Philipp Gerlach
Johann Philipp Gerlach (* 24. Juli 1679 in Spandau; † 17. September und bestattet[1] am 21. September 1748 in Berlin-Cölln) war ein preußischer Architekt. Viele bedeutende Barockbauten in Berlin und Potsdam, vor allem aus der Epoche des „Soldatenkönigs“ Friedrich Wilhelm I., gehen auf ihn zurück.
Biografie
1707 wurde Gerlach als Nachfolger Martin Grünbergs königlicher Baudirektor und Leiter des Bauwesens in Berlin. 1720 berief ihn König Friedrich Wilhelm I. zum Oberbaudirektor der königlichen Residenzen und übertrug ihm damit die Verantwortung für das gesamte staatliche Bauwesen einschließlich des Brücken- und Festungsbaues. 1733 gestaltete Gerlach das Kronprinzenpalais um. 1734/35 baute er das Kollegienhaus/Kammergericht. Außerdem leitete er den Bau des Turmes der Parochialkirche in Berlin. An der Wilhelmstraße in Berlin baute er nebeneinander die Gold- und Silbermanufaktur sowie das Palais Marschall.
Auch die Gestaltung der drei großen Plätze der Friedrichstadt, Pariser Platz (Quarree), Leipziger Platz (Oktogon) und Mehringplatz (Rondell), geht auf ihn zurück. Außer in Berlin war Gerlach auch in Potsdam tätig. Die von ihm entworfene Potsdamer Garnisonkirche, deren Ruine 1968 gesprengt wurde, war sein Hauptwerk als Architekt.
Im April 1737 nahm er aus gesundheitlichen Gründen seinen Abschied aus dem preußischen Staatsdienst. Sein Nachfolger als Oberbaudirektor war Titus de Favre. Gerlach war der bedeutendste preußische Architekt zwischen dem Berliner Schloßbaumeister Andreas Schlüter und dem Beginn des Friderizianischen Rokoko mit Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff ab 1740, neben Jean de Bodt.
Familie
Gerlachs Vater Philipp Gerlach (getauft am 14. Mai 1647[2] in Oranienburg) war Zeug-Bauschreiber, danach Zeugwärter, später Stückhauptmann oder Kapitän bei der Artillerie und Militärbaumeister. Gerlachs Mutter Eva Maria Siegert (oder Sigart) war eine Tochter von Tobias Siegert (1631–1680), brandenburg. Zollverwalter und Ziesemeister in Spandau, Sohn des Bartholomäus Siegert, Erb- und Lehnrichter in Steinbach/Erzgebirge, und Ursula Schumann. Verheiratet waren sie seit dem 5. Februar 1677.[3] Philipp Gerlach d. Ä., wie er zur Unterscheidung genannt wurde, baute in Berlin das Kommandantenhaus an der Bastion 10 (später Neue Friedrichstraße 22/23). Er wurde am 27. Juni 1716 beigesetzt.[4]
Großvater Christoph Gerlach (* in Zweibrücken; † in Oranienburg) war verheiratet seit 1640[5] in der Marienkirche, Berlin, mit Ursula Quistorp (getauft am 3. November 1622[6] in der Nikolaikirche, Berlin). Kurfürst Friedrich Wilhelm hatte das Lehnschulzengericht dem Heidereuter in Oranienburg Christoph Gerlach zu Lehn gegeben, und dieser sich nach und nach auch das Recht angemaßt, im Mühlensee (Mölmersee) mit dem großen Garn zu fischen. Am 21. November 1651 tauschte der Kurfürst die dem Schloss Oranienburg gegenüber liegende Bürgerstelle des Heidereiters Christoph Gerlach ein, um dort ein Jagdzeughaus zu errichten. Der Heidereiter, später mit dem Titel Landjäger versehen, verwaltete die im Amt gelegenen Forsten. Das um 1653 errichtete Jagdzeughaus beherbergte unter anderem die Diensträume des Landjägers.
Urgroßvater Philipp Gerlach (* 14. Februar 1581 in Zweibrücken; † 1649[7] in Küstrin in der Neumark) war Oberförstmeister der Neumark in Küstrin.
Gerlach hatte mehrere Geschwister: Eva Catharina (* 17. November 1681 in Spandau)[8] war verheiratet seit 16. April 1707 in Fürstenwalde mit Georg Roth (* 1674 in Leutschau; † 17. September 1723 in Stade), Mathematiker, Theologe, Pädagoge, Professor und Rector am Athenäum zu Stade.[9]
Loysa Sophia (* 13. Dezember 1685 in Spandau) war verheiratet mit Georg Christoph Lindemann (* 17. August 1682 in Seegefeld; † 15. September 1755 ebenda), Pastor in Seegefeld und Falkenhagen.
Catharina Elisabeth (getauft am 11. Juni 1696 in Berlin[10]; † 3. Oktober 1735 in Freiberg) war verheiratet seit dem 27. August 1724 mit Dr. med. Johann Gottlieb Naumann (* 21. März 1695 in Freiberg; † 15. Februar 1756 in Freiberg), kgl. poln. & kursächs. Berg-Kommission-Rat, wie auch Land-, Stadt-, Berg-Hütten und Saiger-Hütten Physikus, und med. Arzt in Freiberg, Besitzer des Schönlebe-Hauses, Obermarkt 1 in Freiberg.[11] Sie hinterließ 6 Söhne, einer davon war Philipp Joseph Naumann (* 1728 in Freiberg; † 25. Dezember 1808 in Mittweida), Bürgermeister von Mittweida, kurfürstl. sächs. Hofjäger und Oberförster der Ämter Frankenberg mit Sachsenburg und Neusorge.[12]
Werke
- 1707–1727 Weiterführung und eigene Bearbeitung des von Martin Grünberg entworfenen und 1697 begonnenen Friedrichs-Hospitals mit Kirche in der Stralauer Straße (1905 abgebrochen)
- 1710–1713 Charlottenburger Stadtkirche, spätere Luisenkirche, Gierkeplatz, (von Martin Böhme vollendet, 1821 von Karl Friedrich Schinkel mit neuem Turm versehen)
- 1712/13 Sophienkirche, Große Hamburger Straße (Turm nach Entwurf von Johann Friedrich Grael)
- 1713/14 Turm der Parochialkirche, Klosterstraße
- 1718 Palais an der Burgstraße für General von Montargues (1762/63 zum Palais Itzig umgebaut, 1858 abgerissen)
- 1720–1733 (möglicherweise) Entwurf für Schloss Schwerinsburg, Vorpommern[13]
- 1721–1722 Garnisonkirche in Berlin, heute Anna-Louisa-Karsch-Straße (1816 Umbau durch Rabe, 1863 durch August Stüler, nicht mehr vorhanden)
- 1721–1724 Stadtkirche St. Nikolai in Potsdam, Alter Markt (1795 abgebrannt)
- 1724 Rathaus und Hauptwache in Prenzlau (nicht mehr vorhanden)
- 1725–1731 Jerusalemkirche, Lindenstraße/Ecke Jerusalemer Straße (1878 von Edmund Knoblauch weitgehend neu gebaut, nicht mehr vorhanden)
- 1727/28 Hauptwache am Neuen Markt/Ecke Rosenstraße (1857 von August Stüler umgebaut, nicht mehr vorhanden)
- 1730/31 Palais von Sydow, Münzstraße (1774 von Carl Gotthard Langhans umgebaut, 1857 abgerissen)
- 1731–1735 Garnisonkirche in Potsdam, Breite Straße (nicht mehr vorhanden, Turm wird derzeit wieder aufgebaut)
- 1732 Umbau des Kronprinzenpalais, Unter den Linden (1857 durch Heinrich Strack verändert, 1945 Ruine, 1968–1972 rekonstruiert)
- 1732/33 sogenanntes „Haus des starken Mannes“, Zimmerstraße/Ecke Charlottenstraße (1888 abgebrochen)
- 1733 Petrikirche, Petriplatz (abgebrochen)
- 1733–1735 Kollegienhaus (Kammergericht) in der Lindenstraße, heute Jüdisches Museum Berlin
- 1734/35 Geschäftshaus Splitgerber, später Schickler, Gertraudenstraße 16 (nicht mehr vorhanden)
- 1735–1737 Palais von Goerne, Wilhelmstraße 72 (1817 von Karl Friedrich Schinkel umgebaut, 1852 von August Hahnemann umgebaut, nicht mehr vorhanden)
- 1735 Brandenburger Tor (1788 abgerissen für den Neubau von Carl Gotthard Langhans)
- 1735–1737 Gold- und Silbermanufaktur, Wilhelmstraße 79 (1928 für die Hauptverwaltung der Deutschen Reichsbahn umgebaut, nicht mehr vorhanden)
- 1735–1737 Palais von der Groeben, Leipziger Straße 3 (1899 abgerissen für den Neubau des Herrenhauses)
- 1736 Palais Marschall, Wilhelmstraße 78 (1872 abgerissen) 1735/36 (56)
- 1736–39 (möglicherweise) Schloss Meseberg, für Graf Hermann von Wartensleben
- 1737 (vermutlich) Palais Wartensleben am Quarré, heute Pariser Platz (1847 abgetragen), für Graf Friedrich Ludwig von Wartensleben
- 1737 (vermutlich) Palais Neuendorf am Quarré, heute Pariser Platz (1844 abgetragen)
Bilder
- Kronprinzenpalais, Berlin (1838)
- Sophienkirche Berlin
- Berliner Garnisonkirche (1736)
- St. Nikolai (Potsdam) mit vorgeblendeter Fassade von Knobelsdorff (1771)
- Altes Rathaus Prenzlau
- Jerusalemkirche, Berlin (1735)
- Garnisonkirche, Potsdam
- Kollegienhaus, Berlin
- Geschäftshaus Splitgerber, Gertraudenstraße
- Brandenburger Tor, Berlin, von 1734
- Palais Groeben, Berlin
Literatur
- Friedrich Mielke: Gerlach, Philipp. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 302 f. (Digitalisat).
Weblinks
- Lebenslauf und Werküberblick beim Verein für die Geschichte Berlins
- Biografie und Werk bei Gerhild Komander
- Hainer Weißpflug: Gerlach, Philipp. In: Hans-Jürgen Mende, Kurt Wernicke (Hrsg.): Berliner Bezirkslexikon, Charlottenburg-Wilmersdorf. Luisenstädtischer Bildungsverein. Haude und Spener / Edition Luisenstadt, Berlin 2005, ISBN 3-7759-0479-4 (luise-berlin.de – Stand 7. Oktober 2009).
- Philipp Gerlach. In: archINFORM; abgerufen am 11. Februar 2016.
Einzelnachweise
- ↑ St. Petrikirche Berlin Bestattungen 1748, Seite 229
- ↑ ELAB MF 17766 (Evangelisches Landeskirchliches Archiv Berlin-Brandenburg, Microfiche) Taufbuch 1634–1655
- ↑ Sankt Nikolai Spandau, Heiraten 1640–1697, S. 229; In: Ancestry.com. Deutschland, ausgewählte evangelische Kirchenbücher 1567–1945 [database on-line]
- ↑ Märkische Forschungen, Bände 15–16, 1880.
- ↑ Trauungsregister der St. Marienkirche zu Berlin, auf www.archion.de
- ↑ Taufregister St. Nikolai zu Berlin, auf www.archion.de
- ↑ Leichpredigt auf Philipp Gerlach, 1649, gedruckt in Cuestrin, Verfasser: Fesselius, Daniel. Die Geistliche Jägers- und Ritters-Leute: Bey Christlichem und Volckreichem Leichbegängnüß Deß Ehrenvesten/ Achtbarn/ und Wolbenamten Herrn Philip Gerlachs/ Der Churfürstlichen Durchläuchtigkeit zu Brandenburg trewbedienten Land-Jägers/ und Newmärckischen Forstmeisters/ Welcher am 14. Tage Decembris deß 1649. Jahres vor Mittage zwischen 9. und 10. Uhren allhier in der Veste Cüstrin in wahrer Erkäntnüß seines Erlösers Jesu Christi sanfft und seelig eingeschlaffen/ und in sein Ruhkämmerlein dem Leibe nach versetzet worden
- ↑ Sankt Nikolai Spandau, Taufen 1674–1681, S. 440; In: Ancestry.com. Deutschland, ausgewählte evangelische Kirchenbücher 1567–1945 [database on-line]
- ↑ Allgemeine Deutsche Bibliographie, Band 29, Leipzig 1889. Geschichte der ev. Kirchengemeinde Schwedler (A. Neupauer) (1974)
- ↑ Taufregister, ev.-luth. Marienkirche zu Berlin
- ↑ Sterbebuch Ev.-Luth. Kirche Freiberg.
- ↑ Kirchenregister Ev.-Luth. Kirche Mittweida
- ↑ Harald von Koenigswald (Hrsg.), Udo von Alvensleben: Als es sie noch gab…Adelssitze zwischen Altmark und Masuren. Ullstein, Berlin 1996, ISBN 3-548-35641-9, S. 286–287
Personendaten | |
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NAME | Gerlach, Philipp |
ALTERNATIVNAMEN | Gerlach, Johann Philipp |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Architekt |
GEBURTSDATUM | 24. Juli 1679 |
GEBURTSORT | Spandau |
STERBEDATUM | 17. September 1748 |
STERBEORT | Berlin |
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Garnisonkirche in Berlin-Mitte
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Berlin, Parochialkirche, Turm mit Glockenspiel
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Freiberg (Sachsen), Obermarkt, Portal
Wilhelmplatz in Berlin, Federzeichnung der geplanten Bebauung mit Blickrichtung Norden; davon verwirklicht wurden ab 1735 (von links) a) die Gold- und Silbermanufaktur, b) das den Platz dominierende Palais Marschall, c) das Palais Schulenburg, später als Reichskanzlei Sitz der deutschen Reichskanzler, d) das Palais Waldburg bzw. Ordenspalais an der Nordseite des Platzes. Nicht gebaut wurde das hier vorgesehene Palais an der Nordostseite des Wilhelmplatzes.
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Berlin-Kreuzberg Lindenstraße Kollegienhaus
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Old Townhall Prenzlau
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