Präsidentschaftswahl in Syrien 2021

Der Machthaber Syriens: Bashar al-Assad beherrschte das Land zum Zeitpunkt der Wahl 2021 schon 21 Jahre lang

Präsidentschaftswahlen in Syrien fanden am 26. Mai 2021 während des seit 2011 andauernden Bürgerkriegs statt. Zur Wahl standen der amtierende Herrscher Bashar al-Assad (Baath), sowie die vom Regime zugelassenen Kandidaten der Blockparteien Abdullah Sallum Abdullah und Mahmoud Ahmad Marei.[1] Die Abstimmung gilt als Scheinwahl, weil große Teile der Bevölkerung sowie die demokratische Opposition nicht teilnehmen konnten.

Bashar al-Assad wurde nach offiziellen Angaben mit 95,1 Prozent zum Präsidenten Syriens wiedergewählt.[2][3]

Hintergrund

Der derzeitige Machthaber Bashar al-Assad, 19. Präsident Syriens, beherrscht das Land bereits seit 21 Jahren diktatorisch. Er übernahm im Jahre 2000 die Macht, nachdem sein Vater Hafiz al-Assad gestorben war. Dieser hatte Syrien zuvor bereits 30 Jahre lang regiert.[4] Bei den Scheinwahlen in 2000 und 2007 erhielt er offiziellen Angaben zufolge jeweils 97,29 % bzw. 97,6 % der Stimmen.[5][6]

Seit 2011 herrscht in Syrien ein Bürgerkrieg, der große Teile der Bevölkerung zur Flucht gezwungen hat. Insgesamt sind rund 6,6 Millionen Menschen aus dem Land geflohen. Zudem wurden sieben Millionen Syrer intern vertrieben, darunter 4,4 Millionen in von Rebellen kontrollierte Gebiete und zwei Millionen in die von Kurden regierten autonomen Gebiete.[7]

Zuletzt wurde Assad am 16. Juli 2014 für eine weitere Amtszeit von sieben Jahren vereidigt, nachdem ihm eine weitere undemokratische[8] Wahl 88,7 % der Stimmen einbrachte. Die Wahlen fanden auch damals schon nur in Gebieten statt, die von der syrischen Regierung kontrolliert wurden.[9]

Die Abstimmung fand trotz einer Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen von 2015 statt, in der vor den Wahlen eine neue Verfassung gefordert wird.[10]

Beobachter vermuten, dass die Wahlen abgehalten worden seien, damit das Regime und deren Schutzmacht Russland den Krieg als gewonnen darstellen können, sowie um den Ruf des Landes bei der Arabischen Liga zu rehabilitieren und zu demonstrieren, dass Syrien ein sicheres Land für die Rückkehr von (regierungstreuen) Flüchtlingen sei.[11][12][13]

Die Regierung hat in den Wochen vor der Wahl eine Reihe von Maßnahmen unternommen, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen, darunter Versuche, die Inflation kurzzeitig zu senken, und die Ausweitung staatlicher Zuschüsse auf Staatsbedienstete in wirtschaftlich gebeutelten Gebieten. Eine offene und freie Wahlwerbung war nicht möglich.[14] In allen Wahllokalen wurden Bilder von Assad aufgehängt.[15]

Wahlrecht

Gemäß der 2012 verabschiedeten Verfassung Syriens ist die Voraussetzung für das aktive Wahlrecht die Vollendung des achtzehnten Lebensjahres (Artikel 59).[16] Auslandssyrer konnten in einigen ausländischen Botschaften bereits am 20. Mai wählen.

Im Mai 2021 kontrollierten die Regierungstruppen und ihre Verbündeten rund zwei Drittel des Bürgerkriegslandes. Nur in diesen Gebieten konnten syrische Wähler ihre Stimme abgeben. Die im Nordosten Syriens regierenden Kurden lehnten eine Teilnahme an der Wahl ab.[2]

Kandidaten

Kandidaten für das Amt des Präsidenten müssen formell folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Alter von mindestens 40 Jahren
  • zum Zeitpunkt der Kandidatur mindestens 10 Jahre ununterbrochen im syrischen Hoheitsgebiet ansässig
  • im Besitz der syrischen Staatsangehörigkeit seit Geburt, ohne doppelte Staatsbürgerschaft
  • im Besitz des Wahlrechts
  • keine Verurteilung wegen eines „verabscheuungswürdigen Verbrechens“
  • nicht mit einer ausländischen Person verheiratet
  • Muslim.[17][18]

Am 3. Mai gab das Oberste Verfassungsgericht Syriens bekannt, dass nur drei Kandidaten zugelassen wurden – alle anderen Bewerber wurden mit der Begründung abgelehnt, dass sie nicht „die verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Bedingungen“ erfüllen:[19]

  • Bashar al-Assad: Amtierender Präsident von Syrien und Kandidat der Arabisch-Sozialistischen Baath-Partei (Mitglied der NPF)[17]
  • Mahmoud Ahmed Marei: Rechtsanwalt, Leiter der Arabischen Organisation für Menschenrechte und ehemaliger Generalsekretär der „Nationalen Front für die Befreiung Syriens“. Inoffizieller Kandidat der Arabischen Sozialistischen Union[20] (Mitglied des CNCD)[21]
  • Abdullah Sallum Abdullah: Ehemaliger Staatsminister, ehemaliger Abgeordneter und Kandidat der Sozialistisch-Unionistischen Partei (Mitglied der NPF).[22]

Ergebnis

Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Syrian Arab News Agency (SANA) gab es 18.107.109 Wahlberechtigte. Zur Wahl gegangen seien[23] 14.239.140 Wahlberechtigte (78,64 %). Diese verteilten sich nach den offiziellen Angaben folgendermaßen:

  • 13.540.860 Stimmen (95,19 %) für Bashar al-Assad
  • 470.276 Stimmen (3,31 %) für Mahmoud Ahmad Marei
  • 213.968 Stimmen (1,50 %) für Abdullah Sallum Abdullah
  • 14.036 Stimmen wurden für ungültig befunden.[3][24]

Kritik und Sanktionen

Die syrische Opposition nannte die Wahl „unrechtmäßig“ und sprach von einer „Farce“.[25] Hadi al-Bahra, Vizepräsident des Syrischen Nationalrats, kritisierte, dass – nicht zuletzt durch die Vertreibungen infolge des Krieges – fast nur regimetreue Syrer abstimmen konnten.[26]

Die Vereinten Nationen kritisierten, dass die Scheinwahl dem syrischen Friedensprozess zuwiderlaufe.[27] Länder wie die Vereinigten Staaten,[28][29] Deutschland, Frankreich,[30] Italien und Großbritannien bezeichneten die Präsidentenwahl als „weder frei noch fair“ und „betrügerisch“.[31] Auch die Türkei hat schon vor der Wahl erklärt, dass die Wahlen nicht legitim sein könnten.[32]

Die Europäische Union verlängerte ihre Sanktionen (Ölembargo, Export von Ausrüstung und Technologie, Beschränkungen für Investitionen und das Einfrieren von Guthaben der syrischen Zentralbank) gegen die Regierung Assad um ein weiteres Jahr, bis Juni 2022.[2][33]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Syria to hold election in May after years of war. In: BBC News. 18. April 2021 (bbc.com [abgerufen am 25. Mai 2021]).
  2. a b c Syrien: Baschar al-Assad lässt sich mit 95,1 Prozent wiederwählen. In: Der Spiegel. Abgerufen am 27. Mai 2021.
  3. a b m.eyon: Dr. Bashar al-Assad elected President of the Syrian Arab Republic with the majority of votes. In: Syrian Arab News Agency. 28. Mai 2021, abgerufen am 27. Mai 2021 (amerikanisches Englisch).
  4. Catherine Neilan: Arab states accept sham Syria elections as Assad returns to fold. (Nicht mehr online verfügbar.) In: The Telegraph. 26. Mai 2021, archiviert vom Original am 26. Mai 2021; abgerufen am 26. Mai 2021.
  5. Democracy Damascus style: Assad the only choice in referendum. (Nicht mehr online verfügbar.) In: The Guardian. 28. Mai 2007, archiviert vom Original am 20. April 2019; abgerufen am 26. Mai 2021.
  6. Chulov, Martin (14 April 2014). "The one certainty about Syria's looming election – Assad will win" The Guardian.
  7. More uprooted, fewer return, pushing forcibly displaced above 80 million. (Nicht mehr online verfügbar.) In: UN News. 9. Dezember 2020, archiviert vom Original am 4. Mai 2021; abgerufen am 4. Mai 2021 (englisch).
  8. Nicholas Cheeseman: How to Rig an Election. Yale University Press, 2019, ISBN 978-0-300-24665-0, S. 140–141.
  9. Dominic Evans: Assad seeks re-election as Syrian civil war rages. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Reuters. 28. April 2014, archiviert vom Original am 18. Oktober 2015; abgerufen am 13. März 2015.
  10. Catherine Neilan: Arab states accept sham Syria elections as Assad returns to fold. (Nicht mehr online verfügbar.) In: The Telegraph. 26. Mai 2021, archiviert vom Original am 26. Mai 2021; abgerufen am 26. Mai 2021.
  11. Bethan McKernan: Civil war, ruin, raging poverty... but Assad is guaranteed to win Syria's fake election. (Nicht mehr online verfügbar.) In: the Guardian. 23. Mai 2021, archiviert vom Original am 26. Mai 2021; abgerufen am 26. Mai 2021.
  12. Syria elections: Polls open as Western countries slam 'illegitimate' vote – 26.05.2021. (Nicht mehr online verfügbar.) In: DW.COM. Archiviert vom Original am 26. Mai 2021; abgerufen am 26. Mai 2021.
  13. tagesschau.de: Kommentar zur Präsidentenwahl in Syrien: Despot spielt Demokrat. Abgerufen am 28. Mai 2021.
  14. Bethan McKernan: Civil war, ruin, raging poverty... but Assad is guaranteed to win Syria's fake election. (Nicht mehr online verfügbar.) In: the Guardian. 23. Mai 2021, archiviert vom Original am 26. Mai 2021; abgerufen am 26. Mai 2021.
  15. Kareem Chehayeb: Syrians vote in election set to extend al-Assad's grip on power – Bashar al-Assad News. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Al Jazeera. 26. Mai 2021, archiviert vom Original am 26. Mai 2021; abgerufen am 26. Mai 2021.
  16. United Nations High Commissioner for Refugees: Refworld | Syrian Arab Republic: Constitution, 2012. Abgerufen am 25. Mai 2021 (englisch).
  17. a b Deutsche Welle (www.dw.com): Syrien: Machthaber Assad lässt sich wiederwählen | DW | 27.04.2021. Abgerufen am 25. Mai 2021 (deutsch).
  18. Mazen Gharibah: Local Elections in Post-Agreement Syria: Opportunities and Challenges for Local Representation. London School of Economics and Political Science, Dezember 2018, abgerufen am 25. Mai 2021 (englisch).
  19. Syrian court accepts 3 candidates to run for president. 3. Mai 2021, abgerufen am 25. Mai 2021.
  20. Die Partei distanzierte sich von dem Kandidaten und teilte mit, dass er bereits seit 2013 ausgeschlossen wurde. Sie befand die gesamte Wahl offiziell als illegitim. (Quelle (Memento vom 26. Mai 2021 im Internet Archive))
  21. Syrian election candidates announced - World - Al-Ahram Weekly. Abgerufen am 25. Mai 2021 (englisch).
  22. Syria's Supreme Constitutional Court Finalizes List of Candidates for Presidential Election. Abgerufen am 25. Mai 2021 (englisch).
  23. Syria election: Bashar al Assad elected for fourth term as president after winning 95.1% of the vote. In: Sky News. 28. Mai 2021, abgerufen am 28. Mai 2021.Vorlage:Cite web/temporär
  24. Syrian President Bashar al-Assad wins election claiming 95.1 per cent of votes - ABC News. In: ABC (Australian Broadcasting Corporation). 28. Mai 2021, abgerufen am 28. Mai 2021.Vorlage:Cite web/temporär
  25. المعارضة السورية: انتخابات النظام الرئاسية مسرحية هزلية (تقرير). In: www.aa.com.tr. 19. April 2021, archiviert vom Original am 19. April 2021; abgerufen am 27. Mai 2021.Vorlage:Cite web/temporär
  26. Syria elections: Polls open as Western countries slam 'illegitimate' vote - 26.05.2021. In: DW.COM. Archiviert vom Original am 26. Mai 2021; abgerufen am 26. Mai 2021.Vorlage:Cite web/temporär
  27. United Nations Special Envoy for Syria Geir O. Pedersen briefing to the Security Council on Syria, 28 April 2021 - Syrian Arab Republic. In: ReliefWeb. 28. April 2021, archiviert vom Original am 24. Mai 2021; abgerufen am 24. Mai 2021.Vorlage:Cite web/temporär
  28. Kareem Chehayeb: Western countries, activists slam Syria's upcoming election - Bashar al-Assad News. In: Al Jazeera. 21. April 2021, archiviert vom Original am 20. Mai 2021; abgerufen am 20. Mai 2021.Vorlage:Cite web/temporär
  29. US won’t recognize Syria presidency vote unless UN involved. In: The Seattle Times. 18. März 2021, archiviert vom Original am 22. April 2021; abgerufen am 22. April 2021.Vorlage:Cite web/temporär
  30. Kareem Chehayeb: Western countries, activists slam Syria's upcoming election - Bashar al-Assad News. In: Al Jazeera. 21. April 2021, archiviert vom Original am 20. Mai 2021; abgerufen am 20. Mai 2021.Vorlage:Cite web/temporär
  31. Syrian presidential election won't be 'free nor fair' warn US, Europeans. In: France 24. 25. Mai 2021, archiviert vom Original am 25. Mai 2021; abgerufen am 26. Mai 2021.Vorlage:Cite web/temporär
  32. Int’l community cannot deem Syrian elections legitimate: Turkish MFA. In: DAILY SABAH. 23. April 2021, abgerufen am 28. Mai 2021.Vorlage:Cite web/temporär
  33. Diana Hodali: Syrien: Baschar al-Assad bleibt auf unbestimmte Zeit In: dw.com, 25. Mai 2021, abgerufen am 25. Mai 2021.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Flag of Syria.svg
Das Bild dieser Flagge lässt sich leicht mit einem Rahmen versehen
Bashar al-Assad (2018-05-17) 03.jpg
(c) Kremlin.ru, CC BY 4.0
Президент Сирийской Арабской Республики Башар Асад во время переговоров с Президентом России Владимиром Путиным