Präsidentschaftswahl im Iran 2021

Die Präsidentschaftswahl im Iran 2021 fand am 18. Juni statt. Gewählt wurde mit Ebrahim Raissi ein Nachfolger für Staatspräsident Hassan Rohani, der nach zwei Amtszeiten nicht erneut kandidieren durfte.[1] Die Wahlbeteiligung war mit 48,8 % nach offiziellen Angaben so niedrig wie noch nie bei einer Präsidentschaftswahl im Iran (an der vorangegangenen Wahl 2017 hatten sich mehr als 70 % beteiligt). Iranische Oppositionelle und westliche Beobachter führten dies auf die eingeschränkte Kandidatenauswahl zurück, was zu verbreitetem Wahlboykott bzw. Wahlmüdigkeit geführt habe. Die jetzige Wahl sei buchstäblich auf Raissi, den Wunschkandidaten der radikalislamischen Ayatollahs im Wächterrat und des geistlichen Führers Ali Chamenei, zugeschnitten gewesen.[2][3]

Kandidaten

Für die Wahl hatten sich zunächst 592 Personen, darunter 40 Frauen beworben.[4] Am 25. Mai wurde bekanntgegeben, dass der Wächterrat davon nur sieben, überwiegend ultrakonservative Kandidaturen zugelassen habe, nämlich:[5]

  • Said Dschalili, Vorsitzender des Sicherheitsrats des Iran
  • Amirhossein Ghasisadeh-Haschemi, Angehöriger der Partei Front der Stabilität der Islamischen Revolution
  • Abdolnaser Hemmati, Präsident der Zentralbank und Angehöriger der Partei Kargozaran
  • Mohsen Mehralisadeh, früherer Gouverneur der Provinz Isfahan und Vizepräsident des Iran
  • Ebrahim Raissi, Justizchef und Angehöriger der Partei Vereinigung der kämpfenden Geistlichkeit
  • Mohsen Rezai, Angehöriger der Partei Widerstandsfront des islamischen Iran
  • Aliresa Sakani, früherer Abgeordneter im Parlament

Unter den abgelehnten Kandidaten waren auch Ex-Parlamentspräsident Ali Laridschani, Vizepräsident Eshagh Dschahangiri sowie der frühere Staatspräsident Mahmud Ahmadineschād. Als Favorit galt von Anfang an Ebrahim Raissi als Vertreter des ultrakonservativen Lagers.[6][7] Bereits im Vorfeld wurde erwartet, dass sich einige der Zugelassenen noch vor der Wahl zu Raissis Gunsten zurückziehen würden.[7] Wenige Tage vor der Wahl gaben zunächst die zugelassenen Mehralisadeh und Sakani[8] und danach auch Dschalili ihren Verzicht bekannt.[9] Der als gemäßigt geltende frühere Gouverneur der Provinz Isfahan, Mehralisadeh, war mit ungefähr ein Prozent Zustimmung nach Angaben des iranischen Umfrageinstituts Ispa der Kandidat mit den schlechtesten Aussichten gewesen. Aliresa Sakani und Said Dschalili waren Kandidaten des konservativen Lagers. Damit standen bei der Wahl vier Kandidaten zur Auswahl, davon drei Konservative und ein „Gemäßigter“ (Abdolnaser Hemmati).[10]

Wahl

Die wahlberechtigten Iraner konnten am 18. Juni landesweit sowie in 234 Wahllokalen im Ausland ihre Stimme abgeben.[11] Gleichzeitig fanden Regionalwahlen statt.[12]

Ajatollah Chamenei verkündete vor der Wahl, dass leere / ungültige Stimmzettel harām und Nichtwählen eine Sünde sei.[13] Die Reporter ohne Grenzen kritisierten, dass Journalisten eingeschüchtert wurden, über Kandidaten zu berichten.[14] Zudem wurden Personen von staatlichen Stellen eingeschüchtert, zum Wahlboykott aufzurufen.[15]

Ergebnis

Hassan Rohani verkündete noch vor Bekanntgabe eines offiziellen Ergebnisses, dass Ebrahim Raissi im ersten Wahlgang zum neuen Staatschef gewählt worden sei. Daraufhin räumten die verbliebenen drei Gegenkandidaten ihre Niederlage ein.[1][16]

Nach offiziellen Angaben hatten sich von den 59.310.307 Wahlberechtigten 28.933.004 (48,8 %) an der Wahl beteiligt. Auffällig war ein hoher Anteil von ungültigen Stimmen, was als indirekter Wählerprotest interpretiert werden kann. Auf die vier Kandidaten entfielen:

Ergebnis der Wahl[17][A 1]
KandidatStimmenProzent
Ebrahim Raisi17.926.34572,38 %
Mohsen Rezai3.412.71213,78 %
Abdolnaser Hemmati2.427.2019,80 %
Amirhossein Ghasisadeh-Haschemi999.7184,04 %
Gültige Stimmen24.765.976
Ungültige Stimmen3.726.87012,89 %
  1. Die bisher bekanntgegebenen offiziellen Ergebniszahlen addieren sich nicht zu 28.933.004 Wählern auf, sondern ergeben 28.492.846 Wähler. Die Differenz von 440.158 entspricht möglicherweise Wählern, die zwar zum Wahllokal gegangen sind, aber keinen Stimmzettel in die Wahlurne eingeworfen haben.

Ebrahim Raissi gewann die Wahl mit 72,38 % der gültigen Stimmen, bzw. 62,91 % der Stimmen insgesamt (einschließlich der ungültigen).

Wahlbeteiligung nach Provinzen[18]
ProvinzBeteiligung
Süd-Chorasan74,38 %
Zanjan53,65 %
Nord-Chorasan63,97 %
Qom53,17 %
Ilam63,11 %
Qazvin52,30 %
Sistan und Belutschistan62,75 %
Chuzestan49,98 %
Kohgiluye und Boyer Ahmad62,59 %
Markazi48,94 %
Golestan61,00 %
Fars48,73 %
Mazandaran60,75 %
Lorestan48,16 %
Kerman60,58 %
West-Aserbaidschan46,78 %
Buschehr58,73 %
Hamedan46,48 %
Hormozgan58,70 %
Kermanshah46,04 %
Yazd58,45 %
Ost-Aserbaidschan44,25 %
Gilan57,35 %
Isfahan43,81 %
Razavi-Chorasan55,09 %
Alborz41,35 %
Ardabil54,93 %
Kurdistan37,37 %
Tschahār Mahāl und Bachtiyāri54,38 %
Teheran34,39 %
Semnan54,24 %

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Iran: Hardliner Ebrahim Raisi wird neuer Präsident - extrem niedrige Wahlbeteiligung. In: Der Spiegel. Abgerufen am 19. Juni 2021.
  2. Iran election: Hardliner Raisi will become president. BBC News, 19. Juni 2021, abgerufen am 19. Juni 2021 (englisch).
  3. Shabnam von Hein: Chameneis Favorit Raeissi im iranischen Wahlkampf. Deutsche Welle, 9. Juni 2021, abgerufen am 19. Juni 2021.
  4. Fast 600 Kandidaten bewerben sich für Präsidentenwahl. Der Spiegel, 16. Mai 2021, abgerufen am 3. Juni 2021.
  5. Iran streicht moderate und konservative Kandidaten von Liste für Präsidentenwahl. Der Standard, 25. Mai 2021, abgerufen am 3. Juni 2021.
  6. Christiane Hoffmann: Wahl in Iran: Wie sich die Hardliner die ganze Macht sichern wollen. In: Der Spiegel. Abgerufen am 17. Juni 2021.
  7. a b Monika Bollinger: Ein Hardliner auf dem Weg zur Macht. Der Spiegel, 31. Mai 2021, abgerufen am 3. Juni 2021.
  8. Zahl der Präsidentschaftskandidaten sinkt. Deutschlandfunk, 16. Juni 2021, abgerufen am selben Tage.
  9. Jalili withdraws presidential bid in favor of Raeisi. Mehr News Agency, 16. Juni 2021, abgerufen am Tage darauf. (englisch)
  10. Zwei Kandidaten bei Präsidentschaftswahl im Iran werfen hin. Deutsche Welle, 16. Juni 2021, abgerufen am 19. Juni 2021.
  11. انتخابات ۱۴۰۰؛ تعداد اتباع ایرانی واجد شرایط رای دادن در خارج از کشور اعلام شد (persisch). In: BBC News فارسی. Abgerufen am 18. Juni 2021.
  12. انتخابات ۱۴۰۰ ایران: اعلام زمان ثبت نام از داوطلبان همزمان با ابهام درباره رقبای انتخاباتی (persisch). In: BBC News فارسی. Archiviert vom Original am 8. Mai 2021. Abgerufen am 17. Juni 2021.
  13. Deutsche Welle (www.dw.com): انتخابات ۱۴۰۰؛ از "حرام بودن رای سفید" تا "انتخابات فرمایشی" | DW | 07.06.2021. Abgerufen am 21. Juni 2021 (fa-IR).
  14. Iran is stepping up pressure on journalists, including foreign journalists, in run-up to election | Reporters without borders. In: RSF. 11. Juni 2021, archiviert vom Original am 11. Juni 2021; abgerufen am 15. Juni 2021 (englisch).
  15. Deutsche Welle (www.dw.com): فرمانده ناجا دعوت‌کنندگان به تحریم انتخابات را تهدید کرد | DW | 28 May 2021. In: DW.COM. Archiviert vom Original am 2. Juni 2021; abgerufen am 15. Juni 2021 (fa-ir).
  16. tagesschau.de: Abstimmung im Iran: Hardliner Raisi gewinnt Wahl. Abgerufen am 19. Juni 2021.
  17. Seyed Ibrahim Raeisi ist Sieger der Präsidentschaftswahl. Islamic Republic News Agency, 19. Juni 2021, abgerufen am 19. Juni 2021.
  18. رئیس ستاد انتخابات کشور تشریح کرد؛: جزئیات میزان مشارکت در انتخابات ۱۴۰۰ به تفکیک استان‌ها. mehrnews.com, abgerufen am 15. Juli 2021 (persisch).

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