Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Argentinien 2007

Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Argentinien 2007 erfolgten am 28. Oktober des Jahres. Dabei wurden der Präsident des Landes, die Hälfte der Sitze des Abgeordnetenhauses und ein Drittel der Sitze des Senates neu bestimmt.

Cristina Fernández de Kirchner konnte die Präsidentschaftswahlen deutlich bereits in der ersten Runde für sich entscheiden. Auch in der Parlamentswahl wurde ihr Block, der Frente para la Victoria, gestärkt und verteidigte die absolute Mehrheit der Mandate.

Vorgeschichte

Nach der Wirtschaftskrise zwischen 1998 und 2002 war unter der Regierung Néstor Kirchner dem Land ein Wiederaufschwung gelungen. Demzufolge genoss dieser trotz einiger Skandale eine erhebliche Beliebtheit in der Bevölkerung.

Bei den Parlamentswahlen 2005 hatte Kirchners Wahlallianz Frente para la Victoria einen deutlichen Sieg erzielen können und konnte sich damit auf stabile Mehrheiten im Kongress stützen. Schon im Jahr 2006 konnten Meinungsumfragen den Trend bestätigen, dass eine Wiederwahl Kirchners sehr wahrscheinlich sei. Auch eine Kandidatur seiner Ehefrau Cristina Fernández wurde nie ausgeschlossen, daher kam Kirchners Ankündigung, seine Kandidatur zu ihren Gunsten zurückzuziehen, im Mai 2007 auch nicht überraschend.

Präsidentschaftskandidaten

Die Hauptkandidaten standen schon 2006 nahezu fest. Spekuliert wurde allenfalls um eine Beteiligung des in Buenos Aires starken konservativen Wahlblocks Propuesta Republicana des Unternehmers Mauricio Macri. Besonders wegen eines Skandals rund um einen seiner wichtigsten Verbündeten Jorge Sobisch aus der Provinz Neuquén zog er seine Ambitionen jedoch zurück und kandidierte stattdessen erfolgreich für das Bürgermeisteramt der Hauptstadt. Eine weitere Unklarheit war die Kandidatur des Altpräsidenten Carlos Menem, dessen Block sich jedoch für die Unterstützung anderer Kandidaten, insbesondere Alberto Rodríguez Saá, entschied.

Eine Besonderheit der Wahl war, dass erstmals keine der beiden Volksparteien PJ und UCR einen eigenen Kandidaten aufstellten. Zwar stellten sich die größten Teile der PJ hinter Fernández de Kirchner, jedoch trat als zweiter Peronist Rodríguez Saá an. Die UCR dagegen verteilte sich auf mehrere Kandidaten, einige davon unterstützten sogar Fernández de Kirchner.

Folgende Kandidaten wurden allgemein als chancenreich behandelt:

  • Cristina Fernández de Kirchner (Frente para la Victoria, peronistisch), Senatorin und Ehefrau des ehemaligen Präsidenten Néstor Kirchner. Sie wurde seit der Bekanntmachung ihrer Kandidatur als Favoritin gehandelt.
  • Elisa Carrió (ARI, sozialdemokratisch), Gründerin der sozialdemokratischen UCR-Abspaltung ARI und ehemalige UCR-Politikerin. Ihr wurden Außenseiterchancen eingeräumt, sollte es zu einer Stichwahl kommen, da sie besonders in der städtischen Mittelschicht hohes Ansehen genoss. Unterstützt wurde sie neben ihrer eigenen Partei von Teilen der UCR und der Sozialisten,
  • Roberto Lavagna (Una Nación Avanzada, linksliberal) Wirtschaftsminister unter der Regierung Kirchner, der für sich beanspruchte, ihm sei der Wiederaufschwung nach der Krise zu verdanken. Wegen interner Differenzen mit Kirchner verweigerte er Fernández seine Unterstützung und trat als eigener Kandidat an, unterstützt von Teilen der UCR.
  • Alberto Rodríguez Saá (Frente Justicialista por la Libertad, rechtsperonistisch), Bruder des in der Krise kurzzeitig an die Regierung gelangten Adolfo Rodríguez Saá und Gouverneur der Provinz San Luis. Er wurde unterstützt von den Teilen der Peronistischen Partei, die gegen Kirchner gerichtet waren, insbesondere von Menem und Duhalde.
  • Ricardo López Murphy (Recrear para el Crecimiento, wirtschaftsliberal), Wirtschaftsminister unter Fernando de la Rúa. Lange Zeit galt er wegen seines guten Abschneidens bei der Wahl 2003, in der er auch als Kandidat antrat, als Anwärter für eine eventuelle Stichwahl mit Fernández, interne Differenzen mit Mauricio Macri in der von ihm mitbegründeten Wahlallianz Propuesta Republicana schmälerten seine Chancen jedoch.
  • Jorge Sobisch (Movimiento Provincias Unidas, Unión Popular, Modin, rechtskonservativ), Gouverneur der reichen Provinz Neuquén, galt ebenfalls bis Anfang 2007 als aussichtsreicher Kandidat der zweiten Reihe. Wegen eines Skandals im April des Jahres, als bei einer polizeilichen Aktion gegen Demonstranten ein Lehrer getötet wurde, schmälerten sich jedoch auch seine Chancen erheblich.

Weiterhin traten eine Reihe von Linkskandidaten an: Néstor Pitrola (Partido Obrero), Vilma Ripoli (MST), José Montes (MAS/PTS/Izquierda Socialista), Luis Alberto Ammann (PH / PC), Gustavo Brede Obeid (PPR) sowie der Piquetero-Führer Raúl Castells (MIJD), der Filmregisseur Fernando Solanas (PSA) und der als "Dauerkandidat" bekannte Juan Ricardo Muzza (CLP).

Präsidentschaftswahl

Wie üblich konzentrierte sich die mediale Aufmerksamkeit auf die Präsidentschaftswahl. Sie fand weitgehend ohne Unregelmäßigkeiten statt. Bereits die Wahlprognosen um 18 Uhr am Wahltag ließen auf eine komfortable Mehrheit von Cristina Fernández schließen, es war aber bis in die späteren Abendstunden nicht zweifelsfrei klar, ob sie die 40-Prozent-Hürde nehmen würde und gleichzeitig Elisa Carrió auf weniger als 30 % der Stimmen kommen würde. Bereits die ersten Hochrechnungen um etwa 21 Uhr deuteten auf einen sehr wahrscheinlichen Sieg von Fernández bereits im ersten Wahlgang, so dass Carrió ihre Niederlage noch am Abend eingestand.

Die endgültige Nachzählung der Stimmen ergab einen noch höheren Stimmenanteil für Fernández als die vorläufige Auszählung am Wahltag. Somit war wegen des Überschreitens der 45-Prozent-Marke keine Stichwahl mehr nötig.

Die Ergebnisse:[1]

KandidatenformelPartei / WahlallianzProzent
Kirchner - CobosAlianza Frente para la Victoria145,29
Carrió - GiustinianiAlianza Confederación Coalición Cívica223,04
Lavagna - MoralesAlianza Concertación Una Nación Avanzada316,91
Rodríguez Saá - MayaAlianza Frente Justicia Unión y Libertad47,64
Solanas - CadelliPartido Socialista Auténtico1,58
López Murphy - BullrichRecrear para el Crecimiento1,43
Sobisch - AsisMPU / UP / UAV / MODIN1,40
Ripoli - BedondeMovimiento Socialista de los Trabajadores0,75
Pitrola - ArroyosPartido Obrero0,61
Montes - HeberlingPTS / MAS/ Izquierda Socialista50,44
Ammann - DeleonardiFrente Amplio hacia la Unidad Latinoamericana60,37
Castells - PelozoMovimiento Independiente de Jubilados y Desocupados0,26
Breide Obeid - VergaraPartido Popular de la Reconstrucción0,24
Mussa - NespralConfederación Lealtad Popular0,06
1 
Justicialista - De la Victoria - Intransigente - Movimiento Libres del Sur - Frente Grande - Conservador Popular - Confederación Frente Cívico para la Concertación Plural: Demócrata Cristiano - Movimiento Democrático Federal (San Juan) - Para la Concertación Ciudadana (Mendoza) - Unión Vecinal de Córdoba - Frente de Integración Social para un Cambio en Libertad (Mendoza) - Concertación Popular (Capital Federal) – Integración y Movilidad Social (Buenos Aires) - Cambio 2000 (Tucumán) - Movimiento Justicia y Libertad (Santiago Del Estero)
2 
Afirmación para una República Igualitaria - Socialista - Movimiento Afirmación Republicana (San Luis) - Cambio Jujeño (Jujuy) - Encuentro Cívico por la Igualdad y la Justicia (Stadt Buenos Aires, Corrientes) - Movimiento Vecinalista Provincial (Buenos Aires) - Coalición Cívica (Mendoza)
3 
Unión Cívica Radical – Movimiento de Integración y Desarrollo - Nacionalista Constitucional UNIR - Ciudadanos Independientes (Tucumán) - Movimiento de Acción Popular (Misiones) - Provincial Rionegrino - Movimiento Popular Bonaerense - Popular Cristiano Bonaerense - Popular Democrático (Stadt Buenos Aires)
4 
Unión de Centro Democrático - Unión y Libertad
5 
Movimiento Al Socialismo - De los Trabajadores Socialistas
6 
Partido Humanista - Partido Comunista

Parlamentswahlen

Bei den gleichzeitig zur Präsidentschaftswahl stattfindenden Kongresswahlen, bei denen landesweit die Hälfte des Abgeordnetenhauses und ein Drittel des Senats erneuert wurde, konnte das mit Fernández de Kirchner alliierte Frente para la Victoria seine bereits vorhandene Mehrheit festigen. Es verfügt mit 128 von 255 Sitzen über eine knappe absolute Mehrheit, zahlreiche Abgeordnete anderer Parteien hatten jedoch ebenfalls die Unterstützung Fernández' angekündigt, unter anderen die sogenannten Radicales K, die sie anstatt von Roberto Lavagna unterstützten.

Zugewinne konnten die oppositionelle ARI, die Sozialisten sowie einige Kleinparteien verbuchen, die zu Kirchner/Fernández dissidenten Peronisten (Menemisten, Duhaldisten) erlitten dagegen drastische Verluste.

Abgeordnetenhaus

Ergebnisse der Wahl zum Abgeordnetenhaus:[2]

DistriktParteiMandate
Buenos AiresFrente para la Victoria20
Coalición Cívica9
Unión PRO4
Unión Cívica Radical2
Capital FederalCoalición Cívica3
Socialista2
Propuesta Republicana2
Frente para la Victoria2
Dialogo por Buenos Aires1
Proyecto Sur1
Unión Cívica Radical1
CatamarcaFrente para la Victoria1
Frente Cívico y Social1
ChacoFrente para la Victoria2
Frente de Todos1
ChubutJusticialista3
CórdobaUnión Cívica Radical3
Frente para la Victoria2
Afirmación para una República Igualitaria2
Frente Grande / Frente Córdoba Nueva1
Acción por la República1
Sociedad Justa - Concertación UNA1
CorrientesFrente de Todos2
Unión Cívica Radical1
Justicialista1
Entre RíosFrente para la Victoria2
Unión Cívica Radical - UNA1
Coalición Cívica - Socialista1
FormosaFrente para la Victoria3
JujuyFrente para la Victoria1
Frente Jujeño1
Primero Jujuy1
La PampaPartido Justicialista1
Frente Pampeano Cívico y Social1
La RiojaFrente del Pueblo Riojano3
MendozaJusticialista y otros3
Concertación Plural y otros2
MisionesFrente Renovador2
Frente para la Victoria2
NeuquénFrente para la Victoria1
Movimiento Popular Neuquino1
Río NegroFrente para la Victoria2
Concertación para el Desarrollo1
SaltaFrente Justicialista para la Victoria2
Frente para la Victoria Renovador de Salta2
San JuanFrente para la Victoria3
San LuisFrente Justicialista2
Santa CruzFrente para la Victoria2
Santa FeFrente para la Victoria5
Socialista5
Santiago del EsteroFrente Cívico por Santiago4
Tierra del FuegoAfirmación para una República Igualitaria1
Frente para la Victoria1
Unidad Federalista1
TucumánFrente para la Victoria4
Concertación UNA1

Sitzverteilung im Abgeordnetenhaus nach der Wahl:

Parteineu gewähltDifferenz zu 2005Sitze insgesamt
Frente para la Victoria78+13153
Coalición Cívica (ARI und Alliierte)19+1327
Unión Cívica Radical14−730
Propuesta Republicana2−1113
Peronisten außerhalb des FV2−159
Sonstige15+725

Senat

Wahlen zum Senat wurden in Buenos Aires (Stadt), Chaco, Entre Ríos, Neuquén, Río Negro, Salta, Santiago del Estero und Tierra del Fuego abgehalten. Bei der Senatorenwahl erhält in allen Provinzen die stärkste Partei zwei Sitze und die zweitstärkste einen.

Dabei traten folgende Veränderungen auf:[3]

ParteiVeränderung gegenüber 2005Senatoren (nach der Wahl)
Frente para la Victoria+344
Coalición Cívica+45
UCR−510
Peronisten außerhalb der FV±04
Regionalparteien±09

Einzelnachweise

  1. Wahlergebnisse der endgültigen Stimmauszählung (Memento desOriginals vom 28. Mai 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/andy.towsa.com der Präsidentschaftswahl 2007 nach Daten des Innenministeriums (Original-Datenblatt (Memento desOriginals vom 11. Juni 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mininterior.gov.ar)
  2. Ergebnisse der Wahl zum Abgeordnetenhaus (Memento desOriginals vom 28. April 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/andy.towsa.com nach Daten des Innenministeriums und der einzelnen Provinzen (Primärquellen (Memento desOriginals vom 2. Juni 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/andy.towsa.com)
  3. Ergebnisse der Senatorenwahl (Memento desOriginals vom 28. April 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/andy.towsa.com (Primärquellen (Memento desOriginals vom 2. Juni 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/andy.towsa.com)

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