Provinziallandtag der Grenzmark Posen-Westpreußen

Heil- und Pflegeanstalt Obrawalde, zeitweise Sitzungsort des Provinziallandtags
Landeshaus, Sitz des Provinziallandtags

Der Provinziallandtag der Grenzmark Posen-Westpreußen war 1922 bis 1933 der Provinziallandtag also das Parlament der preußischen Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen.

Geschichte

Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg waren erhebliche Teile der ehemaligen Provinzen Posen und Westpreußen an Polen gefallen. Aus den deutsch gebliebenen Teilen der beiden Provinzen wurde zunächst ein Kommunalverband und mit Gesetz vom 21. Juli 1922 (das rückwirkend zum 1. Juli in Kraft trat) die Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen. Entsprechend den anderen Provinzen wurde ein Provinziallandtag eingerichtet (dieser wurde bis zur Bildung der Provinz als Kommunallandtag bezeichnet). Er war damit Funktionsnachfolger der Provinziallandtage der Provinzen Posen und Westpreußen. Die Amtszeit des ersten Provinziallandtags wurde verkürzt, um die nächsten Wahlen gleichzeitig mit denen der anderen Provinzen durchführen zu können. Insgesamt wurden vier Provinziallandtage bestimmt, die insgesamt 18 Sitzungen abhielten.

Der erste Landtag tagte zwischen 7. August 1922 und dem 7. August 1925 insgesamt fünfmal. Drei dieser Provinziallandtagssitzungen fanden in der Heil- und Pflegeanstalt Obrawalde, zwei in Schneidemühl statt. Die 30 Mitglieder verteilten sich wie folgt auf die Parteien: DNVP 10, Deutsche Wirtschaftliche Liste 1, Deutsche Volkspartei 3, Zentrum 7, DDP 1, SPD 7, Liste Pfarrer Grochowski. Als Vorsitzender des Provinziallandtags wurde Stadtrat Wilhelm Rösler aus Schneidemühl gewählt. Landeshauptmann wurde der ehemalige Bürgermeister von Brandenburg/Havel, Johann Caspari. Daneben wurden zwei Landesräte gewählt.

Der Haushaltsplan 1924 umfasste 209.500 Goldmark.

Der zweite Landtag tagte zwischen dem 22. Januar 1926 und dem 26. September 1929 sechsmal. Zwei Provinzallandtagssitzungen fanden in Obrawalde statt, danach tagte das Parlament im neu errichteten Landeshaus in Schneidemühl. Die 30 Mandate teilten sich wie folgt auf: Arbeitsgemeinschaft 16 (davon DNVP 11, DVP 2, Deutschvölkische Freiheitsbewegung 1, Nationale Vereinigung des Kreises Bomst 1, Vereinigung völkischer Verbände 1), Zentrum 7, SPD 7. Vorsitzender der Provinziallandtags wurde Rittergutsbesitzer von Goerne, der Vorsitzende des Provinzialausschusses wurde der Landrat von Voelkening. Als Staatsräte wurden gewählt: Hans von Meibom und Landrat Baron Knigge (AG) und Landrat Rick (SPD, Zentrum) bzw. ab der vierten Sitzung Caspari statt Rick. Nach dem Tod von Volkenigs wurde am 26. September 1929 Max Krause Vorsitzender des Provinzialausschusses.

1927 umfasste der Haushalt 6.679.250 RM und 1928 bereits 8.707.858 RM. Die Provinzialabgabe betrug 1929: 10 %.

Der dritte Landtag tagte vom 21. Januar 1930 bis zum 31. Januar 1933 fünfmal. Die 30 Mandate verteilten sich wie folgt: Nationaler Block 11, Zentrum 9, SPD 6, Block der Mitte 4. Vorsitzender des Provinziallandtags blieb von Goerne, als Vorsitzender des Provinzialausschusses wurde Wilhelm Rösler gewählt. Staatsrat wurden Caspari, Pfarrer Georg Remer und Hans von Meibom.

Der Provinziallandtag der Grenzmark Posen-Westpreußen wählte gemäß der Preußischen Verfassung jeweils drei Vertreter in den Preußischen Staatsrat.[1]

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde der Provinziallandtag neu gemäß dem Wahlergebnis der Reichstagswahl neu besetzt und verlor seine Rolle als Volksvertretung.

Sitz

Zunächst wechselten die Tagungsorte zwischen der Heil- und Pflegeanstalt Obrawalde und Schneidemühl bis in der zweiten Wahlperiode das Landeshaus am Danziger Platz in Schneidemühl fertig gestellt war. Dies war bis zur Auflösung der Sitz des Parlamentes.

Wahlen

Stimmenanteile der Parteien in Prozent

WahltagDNVP1ZentrumSPDDVP2PVP3NSDAP4KPD
521. Feb. 1921533,224,520,110,42,9
629. Nov. 1925634,726,914,16,33,44,52,6
17. Nov. 192933,626,517,711,13,14,73,2
12. März 193311,023,18,055,02,8

Sitzverteilung

JahrGesamtDNVPDZPSPDDVPUSPDLGDDPDVLNSDAPVVVNVKB
192130107631111
19253011952111
19293011964
19333038316

Fußnoten

1 DNVP: 1921 und 1925: DNVP, 1929: NBl (DNVP, VNB, CNBP), 1933: KFSWR
2 DVP: 1921 und 1925: DVP, 1929: BdM (DVP, DDP, WP)
3 PVP: 1921: LG, 1925: PKVP, 1929: P
4 NSDAP: 1925: DVFP, 1929 und 1933: NSDAP
5 1921: zusätzlich: USPD: 3,9 %, DDP: 2,7 %
6 1925: zusätzlich: VVV: 2,9 %

Persönlichkeiten

Mitglieder

Für die Mitglieder des Provinzallandtags siehe Kategorie:Mitglied des Provinziallandtages der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen.

Vorsitzende des Provinziallandtags

  • Wilhelm Rösler
  • von Goerne

Vorsitzende des Provinzialausschusses

  • Landrat von Voelkening 1926–1929
  • Max Krause 1929–1930
  • Wilhelm Rösler 1930–1933

Landeshauptmänner (Posen-Westpreußen)

Preußischer Staatsrat

Der Provinziallandtag der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen wählte in der Weimarer Republik drei Mitglieder in den Preußischen Staatsrat.[2] Dies waren:

Nr.MitgliedParteiAmtszeitStellvertreterParteiAmtszeit
1Hans von MeibomAGMai 1921 bis Januar 1930Willy Kraeuter
Werner Graf von der Schulenburg
AG
AG
Mai 1921 bis Februar 1926
Februar 1926 bis Januar 1930
1Johann CaspariSPDJanuar 1930 bis April 1933Kurt JülligSPDJanuar 1930 bis April 1933
1Heinrich HaackNSDAPApril bis 10. Juli 1933Karl BernhardtNSDAPApril bis 10. Juli 1933
2Wilhelm Freiherr KniggeAGMai 1921 bis Januar 1930Otto Janke
Willy Kraeuter
AG
AG
Mai 1921 bis Februar 1926
Februar 1926 bis Januar 1930
2Georg RemerZentrumJanuar 1930 bis April 1933Paul ManseckZentrumJanuar 1930 bis April 1933
2August RäuberNSDAPApril bis 10. Juli 1933Otto HeidemannNSDAPApril bis 10. Juli 1933
3Robert SagaweZentrumMai 1921 bis Februar 1926Gregor ZerbeZentrumMai 1921 bis Februar 1926
3Anton RickZentrumFebruar 1926 bis 17. Februar 1928Johann CaspariSPDFebruar 1926 bis 23. Februar 1928
3Johann CaspariSPD23. Februar 1928 bis Januar 1930Fritz SchwobZentrum19. Juni 1928 bis 19. Juli 1929
3Hans von MeibomAGJanuar 1930 bis April 1933Werner Graf von der SchulenburgAGJanuar 1930 bis April 1933
3Georg RemerZentrumApril bis 10. Juli 1933Ferdinand StevesZentrumApril bis 10. Juli 1933

Literatur

  • Kurt G.A. Jeserich: Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen; in: Gerd Heinrich, Friedrich-Wilhelm Henning, Kurt G.A. Jeserich: Verwaltungsgeschichte Ostdeutschlands 1815-1945; 1992, ISBN 3-17-011338-0, S. 553–556

Einzelnachweise

  1. Wahlen in Deutschland/Preußischer Staatsrat
  2. Joachim Lilla: Der Preußische Staatsrat 1921–1933. Ein biographisches Handbuch. Mit einer Dokumentation der im „Dritten Reich“ berufenen Staatsräte (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 13). Droste, Düsseldorf 2005, ISBN 3-7700-5271-4, S. 273.

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Ehemaliges Regierungsgebäude der preussischen Provinz Grenzmark Posen-Westpreussen in Piła (ehemals am Danziger Platz in Schneidemühl). Heute Sitz einer Polizeischule.
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(c) silu, CC BY-SA 3.0 pl
Międzyrzecz, gmach dyrekcji, w zespole szpitala psychiatrycznego, mur., 1901-1914, ul. Poznańska 109