Prix Goncourt des lycéens

Preisträgerin 2023: Neige Sinno für Triste Tigre

Der Prix Goncourt des lycéens (dt.: „Goncourt-Preis der Oberstufen-Schüler“) ist ein französischer Literaturpreis. Er wird vom französischen Bildungsministerium unter Schirmherrschaft der Académie Goncourt in Zusammenarbeit mit der Handelskette Fnac und dem Réseau Canopé organisiert. Französische Schulklassen küren mit der Auszeichnung den aus ihrer Sicht besten Roman unter den für den regulären Prix Goncourt nominierten Werken. Der Prix Goncourt des lycéens wird alljährlich im November, einige Tage nach dem Prix Goncourt, vergeben. Der Preis soll die Schüler im Alter zwischen 15 und 18 Jahren in die zeitgenössische französische Literatur einführen und generell zum Lesen anregen.

Geschichte und Auswahlverfahren

Die Auszeichnung wurde erstmals im Jahr 1988 auf Anregung von zehn bretonischen Schulen vergeben. Mittlerweile wird die Organisation zentral vom französischen Bildungsministerium übernommen.

Landesweit werden nach Anmeldung der Institutionen im Mai eines Jahres etwa 50–52 Schulklassen mit insgesamt ca. 2000 Schülern ausgewählt, um am Prix Goncourt des lycéens teilzunehmen. Welche Klasse einer Schule teilnimmt, hängt von der Entscheidung der jeweiligen Lehrkräfte ab. Nach Auswahl der nominierten Werke durch die Académie Goncourt Anfang September stellt Fnac die entsprechenden Bücher den Schulklassen zur Verfügung. Diese haben zwei Monate Zeit, die Romane mit ihren Lehrern zu lesen. Parallel werden sieben regionale Treffen zwischen den Schülern und den Buchautoren organisiert. Nach Beendigung der Lesungen wählt jede Klasse einen Vertreter, der die jeweils favorisierten Romane bei regionalen Beratungstreffen vorstellt. Die Beratungen finden zeitgleich im November in den sechs Städten Lyon, Nantes, Metz, Paris, Marseille und Rennes statt. Jede der sechs Regionen wählt daraufhin zwei Repräsentanten aus, die ihre drei favorisierten Bücher[1] bei den finalen Beratungen Mitte November in Rennes vorstellen und über den Gewinner des Prix Goncourt des lycéens entscheiden.

Bis 2017 nahmen über 17.000 Schüler am Wettbewerb teil. Mehr als 37.000 Exemplare von 216 verschiedenen zeitgenössischen Romanen wurden gelesen.[1]

Einer Studie der GfK zufolge, die im Auftrag der Zeitschrift Livres Hebdo entstand, war der Prix Goncourt des lycéens im Zeitraum 2014–2018 mit durchschnittlich 314.000 verkauften Exemplaren der zweiteinflussreichste Literaturpreis für den französischen Buchmarkt, hinter dem regulären Prix Goncourt (durchschnittlich 367.100 verkaufte Exemplare).[2]

Preisträger

1988, 1989, 1991 und 1995 stimmte der Gewinner des Prix Goncourt des lycéens mit dem regulären Prix-Goncourt-Gewinner überein. Bis 2019 wurden am häufigsten Werke aus dem Verlag Grasset (sieben Siege) prämiert, gefolgt von Gallimard (6) und Actes Sud (5).

JahrPreisträger/-inRomanDeutscher Titel
1988Érik OrsennaL’exposition colonialeGabriel II. oder was kostet die Welt
1989Jean VautrinUn grand pas vers le bon DieuDas Herz spielt Blues
1990Françoise LefèvreLe petit prince cannibaleStummer, kleiner Prinz
1991Pierre CombescotLes filles du calvaire
1992Eduardo ManetL’île du lézard vert
1993Anne WiazemskyCanines
1994Claude Pujade-RenaudBelle-mèreDie Stiefmutter
1995Andreï MakineLe testament françaisDas französische Testament
1996Nancy HustonInstruments des ténèbresInstrumente der Finsternis
1997Jean-Pierre MilovanoffLe maître des paons
1998Luc LangMille six cents ventres1600 Bäuche
1999Jean-Marie LaclavetinePremière ligne
2000Ahmadou KouroumaAllah n’est pas obligéAllah muss nicht gerecht sein
2001Shan SaLa joueuse de goDie Go-Spielerin
2002Laurent GaudéLa mort du roi TsongorDer Tod des Königs Tsongor
2003Yann ApperryFarragoDas zufällige Leben des Homer Idlewilde
2004Philippe GrimbertUn secretEin Geheimnis
2005Sylvie GermainMagnus
2006Léonora MianoContours du jour qui vient
2007Philippe ClaudelLe rapport de BrodeckBrodecks Bericht
2008Catherine CussetUn brillant avenir
2009Jean-Michel GuenassiaLe club des incorrigibles optimistesDer Club der unverbesserlichen Optimisten
2010Mathias ÉnardParle-leur de batailles, de rois et d’éléphantsErzähl ihnen von Schlachten, Königen und Elefanten
2011Carole MartinezDu domaine des Murmures
2012Joël DickerLa vérité sur l’affaire Harry QuebertDie Wahrheit über den Fall Harry Quebert
2013Sorj ChalandonLe quatrième murDie vierte Wand
2014David FoenkinosCharlotteCharlotte
2015Delphine de ViganD’après une histoire vraieNach einer wahren Geschichte
2016Gaël FayePetit paysKleines Land
2017Alice ZeniterL’art de perdreDie Kunst zu verlieren
2018David DiopFrère d’âmeNachts ist unser Blut schwarz
2019Karine TuilLes choses humainesMenschliche Dinge
2020Djaïli Amadou AmalLes impatientes
2021Clara Dupont-MonodS’adapterBrüderchen
2022Sabyl GhoussoubBeyrouth-sur-Seine
2022Neige SinnoTriste Tigre

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Prix Goncourt des lycéens bei academie-goncourt.fr (französisch; abgerufen am 27. Oktober 2017).
  2. Le prix Goncourt à l’heure de vérité. In: lepoint.fr, 4. November 2019 (abgerufen am 4. November 2019).

Auf dieser Seite verwendete Medien

Neige Sinno is a writer.jpg
Autor/Urheber: librairie mollat, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Neige Sinno