Petra (Schwan)

Petra und ihr Tretboot im Sommer 2006

Petra ist ein Trauerschwan auf dem Aasee im westfälischen Münster, der aufgrund seiner Zuneigung zu einem überlebensgroßen weißen Tretboot in Schwanenform in den Jahren 2006 bis 2008 weltweite Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Petra verschwand 2009, tauchte aber im April 2013 wieder auf.[1]

Geschichte

Der Schwan tauchte Anfang Mai 2006 auf dem Aasee auf, die Herkunft ist ungeklärt. Der in Münster schnell als „Schwarzer Peter“ bekannt gewordene Schwan, benannt in Anlehnung an Peter Overschmidt, den Besitzer des Tretbootes, hielt sich von Beginn an in der Nähe eines überlebensgroßen weißen Tretboots in Schwanenform auf, das eine Yachtschule stundenweise vermietet.[2] Erste Annäherungsversuche quittierte der Schwan mit Drohgebärden, die laut Verhaltensbiologen die Bindung des Schwans zum Tretboot und eine Verteidigung des Brutreviers andeuteten.[3] In den folgenden Monaten wich der Schwan dem Tretboot nicht mehr von der Seite, schwamm auch bei Vermietung hinterher. Zum Winter musste das Tretboot jedoch vom Aasee genommen werden, um Frostschäden zu vermeiden. In mehreren Stationen wurde es daher mit dem Trauerschwan im Schlepptau Richtung Allwetterzoo Münster geschleppt und am 9. November 2006 wurden beide schließlich auf einem Tümpel im Zoo abgesetzt. Bereits zwei Wochen zuvor hatte eine DNA-Analyse einer Feder ergeben, dass der Schwan ein Weibchen ist, woraufhin sich als Spitzname „Petra“ etablierte. Aufgrund einer Fußverletzung wurde der Schwan mitsamt Tretboot Ende November ins leere Pelikanhaus umgesiedelt. Dort verblieben beide bis März 2007. Zuletzt war versucht worden, Petra mit anderen Trauerschwänen des Zoos zusammenzuführen, was jedoch scheiterte.

Am 29. März 2007 wurden beide schließlich wieder auf den Aasee gebracht, wo Petra ihrem Schwan wiederum den ganzen Sommer nicht von der Seite wich. Für den Winter 2007/2008 war ursprünglich geplant, das Tretboot an den neugestalteten Aaseeterrassen unterzubringen. Da sich der Bau jedoch verzögerte, diente seit dem 5. Dezember 2007 wieder der Zoo als Winterquartier. Während dieser Zeit duldete Petra erstmals auch einen lebendigen Schwan neben sich. Ein Anfang Dezember 2007 aufgetauchter weißer Höckerschwan, der Paul genannt wurde, schnäbelte auf dem Zooteich regelmäßig mit dem schwarzen Trauerschwan.[4][5] Somit dauerte die Beziehung von Petra und dem Tretboot insgesamt etwa zwei Jahre an. Doch auch die neue Beziehung ist keine Art-interne, da beide Schwäne zu unterschiedlichen Arten gehören. Solche artübergreifenden Beziehungen sind bei Vögeln aber keine Seltenheit.

Die Liaison war jedoch nicht von langer Dauer. So ließ Paul am 22. März 2008 Petra im Winterquartier zurück und wechselte in einen nahegelegenen anderen Teich, nachdem das Tretboot bereits eine Woche zuvor wieder auf den Aasee geschleppt worden war.[6][7] Im Herbst 2008 tauchte Petra mehrfach am Hiltruper See auf.[8]

In den vorherigen Wintern war Petra im Winterquartier im Zoo untergebracht worden.[2] Für die Überwinterung im Winter 2008 war für Petra eine Hütte in der Nähe des Aasees errichtet worden.[2] Am 31. Dezember 2008 wurde Petra zuletzt am Aasee gesehen.[9] Im Jahr 2009 ist Petra auf dem See nicht mehr erschienen.[9] Daraufhin wurden aus ganz Deutschland Hinweise zum Verbleib des Schwans gemeldet.[10] Dem Freundeskreis „Schwarze Petra“ wurden über 60 Fotos schwarzer Schwäne zugesandt, bei denen es sich um Petra handeln sollte.[10][11] Es konnte jedoch ausgeschlossen werden, dass es sich um Petra handelte, da der münstersche Schwan einen verknöcherten linken Fuß hatte.[10][11]

Dieser verknöcherte Fuß führte am 5. April 2013 zur Identifizierung durch den münsterschen Zoodirektor Jörg Adler in einer Storchen-Betreuungsstation in Osnabrück. Den Hinweis hatte eine Mitarbeiterin der Westfälischen Nachrichten gegeben.[12][2] Am 2. Januar 2009 wurde die unter Unterernährung sowie hohem Fieber leidende Schwänin, die zahlreiche Abschürfungen erlitten hatte, auf einem Feldweg in Glandorf gefunden und in der Station abgegeben.[2][12] Nach mehreren Monaten andauernder Pflege wurde die Schwänin, die mit gerade einmal 3,18 kg statt üblicher 5,2 kg eingeliefert wurde, wieder gesund.[2][12] Sie freundete sich mit einem kurz vor ihrem Eintreffen in der Station abgegebenen Schwan an, der inzwischen zu ihrem ständigen Begleiter wurde.[2] Stationsleiter Wolfgang Herkt gab der Schwänin zwei Schwaneneier zum Bebrüten, die die Ziehmutter erfolgreich ausbrütete.[2] Bei seinem Besuch in der Storchen-Betreuungsstation in Osnabrück sprach Zoodirektor Jörg Adler mit dem dortigen Stationsleiter Wolfgang Herkt über das Vorhaben, Petra mitsamt ihrem Partner nach Münster als Botschafter für Vogelschutz überführen zu dürfen.[2] Dies wurde von Herkt abgelehnt.[13][14] Entgegen anders lautenden Berichten habe es kein Kaufangebot Adlers gegeben.[15]

Medien

Berichterstattung

Die Berichterstattung über Petra begann im Mai 2006 mit einem Artikel, den die Deutsche Presse-Agentur verbreitete. Noch im Laufe des Sommers berichteten mehrere deutsche Fernsehstationen über die Romanze, dadurch angezogen schließlich auch das japanische und US-amerikanische Fernsehen sowie zahlreiche internationale Zeitungen und Zeitschriften. Die Zooleitung erhielt selbst Jahre später noch Anfragen aus den USA nach Fotomaterial.[16] In den englischsprachigen Ländern sind schwarze Schwäne eine Metapher eines zwar unwahrscheinlichen, aber möglichen Ereignisses, was dem Hype zudem Auftrieb gab. Ebenso fanden sich nach Auskunft der Zooleitung Fans in China.[16] Der Umzug in den Zoo wurde bereits zu Beginn der Umsiedlung etwa von Reuters TV gefilmt. Am 9. November 2006, als beide in den Zoo gebracht wurden, erschienen Vertreter von 23 Medien, darunter mehrere Kamerateams, Fotografen und Redakteure großer Magazine und diverser Presseagenturen. Nicht zuletzt die Medienberichterstattung ließ die Besucherzahlen des Zoos das erste Mal seit der Eröffnung des Delphinariums 1974 auf über eine Million steigen.

Auch der Rückweg im März 2007 auf den Aasee wurde ähnlich ausführlich von Medienvertretern begleitet.

Am 1. Januar 2008 wurde vom WDR eine Dokumentation über Petra unter dem Titel Neues vom verliebten Schwan ausgestrahlt, die das zweite Jahr der ungleichen Beziehung thematisiert.[5]

Romane

Seit 2006 erschienen mehrere Romane, darunter zwei Kinderbücher, die das Leben von Petra zum Inhalt haben.[5]

Der Autor Friedrich Ani veröffentlichte im Oktober das Buch Mathilda und Giacomo, das sich an der Geschichte des Schwans Petra orientiert und einige Ähnlichkeiten mit der Geschichte des Münsteraner Schwans aufweist.[16][17][18][19] Dabei nannte Ani den Schwan Mathilda, das Tretboot wurde Giacomo in Anlehnung an Giacomo Casanova benannt und der Zoo-Direktor heißt Falcke.[18] Die Handlung wurde an den Kleinhesseloher See im Englischen Garten nach München verlegt, in dessen unmittelbarer Nähe der Autor wohnt, was u. a. bei Jörg Adler, dem Direktor des Allwetterzoo Münster, für Unmut sorgte.[18][19] Allein beim Happy End weicht die Erzählung von der tatsächlichen Geschichte Petras ab.[18][20]

Trivia

Eher kurios mutete der Antrag an, den die UWG-MS/ödp-Fraktion am 13. Dezember 2006 in den Rat der Stadt Münster einbrachte. Dieser forderte den Rat auf, die Verwaltung der Stadt prüfen zu lassen, ob eine schwarze Schwänin in das Wappen der Stadt Münster aufgenommen werden könne.[19] Nach kurzer Diskussion wurde der Antrag zurückgezogen.[21]

Es wurde eine CD mit einer eigens komponierten Schwanenballade sowie Brillant-Ringe und Schlüsselanhänger in Schwanenform produziert.[5] Zudem wurde Anfang Oktober 2008 ein Freundeskreis namens „Schwarze Petra“ gegründet.[9][11]

Im Tatort: Schwanensee versucht Boerne mit dieser Geschichte eine erotomane Täterin von einem Tötungsdelikt abzuhalten.

Literatur

  • Helke Schulze Mönking (Autor), Karin Berlin (Illustrator): Schwanerei. Eine Foto-Swany-Dokumentation. Dinghai, Münster 2007, ISBN 978-3-00-022458-4.
  • Friedrich Ani (Autor), Quint Buchholz (Illustrator): Mathilda und Giacomo. Droemer-Knaur-Verlag, München 2012, ISBN 978-3-426-19954-1.

Einzelnachweise

  1. ORF: In Tretboot verliebt: Schwan „Petra“ wieder aufgetaucht, 7. April 2013
  2. a b c d e f g h i Westfälische Nachrichten: Neues Glück für die Trauerschwänin: Tier tauchte in Osnabrücker Storchen-Pflegestation auf / Zoo-Direktor: Viele Übereinstimmungen mit Petra, Westfalen, Münster, Julia Gottschick, 6. April 2013
    Westfälische Nachrichten: Happy End für berühmte Schwänin: Tier in Osnabrücker Vogel-Pflegestation aufgetaucht, Münster, Julia Gottschick, 6. April 2013
  3. Westfälische Nachrichten: dpa-Meldung@1@2Vorlage:Toter Link/westline.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , 27. Mai 2006
  4. Münstersche Zeitung: Petra gibt ihrem Tretboot den Laufpass (Memento vom 11. Dezember 2008 im Internet Archive), Münster, Tobias Großekemper, 13. Dezember 2007
  5. a b c d Westfälische Nachrichten: Schwan Petra kommt ins Fernsehen, Nachrichten Münster, Münster, 28. Dezember 2007
  6. Hallo Münster, 26. März 2008
  7. Münstersche Zeitung: Schwan Petra wieder auf dem Aasee (Memento vom 23. Mai 2013 im Internet Archive), Münster, Oliver Koch, 28. März 2008
  8. Westfälische Nachrichten: Als Petra über das Wasser lief: Urlaub am Hiltruper See im Herbst 2008, Münster/Umgebung, Münster-Hiltrup, Michael Grottendieck, 10. April 2013
  9. a b c Münstersche Zeitung: Petra ist ein Star – ist sie jetzt auch raus?, Münster, Tobias Großekemper, 25. Januar 2009
  10. a b c Münstersche Zeitung. Schwan Petra weiterhin verschwunden: Freundeskreis stellt Suche ein, Münster, dpa, 16. Februar 2009
  11. a b c Westfälische Nachrichten: Schwan „Petra“: Keine heiße Spur, Nachrichten Münster, Münster, 30. Januar 2009
  12. a b c Westfälische Nachrichten: Das Rätsel scheint gelüftet: Berühmte Trauerschwänin Petra lebt in Osnabrück, Titelseite, 6. April 2003
  13. Westfälische Nachrichten: Münsters Trauerschwänin kommt nicht zurück – Wahrzeichen der Herzen bleibt in Osnabrück: Wolfgang Herkt will Petra und ihren Partner behalten, Westfalen, Münster/Osnabrück, Julia Gottschick, 8. April 2013
    Westfälische Nachrichten: Trauerschwänin Petra: Wahrzeichen der Herzen bleibt: Osnabrück will Petra behalten, Münster/Osnabrück, Julia Gottschick, 7. April 2013
  14. Münstersche Zeitung: Liebe in Osnabrück: Trauerschwan Petra lebt und liebt einen Schwanen-Mann (Memento vom 9. November 2013 im Internet Archive), Münster, Ulrich Breulmann, 6. April 2008
  15. Münstersche Zeitung: Keine Rückkehr geplant: Trauerschwan Petra soll in Osnabrück bleiben (Memento vom 10. April 2013 im Internet Archive), Münster, Helmut Etzkorn, 8. April 2013
  16. a b c Westfälische Nachrichten: Kritik an Verfremdung der tierischen Liebesgeschichte: Aus Münsters Schwan Petra wird Mathilde aus München, Münster/München, mlu/pd, 15. Januar 2013
  17. Westfälische Nachrichten: Schwanen-Love-Story neu verpackt, Titelseite, Münster, 16. Januar 2013
  18. a b c d Westfälische Nachrichten: Umgesiedelte Love-Story: Neues Buch verlegt Schwanen-Romanze mit Tretboot nach München – bloß warum?, Münsterischer Anzeiger, Münster, Karin Völker, 16. Januar 2013
  19. a b c Münstersche Zeitung: Verlag verfremdet Geschichte: Zoodirektor ärgert sich über Romanze um Schwan Petra (Memento vom 15. Mai 2013 im Internet Archive), Münster, Stefan Bergmann und Petra-Fan, 15. Januar 2013
    Münstersche Zeitung: Schwan Petra und das Plagiat: Ein Verlag kopiert die Petra-Romanze, Münster, Münster, Stefan Bergmann, Petra-Fan, 16. Januar 2013
  20. Münstersche Zeitung: Die geklaute Schwan-Romanze, Titelseite/Im Lokalen, Münster, 16. Januar 2013
  21. stadt-muenster.de: Niederschrift über die 19. Sitzung (öffentlicher Teil) des Rates der Stadt Münster, Seite 48 (PDF; 149 kB), 13. Dezember 2006

Weblinks

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Trauerschwan auf dem Aasee in Münster, Deutschland, der sich im Sommer 2006 in ein Tretboot verliebt hat.