Pujie

Pujie und Saga Hiro 1937

Aisin Gioro Pujie (* 16. April 1907 in Peking; † 28. Februar 1994 ebenda) war der zweite Sohn des Prinzen Chun II. (Zaifeng) und jüngerer Bruder des letzten chinesischen Kaisers Puyi.

Name

In der deutschsprachigen Literatur finden sich verschiedene Schreibweisen des Namens, beispielsweise „Pu Jie“, „Pu Chie(h)“ und „Pu Dschiä“. Pujies voller Name lautete Aisin-Gioro Pǔjié (chinesisch 愛新覺羅溥傑 / 爱新觉罗溥杰, Pinyin Àixīnjuéluó Pǔjié). Die Japaner nannten ihn „Aishinkakura Fuketsu“ (japanisch愛新覚羅溥傑), in anderer Umschrift „Huketsu“.

Leben

Pujie entstammte dem mandschurischen Fürstengeschlecht der Aisin Gioro, die seit 1644 als Qing-Dynastie China beherrschten. Sein neun Monate älterer Bruder Puyi war ab 1908 letzter Kaiser von China. Ab März 1919 wurde Pujie zusammen mit ihm in der Verbotenen Stadt in Peking vom britischen Tutor Reginald Fleming Johnston unterrichtet. 1921 beging seine Mutter Youlan, von den Kindern ferngehalten, Selbstmord. Nach der zweiten Abdankung seines Bruders 1917 lebte er mit der kaiserlichen Familie sieben Jahre in der japanischen Konzession Tianjin. Pujie heiratete 1924 die chinesische Adlige Tang Shixia.

1932 wurde sein Bruder Puyi im Zuge der japanisch-chinesischen Mandschurei-Krise Präsident von Mandschukuo, ab 1934 Kaiser dieses unter japanischer Kontrolle stehenden Marionettenstaates. Pujie wurde zum Spielball und Druckmittel der Japaner und gezielt „japanisiert“. Ab 1929 besuchte er eine Vorbereitungsschule für japanische Adlige, danach die japanische Heeresakademie. 1935 kehrte er in die mandschukische Hauptstadt Xinjing (heute: Changchun) zurück und wurde Offizier in der Kaiserlichen Palastwache. Seine erste Ehe wurde 1936 geschieden.

Am 3. April 1937 heiratete er auf Wunsch der Japaner in Tokio Saga Hiro (jap.嵯峨 浩), eine Verwandte des japanischen Kaiserhauses.[1] Da Puyis Ehen kinderlos geblieben waren, wurde Pujie wenige Wochen später auf Drängen der Japaner durch den „Staatsrat von Mandschukuo“ zum Thronfolger ernannt, was der chinesischen Tradition widersprach, nach der Nachfolger eines Kaisers grundsätzlich aus der nächsten Generation gewählt wurden. Durch die erwarteten halbjapanischen Kinder Pujies wollten die Japaner dauerhaften Einfluss auf die mandschukische bzw. chinesische Kaiserdynastie ausüben. 1950 korrigierte Puyi diese Entscheidung, indem er – nach Abdankung und in Gefangenschaft – seinen jüngeren Cousin Prinz Yuyan zum Thronfolger ernannte.

Am 18. August 1945 geriet Pujie, zusammen mit seinem Bruder und anderen mandschukischen Funktionsträgern, während der sowjetischen Invasion Mandschukuos in sowjetische Gefangenschaft. 1950 wurden sie nach China ausgeliefert, wo Pujie elf Jahre lang in Umerziehungslagern gefangen gehalten und einer Gehirnwäsche unterzogen wurde. Dabei verfuhren die Rotchinesen nach Maos Anweisung: „Bei der Behandlung ideologischer und politischer Krankheiten darf man sich nicht grob verhalten, sondern muss ausschließlich nach dem Satz vorgehen: ‚Die Krankheit bekämpfen, um den Patienten zu retten‘“[2]. 1960 wurde er von Premierminister Zhou Enlai begnadigt und aus der Haft entlassen.[3]

1961 kehrte seine Frau Saga Hiro, die mit den zwei Töchtern die Nachkriegszeit in Tokio verbracht hatte, mit Tochter Yunsheng (愛新覺羅·嫮生, jap.愛新覚羅 嫮生, Aishinkakura Kosei) (* 1941) nach China zurück. Die ältere Tochter Aisin Gioro Huisheng (愛新覺羅·慧生 / 爱新觉罗·慧生, jap.愛新覚羅 慧生, Aishinkakura Eisei) (* 1939) war 1957 durch Doppelsuizid aus Liebe ums Leben gekommen.

1962 wurde Pujie zum Mitglied der „Forschungskommission für literarisches und historisches Material“ der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes ernannt. In den folgenden Jahren bemühte er sich, durch seine Kontakte das schlechte Verhältnis zwischen Japan und China zu verbessern. 1986 war er Fachberater bei der Verfilmung der Lebensgeschichte seines Bruders („Der letzte Kaiser“). Zuletzt widmete er sich der Kalligraphie. Saga Hiro starb 1987. Pujie erlag 1994 im Alter von 86 Jahren einem Krebsleiden. Seine Tochter lebt wieder in Japan.

Literatur

  • Pu Yi: Ich war Kaiser von China. Vom Himmelssohn zum Neuen Menschen. Die Autobiographie des letzten chinesischen Kaisers. 4., erweiterte und ergänzte Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1987, ISBN 3-423-10710-3.
  • Reginald F. Johnston: Twilight in the Forbidden City. Victor Gollancz, London 1934 (2nd edition, revised & updated) Simon Wallenberg Press, s. l. 2007, ISBN 978-1-84356-020-3.
  • Henry McAleavy: A Dream of Tartary. The Origins and Misfortunes of Henry P’u Yi. Allen & Unwin, London 1963.
  • Ivan L. Brackin: Manchu. The Epic Story of Japan’s Military Intrigues in China and the Woman Forced into an Imperial Marriage. Llumina Press, Tamarac FL 2005, ISBN 1-59526-114-1 (Roman über Hiro Saga und Pu Jie).

Weblinks

Commons: Pujie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Pu Yi: Ich war Kaiser von China. 1987, S. 268.
    Episch breit geschildert in: Ivan L. Brackin: Manchu. 2005.
    Hiro hat über ihre Zeit mit Pujie Tagebuch geführt.
  2. Mao Tse-Tung, Rede vom 1. Februar 1942, zitiert nach: Mao Tse-Tung: Ausgewählte Werke, Band 3. Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1969, S. 53.
  3. Siehe dazu: Zhou Enlai: Remarks at a Reception for Hiro Saga, Pu Jie, Pu Yi and Others. (1961). In: Zhou Enlai: Selected works, Band 1. Foreign Languages Press, Peking 1981.

Auf dieser Seite verwendete Medien