Polydimethylsiloxan

Strukturformel
Struktur von Polydimethylsiloxan
Allgemeines
NamePolydimethylsiloxan
Andere Namen
  • Dimeticon (INN)
  • Dimethylpolysiloxan
  • E 900[1]
  • DIMETHICONE (INCI)[2]
  • α-Trimethylsilyl-w-methylpoly[oxy(dimethylsilandiyl)]
CAS-Nummer63148-62-9
EG-Nummer613-156-5
ECHA-InfoCard

100.126.442

MonomerDimethylsiloxan
Summenformel der WiederholeinheitC2H6OSi
Molare Masse der Wiederholeinheit74,15 g·mol−1
ATC-Code
DrugBankDB11074
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse
Eigenschaften
Dichte

0,98 g·cm−3[3]

Schmelzpunkt

kein Schmelzpunkt; Glasübergang bei −125 °C[4]

Löslichkeit

praktisch unlöslich in Wasser[3]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
keine GHS-Piktogramme
H- und P-SätzeH: 413
P: keine P-Sätze[3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Polydimethylsiloxan (PDMS) ist ein Polymer auf Siliciumbasis und zählt als einfachstes Silikonöl zu den Siloxanen. Es ist farblos, durchsichtig und gilt als ungiftig und chemisch inert. Angelehnt an die englische Bezeichnung Dimethicone wird es als Arzneistoff unter der Bezeichnung Dimeticon (INN) gegen Gasansammlungen im Magen-Darm-Trakt und als Entschäumer bei Tensidvergiftungen verwendet. Weitere Anwendungen umfassen den Einsatz als Pedikulozid (d. h. gegen Kopfläuse), zur Gleitbeschichtung beim Großteil aller verkauften Kondome[5][6] und für Kosmetikprodukte.

Eigenschaften

Der Siedepunkt beträgt etwa 200 °C (bei niedermolekularen Typen, hochmolekulare zersetzen sich vor der Verdampfung bei > 200 °C).

Pharmazeutische Qualitäten (Dimeticon (Ph. Eur.)) sind klare, farblose Flüssigkeiten, deren kinematische Viskositäten je nach Polymerisationsgrad (etwa 20 bis 400) nominell 20 bis 1300 mm2·s−1 betragen. Sie sind praktisch unlöslich in Wasser, praktisch unlöslich bis sehr schwer löslich in wasserfreiem Ethanol, mischbar mit Ethylacetat, mit Methylethylketon und mit Toluol.[7]

Medizinische Verwendung

Entschäumer

Dimeticon, auch als Polydimethylsiloxanöl (PDMS) bezeichnet, wird als antiflatulentes (entblähendes) Mittel bei Gasansammlungen im Magen-Darm-Kanal (Blähbauch, Tympanien, Meteorismus, Roemheld-Syndrom), zur Reduzierung störender Gasansammlungen bei Röntgen, Endoskopie- und Ultraschalluntersuchungen sowie als Entschäumer bei Vergiftungen mit Tensiden angewendet. Mit festen SiO2-Partikeln angereichert wird es als Simeticon bezeichnet.

Dimeticon ist eine langkettige organische Siliciumverbindung, die rein physikalisch im Magen-Darm-Kanal die Oberflächenspannung eingeschlossener Gasblasen senkt und diese so auflöst. Die Gase können dadurch im Darm resorbiert werden oder natürlich abgehen. Eine Resorption oder chemische Reaktion des Mittels im Körper findet nicht statt, es ist inert und wird nach der Darmpassage unverändert ausgeschieden.

Nebenwirkungen sind bislang nicht beobachtet worden.

Pedikulozid

Nach randomisierten klinischen Studien wirkt eine Dimeticon-Lösung auch gegen Kopfläuse.[8][9][10][11]

Es werden zwei pedikulozide Wirkungsweisen diskutiert:

  • Erstickungstod durch Eindringen des Dimeticon in die Tracheen der Läuse und
  • Herzstillstand, denn durch das Aufweichen des Chitinpanzers kann das Herz nicht mehr kontrahieren, da es an dem Chitinpanzer befestigt ist.

Nebenwirkungen sind bislang nicht beobachtet worden. Allerdings ist das Haar nach der Anwendung von 4%-Dimeticon-96%-Cyclometicon-Kombinationsmitteln kurzzeitig leicht entflammbar, was in Einzelfällen zu schweren Verbrennungen führen kann.[12]

Kosmetik

Durch die Verwendung von PDMS in Kosmetika bildet sich ein Schutzfilm auf der Haut bzw. um die Haare, was zu einem gewissen Glanzeffekt führt.[13]

Verwendung als Lebensmittelzusatzstoff

Polydimethylsiloxan ist als Lebensmittelzusatzstoff in der Gruppe der Schaumverhüter zugelassen (E 900). Es wird in der Lebensmittelindustrie bei der Herstellung von Konfitüren, Marmeladen, Obst- und Gemüsekonserven sowie (Frittier-)Fetten eingesetzt.[14]

Technische Anwendung

Neben der medizinischen Anwendung spielt PDMS eine wichtige Rolle in der Technik als:

  • Schmierstoff, z. B. bei Kondomen zur Gleitbeschichtung
  • Wärmeträgeröl
  • Adsorptionsmittel in der analytischen Chemie, z. B. bei der Festphasenmikroextraktion oder der Stir Bar Sorptive Extraction
  • Stempel in der Polymerelektronik
  • Dämpfungsmedium
  • Diverse Anwendungen in der Mikrofluidik: Lab-On-a-Chip, Fluidkanäle, Bioreaktoren etc.
  • Beimischung zu Quarzsand zur Herstellung von kinetischem Sand, einem Produkt der Spielzeugindustrie, das sich wie nasser Sand bearbeiten lässt
  • Höhermolekulare Typen (> ~ 4000 g/mol) werden als Schmiermittel für Vakuumanwendungen eingesetzt.

Handelsnamen

Substanz

Baysilon, KORASILON, Elbesil, Xiameter

Arzneimittel und Medizinprodukte
Monopräparate

Ceolat (D), Ilio-Funktion (D), EtoPril, Hedrin, Itax, Jacutin Pedicul Fluid, Nyda, Paramitex

Kombinationspräparate

Hevert Enzym comp. (D), Pankreoflat (D)

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu E 900: Dimethyl polysiloxane in der Europäischen Datenbank für Lebensmittelzusatzstoffe, abgerufen am 11. August 2020.
  2. Eintrag zu DIMETHICONE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 11. August 2020.
  3. a b c d Eintrag zu Polydimethylsiloxan in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 30. Juli 2017. (JavaScript erforderlich)
  4. Thomas G. Mezger: Das Rheologie-Handbuch. FARBE UND LACK, 2016, ISBN 978-3-86630-633-2, S. 211 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Tiernan Coyle, Naveed Anwar: A novel approach to condom lubricant analysis: In-situ analysis of swabs by FT-Raman Spectroscopy and its effects on DNA analysis. In: Science & Justice. 49, 2009, S. 32–40, doi:10.1016/j.scijus.2008.04.003.
  6. R. D. Blackledge, M. Vincenti: Identification of polydimethylsiloxane lubricant traces from latex condoms in cases of sexual assault. In: Journal - Forensic Science Society. Band 34, Nummer 4, 1994 Oct-Dec, S. 245–256, PMID 7844517.
  7. European Pharmacopoeia 9.0, S. 2281 f., Dimeticone.
  8. Burgess, I.F. et al. (2005): Treatment of head louse infestation with 4% dimeticone lotion: randomised controlled equivalence trial. In: B.M.J. Band 330, Seite 1423. doi:10.1136/bmj.38497.506481.8F, PMID 15951310.
  9. Burgess IF et al. (2007): Randomised, controlled, assessor blind trial comparing 4% dimeticone lotion with 0.5% malathion liquid for head louse infestation. In: PLoS ONE. Band 2, Seite 1127. PMID 17987114, PMC 2043492 (freier Volltext).
  10. Feldmeier H. (2006): Pediculosis capitis, Die wichtigste Parasitose des Kindesalters. In: Kinder- und Jugendmedizin. Nummer 4, Seiten 249–259. PDF (Memento desOriginals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pediculosis-gesellschaft.de.
  11. Dimeticon-Präparate gegen Kopflausbefall. In: DAZ Nr. 6/ Februar 2009.
  12. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte: Entflammbarkeitsrisiko von Dimethicon- und Cyclomethicon-haltigen Antiläusemitteln. (BfArM-Pressemitteilung vom 12. Januar 2009).
  13. Dimethicone: Wie schädlich ist der Zusatzstoff wirklich? In: chip.de. Abgerufen am 24. Juli 2021.
  14. Eintrag zu Dimethylpolysiloxan bei zusatzstoffe-online.de

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