Primus Omnium

Der Primus Omnium war bis in die 1930er Jahre hinein die offizielle Bezeichnung des besten Abiturienten eines Gymnasiums.

Einführung

Er war also der Primus oder die Prima (Erste) aller Primi (aller Klassenbesten) (lateinisch primus omnium primorum) dieser Schule. Auf der alten Standesschule der Ritterakademie Brandenburg wurde dieser Senior in der Regel, hier als Oberprimaner, auf Vorschlag des Vorgängers vom Direktor ernannt und stand somit der Selbstverwaltung der dortigen Zöglinge vor.[1] Ab Mitte des 19. Jahrhunderts gab es hier ebenso Senioren aus der bürgerlichen Gesellschaft, die inzwischen etwa die Hälfte der Schülerschaft ausmachte.[2] Auch in anderen städtischen und ländlichen Gymnasien sowie in Adelsinternaten mit Schulkörper, wie der Ritterakademie Liegnitz, wurde die Funktion über Jahrhunderte wahrgenommen.[3] In der Fürstenschule Grimma, der jüngsten der drei Einrichtungen dieser Art in Sachsen, durfte der P.O. den Mitschülern gesonderte Hausarbeiten, so genannte Strafpensen, in Griechisch oder Latein aufgeben.[4]

Historie

In der gesellschaftlichen Kritik, insbesondere auf Preußen bezogen, stand der Primus Omnium als Haupt der Schule, welcher den ruhmreichen Soldaten in sich trägt.[5] 1906 erhielt wiederum ausgerechnet im preußischen Berlin ein nicht namentlich genannter Primus Omnium neben zwölf Professoren, elf Schulmänner, fünf Staatsbeamte, drei Parlamentarier, zwei höhere Militärs und fünf Männer des praktischen Lebens sein Statement zur Thematik der Abschaffung oder Beibehaltung der Reifeprüfung abgeben.[6] Selbst in der NS-Zeit hing vom P. O., von seiner Reife und Durchsetzungsfähigkeit, die Atmosphäre der Schule ab.[7]

20. und 21. Jahrhundert

In Baden-Württemberg wurde seit den 1950er Jahren jedem Primus Omnium der Scheffelpreis der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe verliehen (später dem besten Abiturienten im Fach Deutsch). Ganz allgemein war (und ist) es an vielen Gymnasien üblich, dem besten Abiturienten bzw. der besten Abiturientin eine Auszeichnung zu verleihen, früher waren dies häufig besonders aufwendig eingebundene Bücher (sog. Schulpreisbände).

In der Klosterschule Roßleben besteht heute in Form der Gleichberechtigung die Schüler-Mitverwaltung aus Prima Omnium, Primus Omnium sowie Inspektoren Mädchen und Jungen.[8]

Bekanntgewordene P.O`s (Auswahl)

Literatur

  • Otto Lyon: Dr. Joh. Christ. Aug. Heyses allgemeines verdeutschendes und erklärende Fremdwörterbuch mit Bezeichnung der Aussprache und Betonung der Wörter, Hahn`sche Buchhandlung, Hannover/ Leipzig 1896, S. 675.
  • Albrecht von dem Bussche: Die Ritterakademie zu Brandenburg. Lang, Frankfurt am Main/ Bern / New York / Paris 1989, S. 82 f., ISBN 3-631-40721-1. DNB 891289291
  • Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte Band 2, Hrsg. Stiftung Mitteldeutscher Kulturrat Bonn, Böhlau, Weimar/ Köln/ Wien 1994, S. 135. ISSN 0946-3119
  • Jonas Flöter, Marita Pesenecker (Hrsg.): Erziehung zur Elite. Die Fürsten- und Landesschulen zu Grimma, Meißen und Schulpforte um 1900, Leipziger Univ.-Verlag, Leipzig 2003, S. 75 f., ISBN 3-937209-33-6.
  • Ulx, Betrauter und P.O. Das Leben in der Ritterakademie Brandenburg an der Havel, Zeitzeugen erzählen. Hrsg. Gerold Hofmann, Sophie Dieckmann, im Auftrag des Evangelischen Gymnasiums am Dom zu Brandenburg. Evangelisches Gymnasium am Dom zu Brandenburg, Druck Uwe Pohl, Brandenburg an der Havel 2012, S. 9 ff., ISBN 978-3-943463-02-6.

Einzelnachweise

  1. Graf Lambsdorff, in: Alfred Neven DuMont (Hrsg.): Jahrgang 1926/27. Erinnerungen an die Jahre unter dem Hakenkreuz, 1. Auflage, Selbstverlag DuMont, Köln 2007, S. 192, ISBN 3-8321-8059-1. 2. ungekürzte Auflage: Piper, München/Zürich 2009, ISBN 978-3-492-25360-4.
  2. Karl Mager, in Verbindung mit: C. G. Scheibert, W. Langbein, A. Kuhr (Hrsg.): Pädagogische Revue. Centralorgan für Wissenschaft, Geschichte und Kunst der Haus-, Schul-und Gesellschaftserziehung, 21 (1.). Band, Friedrich Schultheß, Zürich 1849, S. 136.
  3. Ferdinand Wilhelm Kaumann: Versuch einer Geschichte der Königlichen Ritter-Akademie zu Liegnitz. Erste Abtheilung, Königliche Hof- und Regierungs-Buchdruckerei E. Dóench, Liegnitz 1829, S. 46.
  4. Julius Rissert: Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung, № 22, Dienstag, den 22. Februar, Abends, B. G. Teubner, Leipzig 1898, S. 87.
  5. O. Erdmann: Arbeiten und Erfahrungen einer fünfundzwanzigjährigen Thätigkeit in der innern Mission. Ein Beitrag zur freien Laienthätigkeit, Buchhandlung der Evang. Gesellschaft, Elberfeld 1873, S. 62.
  6. Georg Andresen, Hans Draheim, Franz Harder (Hrsg.): Wochenschrift für klassische Philologie, 23. Jahrgang. 1906. No. 33/34, Weidmannsche Buchhandlung, Berlin, 15. August 1906, S. 918 f.
  7. Marianne Doerfel: Der Griff des NS-Regimes nach den Elite-Schulen. Stätten klassischer Bildungstradition zwischen Anpassung und Widerstand, In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte (VfZ), Jahrgang 37, Heft 3, München 1989, S. 405. ISSN 0042-5702 ISSN 2196-7172 PDF
  8. Unsere neue SMV, Blog, Roßleben 23. März 2023. Hrsg. Klosterschule Roßleben. Internatsgymnasium in Freier Trägerschaft. 1554.
  9. Jahresbericht über die Königliche Klosterschule Ilfeld von Ostern 1876 bis Ostern 1877, 1877. Progr. №. 257, Druck C. Kirchner, Nordhausen 1877, S. 81.
  10. Schöne, Friedrich Gottlieb, in: Hrsg. Deutsche Biographie, Red. H. Pröhle, Vgl. Allgemeine Deutsche Biographie, 32 (1891), S. 285.
  11. Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog, II. Band, Hrsg. Anton Bettelheim, Georg Reimer, Berlin 1898, S. 266 f.