mg,Fe2+)2(Ti,Fe3+,Al)O4[5]
  • Mg2Ti4+O4[6]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/B.04
IV/B.04-030

4.BB.05
07.02.05.01
Ähnliche MineraleMagnetit, Magnesioferrit
Kristallographische Daten
Kristallsystemkubisch
Kristallklasse; Symbolhexakisoktaedrisch; 4/m32/m[7]
RaumgruppeFd3m (Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227[6]
Gitterparametera = 8,40 Å[6]
FormeleinheitenZ = 8[6]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte7 (VHN100 = 960 bis 1045)[8]
Dichte (g/cm3)gemessen: 4,03; berechnet: 4,04[8]
Spaltbarkeitvollkommen nach {111}[8]
Bruch; Tenazitätspröde[5]
Farbeschwarz[8]
Strichfarbeschwarz[8]
Transparenzundurchsichtig (opak)
GlanzMetallglanz[8]
Magnetismusstark magnetisch[8]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhaltenlöslich in heißer 50 %er Salzsäure (HCl)[9]

Qandilit (gesprochen: Kandilit[10]) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Mg2Ti4+O4[6] und ist damit chemisch gesehen ein Magnesium-Titan-Oxid. Strukturell zählt Qandilit allerdings zur Gruppe der Spinelle.

Qandilit kristallisiert im kubischen Kristallsystem und entwickelt oktaedrische Kristall bis etwa 2,3 mm Größe, kommt aber auch in Form körniger Mineral-Aggregate vor. Das Mineral is in jeder Form undurchsichtig (opak) und zeigt auf den Oberflächen der schwarzen Kristalle einen metallischen Glanz. Auch seine Strichfarbe ist schwarz. Unter dem Auflichtmikroskop erscheint Qandilit dagegen grau mit einem blassrosa Stich.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Qandilit in den als Qandil-Gruppe bezeichneten, metamorphen Gesteinen am Berg Dupezeh bei Qala Diza (Qeladze, قلعة دزة) im Gouvernement as-Sulaimaniyya in der Autonomen Region Kurdistan im Nord-Irak. Die Erstbeschreibung erfolgte 1985 durch H. M. Al-Hermezi, der das Mineral nach dessen Typlokalität benannte.

Das Typmaterial des Minerals wird an der University of Strathclyde in Glasgow und im Royal Museum in Edinburgh in Schottland, im Nationalmuseum der Naturwissenschaften in Tokio (Japan) sowie im Mines ParisTech (auch École des mines de Paris) und im Muséum national d’histoire naturelle in Paris (Frankreich) aufbewahrt.[11]

Klassifikation

Die aktuelle Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) zählt den Qandilit zur Spinell-Supergruppe, wo er zusammen mit Ahrensit, Brunogeierit, Filipstadit, Ringwoodit und Ulvöspinell die Ulvöspinell-Untergruppe innerhalb der Oxispinelle bildet.[12]

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Qandilit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung der „Oxide mit Verhältnis Metall : Sauerstoff = 3 : 4 (Spinelltyp M3O4 und verwandte Verbindungen)“, wo er zusammen mit Brunogeierit, Coulsonit, Magnesiocoulsonit, Ulvöspinell und Vuorelainenit die Gruppe der „V/Ti/Ge-Spinelle“ mit der System-Nr. IV/B.04 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der IMA verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Qandilit ebenfalls in die Abteilung der Oxide mit Stoffmengenverhältnis „Metall : Sauerstoff = 3 : 4 und vergleichbare“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, sodass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Brunogeierit, Cochromit, Coulsonit, Cuprospinell, Chromit, Filipstadit, Franklinit, Gahnit, Galaxit, Hercynit, Jakobsit, Magnesiochromit, Magnesiocoulsonit, Magnesioferrit, Magnetit, Manganochromit, Nichromit (N), Spinell, Trevorit, Ulvöspinell, Vuorelainenit und Zincochromit die „Spinellgruppe“ mit der System-Nr. 4.BB.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Qandilit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Mehrfache Oxide“ ein. Hier ist er zusammen mit Ulvöspinell in der „Titan-Untergruppe“ mit der System-Nr. 07.02.13 innerhalb der Unterabteilung „Mehrfache Oxide (A+B2+)2X4, Spinellgruppe“ zu finden.

Chemismus

Die idealisierte, theoretische Verbindung Mg2TiO4 besteht aus 30,29 Gew.-% Magnesium (Mg), 29,83 Gew.-% Titan (Ti) und 39,88 Gew.-% Sauerstoff (O). Die Elektronenstrahlmikroanalyse an Proben aus der Typlokalität Qandil, Dupezeh enthielten allerdings zusätzlich einen bedeutenden Anteil an Eisen in der Form von 28,27 % Fe2O3 und 10,32 % FeO. Hinzu treten geringe Beimengungen von 4,83 % Al2O3 und 0,76 % MnO sowie Spuren von 0,02 % Siliciumdioxid (SiO2).[13] Basierend auf vier Sauerstoffatomen ergibt damit die empirische Formel (Mg1.32Fe3+0.41Fe2+0.26Mn0.02)Σ=2.01(Ti0.06Fe3+0.23Al0.17)Σ=1.00O4.[5]

Kristallstruktur

Qandilit kristallisiert kubisch in der Raumgruppe Fd3m (Raumgruppen-Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227 mit dem Gitterparameter a = 8,40 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[6]

Eigenschaften

In kalter Salzsäure ist Qandilit nur teilweise, in heißer Salzsäure (50 %[9]) sowie in heißer Schwefelsäure (H2SO4) und heißer Salpetersäure dagegen vollständig löslich.[14]

Mit einer Mohshärte von 7 gehört Qandilit zu den harten Mineralen, dass ähnlich wie das Referenzmineral Quarz in der Lage ist, einfaches Fensterglas zu ritzen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Spinellen zeigt Qandilit eine vollkommene Spaltbarkeit nach dem Oktaeder {111}.[8]

Seine magnetischen Eigenschaften sind ähnlich stark wie die von Magnetit.[8]

Bildung und Fundorte

An seiner Typlokalität am Dupezeh im Irak bildete sich Qandilit in forsteritreichen metamorphisierten Gesteinen in Kontakt mit Kaersutitreichem gebändertem Diorit. Neben Forsterit fanden hier als weitere Begleitminerale noch Calcit, Perowskit und Spinell.[5]

Qandilit gehört zu den sehr seltenen Mineralbildungen und konnte entsprechend bisher in nur wenigen Proben aus weniger als 10 dokumentierten Fundorten nachgewiesen werden. Seine Typlokalität Dupezeh ist dabei der bisher einzige bekannte Fundort im Irak.

Europaweit fand sich das Mineral bisher nur in der zur Gemeinde Cusano Mutri gehörenden Bauxit-Lagerstätte Regia Piana und in den Vulkangesteinen des Somma-Vesuv-Komplexes in der italienischen Region Kampanien sowie bei Allt Guibhsachain nahe Ballachulish in den schottischen Highlands.

Weltweit kennt man Qandilit noch aus den Lamproitfeldern im Distrikt Nalgonda des indischen Bundesstaats Telangana, den Edelmetall-Lagerstätten des Kondjor-Massivs im Aldanhochland in der Republik Sacha (Jakutien) beziehungsweise der Region Chabarowsk im russischen Föderationskreis Ferner Osten sowie am Fundpunkt Kimberlite 73 bei Hermansville im Menominee County des US-Bundesstaates Michigan.[15]

Siehe auch

Literatur

  • Roberta L. Millard, Ronald C. Peterson, Brian K. Hunter: Study of the cubic to tetragonal transition in Mg2TiO4 and Zn2TiO4 spinels by 17O MAS NMR and Rietveld refinement of X-ray diffraction data. In: American Mineralogist. Band 80, 1995, S. 885–896 (englisch, rruff.info [PDF; 1,5 MB; abgerufen am 17. September 2018]).
  • Hugh St. C. O’Neill, Simon A. T. Redfern, Sue Kesson, Simine Short: An in situ neutron diffraction study of cation disordering in synthetic qandilite Mg2TiO4 at high temperature. In: American Mineralogist. Band 88, 2003, S. 860–865 (englisch, rruff.info [PDF; 186 kB; abgerufen am 17. September 2018]).
  • Barry A. Wechsler, Robert B. von Dreele: Structure refinements of Mg2TiO4, MgTiO3 and MgTi2O5 by time-of-flight neutron powder diffraction. In: Acta Crystallographica. B45, 1989, S. 542–549, doi:10.1107/S010876818900786X (englisch).
  • H. M. Al-Hermezi: Qandilite, a new spinel end-member, Mg2TiO4, from Qala-Dizeh region, NE Iraq. In: Mineralogical Magazine. Band 49, Dezember 1985, S. 739–744 (englisch, rruff.info [PDF; 1,9 MB; abgerufen am 17. September 2018]).

Weblinks

Commons: Qandilite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. IMA/CNMNC List of Mineral Names; März 2018 (englisch; PDF 1,65 MB)
  4. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. a b c d Qandilite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 68 kB; abgerufen am 17. September 2018]).
  6. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 189 (englisch).
  7. Webmineral – Qandilite (englisch)
  8. a b c d e f g h i H. M. Al-Hermezi: Qandilite, a new spinel end-member, Mg2TiO4, from Qala-Dizeh region, NE Iraq. In: Mineralogical Magazine. Band 49, Dezember 1985, S. 739 (englisch, rruff.info [PDF; 1,9 MB; abgerufen am 17. September 2018]).
  9. a b Richard V. Gaines, H. Catherine W. Skinner, Eugene E. Foord, Brian Mason, Abraham Rosenzweig: Dana’s New Mineralogy. 8. Auflage. John Wiley & Sons, New York (u. a.) 1997, ISBN 0-471-19310-0, S. 304.
  10. H. M. Al-Hermezi: Qandilite, a new spinel end-member, Mg2TiO4, from Qala-Dizeh region, NE Iraq. In: Mineralogical Magazine. Band 49, Dezember 1985, S. 744 (englisch, rruff.info [PDF; 1,9 MB; abgerufen am 17. September 2018]).
  11. Catalogue of Type Mineral Specimens – Q. (PDF 14 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 29. August 2019.
  12. Cristian Biagioni, Marco Pasero: The systematics of the spinel-type minerals: An overview. In: American Mineralogist. Band 99, Nr. 7, 2014, S. 1254–1264, doi:10.2138/am.2014.4816 (englisch, Vorabversion online [PDF]).
  13. H. M. Al-Hermezi: Qandilite, a new spinel end-member, Mg2TiO4, from Qala-Dizeh region, NE Iraq. In: Mineralogical Magazine. Band 49, Dezember 1985, S. 743 (englisch, rruff.info [PDF; 1,9 MB; abgerufen am 17. September 2018]).
  14. H. M. Al-Hermezi: Qandilite, a new spinel end-member, Mg2TiO4, from Qala-Dizeh region, NE Iraq. In: Mineralogical Magazine. Band 49, Dezember 1985, S. 741 (englisch, rruff.info [PDF; 1,9 MB; abgerufen am 17. September 2018]).
  15. Fundortliste für Qandilit beim Mineralienatlas und bei Mindat

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Autor/Urheber: David Hospital, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Black metallic microcrystals of the extremely rare Mg-Ti oxide mineral qandilite from the type locality in Iraq (Dupezeh Mountain, Hero, Qala-Diz, Sulaymaniyah Governorate, Iraq) in a whitish contrasting matrix. Ex Vandenbroucke Museum collection from Waregem, Belgium.