Prosper Tiro von Aquitanien

Prosper Tiro von Aquitanien (* um 390 bei Limoges; † nach 455 in Rom) war ein spätantiker Schriftsteller und ein Heiliger im 5. Jahrhundert. Er war auch Kanzleischreiber von Papst Leo I.

Leben

Über die Abstammung und Herkunft Prosper Tiros ist wenig bekannt, er hatte aber eine gute Bildung und war verheiratet. Um 426 lebte er einige Zeit als Laienbruder in Marseille. Vor seinem Eintritt in das Kloster forderte er seine Gattin auf, ihr Leben Gott zu weihen. Zusammen mit seinem Freund Hilarius schrieb er Augustinus nach Africa über die semipelagianischen Ansichten in den Klöstern Südgalliens, was Augustin dazu antrieb, weitere Schriften zu veröffentlichen. Prosper Tiro bekämpfte den Semipelagianismus energisch. Um 431 reiste er zu Papst Coelestin I. nach Rom, um sich bei ihm Unterstützung in der Verteidigung der Lehre Augustins gegen die Semipelagianer einzuholen. Er prägte das antipelagianische Axiom Lex orandi, lex credendi.

In den späteren Jahren wandte sich Prosper Tiro von der strengen augustinischen Lehre ab und nahm eine moderatere Haltung ein. Ab dem Jahr 440 wurde er als Schreiber und Berater in dogmatischen Fragen an der päpstlichen Kanzlei angestellt. Er war einerseits an der Korrespondenz von Papst Leo I. beteiligt, so an dem dogmengeschichtlich bedeutsamen Tomus ad Flavianum von 449, andererseits verfasste er aber auch weitere persönliche Werke. So schrieb Prosper Tiro eine Weltchronik, die bis in das Jahr 455 reicht und nicht unwichtige Informationen enthält. Zu dieser Chronik gibt es aus dem 7. Jahrhundert stammende Fortsetzungen (Auctarium Prosperi Havniense) und Ergänzungen (Additamenta ad Prosperum Havniensia).[1]

Werke (Auswahl)

  • Capitua Caelestiana
  • Carmen de ingratis
  • De gratia Dei et libero arbitrium contra collatorem
  • De vocatione omnium gentium. Überarbeitung der Lehre Augustins von der Prädestination
  • Epistulae
  • Epitaphium Nestorianae et Pelagianae haereseon. Ironische Auseinandersetzung mit Nestorianismus und Pelagianismus
  • Exposito Psalmorum
  • Liber sententiarum ex operibus
  • Epigrammata
  • Liber epigrammatum ex sententiis sancti Augustini
  • Epigrammatum ad Flavianum Zusammenarbeit mit Papst Leo I.
  • Epitoma chronicorum. Eine Weltchronik, in der Prosper Tiro zunächst der Chronik des Hieronymus folgte und die bis ins Jahr 455 reicht. Ab dem Jahr 412 enthält sie eigene Erfahrungen.
  • Poema conjugis ad uxorem. Aufforderung an seine Gattin, ihr Leben Gott zu weihen.
  • Pro Augustino responsiones ad excerpta Genuesium
  • Responsiones ad capitula Gallorum
  • Responsiones ad capitula obiectionum Vincentianarum
  • Liber Sententiarum

Ausgaben

Verehrung

Prosper Tiro, dem die Kirche St. Prosper (Gehlenberg) gewidmet ist, ist der Schutzpatron der Dichter. Sein evangelischer und römisch-katholischer Gedenktag ist der 25. Juni.

1676 wurde ein Prosper mit der Überführung von Gebeinen eines Katakombenheiligen in die Pfarrkirche St. Johann (Erding) als Stadtpatron von Erding etabliert. Er ist nicht identisch mit Prosper Tiro. Im öffentlichen Bewusstsein spielt er dort inzwischen allerdings nur noch als Namensgeber für das fastenzeitliche Starkbier St. Prosper eine Rolle.

Literatur

  • Gereon Becht-Jördens: Und dieser erregt die Herzen mit campanischem Gras .... Zu den Epigrammen des Prosper Tiro von Aquitanien gegen Pelagianer, Nestorianer und Semipelagianer. In: Manuel Baumbach u. a. (Hrsg.): Mousoppolos Stephanos. Festschrift für Herwig Görgemanns. (Bibliothek der klassischen Altertumswissenschaften N. F., 2. Reihe, 102). Universitätsverlag C. Winter, Heidelberg 1998, ISBN 3-8253-0748-4, S. 278–308
  • Alexander Yoon Hwang: Prosper of Aquitaine: A Study of His Life and Works. Washington 2009
  • Steven Muhlberger: The Fifth-Century Chroniclers: Prosper, Hydatius, and the Gallic Chronicler of 452. Leeds 1990

Weblinks

  • Werke bei Documenta Catholica Omnia

Einzelnachweise

  1. Ediert bei Theodor Mommsen (Hrsg.): Chronica minora saec. IV.V.Vi.VII. MGH Auct. Ant. 9. Berlin 1892; dmgh.de. Vgl. etwa Friedrich Anders: Flavius Ricimer. Macht und Ohnmacht des weströmischen Heermeisters in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts (= Europäische Hochschulschriften. Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften. Bd. 1077). Lang, Frankfurt 2010, ISBN 978-3-631-61264-4 (Zugleich: Humboldt-Universität, Dissertation, 2009), S. 33 und 525.