Pleonexie
Als Pleonexie (gr.: πλεονεξία) – von gr. pleon (mehr) und echein (haben) – werden seit der antiken Philosophie zwei Phänomene beschrieben: zum einen ein Mehr-Haben, ein Vorteil oder ein größerer Anteil, den ein Mensch im Vergleich zu anderen besitzen kann. Zum anderen ein moralisch verwerfliches Mehr-Haben-Wollen, verwandt mit Habsucht, Gier und Anmaßung. In seiner Nikomachischen Ethik (EN 1129a 32) bezeichnet Aristoteles die Pleonexie als eine der drei Formen der Ungerechtigkeit. Die zweite Bedeutung wurde über das Neue Testament wirkungsgeschichtlich bedeutsam für die christliche Tugend- und Lasterlehre (siehe auch Theologische Ethik).
In Bezug auf die Psychologie, bedeutet Pleonexie zusätzlich, dass ein Drang des unmittelbaren Mitredens, trotz mangelnder Sachkenntnis, besteht.
Von den deutschen Soziologen Ferdinand Tönnies, Arnold Gehlen und anderen wurde der Begriff verwendet, um die „Flatterhaftigkeit“ der flüchtigen Formen der öffentlichen Meinung zu kritisieren.
Literatur
- Heinz-Otto Weber: Die Bedeutung und Bewertung der Pleonexie von Homer bis Isokrates. Dissertation, Philosophische Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 1967
- G. Delling, Art. πλεονεξία. In: Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Bd. 6, S. 266 ff.
- Christoph Horn, Art.: Pleonexia. In: Otfried Höffe (Hrsg.): Aristoteles-Lexikon (= Kröners Taschenausgabe. Band 459). Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-45901-9, S. 465 f.