Provinziallandtag der Provinz Oberschlesien

Der Provinziallandtag der Provinz Oberschlesien war der preußische Provinziallandtag für die Provinz Oberschlesien. Er trat in Oppeln zusammen.

Bildung des Provinziallandtags

Nach der Novemberrevolution vom 9. November 1918 wurden in Preußen 1919 für die Parlamente und der kommunalen Volksvertretungen allgemeine und gleiche Wahlen nach dem Verhältniswahlrecht durchgeführt und erstmals auch das Frauenwahlrecht bewilligt. Hierbei wurden allerdings die Provinziallandtage nicht neu gewählt. Das Gesetz betreffend die Neuwahl der Provinziallandtage vom 16. Juli 1919[1] regelte, dass die Provinziallandtage aufgelöst und durch die (nun demokratisch gewählten) Kreistage bis zum 1. September 1919 neu gewählt werden sollten.

Mit dem Gesetz, betreffend die Errichtung einer Provinz Oberschlesien vom 14. Oktober 1919 wurde die Provinz Schlesien in die Provinz Oberschlesien und Provinz Niederschlesien aufgeteilt. Aufgrund des Friedensvertrages von Versailles kam es hier auch zu größeren Gebietsabtretungen. Entsprechend wurde ein Provinziallandtag der Provinz Oberschlesien und ein Provinziallandtag der Provinz Niederschlesien gebildet. Die Mitglieder des letzten Provinziallandtags der Provinz Schlesien wurden mit der Aufteilung ohne Neuwahlen je nach Wahlbezirk Abgeordnete der neuen Provinziallandtage.

In der Weimarer Republik

Mit Art. 74 der Verfassung des Freistaats Preußen vom 30. November 1920[2] wurde die Wahl der Provinziallandtage durch das Volk festgeschrieben. Diese Verfassungsbestimmung wurde mit dem Gesetz betreffend die Wahlen zu den Provinziallandtagen und zu den Kreistagen vom 3. Dezember 1920[3] umgesetzt. Nun wurden die Abgeordneten auf vier Jahre direkt vom Volk gewählt. Die Zahl der Abgeordneten hing von der Einwohnerzahl ab. Für die erste und zweite Million Einwohner wurde je ein Abgeordneter für 25 000 Einwohnern gewählt. Für die dritte Million Einwohner wurde je ein Abgeordneter für je 35 000 Einwohnern und in der vierten Million Einwohner ein Abgeordneter je 50 000 Einwohnern gewählt.[4] Mit dem Wahlgesetz für die Provinziallandtage und Kreistage vom 7. Oktober 1925[5] wurden kleinere Wahlrechtsänderungen eingeführt.

Wahlergebnisse in der Weimarer Republik

Stimmenanteile der Parteien in Prozent

WahltagDZPSPDDNVP1PKVP2KPDDDPNSDAP
319.11.1922341,115,114,09,36,72,4
429.11.1925448,208,520,97,28,42,3
517.11.1929542,212,217,35,78,902,3
12.03.193332,706,508,11,96,242,3

Sitzverteilung

JahrGesamtDZPSPDDNVPPKVPDVPKPDDRDDPCNBLOBBNSDAP
192252218754421
19255426512452
192955247103533
1933551845424

Fußnoten

1 
1922: DNVP, 1925: SWR, 1929: DNVP, 1933: KFSWR
2 
1922: PKPO, 1925 und 1929: PKVP, 1933: P
3 
zusätzlich: DVP: 7,0 %, DR: 4,2 %
4 
zusätzlich: WP: 2,4 %
5 
zusätzlich: CNBL: 4,7 %, OBB: 4,4 %, MieP: 2,0 %

Preußischer Staatsrat

Der Provinziallandtag der Provinz Oberschlesien wählte in der Weimarer Republik fünf Abgeordnete in den Preußischen Staatsrat. Dies waren:

Nr.AbgeordneterParteiAmtszeitVertreterParteiAmtszeit
1Josef BittaZentrum5. April bis 20. Dezember 1922Heinrich MeyerZentrum5. April bis 20. Dezember 1922
1Alfred StephanZentrum20. Dezember 1922 bis 20. September 1924 †Stephan SchnaeskeZentrum20. Dezember 1922 bis 30. September 1924
1Stephan SchnaeskeZentrum30. September 1924 bis Februar 1926Paul ChloewaZentrum30. September 1924 bis Februar 1926
1Georg JanochaZentrumFebruar 1926 bis Januar 1930Stephan SchnaeskeZentrumFebruar 1926 bis Januar 1930
1Adolf KaschnyZentrumJanuar 1930 bis April 1933Anton BeldaZentrumJanuar 1930 bis April 1933
1Walther SchmiedlingNSDAPApril bis 10. Juli 1933Julius DomsKampffrontApril bis 10. Juli 1933
2Alfred StephanZentrum5. April bis 20. Dezember 1922Alois ZipperZentrum5. April bis 20. Dezember 1922
2Ferdinand von ProndzynskiZentrum20. Dezember 1922 bis September 1925Stephan SchnaeskeZentrum20. Dezember 1922 bis September 1925
2Carl MückeZentrumSeptember 1925 bis Februar 1926Georg JanochaZentrumSeptember 1925 bis Februar 1926
2Adolf KaschnyFebruar 1926 bis Januar 1930Max BlochDDPFebruar 1926 bis Januar 1930
2Georg JanochaZentrumJanuar 1930 bis April 1933Paul HaukeSPDJanuar 1930 bis April 1933
2Max BurdaNSDAPApril bis 10. Juli 1933Joseph MeyerNSDAPApril bis 10. Juli 1933
3Ferdinand von ProndzynskiZentrum5. April bis 20. Dezember 1922Alois ZipperZentrum5. April bis 20. Dezember 1922
3Gottfried SchwendyAG20. Dezember 1922 bis 21. Januar 1925Karl EulingAG20. Dezember 1922 bis 21. Januar 1925
3Karl EulingAG21. Januar 1925 bis Februar 1926Rudolf von WatzdorfAG21. Januar 1925 bis Februar 1926
3Waldemar OssowskiSPDFebruar 1926 bis Januar 1930Paul HaukeSPDFebruar 1926 bis Januar 1930
3Rudolf von WatzdorfAGJanuar 1930 bis April 1933Rudolf BrenneckeAGJanuar 1930 bis April 1933
3Adolf KaschnyZentrumApril bis 10. Juli 1933Hans LukaschekZentrumApril bis 10. Juli 1933
4Waldemar OssowskiSPD5. April bis 20. Dezember 1922Josef BrischSPD5. April bis 20. Dezember 1922
5Ernst TrappeSPD5. April bis 20. Dezember 1922Karl OkonskySPD5. April bis 20. Dezember 1922

[6]

Reichsrat

Nicht der Provinziallandtag der Provinz Oberschlesien direkt, sondern der von ihm gewählte Provinzialausschuss wählte in der Weimarer Republik ein Mitglied in den Reichsrat. Dies war 1921 bis 1933 Hans von Praschmar (ZtR).[7]

Machtergreifung und Ende des Provinziallandtags

Die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 bedeutete auch das Ende des Provinziallandtags. Mit dem Gesetz über die Übertragung von Zuständigkeiten der Provinzial- (Kommunal-) Landtage, … auf die Provinzial- (Landes-) Ausschüsse, … vom 17. Juli 1933[8] verlor der Provinziallandtag seine Aufgaben, mit dem Gesetz über die Erweiterung der Befugnisse des Oberpräsidenten (Oberpräsidentengesetz) vom 15. Dezember 1933[9] wurde geregelt: „Die Provinziallandtag, Provinzialausschüsse und Provinzialkommissionen werden aufgelöst. Eine Neubildung findet nicht statt.“

Als Folge des Zweiten Weltkrieges wurden 1945 Oberschlesien unter polnische Verwaltung gestellt, wobei die deutschsprachige Bevölkerung zu einem hohen Anteil vertrieben wurde. Entsprechend wurde der Provinziallandtag nicht mehr neu gebildet.

Mitglieder

Für die Mitglieder siehe Kategorie:Mitglied des Provinziallandtages von Oberschlesien.

Einzelnachweise

  1. GS S. 129
  2. GS S. 543
  3. GS 1921 S. 1
  4. Gesetz betreffend die Wahlen zu den Provinziallandtagen und zu den Kreistagen vom 3. Dezember 1920
  5. GS S. 123
  6. Joachim Lilla: Der Preußische Staatsrat 1921–1933. Ein biographisches Handbuch. Mit einer Dokumentation der im „Dritten Reich“ berufenen Staatsräte (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 13). Droste, Düsseldorf 2005, ISBN 3-7700-5271-4, S. 275.
  7. Helmut Klaus: Der Dualismus Preussen versus Reich in der Weimarer Republik in Politik und Verwaltung; Band 3 von Studien zur Kultur- und Rechtsgeschichte, ISSN 1861-5929, 2006, ISBN 9783936999235, S. 74, Digitalisat
  8. GS. S. 257
  9. GS, S. 477, Art. II (3)

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