Puppenkopf-Phänomen

Das Puppenkopf-Phänomen ist ein Begriff aus der Augenheilkunde und der klinischen Neurologie, der für eine physiologische, reflektorische Erscheinung verwendet wird. Er beschreibt die Auswirkungen eines Hirnstammreflexes, der bestimmte Augenbewegungen auslöst, die vollführt werden, wenn bei der Fixation eines Objekts der Kopf einer Person schnell in horizontaler oder vertikaler Richtung hin und her bewegt wird. Die adäquate Reflexantwort ist eine Bewegung der Augen entgegen der Drehrichtung des Kopfes. Sie dient der Blickstabilisierung, da durch diese Ausgleichsbewegungen die Augen auf das fixierte Objekt gerichtet bleiben, ähnlich dem starren Blick einer Puppe mit beweglich montierten Augen.

Der dieser kompensatorischen Augenbewegung zugrunde liegende Reflex heißt vestibulookulärer Reflex (VOR, veraltet: okulozephaler Reflex). Der Reflexbogen ist: Innenohr (Bogengänge) → Hirnstamm (Blickzentrum) → okulomotorische Hirnnerven (III, IV, VI).

Beim Gesunden ist dieser Automatismus unterdrückbar (z. B. beim Verfolgen bewegter Objekte im Gesichtsfeld); in verschiedenen Stadien der Bewusstseinstrübung lassen sich unterschiedliche Ausprägungen diagnostizieren: Beim soporösen Patienten fällt die Reflexprüfung meist positiv, jedoch mit einer Verzögerung aus, in tieferen Komastadien oft negativ als Zeichen von Mittel- und/oder Stammhirnläsionen. Sie ist Teil der so genannten Hirntoddiagnostik, bei der routinemäßig das Testen von bestimmten Hirnstammreflexen vorgeschrieben ist.

In der Wirkung entspricht der Reflex dem Effekt der Bildstabilisierungsfunktion moderner Videokameras.

Literatur

  • Herbert Kaufmann: Strabismus. Unter Mitarbeit von W. de Decker u. a., Stuttgart: Enke, 1986. ISBN 3-432-95391-7