Prostějov

Prostějov
Wappen von Prostějov
Prostějov (Tschechien)
Basisdaten
Staat:Tschechien Tschechien
Historischer Landesteil:Mähren
Region:Olomoucký kraj
Bezirk:Prostějov
Fläche:3904 ha
Geographische Lage:49° 28′ N, 17° 7′ O
Höhe:223 m n.m.
Einwohner:43.551 (1. Jan. 2023)[1]
Postleitzahl:796 01
Kfz-Kennzeichen:M
Verkehr
Straße:OlmützVyškov
Bahnanschluss:Nezamyslice–Šternberk
Prostějov–Třebovice v Čechách
Struktur
Status:Statutarstadt
Ortsteile:7
Verwaltung
Oberbürgermeister:František Jura (ANO) (Stand: 2021)
Adresse:nám T. G. Masaryka 12-14
796 01 Prostějov
Gemeindenummer:589250
Website:prostejov.eu

Prostějov (deutsch Proßnitz) ist eine Stadt in der Region Olomoucký kraj in Nordmähren. Sie ist zugleich Sitz des Okres Prostějov. 2012 wurde Prostějov zur Statutarstadt erhoben.

Geographie

Proßnitzer Schloss (1903)
Das neue Rathaus
Fabrik F. Wichterle im Jahr 1900

Prostějov liegt in der fruchtbaren Hanna-Ebene in Mähren, 18 Kilometer südwestlich von Olmütz. Nahe der Stadt befindet sich der Zusammenfluss der Romže und der Hloučela.

Geschichte

Das spätere Prostějov ist 1131/41 in einem Besitzverzeichnis des Bistums Olmütz erstmals nachgewiesen. 1213 ist für die Marktsiedlung die tschechische Schreibweise «Prosteyow» belegt, 1258 die deutschen Form «Prosteys», die bis zu den Hussitenkriegen dominierte. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstand die Altstadt mit der Marienkirche und in den Jahren 1393–1406 die Neustadt. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts gehörte Proßnitz den Markgrafen von Mähren, nach 1350 den Herren von Schellenberg, die es 1372 den Herren von Krawarn verkauften. Sie verbanden Proßnitz mit ihrer Herrschaft Plumenau. 1390 erteilte Marggraf Jobst von Mähren dem «opidum Prostanum» das Privileg eines Jahrmarkts. 1391 gründete der Oberste Kämmerer von Olmütz, Peter (I.) von Krawarn († 1411) das Augustiner-Chorherrenstift Proßnitz. Im 15. Jahrhundert bekannten sich die Bürger zum Utraquismus. 1430 zerstörten die Hussiten die Gebäude und die Stiftskirche der Augustiner-Chorherren. Auf dem Areal des zerstörten Stifts ließen sich 1454 aus Olmütz vertriebene Juden nieder, die hier eine Synagoge errichteten. Um 1500 entstand eine Siedlung der Böhmischen Brüder, die 1503 ein Gebetshaus erbauten.

1492–1599 gehörte Proßnitz den Herren von Pernstein. Johann IV. von Pernstein errichtete im Nordwesten der Stadt ein Schloss, das sein Sohn Vratislav mit steinernen Arkaden umgeben ließ.

Seit dem 15. Jahrhundert sind in der Stadt Juden belegt. Die jüdische Gemeinde entwickelte sich zu der nach Nikolsburg größten und bedeutendsten in Mähren. Als eines der religiösen, kulturellen und geistigen Zentren des mährischen Judentums galt Proßnitz über Jahrhunderte hinweg auch als Hannakisches Jerusalem. Neben bedeutenden Rabbinern zählten dazu auch für die Zeit nach 1800 Gelehrte wie Gideon Brecher, Moritz Steinschneider oder Edmund Husserl.

1599 gelangte Proßnitz an das Haus Liechtenstein. Karl I. (Liechtenstein) ließ Stadt und Herrschaft Proßnitz gewaltsam rekatholisieren. Zugleich ließen sich wieder vermehrt Deutsche in Proßnitz nieder. Gewaltige Schäden erlitt Proßnitz im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648). 1730–55 erbauten die Liechtensteiner ein Kloster der Barmherzigen Brüder mit der St.-Nepomuk-Kirche sowie einem Spital und 1756–64 ein Kapuzinerkloster, das 1784 durch die Josephinischen Reformen aufgelöst wurde. Im 18. Jahrhundert erlebte die Tuchmacherei einen wirtschaftlichen Aufschwung. 1801 gründete der Unternehmer Veith Ehrenstamm eine Tuchfabrik, die sich während der Napoleonischen Kriege nicht erfolgreich entwickeln konnte, aber schon 1840 war Proßnitz ein Zentrum der Konfektionsindustrie. Außerdem wurden Landmaschinen produziert. Bedeutung erlangte auch die Nahrungsmittelindustrie. 1855 wurde Proßnitz Sitz des gleichnamigen Bezirks. 1870 erhielt Proßnitz einen Eisenbahnanschluss an der Strecke Brünn–Olmütz. Damals befanden sich in der Stadt eine deutsche und eine tschechische Oberrealschule, eine Webschule, ein städtisches Krankenhaus und ein Spital der Barmherzigen Brüder sowie Gasbeleuchtung. 1880 wurden 18.417 Einwohner gezählt, darunter 1800 Juden. 1892 wurde erstmals ein Tscheche, Karel Vojáček, zum Bürgermeister gewählt. Um 1900 hatte Proßnitz bereits 25.466 vorwiegend tschechische Einwohner.

Nach dem Zerfall des Vielvölkerstaats Österreich-Ungarn wurde Proßnitz nach dem Ersten Weltkrieg 1918 Teil der neu gebildeten Tschechoslowakischen Republik. Nach der Besetzung und Annexion durch das Deutsche Reich war die Stadt bis 1940 Sitz des Oberlandratsbezirks Proßnitz und gehörte danach bis 1945 zum Oberlandratsbezirk Mährisch Ostrau. Als Folge des Zweiten Weltkriegs wurden die deutschsprachigen Bewohner 1945/46 vertrieben.

Während des Prager Frühlings 1968 wurden bei einem Schusswechsel mit den Interventionstruppen des Warschauer Paktes drei Menschen getötet. 1990 wurde das historische Stadtzentrum zur Denkmalschutzzone erklärt.

Stadtgliederung

Die Stadt Prostějov besteht aus den Ortsteilen:

Grundsiedlungseinheiten sind Anenské Předměstí (St.-Anna-Vorstadt), Brněnské Předměstí (Brünner Vorstadt), Čechovice, Čechovice-Záhoří, Čechůvky, Chutěbory, Domamyslice, Husovo náměstí, K Seloutkám, Kolářovy sady, Místní nádraží, Náměstí Spojenců, Nemocnice, Nová nemocnice I, Nová nemocnice II, Plumlovské Předměstí (Plumenauer Vorstadt), Pololání, Přední díly, Příčky, Prostějov-historické jádro, Průmyslový obvod, Šárka, Sídliště Hloučela, Sídliště Svobody, Štér, U kostelecké silnice, U remízku, U trati, Vrahovice, Vrahovická, Za brněnskou silnicí, Za Hloučelou, Za nemocnicí, Za Olomouckou bránou, Zadní trávníky und Žešov.

Das Gemeindegebiet gliedert sich in die Katastralbezirke Čechovice u Prostějova, Čechovice-Záhoří, Čechůvky, Domamyslice, Krasice, Prostějov, Vrahovice und Žešov.

Demographie

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
JahrEinwohnerAnmerkungen
183708.552ohne die Judengemeinde (1.742 Einwohner in 58 Häusern), in 778 Häusern, bis auf drei Evangelische sämtlich katholische Einwohner, die beide Landessprachen sprechen[2]
185411.174Katholiken mährischer und deutscher Sprache nebst 2.000 Juden[3]
185712.542[4]
188018.417darunter 1.800 Juden; 1060 Häuser[5]
190025.466mit der selbständigen Israelitengemeinde, vorwiegend tschechische Einwohner[6]; 1515 Häuser[5]
191031.4621901 Häuser[5]
192131.092darunter 28.821 Tschechen, 1181 Deutsche und 562 Juden; 2178 Häuser[7]
193033.4812707 Häuser[5]
195033.1833336 Häuser[5]
196133.5023510 Häuser[5]
199141.5563665 Häuser[5]
200138.8573662 Häuser; einschließlich der Ortsteile 48.159 Einwohner und 5981 Häuser[5]

Garnisonsstadt

Der Ort war Garnison folgender militärischer Einheiten:

Während des Zweiten Weltkrieges waren auf dem Fliegerhorst Kosteletz bei Proßnitz stationiert:

  • 1944: Schlachtflieger-Ergänzungsgruppe 154
  • August 1944 – Februar 1945: IV./Schlachtgeschwader 151
  • Dezember 1944: 5./Jagdgeschwader 300
  • Januar 1945: I. und II./Jagdgeschwader 77

Als Garnison der Streitkräfte der Tschechischen Republik

Sehenswürdigkeiten

Narodní dům (städtisches Museum)
Altes Rathaus
Das Schloss
  • Schloss Prostějov
  • Pfarrkirche der hl. Kreuzerhöhung; sie wurde im Jahre 1391 von Herren von Krawarn für das Stift der Augustiner-Chorherren durch die Herren von Krawarn errichtet.
  • Pestsäule aus dem Jahr 1714 mit der Statue der Jungfrau Maria
  • Barockkirche des böhmischen Landesheiligen Johannes von Nepomuk mit Kloster der Barmherzigen Brüder
  • Peter-und-Paul-Kirche mit der Barockkapelle des hl. Lazarus
  • Kirche der hl. Kyrill und Method
  • Volkshaus „Národní dům“ Jugendstilbau; 1905–1907 nach Entwurf des Architekten Jan Kotěra errichtet.
  • Altes Rathaus – Renaissancebau aus den Jahren 1521–1530
  • Neues Rathaus – errichtet 1911–1914 nach Entwurf des Brünner Architekten Karel Hugo Kepka.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

Geburtshaus von Jiří Wolker
Masaryk-Denkmal
  • Jan Filipec (1431–1509), Bischof von Großwardein und Administrator von Olmütz
  • Matěj Rejsek (≈1445–1506), gotischer Steinmetz und Baumeister
  • Veith Ehrenstamm (1763–1827), Industrieller
  • Gideon Brecher (1797–1873), Arzt und Schriftsteller
  • Franz Mandelblüh (1807–1878), österreichischer Notar und Politiker
  • Wenzel Messenhauser (1813–1848), Offizier und Schriftsteller
  • Moritz Steinschneider (1816–1907), Orientalist und Begründer der modernen hebräischen Bibliographie
  • Johann Nepomuk Berger (1816–1870), Politiker, Schriftsteller und Rechtsanwalt
  • Franz Kuhn von Kuhnenfeld (1817–1896), Reichskriegsminister
  • Adolf Beer (1831–1902), Historiker
  • Eugen Felix (1836–1906), Maler
  • Max Fleischer (1841–1905), Architekt
  • Ignaz Brüll (1846–1907), österreichischer Komponist und Pianist
  • Alois Czerny (1847–1917), Volkskundler
  • Georg Schmiedl (1855–1929), Lehrer und Gründer der Naturfreunde-Bewegung
  • Konrad Loewe (1856–1912), Schauspieler und Dramatiker
  • Richard Mandl (1859–1918), österreichischer Komponist
  • Edmund Husserl (1859–1938), Philosoph, Begründer der Phänomenologie, verheiratet mit Malvina Charlotte Steinschneider
  • Moritz Freiberger (1861–1937), Textilchemiker und Unternehmer
  • Richard Stein (1871–1932), Verleger
  • Otto Zweig (1874–1942), Komponist
  • Arthur Scheller (1876–1929), Astronom
  • Arnold Heller (1877–1933), österreichischer Ingenieur und Schriftleiter
  • Rudolf Alfred Höger (1877–1930), österreichischer Genre- und Kriegsmaler
  • Pankraz Schuk (1877–1951), österreichischer Schriftsteller
  • Zdeněk Bažant (1879–1954), Bauingenieur
  • Franz Fiedler (1885–1956), Fotograf
  • Ada Hirsch-Elias (1885–1975), österreichische Kinderärztin, Mitbegründerin der „Organisation der Ärztinnen Wiens“ und Verfolgte des Naziregimes
  • Wilhelm Schmid (1888–1963), österreichisch-deutscher Mathematiker
  • Vladimír Ambros (1890–1956), Komponist
  • Carmen Cartellieri (1891–1953), Schauspielerin
  • Max Zweig (1892–1992), Dramatiker
  • Emanuel Kaláb (1895–1982), tschechischer Militärkapellmeister, Dirigent und Komponist
  • Jiří Wolker (1900–1924), Dichter
  • Bernhard Heilig (1902–1943), Ökonom und Historiker
  • František Wolf (1904–1989), Mathematiker
  • Josef Mach (1909–1987), Regisseur
  • Otto Wichterle (1913–1998), Chemiker, Erfinder der Kontaktlinse
Susi Weigels Geburtshaus in Prostějov, Tomáš-Masaryk-Platz 28, wo ihre Eltern, der Proßnitzer Fabrikant Johann Weigel und seine Gattin Gisela, von 1900 bis 1915 lebten.

In der Stadt wirkten und lebten

Partnerschaften

Städtepartnerschaften
Schulen
  • Schulpartnerschaft zwischen dem Gymnázium Jiřího Wolkera Prostějov und dem Léon-Foucault-Gymnasium Hoyerswerda (seit 7. November 2009)
  • Schulpartnerschaft zwischen der Základni Skola a Materská Skola Prostějov und der Grundschule "An der Elster" und der Mittelschule "Am Stadtrand", beide in Hoyerswerda (seit 7. November 2009)

Verkehr

Der Hauptbahnhof liegt an der Mährisch-Schlesischen Nordbahn. Der Stadtbahnhof Prostějov auch an den Linien Nezamyslitz-Olmütz-Sternberg der Kaiser Ferdinands-Nordbahn und Proßnitz-Triebitz (78 km) der Mährischen Westbahn.

Die Schnellstraße R46 (Rychlostní silnice 46) ist die direkte Verbindung zur Autobahn D1. Durch die Stadt verläuft auch der internationale Radweg Bernsteinstraße.

Sport

1999 fanden in Prostejov das internationale Tennisturnier WTA Prostějov und einige Spiele der U-16-Fußball-Europameisterschaft 1999 statt. 2001 wurden die Spiele der Gruppe F des IIHF Continental Cup 2001/02 in der Stadt ausgetragen. Anfang Juni finden hier auch die tschechischen Meisterschaften im Discotanz statt.

Literatur

Weblinks

Commons: Prostějov – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2023 (PDF; 602 kB)
  2. Gregor Wolny: Die Markgrafschaft Mähren, topographisch, statistisch und historisch geschildert. Brünn 1839, S. 671.
  3. Gregor Wolny: Kirchliche Topographie von Maehren. Teil I: Olmuetzer Erzdioecese, Band 2, Nitsch und Gross'esche Buchhandlung, Brünn 1857, S. 2
  4. Carl Kořistka: Die Markgrafschaft Mähren und das Herzogthum Schlesien in ihren geographischen Verhältnissen. Wien und Olmüz 1861, S. 268–269.
  5. a b c d e f g h Historický lexikon obcí České republiky 1869–2005, Teil 1, S. 666–667
  6. Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 16, Leipzig und Wien 1908, S. 389.
  7. Chytilův místopis ČSR, 2. aktualisierte Ausgabe, 1929, S. 1030 Prosečné - Prostředkovice

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Susi Weigels Geburtshaus in Prostějov, Tomáš-Masaryk-Platz 28 (2022), wo ihre Eltern, der Proßnitzer Likör- und Rum-Fabrikant Johann Weigel (1867–1949) und die Wiener Restaurateurstochter Gisela Weigel (geborene Hauswirth) (1875–1953), seit ihrer (im Mai 1900 in Wien geschlossenen) Ehe lebten, bevor sie im Sommer 1915 nach Wien übersiedelt sind, wo sie die vom Architekten Max Fabiani umgebaute Villa Hohe Warte Nr. 29 gekauft hatten.
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