Pimplinae

Pimplinae

Tromatobia ovivora aus den Ardennen, Belgien

Systematik
Klasse:Insekten (Insecta)
Ordnung:Hautflügler (Hymenoptera)
Unterordnung:Taillenwespen (Apocrita)
Überfamilie:Schlupfwespenartige (Ichneumonoidea)
Familie:Schlupfwespen (Ichneumonidae)
Unterfamilie:Pimplinae
Wissenschaftlicher Name
Pimplinae
Wesmael, 1845

Pimplinae sind eine artenreiche, weltweit verbreitete Unterfamilie der Schlupfwespen, die sowohl in gemäßigten Regionen als auch in den Tropen viele Arten umfasst. Weltweit sind mehr als 1.700 Arten und mindestens 79 Gattungen beschrieben. In Europa gibt es ca. 230 Arten in 39 Gattungen,[1][2] in Deutschland sind 139 Arten nachgewiesen.[3]

Pimplinae können relativ groß und auffällig aber auch klein sein.[4] Zu dieser Unterfamilie gehören relativ häufige und bekannte Schlupfwespen wie manche Arten der Gattungen Dolichomitus und Pimpla.

Manche Arten sind von wirtschaftlicher Bedeutung, zum Beispiel wird Xanthopimpla nana in Kerala erfolgreich gegen schädliche Raupen der Faulholzmotten-Gattung Opisina an Kokosnuss eingesetzt.[5]

Morphologie

Die Arten der Pimplinae sind teilweise stämmig mit einem Ovipositor, der kürzer als das Metasoma ist, oder sehr schmal und lang mit einem langen Ovipositor, der den Körper an Länge übertreffen kann. Einen besonders langen Legebohrer hat die südamerikanische Dolichomitus hypermeces, deren Bohrer eine Länge von 165 mm misst bei einer Körperlänge von 2 cm.[1][6] Die Körpergröße ist sehr unterschiedlich, manche Arten haben eine Vorderflügellänge von nur 3 mm, andere haben Vorderflügel von bis zu 28 mm.[4]

Der meist flache Clypeus ist vom restlichen Gesicht durch eine Kerbe begrenzt. Die Tergite sind hinten unpunktiert im Gegensatz zu den sonst stark skulptierten Chitinplatten. Meist können die Arten nur von Spezialisten bestimmt werden.[1]

Lebensweise

Pimplinae sind wie alle Schlupfwespen Parasitoide, sie sind außerordentlich vielfältig in ihrer Biologie. Die Mehrheit der Pimplinae sind Ektoparasiten von Larven oder Puppen von Lepidoptera, Coleoptera, Hymenoptera, Diptera oder Spinnen. Manche Pimplinae sind Endoparasiten, einige auch Hyperparasiten, manche sind auch gesellig.[7][1]

Riesenschlupfwespe (Dolichomitus imperator)

Ursprüngliche Arten der Pimplinae waren vermutlich solitäre Ectoparasiten, an wenig geschützt lebenden Hymenopterenlarven, welche durch einen Stich gelähmt werden (idiobionte Ektoparasiten). Es gibt auch Arten (in Europa: Scambus vesicarius) die in Gallen, die von Blattwespen an Salix gebildet werden, leben und dabei teilweise auch das Pflanzengewebe der Gallen fressen.[7] Manche Arten legen ihre Eier auf Puppen oder Imagines, manche bohren in Substrat. Zum Beispiel bohrt die Riesenschlupfwespe (Dolichomitus imperator) auf der Suche nach Käferlarven Baumstämme an (ähnlich wie Rhyssa persuasoria).[6]

Brachyzapus nikkoensis legt ein Ei auf eine Spinne

Erwachsene Pimplinae ernähren sich von Nektar, Honigtau oder anderen Pflanzensäften. Weibchen benötigen proteinhalige Nahrung für die Entwicklung der Eier.[8] Einzelne Arten der Gattungen Pimpla und Exeristes leben räuberisch, sie stechen die Wirtsinsekten auch unabhängig von der Eiablage mit dem Ovipositor an, erweitern die Wunde und saugen das Opfer aus.[9][1]

Systematik

Die Pimplinae gehören innerhalb der Ichneumonidae zur Gruppe der "Pimpliformes" mit den folgenden neun Unterfamilien: Acaenitinae, Collyriinae, Cylloceriinae, Diacritinae, Diplazontinae, Orthocentrinae, Poemeniinae, Rhyssinae und Pimplinae. Diese Gruppe ist monophyletisch, ihre genauere Systematik ist aber noch unklar.[10][11]

Die Pimplinae werden in vier Triben eingeteilt: Pimplini, Ephialtini, Delomeristini (einschließlich der Perithoini früherer Autoren) und die Theroniini. Theroniini wurden bisher zu den Pimplini gestellt, aber jetzt wieder als eigene Tribus klassifiziert.[11]

Innerhalb der Pimplini werden zwei Gattungsgruppen definiert, innerhalb der Ephialtini fünf Gattungsgruppen. Nicht alle Gattungsgruppen kommen in der Paläarktis vor und nicht alle sind monophyletisch.[7]

Die holarktische Gattung Pseudorhyssa (mit 4 Arten), die bisher als eigene Tribus Pseudorhyssini zu den Poemeniinae gestellt wurde, wird nun durch Klopfstein et al.[11] zu den Delomeristini verschoben.

Polysphincta boops

Gattungen in Deutschland

Scambus buolianae

In Deutschland sind 139 Arten aus den folgenden Gattungen nachgewiesen:[12][3]

Delomeristini:

  • Atractogaster
  • Delomerista
  • Pseudorhyssa

Ephialtini:

  • Acropimpla
  • Afrephialtes
  • Clistopyga (C. incitator)
  • Dolichomitus (D. imperator)
  • Endromopoda
  • Ephialtes
  • Exeristes (E. roborator)
  • Fredegunda
  • Gregopimpla
  • Iseropus
  • Liotryphon
  • Paraperithous
  • Scambus
  • Townesia
  • Tromatobia (T. lineatoria, T. ornata, T. ovivora)
  • Zaglyptus

Perithoini:

Pimplini:

  • Apechthis (A. compunctor)
  • Itoplectis
  • Pimpla (P. rufipes, P. turionellae)

Polysphinctini:

  • Acrodactyla
  • Dreisbachia
  • Oxyrrhexis
  • Piogaster
  • Polysphincta
  • Schizopyga
  • Sinarachna
  • Zatypota (Z. albicoxa, Z. anomala)

Biogeographie

Pimplinae sind außer auf den zirkumpolaren Gebieten weltweit verbreitet. Sehr wenige Arten sind jedoch in Neuseeland (nur 2 Arten). Auch in Australien sind mit 59 Arten nur wenige Pimplinae heimisch. Sonst sind die Pimplinae meist sehr gut repräsentiert.[7] Zum Beispiel in Costa Rica 184 Arten, in Brasilien 96 Arten[13], in Großbritannien 99 Arten und in der Ukraine 146 Arten[2]. In Chile sind jedoch nur 7 Arten nachgewiesen. In Nordamerika sind ähnlich viele Arten von Pimpline wie in der Paläarktis, aber vielfach nicht von den gleichen Gattungen. Einige Gattungen sind sehr weit verbreitet: Pimpla, Itoplectis, Scambus, Dolichomitus, Tromatobia, Zaglyptus, Clistopyga, Polyphincta und Zatypota. Die Gattung Xanthopimpla ist in den Tropen der Alten Welt mit mehreren Hundert Arten verbreitet, aber mit weniger als zehn Arten in der Neotropis.[7] In neotropischen Gebieten (z. B. im Amazonasgebiet) ist die Verbreitung der Ichneumonidae im Allgemeinen und auch der Pimplinae noch unzureichend bekannt.[14][13]

Einzelnachweise

  1. a b c d e G. Broad, M. R. Shaw, M. G. Fitton: Ichneumonid Wasps (Hymenoptera: Ichneumonidae): their Classification and Biology. In: Royal Entomological Society (Hrsg.): Handbook for the Identification of British Insects. Band 7, Nr. 12, 2018, ISBN 978-1-910159-02-6, S. 268–283.
  2. a b Oleksandr Varga: Taxonomy and distribution of pimpline parasitoids (Hymenoptera, Ichneumonidae, Pimplinae) in Ukraine. In: Zootaxa. Band 4693, Nr. 1, 5. November 2019, ISSN 1175-5334, S. 1–65, doi:10.11646/zootaxa.4693.1.1 (biotaxa.org [abgerufen am 4. Januar 2021]).
  3. a b M. Riedel, K. Schmidt & F. Zmudzinski: Beiträge zur Kenntnis der badischen Schlupfwespenfauna (Hymenoptera, Ichneumonidae) 11. Nachträge und Korrekturen. In: carolinae. Band 71. Karlsruhe 2013, S. 25–53.
  4. a b H. Goulet & J. T. Huber: Hymenoptera of the World: an identification guide to families. Ottawa, Ontario 1993, ISBN 0-660-14933-8, S. 439 f.
  5. T. C. Narendran: Parasitic Hymenoptera and Biological Control. In: Biocontrol Potential and its Exploitation in Sustainable Agriculture: Volume 2: Insect Pests. Springer US, Boston, MA 2001, ISBN 978-1-4615-1377-3, S. 1–12.
  6. a b H. H. Dathe: Insecta. In: Lehrbuch der Speziellen Zoologie. 2. Auflage. Wirbellose Tiere - 5. Teil: Insecta. Spektrum Akad. Verl., 2003, ISBN 3-8274-0930-6, S. 638 f.
  7. a b c d e I. D. Gauld, D. B. Wahl, G. R. Broad: The suprageneric groups of the Pimplinae (Hymenoptera: Ichneumonidae): a cladistic re-evaluation and evolutionary biological study. In: Zool. J. of the Linnean Society. Band 136. London 2002, S. 421–485.
  8. Discover Life in America: Pimplinae. Abgerufen am 3. Januar 2021 (englisch).
  9. E. Königsmann: Hymenoptera. In: Urania Tierreich - Insekten 2. rororo, 1974, ISBN 3-499-28011-6, S. 307 ff.
  10. Andrew M.R. Bennett, Sophie Cardinal, Ian D. Gauld, David B. Wahl: Phylogeny of the subfamilies of Ichneumonidae (Hymenoptera). In: J. Hymenoptera Res. Band 71, 2019, S. 1–156.
  11. a b c Seraina Klopfstein, Barbara Langille, Tamara Spasojevic, Gavin R. Broad, Steven J. B. Cooper: Hybrid capture data unravel a rapid radiation of pimpliform parasitoid wasps (Hymenoptera: Ichneumonidae: Pimpliformes). In: Systematic Entomology. Band 44, Nr. 2, 2019, ISSN 1365-3113, S. 361–383, doi:10.1111/syen.12333 (wiley.com [abgerufen am 5. Januar 2021]).
  12. K. Horstmann: Ichneumonidae. In: H. H. Dathe, A. Taeger, S. M. Blank (Hrsg.): Verzeichnis der Hautflügler Deutschlands (Entomofauna Germanica). Band 4, 2001, S. 69–103.
  13. a b P. T. Higa, A. M. Penteado-Dias, P. T. Higa, A. M. Penteado-Dias: Altitudinal effects on diversity of Pimplinae (Hymenoptera, Ichneumonidae) from Southeast Brazil and description of new species. In: Brazilian Journal of Biology. Band 80, Nr. 2, Juni 2020, ISSN 1519-6984, S. 377–385, doi:10.1590/1519-6984.210438 (scielo.br [abgerufen am 4. Januar 2021]).
  14. Ilari E. Sääksjärvi, Samuli Haataja, Seppo Neuvonen, Ian D. Gauld, Reijo Jussila: High local species richness of parasitic wasps (Hymenoptera: Ichneumonidae; Pimplinae and Rhyssinae) from the lowland rainforests of Peruvian Amazonia. In: Ecological Entomology. Band 29, Nr. 6, 2004, ISSN 1365-2311, S. 735–743, doi:10.1111/j.0307-6946.2004.00656.x (wiley.com [abgerufen am 4. Januar 2021]).

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Parasite170127-fig 2A (unlabelled) ovipositor Pimplinae Brachyzapus nikkoensis.jpg
Autor/Urheber: Keizo Takasuka, Niclas R. Fritzén, Yoshihiro Tanaka, Rikio Matsumoto, Kaoru Maeto and Mark R. Shaw, Lizenz: CC BY 4.0
Figure 2A of the paper.
Unlabelled version. Pimplinae Brachyzapus nikkoensis
Dolichomitus imperator 06 Richard-Bartz.jpg
Autor/Urheber: Richard Bartz, Munich aka Makro Freak MFB.jpg, Lizenz: CC BY-SA 2.5
Beschreibung: Die Schlupfwespen (Ichneumonidae) bilden in Mitteleuropa die artenreichste Familie der Hautflügler und stellen auch die größten Arten unter den parasitoiden Hymenopteren. Gelegentlich wird der Name „Schlupfwespen“ als Bezeichnung für die Lebensweise verwendet, die nicht nur die Ichneumonidae, sondern auch andere Legimmen besitzen, daher nennt man die Ichneumonidae auch „Echte Schlupfwespen“ oder „Schlupfwespen im engeren Sinn“. Hier zu sehen eine Riesenschlupfwespe Dolichomitus imperator