Pro Femina

Pro Femina
Rechtsformeingetragener Verein
Gründung1999
SitzHeidelberg
SchwerpunktSchwangerenberatung
AktionsraumDeutschland
PersonenVorsitzender: Kristijan Aufiero; Stellvertretender Vorsitzender: Markus Arnold; Drittes Vorstandsmitglied: Monika Aufiero[1]
Umsatz5.055.927,36 Euro 2021[2]
Websitewww.profemina.org

Pro Femina ist ein im Jahr 1999 gegründeter Verein, der Frauen und Paaren kostenlose Beratung zum Thema Schwangerschaft anbietet. Der Fokus der Beratungsangebote liegt darauf, Frauen von einer Fortsetzung der Schwangerschaft zu überzeugen und von einer Abtreibung abzuhalten. Der Verein gilt daher als Teil der Lebensrechtsbewegung.

Geschichte und Organisation

Der eingetragene Verein mit Sitz in Heidelberg wurde 1999 gegründet und ins Vereinsregister eingetragen. Der Verein ist vom Finanzamt als gemeinnützig und mildtätig anerkannt. Er wird derzeit von Kristijan Aufiero, Markus Arnold und Monika Aufiero geleitet.[3] Der eingetragene Verein ist in ganz Deutschland tätig und betreibt drei Beratungsstellen: in Heidelberg, seit 2015 in München – inzwischen der Verwaltungssitz – und seit 1. Juli 2019 in Berlin.

Die gemeinnützigen Vereinszwecke der Schutz von Ehe und Familie sowie die Unterstützung von Personen, die auf Hilfe anderer angewiesen sind. Diese Zwecke sollen laut Satzung durch Beratungsangebote und Öffentlichkeitsarbeit verwirklicht werden. Laut Satzung werden die Beratungen [...] von dem Bemühen geleitet, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind zu eröffnen. Beratungsscheine [...] werden nicht ausgestellt, weil sich der Verein im wohl verstandenen Interesse der Schwangeren, ihrer Familien und ihrer ungeborenen Kinder unter keinen Umständen, auch nicht indirekt, an einer Abtreibung beteiligt.[2]

Der Verein wird deshalb als Teil der Lebensrechtsbewegung wahrgenommen und steht somit im Gegensatz zur Pro-Choice-Bewegung, die Abtreibung als legitimes Recht anerkennt.

Der Verein ist keine staatlich anerkannte Beratungsstelle nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz, da keine Beratungsscheine für eine Abtreibung ausgestellt werden und erhält keine staatlichen Zuwendungen.

Daher finanziert sich Pro Femina ausschließlich über Spenden, wobei er in den letzten Jahren etwa 5,0 Mio. Euro pro Jahr akquirieren konnte. Das Geld fließt zu 11 % in die Mittelbeschaffung und Verwaltung und zu 89 % in die Zweckmittel, insbesondere den Unterhalt der Beratungszentren und die Personalkosten für die Beraterinnen.[2]

Der Verein betreibt ein Online-Beratungsangebot das weltweit abrufbar ist, bietet Beratung per WhatsApp und eine telefonische Beratung an, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz kostenfrei erreichbar ist.[2]

Tätigkeit

Beratung

Gemäß dem Vereinsziel liegt ein Fokus auf der Beratung schwangerer Frauen in Konfliktsituationen. Laut Eigendarstellung möchte die Organisation [...] Frauen im Schwangerschaftskonflikt selbstbestimmte und unabhängige Entscheidungen ermöglichen und eine Alternative zur Abtreibung anbieten. Die Organisation geht dabei davon aus, dass äußerer Druck die häufigste Ursache einer Entscheidung für eine Abtreibung sei.[4]

Die Beratung folgt einem umfangreichen Beratungskonzept, das Theorien von Viktor Frankl und Carl Rogers aufgreift. Das Konzept basiert auf einem christlichen Menschenbild basiert und betrachtet eine Abtreibung [...] ind der Regel als eine Kapitulation oder Niederlage [darstellt]. Die Schwangere soll daher Hilfe erhalten um eine Krise zu überwinden und sich für ein Kind zu entscheiden.[5]

Der Verein verweist in seiner Selbstdarstellung insbesondere auf die hohe Qualifikation der Beraterinnen[6], das Beratungskonzept und positive Erfahrungsberichte auf der eigenen Webseite.

Kritiker werfen dem Verein allerdings vor, dass Schwangere in der Beratung bedrängt würden die Schwangerschaft fortzusetzen und das Angebot – auch durch die Namensähnlichkeit zu pro familia – verschleiere dass es sich nicht um eine ergebnisoffene oder staatlich anerkannte Beratung handelt.[7]

Die Beratung kann anonym oder mit Namensnennung erfolgen, sie kann über Chats erfolgen, per Email oder Telefon. Die Kontaktaufnahme erfolgt üblicherweise über die Homepage oder telefonisch.[8] Beraten werden Frauen, Paare und – aber eher selten – Männer, die um Rat nachsuchen.

Die Anzahl der Beratungen nahm nach Angaben des Vereins in den letzten Jahren stark zu, nach 2.439 beratenen Frauen im Jahr 2015 stieg die Zahl auf 16.204 beratene Frauen im Jahr 2018.[9]

Im Jahr 2021 wurden nach Angaben des Vereins 52.674 Frauen beraten, davon 94 % per "Digital-Beratung" (d. h. durch Nutzung des Internet-Angebotes). 1.886 Frauen (4 %) nutzten das Internetforum, und insgesamt 2 % (1.282 Frauen) nahmen persönliche Beratung per WhatsApp, Kontaktformular oder Telefon-Hotline in Anspruch.[2]

Informationsportal

Der Verein betreibt ein Informationsportal für Schwangere zu Fragen der Schwangerschaft. Dort informiert er über unterschiedliche Aspekte einer Schwangerschaft, insbesondere über die Konfliktsituation, wenn Gründe gegen das Kind sprechen, über medizinische Komplikationen und Krankheiten des ungeborenen Kindes. Ferner sind dort konkrete Informationen zu finden über rechtliche und finanzielle Fragen im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft; schließlich Beratung im Hinblick auf partnerschaftliche Probleme. Das Portal zeigt dem Vereinsziel entsprechend Möglichkeiten auf, derlei Probleme, auch multiple Problemlagen, zu lösen. Es wird durch ein entsprechendes Redaktionsteam aktuell gehalten.[10]

Projekte und Kooperationen

Projekt 1000plus

Das Projekt 1000plus wurde im Jahr 2009[11] gegründet. Der Name bezieht sich auf das Ziel, mehr als 1000 Frauen in einem Jahr zu beraten – was längst erreicht wurde. Der Projektname wird weiterhin als Einstiegsportal im Internet genutzt.

Werbeaktionen

  • Bei der „Babyflaschenaktion“ werden werbewirksam Babyflaschen verteilt mit entsprechenden Flyern, Plakaten und Karten zum Thema Lebensschutz, auch im Ausland.[12] Idee ist, dass Spenden in die Babyflaschen gefüllt werden und so die Arbeit des Vereins unterstützen.
  • Der Verein Evangelische Allianz Gießen warb auf Linienbussen der Stadt Gießen für Pro Femina. Die Aktion führte zu einer Kontroverse über den Verein,[13] bis hin zu einer Kleinen Anfrage im Hessischen Landtag von Christiane Böhm.[14]

Kooperationen

  • Der Verein wurde bis zum Jahr 2019 von der Stiftung Ja zum Leben gefördert und erhielt im Jahr 2011 ihren Stiftungspreis.[15]
  • Pro Femina unterhält Kontakte zu anderen Organisationen im Kontext der Schwangerenberatung, etwa zu one of us.[16]

Kontroverse Positionen und Angriffe

Bei einem so extrem polarisierenden Thema wie Abtreibung sind naturgemäß die Befürworter und Gegner sehr vehement vertreten. Beide Lager führen entsprechende Gründe an, warum der Verein gut oder schlecht sei, zu unterstützen oder – in extremen Positionen – zu verbieten sei. Die Kritik am Verein entzündet sich dabei an dem Grundsatzstreit über Abtreibung als Freiheit der Frau einerseits und dem Lebensrecht des ungeborenen Kindes andererseits. Die Gegner des Vereins kommen dabei aus dem linken Parteienspektrum – insbesondere von der SPD und der Linkspartei.

  • Beispielhaft für inhaltlich-sachliche Kritik ist der Artikel Dein Bauch gehört mir[17] von Juliane Löffler vom 11. Dezember 2018. Die Vorwürfe sind etwa, dass eine Beratung für das Kind manipulativ sei, oder auch „nicht ergebnisoffen“, oder dass minderjährige Schwangere beraten werden. Zu den Vorwürfen bezog der Vereinsvorsitzende Kristijan Aufiero inhaltlich Stellung[18], per E-Mail gestellte Fragen von Juliane Löffler und die Antworten des Vereins wurden veröffentlicht.[19]
  • Am 5./6. Oktober 2019 wurde ein Anschlag auf das Berliner Büro von Pro Femina verübt, dazu in die Beratungsräume eingebrochen, Wände mit Abtreibungsslogans beschmiert und Fenster zertrümmert.[20]
  • Die SPD in Berlin nahm am 26. Oktober 2019 einen Beschluss an, Pro Femina verbieten zu lassen[21], was den Widerspruch des Vereins hervorrief.[22]
  • Die Münchner Stadtratsfraktionen der Partei Die Linke und Die Partei richtete am 25. September 2020 einen Antrag an den Oberbürgermeister, Pro Femina verbieten zu lassen.[23][7] Die Stadt München lehnte den Antrag ab, da dies in den Zuständigkeitsbereich des Bundesinnenministerium fiele und der Verein bisher nicht strafrechtlich belangt worden sei.[24][25]
  • In der Nacht vom 25. zum 26. November 2020 wurde das Gebäude der Münchner Niederlassung mit Farbe und Parolen für Abtreibung beschmiert.[26][27]
  • In der Nacht vom 14. zum 15. Oktober 2021 wurde die Fassade der Münchner Büroräume erneut mit Farbe beschmiert.[28][29] Die Antisexistische Aktion München bezog sich zwei Tage später in einem Twitter-Beitrag darauf und kommentierte: „Ihr seid hier nicht sicher“.[30]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Das Team, Webseite 1000plus, abgerufen am 15. März 2021
  2. a b c d e Jahresbericht 2021 Web.pdf Jahresbericht 2021
  3. Informationen zum Verein, Impressum der Webseite, abgerufen am 15. März 2021
  4. Webseite von Pro Femina, abgerufen am 9. Juli 2022
  5. https://www.1000plus.net/sites/default/files/resources/files/PF%20Beratungskonzept%2027.11.2018.pdf Beratungskonzept, abgerufen am 9. Juli 2022
  6. Unser Expertenteam Webseite von Pro Femina, abgerufen am 27. Juni 2022
  7. a b Eher bedrängt als beraten. In: Süddeutsche Zeitung. 15. Oktober 2021, abgerufen am 20. Oktober 2021.
  8. Beratungsangebot Pro Femina Webseite von Pro Femina, abgerufen am 27. Juni 2022
  9. Beratung und Hilfe, Jahresbericht 2018, Seite 8, abgerufen am 15. März 2021
  10. Redaktion von Pro Femina, Webseite von Pro Femina, abgerufen am 15. März 2021
  11. 10.000plus, Jahresbericht 2018, Seite 4, abgerufen am 11. März 2021
  12. Große Babyflaschen-Aktion in Liechtenstein, Webseite 1000plus, abgerufen am 15. März 2021
  13. Wirbel um diese Werbung auf Gießener Stadtbussen - Stadtwerke reagieren von Burkhard Möller, Gießener Allgemeine vom 16. September 2019, abgerufen am 15. März 2021
  14. Kleine Anfrage „Werbung für Pro Femina“ von Christiane Böhm im Hessischen Landtag vom 16. September 2019, abgerufen am 15. März 2021
  15. Stiftungspreis auf der Website der „Stiftung Ja zum Leben“, abgerufen am 15. März 2021.
  16. Vortrag von Kristijan Aufiero in Budapest bei One of Us am 16. Juni 2017.
  17. Dein Bauch gehört mir von Juliane Löffler vom 11. Dezember 2018, abgerufen am 15. März 2021
  18. BuzzFeed, Fake-News und Manipulation von Kristijan Aufiero vom 17. Oktober 2019, aufgerufen am 15. März 2021
  19. Kristijan Aufiero stellt sich den Fragen einer erklärten Feministin auf der Webseite von 1000plus vom 16. November 2018, aufgerufen am 15. März 2021
  20. Farb-Anschlag auf Beratungszentrum für Schwangere in Not in Die Tagespost vom 8. Oktober 2019, abgerufen am 15. März 2021
  21. Partei-Beschluss zum Verbot von Pro Femina auf dem Landesparteitag der SPD vom 26. Oktober 2019, abgerufen am 15. März 2021
  22. Offener Brief an die Berliner SPD von Kristijan Aufiero vom 25. Oktober 2019, abgerufen am 15. März 2021
  23. Antrag gegen Pro Femina der Stadtratsfraktion Die Linke am 25. September 2020, abgerufen am 15. März 2021
  24. Beatrix Zurek: Rathaus Umschau 46/2021. Antworten auf Stadtratsfragen: Safe Abortion Day – Schluss mit falscher Schwangerschaftskonfliktberatung. In: muenchen.de. 9. März 2021, abgerufen am 20. Oktober 2021.
  25. Lehrstunde für die Münchner LINKE in Sachen Staats- und Verwaltungsrecht von Kristijan Aufiero vom 11. März 2021, abgerufen am 15. März 2021
  26. Farb-Anschlag auf Beratungszentrum für Schwangere in Not in Die Tagespost vom 27. November 2020, abgerufen am 15. März 2021
  27. Farb-Anschlag auf Pro Femina in München, Meldung auf der Webseite 1000plus vom 26. November 2020, abgerufen am 15. März 2021
  28. Farbanschläge auf Münchner Lebensschutzinitiativen. In: idea.de. Abgerufen am 20. Oktober 2021.
  29. Neuer Farbanschlag auf 1000plus in München. In: Webseite 1000plus. Abgerufen am 20. Oktober 2021.
  30. Antisexistische Aktion München: Gestern Abend wurden antifeministische Orte... In: Twitter. 17. Oktober 2021, abgerufen am 20. Oktober 2021.