Polizeianhaltezentrum
Als Polizeianhaltezentrum (Kurzform PAZ; auch Polizeiliches Anhaltezentrum) werden in Österreich alle Gefängnisse bezeichnet, die sich unter der Verwaltung des Bundesministeriums für Inneres befinden. In diesen Gebäuden wird im Gegensatz zu den Justizanstalten, welche dem Bundesministerium für Justiz angegliedert sind, keine Strafhaft vollzogen. Vorwiegend werden in den Polizeianhaltezentren Schub- und Verwaltungsstrafhäftlinge untergebracht. Der Begriff wird seit spätestens 2002 verwendet.[1]
Zurzeit existieren in Österreich 15 Polizeianhaltezentren. Maßgeblich für die Anhaltung in einem Polizeianhaltezentrum ist dabei primär die vom Ministerium erlassene Anhalteordnung (AnhO) sowie weiters das Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG).
Der Name „Polizeianhaltezentrum“ wurde erst vor einigen Jahren eingeführt. Bis dahin wurde der Name Polizeigefangenenhaus verwendet. Da der Begriff „Gefangener“ aber im aktuellen juristischen Sprachgebrauch nicht mehr verwendet wird, wurde hier eine begriffliche Anpassung vorgenommen. Zudem sollen Verwechslungen mit der Unterbringung in Gerichtlichen Gefangenenhäusern, in denen Untersuchungs- und Strafhaften vollzogen werden, dadurch vermieden werden.
Polizeianhaltezentren in Österreich
In Österreich existieren derzeit im gesamten Bundesgebiet 15 eigenständige Polizeianhaltezentren und ein Anhaltezentrum für Schubhäftlinge, die der jeweiligen Landespolizeidirektion unterstellt sind.
- Polizeianhaltezentrum Bludenz (Vorarlberg)
- Polizeianhaltezentrum Eisenstadt 1 (Burgenland)
- Polizeianhaltezentrum Eisenstadt 2 (Burgenland)
- Polizeianhaltezentrum Graz (Steiermark)
- Polizeianhaltezentrum Innsbruck (Tirol)
- Polizeianhaltezentrum Klagenfurt (Kärnten)
- Polizeianhaltezentrum Linz (Oberösterreich)
- Polizeianhaltezentrum Salzburg (Salzburg)
- Polizeianhaltezentrum St. Pölten (Niederösterreich)
- Polizeianhaltezentrum Steyr (Oberösterreich)
- Polizeianhaltezentrum Villach (Kärnten)
- Polizeianhaltezentrum Wels (Oberösterreich)
- Polizeianhaltezentrum Wien Hernalser Gürtel (Wien)
- Polizeianhaltezentrum Wien Rossauer Lände (Wien)
- Polizeianhaltezentrum Wiener Neustadt (Niederösterreich)
Daneben existiert noch das Anhaltezentrum Vordernberg in der Steiermark, welches im Grunde ebenfalls ein PAZ ist, jedoch ausschließlich als Anhaltezentrum für Schubhäftlinge konzipiert und gebaut wurde und damit eine Sonderstellung einnimmt.
Kritik
Regelmäßig werden von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International die Bedingungen in den österreichischen Polizeianhaltezentren kritisiert. Die Organisationen werfen dem Bundesministerium für Inneres vor, insbesondere Schubhäftlinge unter erschwerten Bedingungen anzuhalten. Diese Kritik wird von den zuständigen Behörden in der Regel entschieden zurückgewiesen.[2] Die Anhalteordnung regelt in § 4 folgendes:
„Hafträume müssen so gelegen und eingerichtet sein, dass darin Häftlinge menschenwürdig angehalten und gesundheitliche Gefährdungen vermieden werden können; sanitäre Einrichtungen müssen so gestaltet sein, dass sie Häftlinge auch in Gemeinschaftshaft auf menschenwürdige Weise benützen können.“
Die Haftbedingungen für Schubhäftlinge zu verbessern war einer der entscheidenden Gründe, das im Jänner 2014 eröffnete Anhaltezentrum Vordernberg zu erbauen.
Menschenrechtsbeirat
Der Menschenrechtsbeirat (MRB) beim Innenministerium hat im Oktober 2009 den Bericht „Haftbedingungen in den Anhalteräumen der Sicherheitsbehörden“ in 5. Auflage vorgelegt, der sich in 3 Bereiche gliedert:
- Anhaltebedingungen – etwa die Zelle,
- Vollzug der Haft – Beschäftigung, Verpflegung, Körperpflege
- Kontakte nach außen – mit dem Wachpersonal, mit der Schubhaftbetreuung
Zustände werden jeweils allgemein analysiert, mit internationalen Rahmenbedingungen verglichen und Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt. Die Publikation der Arbeitsgruppe Haftstandards des MRB basiert auf der Arbeit von aufsuchenden Kommissionen.
Der MRB wirkte ab 2005 mit an der Ausarbeitung der Novellierung der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Anhaltung von Menschen durch die Sicherheitsexekutive (AnhO neu).[3]
Details
Graz
Das PAZ Graz mit aktueller Adresse Sauraugasse 1 liegt im Inneren des Palais Wildenstein, der sich über das Geviert Paulustorgasse/Sauraugasse/Stadtpark mit Parkring erstreckt. Das Palais und damit auch das PAZ steht unter Denkmalschutz. Der Männertrakt des PAZ war zuvor Teil eines Krankenhauses und beherbergte noch früher Klosterzellen. Bevor die Polizei die Nutzung in wesentlichen Teilen des Gebäudes aufgab und teilweise in ein Amtsgebäude an der Triester Straße übersiedelte, wurde für das PAZ die Adresse und der Haupteingang des Palais in der Paulustorgasse 8 genutzt.[4] Die Kfz-Zufahrt erfolgte damals wie heute vom Nordende des Parkrings her.
Jener Flügel, in dem die Männer angehalten werden, wurde um 1999 renoviert. Dabei wurden eisenbeschlagene hölzerne Zellentüren aus der Justizanstalt Karlau wiederverwertet, die eine Essensklappe aufweisen.
Nordwestlich anschließend liegt ein etwa 12 × 25 m großer Hof für den Spaziergang, an dessen anderer Längsseite ein größeres Gebäude angrenzt, in dem zumindest im Hochparterre Frauen arretiert werden. Dieser innere Hof wird gegen den großen Hof des Palais durch eine Mauer abgegrenzt, die zumindest seit 1999 eine horizontal strukturierte Trapezblechverkleidung aufweist. Diese Mauer wird seit 1999/2000 durch NATO-Stacheldraht an seiner Krone gegen Überklettern gesichert. 2018/2019 wurde dieser Verhau ausgeweitet und auch eine Regenfallröhre im Osteck des Hof gegen Beklettern gesichert.
Nach einer Demonstration 28. September 2015 von und für Flüchtlinge am Rand des Stadtparks gegenüber dem Eingang Parkring 4, startete hier am 1. Oktober das Refugee Protest Camp um „gegen die langen Asylverfahren zu protestieren“. Die Teilnehmer lösten das Camp am 28. Oktober 2015 auf. Nur zwei von 80 Personen, erhielten seit Beginn des Camps einen Interviewtermin für die Bearbeitung ihres Asylantrags. Am 7. Juli 2016 startete das 2. Protestcamp.[5]
In der Paulustorgasse schräg gegenüber dem ehemaligen Haupttor der Polizeidirektion befindet sich an einer Stützwand Richtung Schlossberg das 1949 eingeweihte Denkmal „Zur Erinnerung an die Freiheitskämpfer gegen den Nationalsozialismus und an seine Opfer – Die Stadt Graz“.[6]
Im Polizeigefangenenhaus Graz saß Ferdinand Berger (1917–2004) zu Ostern und ab Sommer 1935 ein wegen des Besitzes von Zeitungen des Kommunistischen Jugendverbands und der vorgeworfenen Organisation eines Streiks. Berger hatte an den Februarkämpfen in Graz und am Spanischen Bürgerkrieg teilgenommen, wurde in Frankreich interniert, überlebte 4 Jahre NS-Konzentrationslager und arbeitete nach dem Krieg bei der Polizei.[7]
Einzelnachweise
- ↑ Brigitt Albrecht: Jeschek & Jones: Wiener Blut, Band 1144 von Ariadne Krimi, Band 1 von Jeschek & Jones, Argument, 2002, ISBN 3-88619-874-X, S. 81: „Das Gefangenenhaus auf der Rossauer Lände, gleich neben dem Sicherheitsbüro, ist letzthin zum Polizeianhaltezentrum umbenannt worden.“
- ↑ Anfragebeantwortung (PDF; 33 kB) des Bundesministers für Inneres zum Thema Situation in den Polizeianhaltezentren.
- ↑ Haftbedingungen in Anhalteräumen der Sicherheitsbehörden bmi.gv.at, 31. Oktober 2009, abgerufen 20. Juli 2019. (PDF, 127 S.)
- ↑ http://www.verein-menschenrechte.at/schubanstalten/pazgraz.html
- ↑ Refugee-Protest-Camp vor Polizeianhaltezentrum in Graz no-racism.net, Beitrag 1. Oktober 2015. Und spätere Beiträge. Abgerufen 20. Juli 2019.
- ↑ Freiheitskämpferdenkmal generationendialog-steiermark.at, abgerufen 20. Juli 2019.
- ↑ Ferdinand Berger: Es war die Staatspolizei! doew.at, Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, abgerufen 20. Juli 2019.
Weblinks
- Gerhard Brenner: Alltagslast in Haft (PDF; 80 kB). Artikel im Magazin Öffentliche Sicherheit (Ausgabe März/April 2009).
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Autor/Urheber: Plani, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Das Polizeianhaltezentrum (PAZ) Roßauer Lände der Bundespolizeidirektion Wien dient zur Unterbringung von Verwaltungsstrafgefangenen und Schubhäftlingen.
Wappen der Republik Österreich: Nicht gesetzeskonforme Version des österreichischen Bundeswappens, umgangssprachlich „Bundesadler“, in Anlehnung an die heraldische Beschreibung des Art. 8a Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz mit zwar nach Wappengesetz detailliertem, aber schwarzem statt grauem Gefieder, mit zu grellem Gelb sowie mit inkorrekter Darstellung des Bindenschilds, da die weiße Binde zu breit und der untere rote Balken zu schmal sowie der Spitz, statt halbrund zu sein, zu flach gerundet ist:
Das ursprüngliche Staatswappen wurde in der ersten Republik Österreich im Jahr 1919 eingeführt. Im austrofaschistischen Ständestaat wurde es im Jahr 1934 wieder abgeschafft und, im Rückgriff auf die österreichisch-ungarische Monarchie, durch einen Doppeladler ersetzt. In der wiedererstandenen (zweiten) Republik im Jahr 1945 wurde das Bundeswappen mit dem Wappengesetz in der Fassung StGBl. Nr. 7/1945 in modifizierter Form wieder eingeführt. Der Wappenadler versinnbildlicht, diesem Gesetzestext entsprechend (Art. 1 Abs. 1), „die Zusammenarbeit der wichtigsten werktätigen Schichten: der Arbeiterschaft durch das Symbol des Hammers, der Bauernschaft durch das Symbol der Sichel und des Bürgertums durch das Symbol der den Adlerkopf schmückenden Stadtmauerkrone […]. Dieses Wappen wird zur Erinnerung an die Wiedererringung der Unabhängigkeit Österreichs und den Wiederaufbau des Staatswesens im Jahre 1945 dadurch ergänzt, dass eine gesprengte Eisenkette die beiden Fänge des Adlers umschließt.“