Petruslied
Das Petruslied ist das älteste bekannte deutsche und althochdeutsche geistliche Lied aus Ende des 9. bis Anfang des 10. Jahrhunderts. Es ist ein Bittgesang für Notzeiten, Wallfahrten und Prozessionen in altbairischer Sprache. Das Lied ist anonym und einzig in einer Handschrift aus Freising (BSB München, Clm 6260, fol. 158v) überliefert. Es wurde auf der letzten Seite der Handschrift, die um 870 erstellt wurde und eine Abschrift des Genesiskommentars von Hrabanus Maurus enthält, als Nachtrag eingetragen.
Text und Rezeption
Das Lied umfasst drei Strophen, die sich aus zwei binnengereimten Langzeilen zusammensetzen. Die Strophen sind abgesetzt und die Verse durch Punkte getrennt, zudem sind die Strophen mit dem Notationssystem der Neumen versehen. Den Strophen folgt als ein Refrain das „Kyrie eleison“.
Das Petruslied steht der lateinischen Petrushymnik nahe. Es zeigt deutliche Übereinstimmungen mit dem Prozessionsgesang „Aurea luce et decore roseo“. Dieser Gattung des Wallfahrtslieds ist das Petruslied zuzurechnen, des Weiteren ist es durch die Phrase des „Kyrie eleison“ den Leisen zuzuordnen.
Grundlage für das Petruslied ist eine Szene aus dem Matthäusevangelium (Mt 16,18 ), in der Jesus Christus dem Apostel Petrus die „Schlüssel des Himmelreichs“ übergibt, sodass Petrus nach der mittelalterlichen Theologie die Himmelstür öffnen oder schließen kann. Daher findet das Petruslied in der dritten Strophe seinen Höhepunkt und Abschluss in einer Bitte an Petrus: Er möge den in Sünde befindlichen Gläubigen – „uns“ – die göttliche Gnade vermitteln. Die Bitte „daz er uns firtanen giuuerdo ginaden“ findet sich auch in Otfrid von Weißenburgs Evangelienharmonie (Liber evangeliorum 1, 7, 28) in der Form „thaz er uns firdanen giwerdo ginadon“. Ob der anonyme Schreiber oder Otfrid den jeweils anderen zitiert, ist ungeklärt; auch eine mögliche gemeinsame Vorlage ist unbelegt.
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Siehe auch
Literatur
Faksimile
- Erich Petzet (Hrsg.): Deutsche Schrifttafeln des IX. bis XVI. Jahrhunderts aus Handschriften der K. Hof- und Staatsbibliothek in München. Althochdeutsche Schriftdenkmäler des IX. bis XI. Jahrhunderts. Kuhn, München 1910. (Digitalisat der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)
Forschungsliteratur
- Gustav Ehrismann: Die Althochdeutsche Literatur. Unveränderter Nachdruck der 2., durchgearbeiteten Auflage 1932, München, C. H. Beck 1962, S. 203–207. (Geschichte der Deutschen Literatur bis zum Ausgang des Mittelalters; Bd. 1)
- Bruno Jahn: Petruslied. In: Wolfgang Achnitz (Hrsg.): Deutsches Literatur-Lexikon: Das Mittelalter. Band I. Das geistliche Schrifttum von den Anfängen bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts. de Gruyter, Berlin/New York 2011, ISBN 978-3-598-24991-4, Sp. 135–139.
- Elias von Steinmeyer: Die kleineren althochdeutschen Sprachdenkmäler. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1916, S. 103–104.
- Wilhelm Braune: Althochdeutsches Lesebuch. 17. Auflage bearbeitet durch Ernst Albrecht Ebbinghaus, Niemeyer, Tübingen 1994, ISBN 3-484-10708-1, S. 131,177. (Google-Buchsuche Abrufe nach 16. Auflage bearbeitet durch E. A. Ebbinghaus)
Weblinks
- Universität Tübingen, Deutsches Seminar: Foto der Handschriftfolie und Soundfile.
- Das Petruslied in der Bibliotheca Augustana
- Bibliotheca Augustana: Detailliertes Foto des Petruslied
- Petruslied: hochausflösendes Digitalisat im Kulturportal bavarikon
- Digitalisat der Hss. Clm 6260, fol. 158 verso (BSB Digitale Bibliothek – Münchner Digitalisierungszentrum)
- Eintrag des Petruslied im Handschriftencensus des Paderborner Repertorium der deutschsprachigen Textüberlieferung des 8. bis 12. Jahrhunderts
Einzelnachweise
- ↑ Zum althochdeutschen Bedeutungsfeld von dingen siehe Grimms Wörterbuch.
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Freisinger Petruslied, altbairischer Text und ältestes deutschsprachiges Lied aus dem 9. Jahrhundert (ca. 880 n. Chr.); der Liedtext befindet sich am unteren Teil des Manuskripts.