Piano & A Microphone 1983

Piano & A Microphone 1983
Studioalbum von Prince

Veröffent-
lichung(en)

21. September 2018

Aufnahme

Oktober 1983

Label(s)NPG Records / Warner Bros. Records

Format(e)

CD, Download, LP

Genre(s)

Contemporary R&B, Funk, Pop

Titel (Anzahl)

9

Länge

34:19

BesetzungAlle Songs wurden von Prince produziert, arrangiert, komponiert und vorgetragen. Folgende Personen ergänzten die Aufnahmen:[1]
  • Art Direction und Design – Alex Tenta und The Prince Estate
  • Archivfotos – The Prince Estate
  • Künstler-Fotos – Allen Beaulieu

Produktion

Michael Howe

Studio(s)

Kiowa Trail Home Studio (Chanhassen)

Chronologie
Purple Rain Deluxe
(2017)
Piano & A Microphone 1983Originals
(2019)
Singleauskopplung
27. September 201817 Days (Piano Version)

Piano & A Microphone 1983 (englisch für „Klavier und ein Mikrofon 1983“) ist das erste von Prince postum erschienene Studioalbum, das am 21. September 2018 bei dem Label NPG Records / Warner Bros. Records herausgebracht wurde. Die insgesamt neun Songs hatte er bereits im Oktober 1983 aufgenommen, waren in dieser Version aber zuvor unveröffentlicht. Piano & A Microphone 1983 ist nach One Nite Alone … (2002) Prince’ zweites Akustikalbum, auf dem er alle Songs ausschließlich auf dem Klavier spielt.

Die Musik zählt zu den Genres Contemporary R&B, Funk und Pop. Zudem sind Elemente aus den Genres Blues und Jazz zu hören. Die Songtexte handeln von Einsamkeit, Ekstase, Erlösung, Liebe, Romantik, Sehnsucht, Sinnlichkeit und Sünde. Musikkritiker bewerteten Piano & A Microphone 1983 zum Teil sehr positiv. Aus kommerzieller Sicht konnte das Album in einigen Ländern zwar Top-Ten-Platzierungen erreichen, aber international keinen Gold- oder Platinstatus erzielen.

Entstehung

Alle neun Songs spielte Prince bereits Ende Oktober 1983 in seinem damaligen privaten Tonstudio namens Kiowa Trail Home Studio in Chanhassen in Minnesota ein,[2] die er auf einer TDK-C60-Kompaktkassette aufgenommen hatte.[3] Veröffentlicht hatte er diese Versionen damals jedoch nicht, und die vier Stücke Cold Coffee & Cocaine, Mary Don’t You Weep, Wednesday sowie Why the Butterflies waren zuvor auf keinem seiner Alben zu finden.

Aber die anderen fünf Songs hatte Prince mit Musikinstrumenten aufgenommen und, abgesehen von A Case of You, in deutlich anderen Versionen, als auf Piano & A Microphone 1983 zu hören sind, auf seinen Alben platziert. Am 14. Januar 1982 nahm er International Lover im Tonstudio Sunset Sound in Los Angeles in Kalifornien auf. Diese Version veröffentlichte er im Oktober 1982 auf seinem Album 1999. Ein Jahr später nahm er am 14. März 1983 Strange Relationship im Kiowa Trail Home Studio auf.[4] Im Laufe der Jahre überarbeitete er den Song immer wieder und platzierte ihn schließlich im März 1987 auf seinem Album Sign "☮" the Times. Im Sommer 1983 spielte Prince die beiden Songs 17 Days und Purple Rain in einer Lagerhalle namens The Warehouse in St. Louis Park in der Metropolregion Minneapolis–Saint Paul ein;[5][6] 17 Days dient als B-Seite von der im Mai 1984 ausgekoppelten Single When Doves Cry aus dem Album Purple Rain.

Troy Carter von The Prince Estate, 2014

Wednesday nahm Prince am 23. Oktober 1983 im Kiowa Trail Home Studio auf und platzierte das Stück ursprünglich auch auf dem Purple-Rain-Album,[7] strich es aber später von der Tracklist. Ferner existiert eine Version, bei der Jill Jones den Hauptgesang übernommen hatte, aber diese Version ist bis heute (2023) ebenfalls unveröffentlicht. Das genaue Aufnahmedatum von A Case of You ist der Öffentlichkeit nicht bekannt, aber vermutlich hatte Prince den von Joni Mitchell im Jahr 1971 geschriebenen Song 1983 im Kiowa Trail Home Studio aufgenommen. 2001 überarbeitete er das Stück in seinem Paisley Park Studio in Chanhassen und platzierte es auf seinem Album One Nite Alone … im Jahr 2002; diese Version ähnelt der von Piano & A Microphone 1983.

Prince stand von 1978 bis 1999 bei dem Musiklabel Warner Bros. Records unter Vertrag. Als er im April 2016 überraschend gestorben war, hinterließ er kein Testament, das die Urheberrechte seiner geschriebenen Songs hätte regeln können. Insofern besaß Warner bis zum Jahr 2021 sämtliche Urheberrechte an Songs, die Prince vor dem Jahr 1995 geschrieben oder veröffentlicht hatte.

Am 7. Juni 2018 – Prince’ 60. Geburtstag – kündigte Troy Carter (* 1972), Berater von The Prince Estate (deutsch: Der Prince-Nachlass), das Album Piano & A Microphone 1983 an. Über die Entstehung sagte er: „Diese rohe und gleichzeitig intime Aufnahme, die am Vorabend seiner [Prince] Weltkarriere entstand, kurz bevor er zum internationalen Star wurde, ähnelt im Format der ‘Piano & A Microphone Tour’, mit der er seine Karriere im Jahr 2016 beendete.“[8] Damals nannte Prince seine zu Lebzeiten letzte Tournee „Piano & A Microphone 2016“, weil er alle Songs ausschließlich auf dem Klavier spielte und dazu gesungen hatte. Eine Begleitband hatte er nicht.

Gestaltung des Covers

Die CD steckt in einer aufklappbaren Papphülle und auf dem Frontcover ist ein Schwarzweiß-Foto von Prince aus dem Jahr 1983 zu sehen. Diese Aufnahme machte der aus Minneapolis in Minnesota stammende Fotograf Allen Beaulieu (* 1952), als er den Musiker auf dessen 1999-Tour in den Jahren 1982 bis 1983 begleitete.[9] Das Foto zeigt Prince vor einem Spiegel sitzend im Backstagebereich eines Konzertes seiner damaligen Tour. Beaulieu war auch als Fotograf für die Albencover von Dirty Mind (1980) und Controversy (1981) zuständig.[10][11] In der Innenseite der Papphülle ist der von Prince handschriftlich geschriebene Liedtext von 17 Days zu lesen. Auf der Rückseite ist die Tracklist abgedruckt.

Das Booklet von der CD ist ebenfalls aufklappbar und besteht somit aus insgesamt sechs Seiten. Dort ist ein weiteres schwarzweiß Foto von Prince aus dem Jahr 1983 zu sehen, das aus dem Archiv vom The Prince Estate stammt. Zudem ist im Innencover der von Prince handschriftlich geschriebene Liedtext von Strange Relationship zu lesen, wobei er den Song aber nur mit „Strange Relations“ betitelt hat. Die Liedtexte der anderen Songs von Piano & A Microphone 1983 sind nicht abgedruckt.

Zudem ist Piano & A Microphone 1983 als „Limited Edition Deluxe Set“ erhältlich, in dem das Album auf CD und LP zu hören ist. Das Booklet besitzt das Format eines Schallplattencovers und besteht aus zwölf Seiten. Im Booklet sind Liner Notes von Don Batts, Jill Jones und Lisa Coleman zu lesen; Batts war in den Jahren 1980 bis 1982 als Toningenieur für Prince tätig, mit Jones arbeitete er von 1980 bis 1989 zusammen und Coleman war von 1982 bis 1986 Mitglied in The Revolution. Abgesehen von den von Prince handschriftlich geschriebenen Liedtexten von 17 Days und Strange Relationship ist auch der von International Lover im Booklet abgedruckt. Zudem sind noch zwei schwarzweiß Prince-Fotos aus dem Jahr 1983 zu sehen, die im Booklet der CD-Ausgabe nicht zu finden sind. Ferner enthält das Set ein schwarzweiß Poster von dem Foto von Prince, das auch im Booklet der CD abgebildet ist.[12]

Musik und Text

Joni, Mitchell, 1974

Piano & A Microphone 1983 ist ein Akustikalbum, auf dem Prince alle Songs auf dem Klavier spielt. Die Musik zählt zu den Genres Contemporary R&B, Funk und Pop sowie aus Elementen von Blues und Jazz. Die ersten sieben Songs sind in derselben Reihenfolge zu hören, in der sie Prince damals aufgenommen hatte.[8] Die Liedtexte handeln von Einsamkeit, Ekstase, Erlösung, Liebe, Romantik, Sehnsucht, Sinnlichkeit und Sünde.

Prince spielt zwei Coverversionen; A Case of You schrieb Joni Mitchell im Jahr 1971 und veröffentlichte es auf ihrem Album Blue. Das Negro Spiritual Mary Don’t You Weep stammt aus dem Jahr 1915 und wurde von verschiedenen Musikern mehrfach neu interpretiert, wie beispielsweise von Aretha Franklin (1972) und Bruce Springsteen (2006).[13] Der Liedtext ist dem Genre Christliche Musik zuzuordnen. Ferner integrierte Prince in den Liedtext eine Textpassage von Strange Relationship.

Das Stück Cold Coffee & Cocaine singt Prince mit einer rauen Stimme, die er „Jamie Starr“ nannte – ein Pseudonym von ihm, das er in den Jahren 1981 bis 1983 für sich nutzte. Der Protagonist im Liedtext ist seiner Geliebten überdrüssig, weil sie ihm nur „kalten Kaffee und Kokain“ anbietet. Den zuweilen humorvollen Liedtext trägt er lispelnd vor und inhaltlich handelt dieser weder von einem eventuellen Drogenkonsum, noch von einer Medikamentenabhängigkeit; Prince starb im April 2016 an einer versehentlichen Überdosis des Schmerzmittels Fentanyl.

Titelliste und Veröffentlichungen

#TitelDauer
117 Days A6:22
2Purple Rain B1:26
3A Case of You C1:40
4Mary Don’t You Weep D4:42
5Strange Relationship2:38
6International Lover3:48
7Wednesday1:59
8Cold Coffee & Cocaine5:13
9Why the Butterflies6:26
Spieldauer: 34:19 min.
Autor aller Songs ist Prince
A Autor: Prince, Dr. Fink, Lisa Coleman, Wendy Melvoin
B Autor: Prince and The Revolution
D Autor: unbekannt

Piano & A Microphone 1983 wurde weltweit am 21. September 2018 veröffentlicht.[14] Das Album ist in fünf verschiedenen Ausgaben käuflich zu erwerben: auf CD, als LP sowie als Download. Außerdem ist es auf 180 g Vinyl Schallplatte erschienen, wobei auf Seite A die ersten sieben Songs zwar einzeln aufgelistet sind, aber als Medley mit einer Dauer von 22:38 Minuten angegeben sind. Seite B enthält die beiden Stücke Cold Coffee & Cocaine und Why the Butterflies. Zudem ist Piano & A Microphone 1983 als „Limited Edition Deluxe Set“ erhältlich, in dem das Album auf CD und LP zu hören ist.

(c) Georges Biard, CC BY-SA 4.0
Spike Lee, 2018

Singles

Vor der Albumveröffentlichung konnten zwei Songs bei verschiedenen Musikstreaming-Anbietern heruntergeladen werden; am 7. Juni 2018 erschien Mary Don’t You Weep und am 13. September 2018 Why the Butterflies.

Zudem wurde am 27. September 2018 das Stück 17 Days (Piano Version) als Vinyl-Single über die deutsche Oktober-Ausgabe 2018 des Musikmagazins Rolling Stone herausgebracht.[14] Der Song wird nach 3:14 Minuten ausgeblendet und ist somit um gut drei Minuten kürzer als die Albumversion. Als B-Seite dient die Singleversion von 1999, die ursprünglich im September 1982 aus dem Album 1999 ausgekoppelt wurde.

Musikvideos

Bereits 1984 wurde ein Musikvideo zu dem Song Purple Rain veröffentlicht, das aus dem gleichnamigen Film entnommen wurde. Allerdings unterscheidet sich diese Version gravierend von der auf Piano & A Microphone 1983.

2018 wurden zwei Musikvideos zu Mary Don’t You Weep produziert. Ende Juni wurde ein mit der Musik des Songs unterlegter Trailer für den Film BlacKkKlansman von Regisseur Spike Lee produziert. Abgesehen davon ist das Stück im Abspann vom Film zu hören.[14] Ende August 2018 wurde dann in einem Studio in New York City gezielt ein Musikvideo für den Song produziert, das weitere Filmszenen aus BlacKkKlansman enthält und eine Spieldauer von 6:42 Minuten besitzt. Bereits 1996 arbeitete Prince mit Spike Lee zusammen und steuerte den Soundtrack Girl 6 zum gleichnamigen Film des Regisseurs bei. Weitere Musikvideos zu Songs von Piano & A Microphone 1983 existieren nicht.

Coverversionen

Abgesehen von den beiden Songs A Case of You und Mary Don’t You Weep, die Prince selbst gecovert hat, interpretierten andere Musiker mit 17 Days und Purple Rain zwei Stücke von Piano & A Microphone 1983; der Song 17 Days wurde unter anderem von Living Colour (1993) neu eingespielt und Purple Rain nahmen beispielsweise Randy Crawford (1995), Etta James (2006) und David Garrett (2017) neu auf.[15][16][17] Ansonsten sind keine Coverversionen zu den Songs von Piano & A Microphone 1983 bekannt.

Rezeption

Presse

Professionelle Bewertungen
Durchschnittsbewertung
QuelleBewertung
Metacritic83 %[18]
Weitere Bewertungen
QuelleBewertung
Der SpiegelSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbol[19]
The GuardianSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbol[20]
TonspionSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbol[21]
Rolling StoneSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbol[22]
Pitchfork MediaSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbol[23]
AllMusicSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbol[24]
Slant MagazineSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbol[25]
MusikexpressSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbol[26]
Wilson & Alroy’s Record ReviewsSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbolSternsymbol[27]

Musikkritiker bewerteten Piano & A Microphone 1983 zum Teil sehr positiv. Vor allem wurde die musikalisch intime Atmosphäre des Albums gelobt. Die Website Metacritic errechnete eine Durchschnittsbewertung von 83 %, basierend auf 17 Rezensionen englischsprachiger Medien.[18]

Andreas Borcholte von dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel zeigte sich begeistert und verteilte mit 10,0 Punkten die Höchstanzahl. Das Album sei „eine Offenbarung“, würde „funkeln und berühren“ und „mit Bedacht und Sorgfalt“ ausgewählt worden. „Manchmal wird die Session so intim, dass es einem fast peinlich ist, so unintendiert zum Zuhörer zu werden“, schrieb Borcholte. Als Beispiele nannte er die Songs 17 Days und International Lover. Der Höhepunkt des Albums sei aber Cold Coffee & Cocaine, weil dieser Song Prince nicht nur als „versierten Musiker und Songwriter“ exponiere, sondern auch als „den wandelbaren (und humorbegabten) Performer“. Als Fazit zog Borcholte, Prince würde fehlen.[19]

Dave Simpson von der britischen Tageszeitung The Guardian war ebenfalls begeistert und gab mit fünf Sternen die Höchstanzahl. Im Gegensatz zu Prince’ „phänomenalen Talent als Gitarrist“ seien seine Fähigkeiten als Pianist unterbewertet. Auf Piano & A Microphone 1983 spiele er als Pianist in Höchstform und „Gospel, Klassik, Funk und Jazz sprudeln nach Belieben aus seinen Fingerspitzen“; man könne vermuten, Prince „hätte Chopin auf einer Gießkanne spielen können“. Den Song Strange Relationship präsentiere er als „unwiderstehlichen Skelett-Embryo“ und International Lover avanciere „zu einem Vocal Masterclass“. Diese „wundervollen Aufnahmen“ lieferten „noch mehr Beweise für sein kolossales Talent“.[20]

Kerstin Kratochwill von dem Internetmagazin Tonspion gab mit fünf von sechs Sternen fast die Bestnote; man sei „zutiefst gerührt, wenn man den jungen Prince [damals 25 Jahre alt] roh und rasend zugleich am Piano zuhört“. Zudem seien „die jazzig sowie bluesig improvisiert wirkenden Songs voller Soul und Seele“. Piano & A Microphone 1983 sei „kein Nerd-Sammlerstück“, sondern stünde „berechtigt in dem gewaltigen“ Prince-Gesamtwerk, weil das Album einem Live-Erlebnis „ziemlich nahe“ komme.[21]

Kory Grow von dem US-Musikmagazin Rolling Stone zeichnete das Album mit vier von fünf Sternen aus; Piano & A Microphone 1983 sei „ein faszinierender Blick auf eine Seite seiner Brillanz, von der wir damals [1983] nicht wussten, dass sie existiert“. Prince spiele „locker, freilaufend und impressionistisch“. Von Purple Rain höre man „90 federleichte Sekunden“ und von Mary Don’t You Weep spiele er „eine gefühlvolle Interpretation“. Cold Coffee & Cocaine beschrieb Grow als „jähzornige Bluesnummer im Ray-Charles-Stil“ und in „zurückhaltenden Momenten“ wirke Prince „verletzlich“, wie beispielsweise in A Case of You. Insgesamt gesehen sei das Album aber „nicht perfekt“; man höre, wie Prince im Rhythmus schwanke und den Ton seiner Stimme anpasse. Dieses sei aber „auch ein Teil dessen“, was das Album „so bewegend“ mache, meinte Grow.[22]

Chris Randle von der Musikwebsite Pitchfork Media verteilte die Note 8,5, wobei 10 die Bestnote ist. „Diese gesegnete Sammlung von unveröffentlichten Demos“ sei „faszinierend“. Wenn einige Musiker sterben, greife die Plattenfirma nach Material, das noch übrig geblieben ist. Bei Prince sei dieser Fall jedoch anders gelagert; er habe „Tausende unveröffentlichte Tracks ohne Vorschläge“, wie eine Plattenfirma damit verfahren könne. Er klinge auf Piano & A Microphone 1983 „ungewöhnlich entspannt“ und der „überraschendste Moment“ des Albums sei der „Gospel-Standard Mary Don’t You Weep“. Insgesamt betrachtet sei das Album „sowohl Omen als auch Artefakt, eine Probe für ein anderes Leben“.[23]

Musikkritiker Stephen Thomas Erlewine, 2017

Stephen Thomas Erlewine von AllMusic verteilte dreieinhalb von fünf Sternen und schrieb, das Album sei „entwaffnend locker“. Zwar gäbe es „ein gewisses Maß an Intimität“, aber keine Musikproduktion, „von der man sprechen“ könne. Dennoch seien „Merkmale einer Studioaufnahme“ vorhanden, weil die Musik „zu klar“ sei, „um etwas anderes zu sein“. Trotz der auf anderen Prince-Alben veröffentlichten Songs 17 Days, Purple Rain und Strange Relationship könne Piano & A Microphone 1983 aber auch nicht als Demo-Session bezeichnet werden. Das komplette Album höre sich an, „als ob der Zuhörer Prince beim Schaffen lauscht“, was „wertvoll“ sei.[24]

Zachary Hoskins von dem US-Onlinemagazin Slant Magazine gab ebenfalls dreieinhalb von fünf Sternen und hob die verschiedene Gesangstile von Prince hervor; das „liebliche Krächzen“ in 17 Days, „der Zuhälter-Rap mit schwerer Stimme“ in Cold Coffee & Cocaine sowie „der Gospelschrei“ in Mary Don’t You Weep. Da er seine natürliche Sprechstimme „nur selten in seiner Musik“ benutzt habe, wirke sie auf Piano & A Microphone 1983 „so klar und deutlich“, dass „ein Gefühl von verblüffender Intimität“ entstehe, was „vielleicht das Auffälligste“ auf dem Album sei. Doch alle neun Songs wirkten „weniger wie fertige Stücke als vielmehr wie flüchtige Einblicke in den kreativen Prozess“ von Prince, wobei das „verzweifelte Tongedicht“ Why the Butterflies „einem vergrabenen Schatz am nächsten“ komme, meinte Hoskins.[25]

André Boße von der Musikzeitschrift Musikexpress gab vier von sechs Sternen und meinte, Prince’ Falsett in A Case of You sei „sensationell“ und Mary Don’t You Weep trage er „mit großer Spielfreude“ vor. Der Song Cold Coffee & Cocaine klinge wie eine Blues-Parodie, die auch von Helge Schneider hätte stammen können.[26]

Jon Pareles von der überregionalen Tageszeitung The New York Times verteilte zwar keine Note, lobte aber das Album und schrieb, Prince sei „Frontmann, Rhythmusgruppe und Instrumentalsolist zugleich“ und sein „One-Take-Echtzeit-Gesang exquisit“. Thematisch handelten die Songs von Einsamkeit, Ekstase, Erlösung, Romantik, Sehnsucht, Sinnlichkeit und Sünde. Zudem verschiebe er „Musikstile und Gesangspersonen nach Lust und Laune – melancholisch, verspielt, fromm, flirtend“. Besonders lobend hob Pareles den Song Wednesday hervor, weil „seine klare Klavierbegleitung“ auf Jazzalben hinweise, „während Prince in einem äußerst arglosen Falsett darüber singt, allein und fast selbstmörderisch zu sein: ‘Wenn du bis Mittwoch [Wednesday] nicht zurück bist / Ich weiß nicht, was ich tun soll’“. Piano & A Microphone 1983 besitze den „Klang einer von Rhythmus und Instinkt geleiteten Suche, die geduldig und fleißig um Inspiration wirbt“, schrieb Pareles als Fazit.[28]

Jan Kedves von überregionalen Tageszeitung Süddeutsche Zeitung verteilte auch keine Note, bewertete das Album aber auch sehr positiv und stellte fest, es sei „nichts zu hören außer Klavier, seiner Stimme und dem Rauschen des Studios“. Prince „schnauft, croont, kiekst, röchelt und rauscht mit seiner superwandelbaren Stimme ins zärtlichste Falsett hinauf und, an der krächzenden Mitte vorbei, wieder in den wärmsten Soul-Bariton runter“. Der Klavierhocker, auf dem er gesessen habe, quietsche zuweilen in das Mikrofon, weswegen Kedves meinte: „Wäre dieses Quietschen rhythmisch synchron“ gewesen, „wäre Prince kein Mensch mehr gewesen, sondern Gott, und nicht nur ein Genie“. Abschließend schrieb Kedves, Piano & A Microphone 1983 sei ein „irre gutes“ Album, „an dem sich alle weiteren posthumen Pop-Legenden-Alben ein Beispiel nehmen sollten“.[29]

Eine ganz andere Meinung vertraten die beiden Musikkritiker Wilson und Alroy; sie verteilten nur einen von fünf Sternen und bezeichneten die Songs als „das allerletzte Material“, das die Fans hören wollten. Man höre 35 Minuten, in denen Prince auf dem Klavier „Melodien durchspielt“. Das Album wäre ein „nettes Extra für eine Deluxe-Veröffentlichung des gerüchteweise angekündigten Piano & A Microphone 2016 gewesen“, aber als eigenständiges Album sei „es so unzureichend, dass es eher schockierend als enttäuschend ist“, meinten Wilson und Alroy.[27]

Charts

ChartsChart­plat­zie­rungenHöchst­platzie­rungWo­chen
 Deutschland (GfK)[30]12 (3 Wo.)3
 Österreich (Ö3)[31]10 (3 Wo.)3
 Schweiz (IFPI)[32]6 (5 Wo.)5
 Vereinigtes Königreich (OCC)[33]12 (1 Wo.)1
 Vereinigte Staaten (Billboard)[34]11 (2 Wo.)2
  • Die Vinyl-Single 17 Days (Piano Version) der deutschen Oktober-Ausgabe des Musikmagazins Rolling Stone aus dem Jahr 2018 wurde nicht in internationalen Hitparaden geführt.

Literatur

  • Allen Beaulieu: Prince – Before the Rain. Minnesota Historical Society Press, Canada 2018, ISBN 978-1-68134-121-7.
  • Arthur Lizie: Prince FAQ: All That’s Left to Know About the Purple Reign. Backbeat Books, Guilford (Connecticut) 2020, ISBN 978-1-61713-670-2.
  • Duane Tudahl: Prince and the Purple Rain Era Studio Sessions 1983 and 1984 (Expanded Edition). Rowman & Littlefield, London 2018, ISBN 978-1-5381-1462-9.

Weblinks

  • Princevault, Informationen zum Album Piano & A Microphone 1983

Einzelnachweise

  1. Begleitheft der CD Piano & A Microphone 1983 von Prince, Warner Bros. Records / NPG Records, 2018
  2. Tudahl (2018), S. 220.
  3. Jon Bream: Prince insiders dish on first album released from storied Paisley Park vault. In: Startribune.com. 20. September 2018, abgerufen am 18. Juli 2022 (englisch).
  4. Tudahl (2018), S. 40.
  5. Tudahl (2018), S. 104.
  6. Tudahl (2018), S. 133.
  7. Tudahl (2018), S. 187. und S. 193.
  8. a b Am 21.09. erscheint das Album “Piano & A Microphone 1983” mit neun bisher unveröffentlichten Aufnahmen. In: Warnermusic.de. 7. Juni 2018, abgerufen am 18. Juli 2022.
  9. Beaulieu (2018), S. 140.
  10. Beaulieu (2018), S. 22.
  11. Beaulieu (2018), S. 70.
  12. Booklet vom Limited Edition Deluxe Set Piano & A Microphone 1983 von Prince, Warner Bros. Records / NPG Records, 2018
  13. Tudahl (2018), S, 190.
  14. a b c Lizie (2020), S. 317.
  15. Prince auf WhoSampled
  16. Discover the original. In: Coverinfo.de. Abgerufen am 18. Juli 2022 (Bei "Suche" Prince eingeben).
  17. SecondHandSongs – a cover songs database. In: Secondhandsongs.com. 2018, abgerufen am 18. Juli 2022 (englisch).
  18. a b Piano & A Microphone 1983 by Prince. In: metacritic.com. 2023, abgerufen am 2. März 2023 (englisch).
  19. a b Andreas Borcholte: Ach, er fehlt. In: Spiegel.de. 25. September 2018, abgerufen am 2. März 2023.
  20. a b Dave Simpson: Prince: Piano & a Microphone 1983 review – revelatory listen from a colossal talent. In: Theguardian.com. 21. September 2018, abgerufen am 2. März 2023 (englisch).
  21. a b Kerstin Kratochwill: Prince – Piano & A Microphone 1983. In: Tonspion.de. 21. September 2018, abgerufen am 2. März 2023.
  22. a b Kory Grow: Review: Prince’s ‘Piano & A Microphone 1983’ is a Revealing Snapshot of the Pop Genius in His Prime. In: Rollingstone.com. 21. September 2018, abgerufen am 2. März 2023 (englisch).
  23. a b Chris Randle: Prince – Piano & A Microphone 1983. In: Pitchfork.com. 25. September 2018, abgerufen am 2. März 2023 (englisch).
  24. a b Stephen Thomas Erlewine: Prince – Piano & a Microphone 1983. In: Allmusic.com. 2018, abgerufen am 2. März 2023 (englisch).
  25. a b Zachary Hoskins: Review: Prince, Piano & a Microphone 1983. In: Slantmagazine.com. 21. September 2018, abgerufen am 2. März 2023 (englisch).
  26. a b André Boße: Prince – Piano & A Microphone 1983. In: Musikexpress.de. 21. September 2018, abgerufen am 2. März 2023.
  27. a b Wilson und Alroy: Piano & A Microphone 1983 (rec. 1983, rel. 2018). In: warr.org. 2018, abgerufen am 2. März 2023 (englisch).
  28. Jon Pareles: Album Review – Alone in the Studio in 1983, Prince Is Revealed. In: Rollingstone.com. 19. September 2018, abgerufen am 2. März 2023 (englisch).
  29. Jan Kedves: Prince posthum – Im zärtlichsten Falsett. In: Sueddeutsche.de. 23. September 2018, abgerufen am 2. März 2023.
  30. Prince. offiziellecharts.de, abgerufen am 18. Juli 2022.
  31. Prince. austriancharts.at, abgerufen am 18. Juli 2022.
  32. Prince. hitparade.ch, abgerufen am 18. Juli 2022.
  33. Prince. officialcharts.com, abgerufen am 18. Juli 2022 (englisch).
  34. Prince – Chart History. billboard.com, abgerufen am 18. Juli 2022 (englisch).

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