Polyeuktoskirche

Teil einer Nische mit Inschrift und Weinranken, heute im Archäologischen Museum Istanbul
Pfeiler der Polyeuktosbasilika, heute vor dem Südportal des Markusdoms in Venedig

Die Polyeuktoskirche war eine spätantike Basilika in Konstantinopel, die im 6. Jahrhundert von Anicia Iuliana gestiftet wurde. Heute sind lediglich die Substruktionen erhalten. Der genaue Baubeginn ist unklar, die letzten Arbeiten wurden ca. 526 n. Chr. begonnen. Vorbild, das zugleich übertroffen werden sollte, war angeblich der Tempel Salomos, wie er im Alten Testament beschrieben wird. Die Kirche trug das Patrozinium des Märtyrers Polyeuktos, für dessen Kopfreliquie Kaiserin Aelia Eudocia bereits um 425 einen ersten Kirchenbau errichtet hatte.

Die Grundmauern der Polyeuktoskirche wurden 1960 anlässlich eines Rathausneubaus entdeckt und in den Jahren 1964 bis 1969 durch Martin Harrison archäologisch erforscht. Die Identifizierung des Bauwerks wurde ermöglicht durch die aus 76 Hexameterzeilen bestehende und literarisch überlieferte Stifterinschrift, von der sich Teile auf den zahlreich erhaltenen Fragmenten von Bauskulptur erhalten haben. Die Ausgrabungen ergaben einen Monumentalbau über quadratischem Grundriss mit einer Seitenlänge von 52 Metern ohne den westlich vorgelagerten Narthex. Die massiven Grundmauern wurden zunächst als ein von Seitenschiffen und Emporen begleiteten Kuppelbau mit Exedren rekonstruiert, der als unmittelbares Vorbild für die 532 begonnene Hagia Sophia diente. Für die Kuppel – die Überlieferung nennt das "strahlenförmige goldene Dach" – ist eine lichte Raumhöhe von 35 Metern zu erschließen.

Im 11. Jahrhundert wurde die Kirche aufgegeben. Ausstattung und Architekturteile wurden als Spolien für andere Bauten verwendet. Nach dem Vierten Kreuzzug 1204 gelangten zahlreiche Bauteile auch nach Venedig und in andere Städte des Westens.

Literatur

  • Martin Harrison: Ein Tempel für Byzanz. Die Entdeckung und Ausgrabung von Anicia Julianas Palastkirche in Istanbul. Belser, Stuttgart 1990, ISBN 3-7630-1248-6.
  • Hanna-Riitta Toivanen: The Church of St. Polyeuktos, Archaeology and Texts. In: Acta Byzantina Fennica. NS 2, 2003–2004 (2005), S. 127–149 (Digitalisat).
  • R. Martin Harrison (Hrsg.): Excavations at Saraçhane in Istanbul. Band 1: The excavations, structures, architectural decoration, small finds, coins, bones, and molluscs. Princeton University Press, Princeton 1985, ISBN 978-0-691-03583-3.
  • John W. Hayes: Excavations at Saraçhane in Istanbul. Band 2: The pottery. Princeton University Press, Princeton 1992, ISBN 0-691-03583-0.
  • Jonathan Bardill: A new temple for Byzantium. Anicia Iuliana, King Solomon, and the gilded ceiling of the church of St. Polyeuktos in Constantinople. In: Late Antique Archaeology. 2006, S. 339–370.

Weblinks

Commons: Polyeuktoskirche – Sammlung von Bildern

Koordinaten: 41° 0′ 52″ N, 28° 57′ 11″ O

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0 Venise, piliers dits de Saint-Jean d'Acre.JPG
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Piliers dits de Saint-Jean d'Acre (VIe siècle) élevés devant le portail sud de la basilique Saint-Marc à Venise (Italie).
Archäologisches Museum Istanbul 2010.JPG
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Fragment of a niche with a peacock and some line from a Greek epigram (Palatine Anthology I, 10, 31), from the St. Polyeuktos church in Constantinople, ca. 524-527. Istanbul Archaeological Museum. Reference : N. Firatli, La sculpture byzantine figurée au musée archéologique d'Istanbul, Paris, 1990, n°499, p. 213.