Progradieren

Satellitenaufnahme des nördlichsten Lobus des Donaudeltas (Chilia-Lobus). Die Donau hat hier im Laufe der letzten Tausend Jahre durch Abladen ihrer Sedimentfracht die Küstenlinie immer weiter nach Osten verschoben. Dort wo einst Meer war, erstreckt sich heute Marschland.

Als Progradieren oder Progradation (lat.: pro = vor; gradus = Schritt; voranschreiten) wird in der Sedimentologie das Wachstum bzw. Vorrücken eines Sedimentationskörpers, beispielsweise eines Flussdeltas oder eines alluvialen Schwemmfächers, in Richtung des Zentrums des entsprechenden Sedimentbeckens bezeichnet. Dieses Wachstum äußert sich in der Verlagerung der Fazies­gürtel (vgl. Ablagerungsmilieu) eines solchen Sedimentkörpers in Richtung des Zentrums des Sedimentbeckens.

Beschreibung

Durch Progradation bzw. die Verlagerung der Faziesgürtel werden häufig Ablagerungen sandiger Korngröße (Psammite) in den vormaligen Sedimentationsraum feinerer, pelitischer Ablagerungen eingebracht. Ursächlich ist in erster Linie eine hohe Zufuhr oder In-situ-Produktion von Sedimenten. Innerhalb der vertikalen Abfolge ist ein progradierendes System daher oft durch die Zunahme der Korngröße vom Liegenden (unten) zum Hangenden (oben), dem coarsening upward, gekennzeichnet. Nicht selten geht dies mit einem Wechsel von mariner hin zu terrestrischer oder stärker terrestrisch beeinflusster Sedimentation einher. Progradation ist in Meeresbecken (Schelfen) somit stets gleichbedeutend mit Regression, wobei bei einer „normalen Regression“ (engl. normal regression) ausschließlich die hohen Ablagerungsraten für die Progradation ausschlaggebend sind, während bei „erzwungener Regression“ (engl. forced regression) auch ein langsames eustatisches Absinken des Meeresspiegels hinzukommt und neben der Progradation zugleich auch ein sogenanntes Downstepping, d. h. eine Reduktion der Gesamtmächtigkeit des Sedimentkörpers erfolgt.

Die Identifizierung von sedimentären Zyklen, die Progradation anzeigen, und der dahinter stehenden Ursachen wird besonders in der Sequenzstratigraphie zur Rekonstruktion des Sedimentationsgeschehens und der paläogeographischen Entwicklung sowie der Parallelisierung geologischer Profile in einem Sedimentbecken betrieben. Die dazu benötigten Techniken wurden im Zusammenhang mit der kommerziellen Exploration fossiler Kohlenwasserstoffe entwickelt.

Im Gegensatz dazu steht das Retrogradieren, bei der sich die Faziesgürtel landwärts verlagern.

Literatur

  • Lexikon der Geowissenschaften. Spektrum – Akademischer Verlag, Heidelberg u. a. 2002, ISBN 3-8274-0427-4 (6 CDs).
  • Steven M. Stanley: Historische Geologie. 2., deutsche Auflage. Spektrum – Akademischer Verlag, Heidelberg u. a. 2001, ISBN 3-8274-0569-6.
  • Andreas Schäfer: Klastische Sedimente. Fazies und Sequenzstratigraphie. Spektrum – Akademischer Verlag, München 2005, ISBN 3-8274-1351-6.

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Danubedelta chilia lobe satellite image.jpg
Original image caption (excerpt): “The image above was acquired on February 5, 2013, by the Advanced Land Imager (ALI) on NASA’s Earth Observing-1 (EO-1) satellite. The Danube Delta has a number of lobes formed over the past several thousand years, and this image is focused largely on the northernmost Chilia (or Kilia) lobe. It is the youngest section of the delta—somewhere between 300 to 400 years old—and lies mostly within Ukraine. Much of the land in the image above is officially considered part of the Danube Biosphere Reserve. (To see more about how the delta formed, click here.)
Near the center of the image, the small city of Vylkove is known as the “Ukranian Venice,” due to its canals. To the lower left, the older Sulina lobe of the delta stretches to the south and further inland into Romania. White and brown curved lines reveal beach ridges and former shorelines, with the whiter ridges composed almost entirely of pure quartz sand in high dunes. To the east of the ridges, most of the landscape is flat marshland that is mostly brown in the barren days of winter.”