Peter de Mendelssohn

Peter de Mendelssohn, 1945

Peter de Mendelssohn (* 1. Juni 1908 in München; † 10. August 1982 ebenda; eigentlich Peter Mendelssohn,[1] Pseudonym: Carl Johann Leuchtenberg) war ein deutsch-britischer Schriftsteller, Historiker, Essayist und Übersetzer.

Leben

Der Sohn des Goldschmieds Georg Mendelssohn aus der Familie Mendelssohn aus Jever wuchs in Hellerau (einer Gartenstadt bei Dresden) auf, begann 1926 in Berlin eine Karriere als Journalist und veröffentlichte ab 1930 erste literarische Arbeiten. Aufgrund seiner jüdischen Abstammung emigrierte er nach der Machtergreifung Hitlers 1933 zunächst nach Wien, dann nach Paris, 1936 nach London. Mitte 1936 verfasste Mendelssohn zusammen mit Richard A. Bermann eine Denkschrift über die Begründung einer Deutschen Akademie in New York, die Hubertus Prinz zu Löwenstein für seine American Guild for German Cultural Freedom benötigte. Das Verdienst, das sich Mendelssohn um diese Organisation erwarb, bestand darin, Thomas Mann für die Idee jener „Deutschen Akademie der Künste und Wissenschaften im Exil“ gewonnen zu haben. Er besuchte ihn am Ende einer sechswöchigen Werbetour durch halb Europa. Zudem erleichterte ihm eine von der Guild gezahlte Vergütung, das Wohlwollen von Hilde Spiels Vater zur geplanten Heirat zu erlangen. Außerdem erwirkte Löwenstein bei Francesco von Mendelssohn das Einverständnis zu Peters Annahme des Adelsprädikats, die bei erbadeligen Verwandten sonst hätte zu Protest führen können.[2]

Peter de Mendelssohn erhielt die britische Staatsbürgerschaft und arbeitete während des Zweiten Weltkriegs im britischen Staatsdienst. Nach dem Krieg war er Pressechef bei der Britischen Kontrollkommission in Düsseldorf. Er berichtete von den Nürnberger Prozessen und arbeitete maßgeblich am Aufbau eines demokratischen Pressewesens in der britischen Besatzungszone mit. So war er an der Gründung von Zeitungen wie Der Tagesspiegel und Die Welt beteiligt. 1970 übersiedelte Peter de Mendelssohn wieder in seine Geburtsstadt München.

Ab den 1930er Jahren veröffentlichte er zahlreiche Romane, Erzählungen und Essays – diese überwiegend zu historischen und politischen Themen – sowohl in englischer als auch in deutscher Sprache. Darüber hinaus arbeitete er als Übersetzer aus dem Englischen und Französischen.

Größte Beachtung fanden seine biographischen Werke:

  • Churchill – Sein Weg und seine Welt
  • Der Zauberer – Das Leben des Schriftstellers Thomas Mann (2 Bände, unvollendet)

In dem 1971 erschienenen Essay-Band Das Gewissen und die Macht schilderte er für das deutsche Publikum Aspekte und Gestalten der britischen Geschichte wie das Elisabethanische Zeitalter oder Oliver Cromwell. 1955 arbeitete er auch an dem Drehbuch zu dem Spielfilm Marianne mit. Vor seinem Tod konnte er noch die ersten Bände sowohl einer Werkausgabe als auch der Tagebücher Thomas Manns herausgeben.

Von 1936 bis 1970 war de Mendelssohn mit der Schriftstellerin Hilde Spiel verheiratet. Mit ihr hatte er den Sohn Felix de Mendelssohn, der als Psychoanalytiker in Wien und Berlin lebte.

Sein Grab befindet sich auf dem Bogenhausener Friedhof in München.

Grab Peter de Mendelssohns

Ehrungen

Werke (Auswahl)

Autor

Belletristik

  • Fertig mit Berlin?, Roman. Mit einem Nachwort von Katharina Rutschky. Elfenbein, Berlin 2003, ISBN 978-3-932245-50-3. (Nachdr. d. Ausg. Leipzig 1930.)
  • Paris über mir, Roman. Reclam Verlag, Leipzig 1931.
  • Schmerzliches Arkadien. Roman. Krüger, ISBN 978-3-8105-1204-8. (Nachdr. d. Ausg. 1932.) Ins Französische übersetzt: Douloureuse Arcadie 1935, éditions Stock; das Buch wurde 1955 von Julien Duvivier verfilmt, Titel Marianne de ma jeunesse.
  • Das Haus Cosinsky. Roman. Oprecht & Helbling, Zürich, 1934[5]
  • Wolkenstein oder die ganze Welt (unter dem Pseudonym Carl Johann Leuchtenberg), Ralph A. Höger Verlag, Wien, 1935[6]
  • All That Matters. Roman. New York, New York: Henry Holt & Co.[7]
    • deutsche Ausgabe unter dem Titel Das zweite Leben, Hamburg 1948.
  • Across the Dark River. Roman. New York, Doubleday, 1939[8]
    • Über den dunklen Fluss. Roman. Deutsche Erstübersetzung von Agnieszka Jankowska. edition lex liszt 12, Oberwart 2021, ISBN 978-3-99016-176-0.
  • Festung in den Wolken. Erzählung (The hours and the centuries). Amstutz, Zürich 1946. (Exilausgabe)

Sachbücher

  • Die Nürnberger Dokumente – Studien zur deutschen Kriegspolitik 1937–45. Wolfgang Krüger Verlag, Hamburg 1946; nach: The Nuremberg Documents / Some Aspects of German War Policy 1937–45, Allen & Unwin, London – vom Verfasser durchgesehene Übersetzung aus dem Englischen von Dr. Walter Lenz.
  • Überlegungen. Vermischte Aufsätze. Krüger, Hamburg 1948.
  • S. Fischer und sein Verlag. S. Fischer, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-10-049401-6. (Nachdr. d. Ausg. Frankfurt am Main 1970.)
  • Zeitungsstadt Berlin. Menschen und Mächte in der Geschichte der deutschen Presse. Erstausgabe Ullstein, Berlin, 1959. Überarb. u. erw. Ausg. Ullstein, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-550-07496-4. 2017 neu herausgegeben von u. a. Lutz Hachmeister; Leif Kramp; Stephan Weichert bei Ullstein Buchverlage GmbH. ISBN 978-3-550-08157-6.
  • Der Zauberer. Das Leben des Schriftstellers Thomas Mann. Fischer, Frankfurt am Main.
  1. 1875–1918. 1975, ISBN 978-3-10-049402-3.
  2. Jahre der Schwebe. 1992, ISBN 978-3-10-049405-4.

Aufsätze

Übersetzungen

  • Lillian Ross: Film. Eine Geschichte aus Hollywood. 1953.
  • Steven Runciman: Geschichte der Kreuzzüge. 1957–1960.
  • Steven Runciman: Die Eroberung von Konstantinopel 1453. 1966.
  • Desmond Bagley: Die Gnadenlosen. 1968.
  • Dorothy Dunnett: Das Königsspiel. 1969.

Literatur

  • Marcus Payk: Der Geist der Demokratie. Intellektuelle Orientierungsversuche im Feuilleton der frühen Bundesrepublik: Karl Korn und Peter de Mendelssohn (= Ordnungssysteme. Studien zur Ideengeschichte der Neuzeit, Bd. 23). Oldenbourg, München 2008.
  • Harry ProssMendelssohn, Peter de. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 63–65 (Digitalisat).
  • Mendelssohn, Peter de. In: Ernst Fischer: Verleger, Buchhändler & Antiquare aus Deutschland und Österreich in der Emigration nach 1933: Ein biographisches Handbuch. Elbingen: Verband Deutscher Antiquare, 2011, S. 216f.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Harry Pross: Mendelssohn, Peter de. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 63 (Digitalisat).
  2. Klaus-Dieter Lehmann (Hrsg.): Deutsche Intellektuelle im Exil. Ihre Akademie und die „American Guild for German Cultural Freedom“, K. G. Saur Verlag, München u. a. 1993, S. 77–85.
  3. Redaktionsbüro Harenberg: Knaurs Prominentenlexikon 1980. Die persönlichen Daten der Prominenz aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft. Mit über 400 Fotos. Droemer Knaur, München/Zürich 1979, ISBN 3-426-07604-7, Mendelssohn, de, Peter, S. 304.
  4. Bekanntgabe von Verleihungen des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. In: Bundesanzeiger. Jg. 31, Nr. 5, 9. Januar 1979.
  5. Eintrag bei Verbrannte und Verbannte. Die Liste der im Nationalsozialismus verbotenen Publikationen, Autoren und Verlage
  6. Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte, Artikel „Ralph A. Höger-Verlag“ Dort heißt es in Anm. 6: „Durch die Vermittlung von Frau Dr. Spiel erschien 1935 der 700seitige historische Roman Wolkenstein oder Die ganze Welt von CARL JOHANN LEUCHTENBERG. Hinter diesem Pseudonym verbirgt sich ihr erster Mann Peter de Mendelssohn...“
  7. Publikationsnotiz in der New York Times
  8. Besprechung von Across the Dark River, Kirkus Review, 1939.

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Das Grab des deutsch-britischen Journalisten Peter de Mendelssohn auf dem Bogenhausener Friedhof in München.
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Fotografie des Schriftstellers Peter de Mendelssohn