Projekt 775

Projekt 775
Projekt 775 Kaliningrad (2004)
Projekt 775 Kaliningrad (2004)
Schiffsdaten
LandSowjetunion Sowjetunion
Russland Russland
Ukraine Ukraine
SchiffsartLandungsschiff
BauwerftStocznia Północna, Danzig
Bauzeitraum1974 bis 1991
Gebaute Einheiten34
Dienstzeitseit 1975
Schiffsmaße und Besatzung
Länge112,5 m (Lüa)
Breite15 m
Tiefgangmax. 3,7 m
VerdrängungStandard: 2.900 t
maximal: 4.400 t
 
Besatzung87 Mann
Maschinenanlage
Maschine2 × Schiffsdieselmotor 16 ZBV 40/48
Maschinen­leistung2 × 9.600 PS (7.061 kW)
Höchst­geschwindigkeit17,5 kn (32 km/h)
Propeller2
Bewaffnung

Alle Schiffe:

  • 2 × 4fach-Starter für Strela-3
  • 2 × 20fach-Starter 122 mm A-215 für Grad-M

Projekt 775 mod. I und II

Projekt 775 mod. III

Projekt 775 (russisch Большой десантный корабль,Großes amphibisches Landungsschiff (deutsche Transkription Bolschoi Dessantny Korabl), NATO-Bezeichnung: Ropucha-Klasse) ist eine Klasse großer Landungsschiffe der sowjetischen und später der russischen Seekriegsflotte sowie der ukrainischen Seestreitkräfte, von der 28 Einheiten zwischen 1975 und 1992 in Dienst gestellt wurden.

Geschichte

Die in den 1960er-Jahren entwickelten Schiffe wurden ab 1974 auf der polnischen Stocznia-Północna-Werft in Gdańsk gebaut. Ab 1975 wurden sie in den Dienst der sowjetischen Marine gestellt. Sie dienen als Ersatz für die Schiffe des Projekts 1171. Die Schiffe wurden in drei Baulosen geliefert, zunächst von 1974 bis 1978 12 Schiffe des ersten Bauloses, später dann als Projekt 775 mod. I bezeichnet, dann 1980 bis 1988 13 Schiffe des Projekt 775 mod. II und von 1988 bis 1992 drei Schiffe des Projekt 775 mod. III.[1][2]

Technische Daten

(c) RIA Novosti archive, image #476349 / Alexander Polyakov / CC-BY-SA 3.0
Ein Schwimmpanzer PT-76 verlässt das Landungsschiff durch das Bugtor

Die Schiffe sind für Landungen direkt am Ufer konzipiert. Die Ladefähigkeit beträgt um die 480 Tonnen. Zwei Laderäume mit Abmessungen von 55 m × 6,5 m × 4,5 m und 40 m × 4,5 m × 4,5 m stehen zur Verfügung. Bis zu dreizehn Panzer oder Schützenpanzer oder 20 Lastkraftwagen und 150 Marineinfanteristen können mitgeführt werden.[3]

Es wurden drei Ausführungen gebaut, die sich in der Bewaffnung und der Sensorausrüstung unterscheiden. Alle Schiffe tragen zwei Starter für je vier Strela-3-Flugabwehrraketen und zwei Grad-M-Mehrfachraketenwerfer. Unterschiede zwischen den drei Baulosen sind:

  • Projekt 775 mod. I: mit zwei 57-mm-L/70-AK-725-Geschütztürmen[3]
  • Projekt 775 mod. II: mit veränderter Sensorausrüstung und einem MR-302-„Rubka“-Radar[3]
  • Projekt 775 mod. III: mit einem 76-mm-L/59-Turm AK-176 und zwei 30-mm-L/54-Maschinenkanonen AK-630M und mit MR-352-„Positiv“-Radar[3]

Die NATO unterscheidet nur zwei Varianten: Ropucha I für mod. I und II sowie Ropucha II für mod. III.[3]

Einheiten / Verbleib

Projekt 775 mod. II Kaliningrad 2012
Projekt 775 mod. II Kostjantyn Olschanskyj
Projekt 775 mod. III Koroljow in Sankt Petersburg 2015. Hinter dem Aufbau sind die beiden AK-630M-Türme zu erkennen.
Projekt 775 mod. III Koroljow 2015, Vorschiff mit AK-176-Turm

Insgesamt wurden zwischen 1974 und 1991 34 Schiffe gebaut, die fast alle in der sowjetischen Marine in Dienst gestellt wurden. Lediglich ein Schiff, die BDK-119, wurde an die Demokratische Volksrepublik Jemen verkauft, wo sie bis 2002 im Dienst stand.[4]

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde die meisten Schiffe in die russische Marine übernommen, einige hingegen gingen in Reserve oder wurden verschrottet.[5] Die Kostjantyn Olschanskyj wurde an die Ukraine abgegeben.[1] Sie wurde jedoch 2014 bei der Annexion der Krim durch Russland von der Russischen Föderation erbeutet und wieder in den Dienst der Schwarzmeerflotte gestellt, so dass seitdem alle aktiven Schiffe in der russischen Marine im Einsatz sind.[6]

Projekt 775 mod. I

LandNameIn DienstStatus
Russland(SDK-47) BDK-471. Juli 197417. Dezember 1994 außer Dienst, verschrottet
Russland(SDK-48) BDK-4830. Juni 19755. Juli 1994 außer Dienst
Russland(SDK-63) BDK-6330. Juni 19755. Juli 1994 außer Dienst
Russland(SDK-90) BDK-9030. November 19755. Juli 1994 außer Dienst
Russland(SDK-91) BDK-91 Olenegorski Gornjak30. Juni 1976auf Stand mod. II gebracht
Russland(SDK-181) BDK-1819. Oktober 19765. Juli 1994 außer Dienst
Russland(SDK-182) BDK-182 Kondopoga30. November 1976auf Stand mod. II gebracht
Russland(SDK-183) BDK-183 Kotlas15. März 197722.6.2005 außer Dienst
Russland(SDK-197) BDK-19721. September 19775. Juli 1994 außer Dienst
Russland(SDK-200) BDK-20017. Dezember 1977auf Stand mod. II gebracht, 30. Juni 1993 außer Dienst
Russland(SDK-55) BDK-55 Aleksandr Otrakowski30. Juli 1978
Jemen(SDK-119) BDK-11927. Februar 1979September 1979 an Jemen als 139. Seit 2002 außer Dienst,[2] danach als Handelsschiff Sam of Yemen. 2018 in Aden gesunken.

Projekt 775 mod. II

LandNameIn DienstStatus
RusslandBDK-1431. August 19813. Mai 2002 außer Dienst, verschrottet
RusslandBDK-321975verschrottet
RusslandBDK-43 Minsk30. Mai 1983Baltische Flotte; am 13. September 2023 bei einem Raketenangriff (unbestätigten Angaben zufolge durch ukrainische Storm Shadow) im Trockendock von Sewastopol zerstört [7][8][9][10]
RusslandBDK-45 Georgi Pobedonosez5. März 1985aktiv, Nordflotte
RusslandBDK-46 Nowotscherkassk30. November 1987aktiv, Schwarzmeerflotte
RusslandBDK-55 A. Otrakowski[11]1977aktiv, Schwarzmeerflotte
RusslandBDK-58 Kaliningrad9. Dezember 1984aktiv, Baltische Flotte
RusslandBDK-601978verschrottet
RusslandBDK-64 Zesar Kunikow30. September 1986aktiv, Baltische Flotte
RusslandBDK-67 Jamal30. April 1988aktiv, Schwarzmeerflotte
RusslandBDK-91 Olenegorski Gornjak1982aktiv, Nordflotte; am 4. August 2023 durch ukrainische Seedrohne vor Noworossijsk schwer beschädigt[12][13]
RusslandBDK-98 Admiral Newelskoi28. September 1982aktiv, Pazifikflotte
RusslandBDK-1052. März 198210. April 2002 außer Dienst, verschrottet
RusslandBDK-101 Osljabja19. Dezember 1981aktiv, Pazifikflotte
RusslandBDK-121 Alexander Schabalin31. Dezember 1985aktiv
RusslandBDK-182 Babrujsk1983aktiv
RusslandBDK-200 Muchtar Awesow1984aktiv
RusslandNikolai Korsakow1984aktiv
Ukraine. 2014: RusslandBDK-56 Konstantin Olschanski19851991 an Ukraine als U402 Kostjantyn Olschanskyj. 2014 von russischen Truppen erbeutet.[6]

Projekt 775 mod. III

LandNameBauwerftKiellegungStapellaufIndienststellungStatus (Flotte)
RusslandAsow (Азов)
(ex-BDK-54 [БДК-54])
Stocznia Północna,
Danzig
22. November 198819. Mai 198912. Oktober 1990aktiv (Schwarzmeerflotte)
RusslandPereswet (Пересвет)
(ex-BDK-11 [БДК-11])
10. April 1991aktiv (Pazifikflotte)
RusslandKoroljow (Королёв)
(ex-BDK-61 [БДК-61])
12. Februar 199016. November 199010. Juli 1991aktiv (Schwarzmeerflotte[14])

Einsätze

(c) Mil.ru, CC BY 4.0
Schwimmpanzer BTR 80 verlassen die Georgi Pobedonosez

Im August 2009 waren die Asow, die Nowotscherkassk und die Jamal neben einer Fregatte und zwei Atom-U-Booten an der Suche nach dem verschwundenen Frachtschiff Arctic Sea beteiligt.[15]

Russischer Überfall auf die Ukraine

Im Zuge des russischen Truppenaufbaus vor dem Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 verlegte die russische Marine fünf eigentlich in anderen Einsatzgebieten stationierte Schiffe der Klasse in das Schwarze Meer (Minsk, Koroljow, Kaliningrad (alle drei Baltische Flotte), Georgi Pobedonosez und Olenegorski Gornjak (beide Nordflotte)).[14]

Im Verlauf des Krieges wurden mehrere Einheiten durch Kampfhandlungen beschädigt:

  • Zwei Schiffe, die Zesar Kunikow und die Nowotscherkassk, wurden am 24. März 2022 beim ukrainischen Raketenangriff auf das Projekt-1171-Schiff Saratow im Hafen von Berdjansk beschädigt. Dabei wurden auf beiden Schiffen Besatzungsmitglieder getötet, wie vom russischen Kommandanten des Flottenstützpunkts Sewastopol bestätigt wurde.[16][17]
  • Die Olenegorski Gornjak wurde Anfang August 2023 durch einen ukrainischen Seedrohnenangriff vor Noworossijsk schwer beschädigt. Fotos und Videos russischer Militärblogger zeigen die Schlagseite des Schiffes in der Bucht von Noworossijsk nach dem Angriff und berichten von Beschädigungen.[12][13] Dies war seit der Versenkung der Moskwa im April 2022 das größte russische Kriegsschiff, welches schwer beschädigt wurde.[18]
  • Am 14. September 2023 tauchte ein Video auf, das eine schwer beschädigte Minsk im Trockendock in Sewastopol zeigte. Die Schäden scheinen durch einen ukrainischen Raketenangriff verursacht worden zu sein.[19] Laut Geheimdienstbericht des britischen Verteidigungsministeriums wurde die Minsk sicher funktionell zerstört und drohe lange auszufallen.[20]

Literatur

  • Ю.В.Апальков: Корабли ВМФ СССР. Том IV – Десантные и минно-тральные корабли. Sankt Petersburg, 2007, ISBN 978-5-8172-0135-2. (russisch)

Weblinks

Commons: Projekt 775 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Richard Shape: Jane’s fighting ships 1998–1999. 101. Auflage. Jane’s Information Group, Alexandria, USA 1998, ISBN 0-7106-1795-X, S. 586, 740 und 871 (englisch).
  2. a b Project 775 bei russianships.info (englisch)
  3. a b c d e Ю.В.Апальков: Корабли ВМФ СССР. Том IV – Десантные и минно-тральные корабли. Sankt Petersburg, 2007, ISBN 978-5-8172-0135-2, S. 22 und folgende
  4. Ropucha Class – Project 775. fas.org, 7. September 2000, abgerufen am 27. September 2015 (englisch).
  5. Project 775 Ropucha class Tank Landing ship. (Nicht mehr online verfügbar.) Federation of American Scientist, 7. September 2000, archiviert vom Original am 25. Dezember 2008; abgerufen am 14. August 2009 (englisch).
  6. a b Russia prepares captured in Crimea landing ship to combat use. informator.media, private Website, abgerufen am 6. Dezember 2016 (englisch)
  7. Tim Lister, Josh Pennington, Olga Voitovych: Ukrainian missiles strike Russian warships in Crimean naval base. 13. September 2023, abgerufen am 13. September 2023 (englisch).
  8. New photo of Russia's Minsk landing ship proves it has been destroyed. 13. September 2023, abgerufen am 13. September 2023 (amerikanisches Englisch).
  9. Oryx: Russian warship Minsk destroyed, not merely damaged. 13. September 2023, abgerufen am 13. September 2023 (amerikanisches Englisch).
  10. Thomas Newdick: Russian Submarine, Landing Ship Struck In Attack On Sevastopol. 13. September 2023, abgerufen am 13. September 2023 (englisch).
  11. Volle Kontrolle im Bosporus: Russisches Schiff von türkischer Küstenwache eskortiert. (Nicht mehr online verfügbar.) sputnik.de, 10. März 2016, archiviert vom Original am 10. März 2016; abgerufen am 10. März 2016.
  12. a b Russian ship hit in Novorossiysk, Black Sea drone attack, Ukraine sources say. In: BBC. 4. August 2023, abgerufen am 4. August 2023 (englisch).
  13. a b Tayfun Ozberk: Ukraine strikes Russian landing ship with Kamikaze USV. In: Naval News. 4. August 2023, abgerufen am 4. August 2023 (englisch).
  14. a b H I Sutton: 6 Russian Warships And Submarine Now Entering Black Sea Towards Ukraine. In: Naval News. 8. Februar 2022, abgerufen am 4. August 2023 (englisch).
  15. Suche im Atlantik: Erste Hinweise auf vermissten Frachter „Arctic Sea“. In: Spiegel Online. 14. August 2009, abgerufen am 23. November 2016.
  16. Tayfun Ozberk: Ukraine strikes Russia’s Alligator class LST with ballistic missile. In: Naval News. 24. März 2022, abgerufen am 4. August 2023 (englisch).
  17. One Year Later, Russian Navy Confirms Loss of the Amphib Saratov. In: The Marine Executive. 28. März 2023, abgerufen am 9. August 2023 (englisch).
  18. Russian war ship damaged in 'significant blow' to Russia’s Black Sea Fleet, MOD says. In: Forces Network. 5. August 2023, abgerufen am 5. August 2023 (englisch).
  19. DruschbaFM in DruschbaFM Chat. Abgerufen am 14. September 2023.
  20. London: Getroffene russische Schiffe fallen lange aus. Abgerufen am 21. September 2023.

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