Presseclub Concordia

Der Presseclub Concordia ist ein unabhängiger Verein in Österreich, dem sowohl österreichische Journalisten und Schriftsteller als auch Korrespondenten ausländischer Medien angehören. Mit seiner Gründung im Jahr 1859 gilt er als die älteste bestehende Journalistenvereinigung weltweit.[1] Zu den Aufgaben des Vereins zählen die Wahrung der Pressefreiheit und der journalistischen Ethik, die Vernetzung in- und ausländischer Journalisten und Journalistinnen sowie die Veranstaltung von Pressekonferenzen.[2] Der Presseclub Concordia agiert als medienpolitische Interessenvertretung und setzt sich unter anderem für Informationsfreiheit, eine Reform der Presseförderung und die politische Unabhängigkeit des ORF ein.[3][4]

Geschichte

Der Verein wurde am 23. August 1859 mit dem ursprünglichen Zweck der Unterstützung hilfsbedürftiger Mitglieder gegründet. Er ist der älteste Presseclub (Verein) der Welt. 1872 wurde ein Pensionsfonds eingerichtet.[5] 1880 wurde in Innere Stadt (Wien) (1. Gemeindebezirk) der Concordiaplatz nach dem Club benannt. In Österreichs Zeit des Nationalsozialismus (1938–1945) wurde der Club aufgelöst und das Vermögen beschlagnahmt. Er wurde 1946 wiedergegründet und 1958 mit dem Österreichischen Presseclub zum heute noch gültigen Namen Presseclub Concordia vereinigt.[6] Im selben Jahr wurde der Umbau der Bankgasse 8 in Wien abgeschlossen, wo der Verein seinen Sitz hat. Die historischen Räume in der Bankgasse wurden als Teil-Wiedergutmachung für die Schädigungen des Presseclubs durch das NS-Regime vom damaligen Bundeskanzler Julius Raab zur Verfügung gestellt.[7] Das Gebäude ist seither als Concordiahaus bekannt.

Präsidenten

  • 1859–1865: Franz Schuselka
  • 1865–1872: Leopold Wittelshöfer
  • 1872–1876: Wilhelm Ritter von Wiener
  • 1876–1879 und 1880–1883: Johann Nordmann
  • 1879–1880: Zacharius Konrad Lecher
  • 1883–1886 und 1887–1889: Joseph Weil Ritter von Weilen
  • 1886–1887: Vratislav Kazimír Šembera
  • 1889–1890 und 1894–1897: Jakob Edler von Winternitz
  • 1890–1893: Wilhelm Friedrich Warhanek
  • 1897–1899: Ferdinand Gross
  • 1899–1908: Edgar Spiegl von Thurnsee
  • 1908–1919: Sigmund Ehrlich
  • 1919–1926: Edmund Wengraf
  • 1926–1938: Leopold Lipschütz
  • 1938–1939: Konrad Pfitzner
  • 1946–1958: Rudolf Holzner
  • 1958–1974: Rudolf Kalmar
  • 1974–1994: Kurt Skalnik
  • 1994–2014: Peter Bochskanl
  • seit 2014: Andreas Koller

Tätigkeiten

Der Verein ist gemäß seinen Statuten[2] den Menschenrechten, der Demokratie und der Pressefreiheit verbunden. Jährlich wird der Concordia-Preis in den Kategorien Menschenrechte und Pressefreiheit sowie in einer Ehrenkategorie vergeben.

Mit dem Rechtsdienst Journalismus startete der Presseclub Concordia Anfang 2022 ein Programm, welches einen Beitrag zur freien Berichterstattung durch juristische Unterstützung von Journalisten bieten soll.[8]

Der Presseclub ist auch Veranstalter des seit 1863 jährlich, nunmehr meist im Juni stattfindenden Concordia Balles im Wiener Rathaus.

Seit 2021 verleiht der Presseclub Concordia zusammen mit der Michael Gaismair Gesellschaft Bozen und der Gemeinde Sexten die vom Land Südtirol gestiftete Auszeichnung für hervorragenden Journalismus im Gedenken an Claus Gatterer.[9]

Medienpolitische Positionen

Regelmäßig bringt der Presseclub medienpolitische Forderungen und aktuelle Medienthemen in den öffentlichen Diskurs ein und setzt sich gegenüber Öffentlichkeit und Entscheidungsträgern für die vom Verein ausgearbeiteten Positionen ein. Zu diesen Positionen zählen etwa:

  • Reform der Presseförderung als „konvergente Journalismusförderung“. Der Presseclub Concordia spricht sich gegen indirekte Förderung in Form von Regierungsinseraten und für eine Erhöhung und transparente Vergabe von Fördermitteln nach klaren Qualitätskriterien aus.[3]
  • Schutz von Journalisten gegen Angriffe – offline und online. Gefordert werden Unterstützung für betroffene Journalisten sowie eine Sensibilisierung von Justiz und Behörden.[10]
  • Der Presseclub Concordia tritt für ein Informationsfreiheitsgesetz ein und spricht sich gegen das in Österreich in der Verfassung verankerte Amtsgeheimnis aus.
  • Entpolitisierung des ORF-Stiftungsrats und eine Beitragsfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunk.[11]
  • Der Presseclub Concordia fordert in einer Resolution Maßnahmen von der Politik gegen SLAPP-Klagen.[12]

Vereinsstruktur

Seit Juni 2014 ist Andreas Koller, stellvertretender Chefredakteur der Salzburger Nachrichten, Präsident.[13]

Für weitere vier Jahre bestätigt wurde Koller zuletzt bei der Generalversammlung 2022 im Zuge derer Petra Stuiber, stellvertretende Chefredakteurin von Der Standard, als neue Vizepräsidentin gewählt wurde.[14] Weitere Vizepräsidenten sind Katharina Schell, Mitglied der APA-Chefredaktion und Helmut Spudich.[15] Annemarie Kramser ist Kassierin.[16] Gemeinsam bilden sie das Präsidium, welches den Verein nach außen vertritt.

Martina Salomon, Chefredakteurin des Kurier, hat sich 2022 nach zwei Funktionsperioden aus dem Präsidium zurückgezogen, verbleibt aber im Vorstand des Vereins. Neu in den Vorstand gewählt wurde 2022 die bei Profil tätige Journalistin Eva Linsinger.[14]

Die Leitung des Vereins obliegt dem Vorstand, der sich aus folgenden Personen zusammensetzt:[16]

Ehrenmitglieder:

Die laufenden Geschäfte des Vereins werden von einem Generalsekretär geführt, der vom Vorstand bestellt wird. Anfang 2019 übernahm Daniela Kraus die Rolle der Generalsekretärin.[17] Sie löste damit Astrid Zimmermann ab, die diesen Posten seit 2010 innehatte.[18] In den Jahren 1990 bis 2010 war Ilse Brandner-Radinger Generalsekretärin.

Laut Statut werden hauptberufliche Journalisten und Schriftsteller als ordentliche Mitglieder im Verein aufgenommen.[2]

Prominente Mitglieder (historische Auswahl)

Assoziation mit anderen Organisationen

Der Presseclub Concordia ist eine der Trägerorganisation des Österreichischen Presserats, Gesellschafter der Verwertungsgesellschaft Literar Mechana, wo er die Interessen von Journalisten und Schriftstellern bei der Wahrnehmung der Verwertungsrechte vertritt, sowie eine der Trägerorganisationen von AJOUR, einer 2017 initiierten Anlaufstelle für arbeitslose Journalisten.[20] Weiters ist der Presseclub Gründungsmitglied sowohl der Europäischen Föderation der Presseclubs als auch der Internationalen Vereinigung der Presseclubs.[21]

Literatur

  • Ilse Brandner-Radinger (Hrsg.), Peter Bochskanl (Beiträge) et al.: Was kommt, was bleibt. 150 Jahre Presseclub Concordia. Facultas.WUV, Wien 2009, ISBN 978-3-7089-0502-0. – Inhaltsverzeichnis online (PDF).
  • Sandra Paweronschitz: Zwischen Anspruch und Anpassung. Der Wiener Journalisten- und Schriftstellerverein Concordia und der Nationalsozialismus. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 2006.
    • —: Zwischen Anspruch und Anpassung. Journalisten und der Presseclub Concordia im Dritten Reich. Eduard Steinbauer, Wien 2006, ISBN 3-902494-19-0. – Inhaltsverzeichnis online (PDF).
  • Peter Eppel: „Concordia soll ihr Name sein …“. 125 Jahre Journalisten- und Schriftstellerverein „Concordia“. Eine Dokumentation zur Presse- und Zeitgeschichte Österreichs. Böhlau, Wien (u. a.) 1984, ISBN 3-205-07250-2.
  • 50 Konkordiabälle (Concordiabälle). Eine Faschingsrevue. Verlag Dr. Rosenbaum, Wien 1914.
  • Felix Czeike: Concordia. In: Historisches Lexikon Wien. Band 1: A–Da. Kremayr & Scheriau, Wien 1992, ISBN 3-218-00543-4, S. 589.
  • Zur Geschichte des Wiener Journalisten- und Schriftsteller-Vereines „Concordia“ 1859–1884. Selbstverlag der „Concordia“, Wien 1884. – Volltext online.
  • Rafaela Damböck: Künstlervereine im Wandel der Zeit. Von der geselligen „Concordia“ des Vormärz zur Standesvertretung der Schriftsteller und Journalisten, der „Jüngeren Concordia“. Dissertation. Universität Wien, Wien 2007. – Kurzfassung online.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Der älteste Journalistenclub der Welt feiert seinen 160. Geburtstag in den Salzburger Nachrichten vom 5. November 2019, abgerufen am 27. Juni 2021.
  2. a b c Vereinsstatuen. 23. Juni 2021, abgerufen am 16. August 2021 (deutsch).
  3. a b Stellungnahmen & Positionen. In: Presseclub Concordia. Abgerufen am 16. August 2021 (deutsch).
  4. ORF at/Agenturen red: Nach VfGH-Erkenntnis: Presseclub legt Papier zu ORF vor. 27. November 2023, abgerufen am 27. November 2023.
  5. Zur Geschichte des Wiener Journalisten- und Schriftsteller-Vereines „Concordia“ 1859–1884, S. 45.
  6. Pressemeldung zur Zusammenlegung vom 17. November 1958
  7. Concordia wieder im eigenen Haus. 13. Mai 2012, abgerufen am 26. Juli 2022.
  8. Presseclub Concordia bietet juristische Hilfe für Journalisten. Abgerufen am 18. August 2022 (österreichisches Deutsch).
  9. Auszeichnung für hervorragenden Journalismus im Gedenken an Claus Gatterer. In: Presseclub Concordia. Abgerufen am 16. August 2021 (deutsch).
  10. Presseclub Concordia: #GegenAngriffe Schutz und Sicherheit für Journalist*innen. Februar 2020, abgerufen am 16. August 2021 (deutsch).
  11. Presseclub Concordia: Concordia Forderungen zu einer ORF Gremienreform. 2019, abgerufen am 16. August 2021.
  12. Concordia Generalversammlung: Resolution zu SLAPPs. In: Presseclub Concordia. 24. Juni 2022, abgerufen am 18. August 2022 (deutsch).
  13. Neuer Concordia Präsident: Andreas Koller (Memento vom 26. März 2015 im Internet Archive), concordia.at, 25. Juni 2014.
  14. a b Presseclub Concordia mit neuem Vorstand und Präsidium. Abgerufen am 26. Juli 2022.
  15. derStandard.at: Presseclub Concordia hat neue Vizepräsidentin und Generalsekretärin. Artikel vom 24. September 2018, abgerufen am 26. September 2018.
  16. a b Team. In: Presseclub Concordia. Abgerufen am 16. August 2021 (deutsch).
  17. Daniela Kraus wird neue Chefin des Presseclub Concordia. In: Die Presse. (diepresse.com [abgerufen am 25. November 2018]).
  18. Presseclub Concordia. In: Presseclub Concordia. (concordia.at [abgerufen am 25. November 2018]).
  19. 5. Fr. Joaquin Martinez de Zúñiga.Mittheilungen der kaiserlich(-)königlichen Geographischen Gesellschaft / Mitt(h)eilungen der kaiserlichen und königlichen Geographischen Gesellschaft in Wien / Mitt(h)eilungen der K. K. Geographischen Gesellschaft in Wien / Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Wien / Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft Wien in der Deutschen Geographischen Gesellschaft. Organ der Deutschen Geographischen Gesellschaft für den europäischen Südosten, Jahrgang 1895, S. 247 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/geo
  20. AJOUR - Wer sind wir ? Abgerufen am 16. August 2021.
  21. Members ‹ International Association of Press Clubs. Abgerufen am 16. August 2021.