Platz

Piazza Navona, Rom

Ein Platz oder Stadtplatz[1] ist im städtebaulichen Kontext eine in der Regel von Gebäuden umbaute freie Fläche in Städten. Plätze sind häufig Brennpunkte des öffentlichen Lebens in der Stadt. Sie sind daher das zentrale Thema und Raumelement des Städtebaus.[2]

Zentrale Plätze sind die „gute Stube“ vieler Städte und repräsentieren die Stadtherren oder Bürgerschaft. Sie sind daher zumeist besonders aufwendig gestaltet. Oft liegen wichtige öffentliche Gebäude wie Rathäuser und Kirchen an zentralen Plätzen. Die umliegenden Bauwerke haben prächtige Schaufassaden. Der Platz selbst wird mit Monumenten und Brunnen dekoriert, der Bodenbelag besteht oft aus wertvollen Materialien.

Plätze werden in der jeweiligen Landessprache benannt, so z. B. Square (englisch), Place (französisch), Piazza (italienisch) oder Plaza (spanisch).

Etymologie

Das Wort Platz geht über mittelhochdeutsch platz, plaz und altfranzösisch place zurück auf vulgärlateinisch und lateinisch platea „breite Straße“, „Platz“. Dies wiederum stammt ab von altgriechisch πλατεία plateia, einer Kürzung aus πλατεία οδός plateia hodós „breite Straße“. Ausgangspunkt ist das griechische Adjektiv πλατύς platýs „flach“, „breit“.[3]

Geschichte

Solange es Städte gibt, gibt es auch zentrale Orte, an denen man sich versammelte und handelte. In der griechischen Antike war die Agora ein von Säulengängen umstandener Versammlungsplatz für die Bürger, gesäumt von Tempeln und verziert mit Monumenten. In der römischen Architektur übernahm das Forum diese Funktion. Auch im orthogonalen Straßenraster römischer Militärlager finden sich Plätze.

Bremen: Das mittelalterliche Platzsystem mit Markt (15), Domshof (21), Domsheide (rechts o. Nr.) und Unser Lieben Frauen Kirchhof (12) (Matthäus Merian, 1653)

In allen mittelalterlichen Stadtgrundrissen findet man Rathausplätze, meist im Zentrum der von Stadtmauern umgebenen Stadt. Von den Stadttoren führen Straßen auf diesen zentralen Platz. Ein Beispiel ist der Rynek Główny in Krakau, den man über den Königsweg erreicht. Manchmal bestimmen Gebäude mit ihrer Schmalseite, manchmal mit ihrer Längsseite den Platz; manchmal stehen die dominierenden Bauten auch mitten auf dem Platz. Typisch für die mittelalterliche Stadtarchitektur sind aber auch Platzfolgen oder Platzsysteme, d. h. unregelmäßig gestaltete Abfolgen von durch Straßen verbundenen Plätzen mit teils spezieller Funktion (Vieh- oder Fischmarkt, Dom- oder Kirchplatz usw.), die an eine unebene Topographie angepasst sind. Dadurch entstehen Gefüge aus Körpern und Räumen, die abwechslungsreiche Perspektiven und überraschende Durchblicke etwa auf Kirchtürme und -fassaden bieten. Beispiele für Platzsysteme oder -folgen sind Bremen,[4] Görlitz,[5] München, Münster, Salzburg sowie viele italienische Städte wie Modena oder Perugia.

In der Renaissance und im Barock wurden Plätze aufwendiger, raffinierter und symmetrischer gestaltet. Sie wurden nun von bekannten Architekten geplant und mit Bezug auf den Stadtgrundriss angelegt. Sichtachsen und perspektivische Verzerrungen spielten eine wichtige Rolle, zum Beispiel beim Kapitolsplatz von Michelangelo oder beim Petersplatz von Gian Lorenzo Bernini in Rom.

Gemeinsam allen traditionellen europäischen Platzkonstruktionen war laut Camillo Sitte die Geschlossenheit, die sich aus dem Verhältnis von Gebäuden, Fassaden, Vorflächen, Platz und Übergängen zwischen Innen- und Außenräumen ergibt. Er stellte anhand von 297 europäischen Fallbeispielen fest, dass Plätze immer auf ein herausragendes Gebäude hin ausgerichtet waren und dass zumindest bei Blickrichtung auf dieses Gebäude das Auge nicht über die Randbebauung hinaus geführt wurde. Straßen mündeten in diesem Blickfeld nie so ein, dass sie eine Sichtachse bildeten. Gerade diese Geschlossenheit macht für ihn die Qualität historischer Plätze aus.[6] Im Gegensatz dazu sieht er Plätze in der Blockbebauung, die wegen der durchgehenden Straßenführungen am Rand und den Kreuzungen an den Ecken nur freigehaltene Flächen sind.

Seit der Zunahme des Individualverkehrs wurden Plätze als Verkehrsknotenpunkte immer wichtiger. Ein bekanntes Beispiel ist die Place de la Concorde in Paris, der als „Königlicher Platz“ angelegt wurde und heute vom Verkehr dominiert wird.

Als größter Platz wird häufig der Tian’anmen-Platz in Peking bezeichnet. Er hat eine Fläche von 39,6 ha.

Heutzutage beschäftigen sich Stadtplaner, Landschaftsarchitekten, Architekten, Verkehrsplaner und Künstler mit der Gestaltung von Plätzen.

Benennung von Plätzen

Plätze werden in der jeweiligen Landessprache benannt und zumeist mit diesen Namen in die deutsche Sprache übernommen:

SpracheBegriffBeispielOrt
DeutschPlatzPariser PlatzBerlin
EnglischSquareTrafalgar SquareLondon
FranzösischPlacePlace de la ConcordeParis
ItalienischPiazzaPiazza del DuomoMailand
KatalanischPlaçaPlaça de CatalunyaBarcelona
NiederländischPleinRembrandtpleinAmsterdam
PortugiesischPraçaPraça do ComércioLissabon
SpanischPlazaPlaza MayorMadrid

In einigen Fällen gibt es deutsche Eigennamen, z. B. für den Petersplatz in Rom (italienisch: Piazza San Pietro), oder den Wenzelsplatz in Prag (tschechisch: Václavské náměstí).

Im Bereich von Frankfurt am Main und Mainz werden in einigen Orten die zentralen Plätze Dalles genannt.

Typologie

  • Unterscheidung nach Nutzung:
    • Anger, der frei zugängliche Dorfplatz als die Stammform des Platzes
    • Agora, Forum, der antike Platz als städtebauliche Stammform
    • Marktplatz (Beispiel: Nürnberg, Hauptmarkt)
    • Parkplatz, früher auch Wagenstandplatz (Beispiel: München, Chemnitzer Platz)
    • Festplatz (Beispiel: München, Theresienwiese)
    • Paradeplatz (Beispiel: Moskau, Roter Platz)
    • Gartenplatz, der hauptsächlich von Fußgängern frequentiert wird
      • Schmuckplatz, dessen Fußwege hauptsächlich in Personenverkehrsrichtung liegen
      • Ruheplatz, Erholungsplatz, dessen Fußwege hauptsächlich nicht in Personenverkehrsrichtung liegen
    • Aussichtsplatz (Belvedere) (Beispiel: Venedig, Piazzetta, eine Verlängerung des Markusplatzes)
    • Verkehrsplatz, am Zusammenfluss mehrerer Straßenzüge liegend, in wesentlichen Teilen dem Verkehr dienend (Beispiel: Bremen, Domsheide)
    • Architekturplatz, zur Präsentation hervorgehobener Gebäude:
    • Spielplatz
  • Unterscheidung nach Proportion[7] (d. h. bestimmt das bedeutendste Gebäude von einer Schmalseite oder einer Langseite mit seiner Höhe den Platz):
    • Breitenplatz
    • Höhen-/Tiefenplatz

Literatur

  • Alessandro Nova und Cornelia Jöchner (Hrsg.), Platz und Territorium. Urbane Struktur gestaltet politische Räume (Piazza e monumento I), Berlin/München: Deutscher Kunstverlag 2010. ISBN 978-3-422-07005-9
  • Plätze. In: die waage. Zeitschrift der Grünenthal GmbH, Band 36 (S. 1–45), Aachen 1997, Nummer 1 (mit Beiträgen von Jürgen Werner, Klaus Semsroth und Kunibert Wachten, Gerwin Zohlen, Sebastian Redecke, Gerhard Ullmann und Wolfgang Becker).
  • Brigitte Sölch und Elmar Kossel (Hrsg.), Platz-Architekturen. Kontinuität und Wandel öffentlicher Stadträume vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart (Piazza e monumento II), Berlin/München: Deutscher Kunstverlag 2018. ISBN 978-3-422-07457-6
  • Stephanie Hanke und Brigitte Sölch (Hrsg.), Projektionen. Der Platz als Bildthema (Piazza e monumento III), Berlin/München: Deutscher Kunstverlag 2019. ISBN 978-3-422-98135-5
  • Otto Lueger: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften. Band 7. Stuttgart/Leipzig 1909, S. 157–158. Bei: zeno.org, abgerufen am 6. Juli 2012.

Weblinks

Commons: Stadtplätze – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Platz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Vgl. etwa Klaus Semsroth, Kunibert Wachten: Der vernachlässigte Lebensraum. Die fragwürdige Zukunft der Stadtplätze in Europa. In: die waage. Zeitschrift der Grünenthal GmbH, Aachen. Band 36, 1997, Nr. 1, S. 8–14.
  2. vgl. auch Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur (= Kröners Taschenausgabe. Band 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X, S. 367f.
  3. Platz bei Duden online
  4. Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler: Bremen Niedersachsen. Neubearbeitung 1977, Deutscher Kunstverlag, Berlin/München 1977, ISBN 3-422-00348-7, S. 20.
  5. Werner Müller, Gunther Vogel: dtv-Atlas zur Baukunst. Band I, München 1974, ISBN 3-423-03020-8, S. 24.
  6. Camillio Sitte: Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen. 1898, S. 36, 92.
  7. vgl. auch Camillo Sitte: Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen. Birkhäuser, Basel 2002, ISBN 3-7643-6692-3.
  8. Piazza: italienisch für Platz.

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Bremen1641Merian Markt,Liebfrauen,Dom.png
Cut of a print of Bremen with its central facilities: market (n° 15), townhall (14), cathedral (21), bishop's palace (right hand behind the townhall). Our Dear Lady's Church (12) and churchyard with the stock exchange (13).
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Place Charles de Gaulle in Paris (formerly: place de l’Étoile).

The twelve avenues, clockwise from the north, are:

  1. Avenue Marceau
  2. Avenue d'Iéna
  3. Avenue Kléber
  4. Avenue Victor-Hugo
  5. Avenue Foch
  6. Avenue de la Grande-Armée
  7. Avenue Carnot
  8. Avenue Mac-Mahon
  9. Avenue de Wagram
  10. Avenue Hoche
  11. Avenue de Friedland
  12. Champs-Élysées
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