Polizeiregiment

Polizeiregimenter (auch als Polizei-Regiment geschrieben) waren paramilitärische Einheiten der Ordnungspolizei des nationalsozialistischen Deutschlands während des Zweiten Weltkriegs. Sie wurden im Sommer 1942 aus allen damals bestehenden Polizeibataillonen zusammengestellt. Im Frühjahr 1943 erhielten sie auf Wunsch Himmlers einen SS-Zusatz (SS-Polizeiregiment), blieben aber bis Kriegsende Teil der Ordnungspolizei. Kurz darauf wurden Polizei-Schützenregimenter mit nicht-reichsdeutschen Schutzmannschaften unter deutscher Führung aufgestellt, beginnend mit der Nummerierung 30, sie blieben ohne (nominellen) SS-Zusatz.

Aufstellung

In Vorbereitung des Angriffskrieges stellte die Ordnungspolizei unter Kurt Daluege im Jahr 1939 zur Unterstützung der Wehrmacht Polizeibataillone mit je rund 500 Mann auf, teilweise mit ausgebildeter Mannschaft (Polizeibataillone), mehrheitlich mit einer Mannschaft aus Hilfspolizisten, die bereits ab 1938 aus den noch nicht gemusterten Jahrgängen 1901–1909 ausgehoben und rudimentär ausgebildet worden waren (Reserve-Polizeibataillone). Die Nummerierung der Polizeibataillone richtete sich nach dem Wehrkreis, sie unterstanden dem jeweiligen Befehlshaber der Ordnungspolizei. Ab 1. September 1939 wurden sie in Polen eingesetzt.

1940/41 wurden weitere Polizei-Bataillone mit den Nummern 251–256 (Anwärterbataillone) und 301–325 (Wachtmeisterbataillone) mit einer Mannschaft aus ungedienten Wehrpflichtigen aufgestellt. Es handelte sich um Männer der noch nicht ausgebildete Jahrgänge 1909–1912 und 1918–1920, sie konnten sich kurz nach Kriegsbeginn (Oktober/November 1939: Werbeaktion „Willst du zur Schutzpolizei?“) zur Schutzpolizei melden, der Dienst in der Schutzpolizei wurde als Wehrdienst anerkannt („Verordnung über die Einstellung von Wehrpflichtigen in die Schutzpolizei des Reiches“ v. 31. Oktober 1939, veröffentlicht am 6. November 1939, RGBl. Nr. 219/2137) Die Rekruten kamen ab Frühjahr 1940 mit Einberufungsbefehl in Polizeikasernen und wurden einige Monate in Ausbildungsbataillonen vorrangig im Waffengebrauch trainiert.

Im Sommer 1942 wurden aus allen damals bestehenden 85 Polizeibataillonen mit Erlass des Reichsführers SS und Chef der deutschen Polizei (O.Kdo.I O (3) 1 Nr. 184/42 vom 9. Juli 1942) Heinrich Himmler 28 motorisierte Polizei-Regimenter aufgestellt. Jedes Regiment umfasste in der Regel drei Bataillone sowie je eine Nachrichten-, Panzerspäh- und Panzerjäger-Kompanie, jedes Bataillon sollte eine 4./Schwere Kompanie erhalten. Die jeweilige Zusammenstellung der Polizeiregimenter (47 Res.Pol. Bataillone und 28 Wachtmeister- und Anwärterbataillone) ist in der Beilag des Erlasses vorgegeben. Mit der Regimentsbildung verloren die Bataillone ihre bis dahin geführten Bezeichnungen und wurden nach militärischem Muster zu anonymen I./, II./, III./Bataillonen, auch die Kompanien wurden durchlaufend (1. bis 12. Kompanie) geführt. Die in einigen Fällen von Himmler gewünschte Zuweisung an neue Heimatstandorte für Bataillone musste jedoch im Herbst 1942 nach Protesten und auch aus rechtlichen Gründen zurückgenommen werden: Die ursprüngliche Anbindung an das Heimat-Kommandos der Bataillone blieb bestehen.

Alle Polizeiregimenter wurden mit Erlass des Chefs der Ordnungspolizei Kdo. I O (3) 1 Nr. 105/43 vom 12. März 1943 offiziell mit einem SS für ihre erbrachte Leistung „ausgezeichnet“. Im Erlass ist wird der Befehl der SS/Himmlers I 462/43 Adj vom 24. Februar 1943 zitiert.[1] Die Polizeiregimenter blieben jedoch weiter Teil der Ordnungspolizei.

Kurz darauf ordnete das Hauptamt Ordnungspolizei (29. März 1943) die Aufstellung von „Polizei-Schützen-Regimentern“ in besetzten Gebieten an. „Die I. Bataillone der Regimenter wurden aus bestehenden Pol.Regimentern genommen, die II. und III. Bataillone aus angeworbenen fremdvölkischen Männern (...) zu denen je etwa 130 deutsche Offiziere, Unterführer und Männer traten.“[2] Diese Polizei-Schützen-Regimenter wurden mit Nummern ab 31 gekennzeichnet, sie erhielten keinen SS-Zusatz.

Zwischen Oktober 1943 und Oktober 1944 stellten man aus Südtirolern weitere vier Polizeiregimenter („Bozen“, „Alpenvorland“, „Schlanders“ und „Brixen“) auf, ebenfalls mit dem nominellen SS-Zusatz. Beim Attentat in der Via Rasella in Rom kamen am 23. März 1944 33 Angehörige des Polizeiregiments „Bozen“ ums Leben.

Polizeiregimenter

(SS-)Polizei-Regiment 1
am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 2, 3 und 10 gebildet
(SS-)Polizei-Regiment 2
am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 11, 13 und 22 gebildet
(SS-)Polizei-Regiment 3
am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 66, 68 und 105 gebildet, spätere Bezeichnung war SS-Polizei-Regiment „Nordost“ 1, in der „Festung Niederlande“ eingesetzt
(SS-)Polizei-Regiment 4
im Juli 1942 in Frankreich aus den Polizeibataillonen 316 und 323 gebildet
(SS-)Polizei-Regiment 5
am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 64 und 322 gebildet
(SS-)Polizei-Regiment 6
am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 82, 311 und 318 gebildet
(SS-)Polizei-Regiment 7
am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 309, 317 und 123 gebildet
(SS-)Polizei-Regiment 8
am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 91, 111 und 134 gebildet, bei der Schlacht um Budapest im Februar 1945 fast vollständig vernichtet
(SS-)Polizei-Regiment 9
am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 61, 112 und 132 gebildet
(SS-)Polizei-Regiment 10
als Stab des Polizei-Regiments Süd in Vorbereitung auf den Russlandfeldzug im Mai 1941 in Krakau aufgestellt, gebildet aus den Polizeibataillonen 45, 303 und 314, am 9. Juli 1942 umbenannt in Polizei-Regiment 10, bei der Schlacht um Budapest im Februar 1945 fast vollständig vernichtet
(SS-)Polizei-Regiment 11
als Polizei-Regiment z.b.V. im Sommer 1941 für den Einsatz im Kaukasus vorgesehen, umfasste die Polizeibataillone 304, 315 und 320
(SS-)Polizei-Regiment 12
am 9. Juli 1942 in Hamburg aus den Polizeibataillonen 103, 104 und 105 gebildet, bei der Schlacht um Budapest im Februar 1945 fast vollständig vernichtet
(SS-)Polizei-Regiment 13
als Polizei-Regiment Mitte im Juni 1941 gebildet, am 9. Juli 1942 in Warschau aus den Polizeibataillonen 307, 316 und 322 neu formiert
(SS-)Polizei-Regiment 14
am 9. Juli 1942 in Süd-Russland aus den Polizeibataillonen 51, 122 und 313 gebildet
(SS-)Polizei-Regiment 15
als Stab des Polizei-Regiments Nord in Vorbereitung auf den Russlandfeldzug im Mai 1941 aufgestellt, gebildet aus den Polizeibataillonen 22, 53 und 319, am 9. Juli 1942 umbenannt in Polizei-Regiment 14
(SS-)Polizei-Regiment 16
am 9. Juli 1942 in Nord-Russland aus den Polizeibataillonen 56, 102, 121 und 305 gebildet
(SS-)Polizei-Regiment 17
am 9. Juli 1942 in Nord-Russland aus den Polizeibataillonen 42, 69 und 74 gebildet
(SS-)Polizei-Gebirgsjäger-Regiment 18
am 9. Juli 1942 für den Einsatz im nördlichen Kaukasus aufgestellt, nach dem Rückzug der Wehrmacht Ende 1942 zuerst an die Kiestinki-Front in Finnland und dann im Sommer 1943 nach Griechenland
(SS-)Polizei-Regiment 19
am 9. Juli 1942 in Nord-Russland aus den Polizeibataillonen 72, 171 und 181 gebildet
(SS-)Polizei-Regiment 20
als Polizei-Regiment Böhmen unterstanden ihm im Juni 1941 die Polizeibataillone 319, 32, 316, 317 und 320, am 9. Juli 1942 in Polizei-Regiment 20 umbenannt
(SS-)Polizei-Regiment 21
als Polizei-Regiment Mähren unterstanden ihm im Juni 1941 die Polizeibataillone 315, 318 und 84, am 9. Juli 1942 in Polizei-Regiment 21 umbenannt
(SS-)Polizei-Regiment 22
nach der Eroberung und Besetzung Polens und der damit verbundenen Bildung des Generalgouvernements am 4. November 1939 als Polizei-Regiment Warschau gebildet, ihm unterstanden im Juni 1941 die Polizeibataillone 301, 304 und 307, am 9. Juli 1942 wurde der Stab in Polizei-Regiment 23 umbenannt und das neue Regiment aus dem Polizeibataillonen 41 und 53 sowie weiteren einzelnen Kompanien gebildet
(SS-)Polizei-Regiment 23
nach der Eroberung und Besetzung Polens und der damit verbundenen Bildung des Generalgouvernements am 4. November 1939 als Polizei-Regiment Radom gebildet, ihm unterstanden im Juni 1941 die Polizeibataillone 309, 310 und 305, am 9. Juli 1942 wurde der Stab in Polizei-Regiment 23 umbenannt und das neue Regiment aus dem Polizeibataillon 307 und weiteren einzelnen Kompanien gebildet
(SS-)Polizei-Regiment 24
nach der Eroberung und Besetzung Polens und der damit verbundenen Bildung des Generalgouvernements am 4. November 1939 als Polizei-Regiment Krakau gebildet, ihm unterstanden im Juni 1941 die Polizeibataillone 311, 321, 303 und 314, am 9. Juli 1942 wurde der Stab in Polizei-Regiment 24 umbenannt und das neue Regiment aus den Polizeibataillonen 83, 153 und 93 gebildet
(SS-)Polizei-Regiment 25
nach der Eroberung und Besetzung Polens und der damit verbundenen Bildung des Generalgouvernements am 4. November 1939 als Polizei-Regiment Lublin gebildet, ihm unterstanden im Juni 1941 die Polizeibataillone 306, 308 und 313, am 9. Juli 1942 wurde der Stab in Polizei-Regiment 25 umbenannt und das neue Regiment aus den Polizeibataillonen 65, 67 und 101 gebildet
(SS-)Polizei-Regiment 26
Anfang 1942 in Norwegen der Stab des Polizei-Regiments Nordnorwegen aufgestellt, am 9. Juli 1942 wurde der Stab in Polizei-Regiment 26 umbenannt und das neue Regiment aus den Polizeibataillonen 251, 255 und 256 gebildet
(SS-)Polizei-Regiment 27
Anfang 1942 in Norwegen der Stab des Polizei-Regiments Südnorwegen aufgestellt, am 9. Juli 1942 wurde der Stab in Polizei-Regiment 27 umbenannt und das neue Regiment aus den Polizeibataillonen 319, 321, 9 und 44 gebildet
(SS-)Polizei-Regiment Todt (Nr. 28)
im November 1942 zur Sicherung der in den besetzten Gebieten eingesetzten Einheiten der Organisation Todt aufgestellt, aus den Polizei-Bataillonen 33, 62 und 69 gebildet
SS-Polizei-Regiment 29
am 16. April 1945 aus den Resten des SS-Polizei-Regiments 1 aufgestellt und der Polizei-Brigade Wirth (später 35. SS- und Polizei-Grenadier-Division) unterstellt.
SS-Polizei-Regiment 30
am 16. April 1945 aus den Resten des SS-Polizei-Regiments 2 aufgestellt und der Polizei-Brigade Wirth (spätere 35. SS-Polizei-Grenadier-Division) unterstellt.
(SS-)Polizei-Regiment 50
im Februar 1945 bei der Heeresgruppe Weichsel aus den Resten zerschlagener SS-Polizei-Regimenter gebildet
(SS-)Polizei-Regiment Bozen
zum 1. Oktober 1943 aufgestellt in Südtirol, am 16. April 1944 folgte die Umbenennung in SS-Polizei-Regiment Bozen. Siehe dazu Attentat in der Via Rasella und Massaker in den Ardeatinischen Höhlen.
(SS-)Polizei-Regiment Brixen
im Oktober 1944 aus Angehörigen des SS-Polizei-Regiments 26 sowie aus Südtiroler Rekruten aufgestellt, am 29. Januar 1945 Umbenennung in SS-Polizei-Regiment Brixen
(SS-)Polizei-Regiment Schlanders
im Oktober 1944 aus Angehörigen des Südtiroler Ordnungsdienstes aufgestellt, am 29. Januar 1945 Umbenennung in SS-Polizei-Regiment Schlanders
(SS-)Polizei-Regiment Alpenvorland
im Oktober 1944 aus Südtiroler Rekruten aufgestellt, am 29. Januar 1945 Umbenennung in SS-Polizei-Regiment Alpenvorland

Polizei-Schützenregimenter

Polizei-Schützen-Regiment 31
am 21. April 1943 aufgestellt aus dem I. Bataillon des (SS-)Polizei-Regiments 12 und aus ukrainischen Schutzmannschaften
Polizei-Schützen-Regiment 32
am 21. April 1943 in Bialystok aufgestellt aus dem I. Bataillon des (SS-)Polizei-Regiments 17 und aus ukrainischen Schutzmannschaften
Polizei-Schützen-Regiment 33
am 21. April 1943 in der Ukraine aufgestellt aus dem I. Bataillon des (SS-)Polizei-Regiments 20 und aus ukrainischen Schutzmannschaften
Polizei-Schützen-Regiment 34
am 21. April 1943 in Bialystok aufgestellt aus dem I. Bataillon des (SS-)Polizei-Regiments 21 und aus ukrainischen Schutzmannschaften
Polizei-Schützen-Regiment 35
am 21. April 1943 in Litzmannstadt aufgestellt aus dem I. Bataillon des (SS-)Polizei-Regiments 21 und aus ukrainischen Schutzmannschaften; Polizei-Schützen-Regiment 36
Polizei-Schützen-Regiment 37
Ende November 1943 in Süd-Russland durch den Befehlshaber der Ordnungspolizei Rowno aus ukrainischen Schutzmannschaften aufgestellt, bestand bis April 1944
Polizei-Schützen-Regiment 38
im August 1944 beim Höheren SS- und Polizeiführer „Schwarzes Meer“ in Galatz in Rumänien gebildet

Kriegsverbrechen

Beim Überfall auf Polen waren die Polizeibataillone bereits ab September 1939 im Einsatz und wurden anfangs für die Gefangennahme versprengter Soldaten, das Bergen des vom Gegner zurückgelassenen Kriegsgerätes und zur Bewachung von Kriegsgefangenenlagern eingesetzt.

Im weiteren Verlauf des Krieges begingen die Polizeieinheiten auch zahlreiche Kriegsverbrechen wie Verschleppungen und Massenmorde und waren mit den Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD verstrickt, die beim Überfall auf Polen 1939, im Balkanfeldzug 1941 und vor allem im Krieg gegen die Sowjetunion 1941–1945 der Umsetzung der nationalsozialistischen Rassenideologie und Völkermordpolitik dienten.

Klemp kommt in seiner Studie zu dem Schluss, dass direkten Aktionen der ca. 50.000 Polizei-Bataillonsangehörigen „mindestens eine halbe Million Menschen“ zum Opfer fielen. Er hatte dafür Daten zu 125 Bataillonen ermittelt. Mindestens 75 davon standen im Verdacht, direkt oder indirekt an Massenverbrechen beteiligt gewesen zu sein. In der Bundesrepublik wurde ab 1954 gegen Angehörige verschiedener Bataillons ermittelt, es kam zu zahlreichen Verurteilungen, auch wenn die Ermittlungen teilweise sehr zögerlich geführt wurden.

Literatur

  • Stefan Klemp: „Nicht ermittelt“. Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz. Ein Handbuch. Essen, 2. Auflage 2011. ISBN 978-3-89861-381-1.
  • Wolfgang Benz, Konrad Kwiet (Zentrum für Antisemitismusforschung, Technische Universität Berlin): Jahrbuch für Antisemitismusforschung, Bände 7–8, Campus, 1998.
  • Christoph Hartung von Hartungen, Reinhold Staffler, Werner Hanni, Klaus Menapace: Die Südtiroler Polizeiregimenter 1943–1945. In Der Schlern. Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde 55. Jahrgang, Heft 10, 1981, S. 494–516.
  • Georg Tessin: Zur Geschichte der Ordnungspolizei 1936–1945. Teil II: Die Stäbe und Truppeneinheiten der Ordnungspolizei. Bundesarchiv Koblenz, 1957.
  • Stefan Kühl: Ganz normale Organisationen: Zur Soziologie des Holocaust. Suhrkamp, Berlin 2014, ISBN 978-3-518-29730-8.

Einzelnachweise

  1. Alexander Primavesi papers, File 5, Seite 260 (Abschrift) https://collections.ushmm.org/search/catalog/irn500564
  2. Georg Tessin: Zur Geschichte der Ordnungspolizei 1936–1945. Teil II: Die Stäbe und Truppeneinheiten der Ordnungspolizei. Bundesarchiv Koblenz, 1957, Seite 31