Peter Sawicki

Peter Thaddäus Sawicki (* 24. Januar 1957 in Warschau, Polen) ist ein deutscher Arzt und Medizinwissenschaftler. Von 2004 bis 2010 war er Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), sein Arbeitsvertrag endete im August 2010.

Medizinische Ausbildung

Sawicki hat von 1978 bis 1984 Humanmedizin in Bonn und Düsseldorf studiert. 1984 erhielt er seine Approbation als Arzt. Von 1984 bis 1991 folgte die Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin an den Medizinischen Einrichtungen der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. 1994 habilitierte er sich für das Fach Innere Medizin der Heinrich-Heine-Universität. Seit 1991 ist Sawicki Facharzt für Innere Medizin sowie Diabetologe nach den Richtlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft.

Ärztliche Tätigkeit

Von 1984 bis 1991 war Sawicki Assistenzarzt, von 1991 bis 1997 Oberarzt und von 1997 bis 2000 leitender Oberarzt an der Klinik für Stoffwechselkrankheiten der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Dabei war er von 1991 bis 2000 Leiter der Ambulanz für Diabeteskomplikationen. Von 1992 bis 1998 hatte er das Amt des Sprechers der Notärztegruppe inne. 1999 erhielt er eine Professur der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität, 2001 eine Professur der Medizinischen Fakultät der Universität Köln.

Von 1995 bis zu seiner Berufung als Chef des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) 2004 gehörte er zu den Herausgebern des pharmakritischen Fachblatts Arznei-Telegramm. Zum 1. September 2004 wurde Sawicki zum Leiter des neu gegründeten Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) ernannt. Sein am 31. August 2010 endender Vertrag wurde im Januar 2010 nicht verlängert[1]; sein Nachfolger wurde Jürgen Windeler.

Von 2000 bis 2004 war Sawicki Direktor der Abteilung für Innere Medizin am St.-Franziskus-Hospital in Köln. 2001 gründete er das Institut für evidenzbasierte Medizin (DIeM) in Köln, das er bis 2004 leitete. Seit Juli 2012 ist er als hausärztlicher Internist in Duisburg-Buchholz niedergelassen.

Sawicki ist Dozent an dem von Karl Lauterbach geführten Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie an der Universität Köln.[2]

Ehrungen

  • 1988 Medizinpublizistik-Preis der SKD-Stiftung
  • 1989 Preis „Förderer Diabetischer Kinder
  • 1996 Jühling-Preis

Kontroversen

Konflikt mit der Pharmalobby

Sawickis Studien bzw. das IQWiG verärgerten mehrfach die Pharmaindustrie, die sich mehrmals bei Regierungen über ihn mit dem Vorwurf beschwerte, er schade mit seiner kritischen Arzneibeurteilung der Pharmaindustrie bzw. ihren Gewinnen. So urteilte das IQWiG etwa zu den kurzwirksamen Insulinanaloga, dass sie nicht besser als herkömmliches Humaninsulin seien. Auch die langwirksamen Insulinanaloga gegen Diabetes bewertete das IQWiG negativ. Die Studie für Memantin ergab keinen Beleg für einen Nutzen bei Alzheimer-Demenz. Darüber hinaus forderte Sawicki 2009 eine Veröffentlichungspflicht für klinische Studien, da Irreführung durch Verschweigen kein Kavaliersdelikt sei.[3] Hintergrund war die Weigerung des Herstellers Pfizer, Studien zu drei Antidepressiva zur Verfügung zu stellen.[4]

Mitunter enttäuschte das IQWiG auch die Krankenkassen, weil es Behandlungen für gut befand, die diese gerne nicht mehr bezahlen wollten. Nach Angabe des Direktors des Deutschen Cochrane-Zentrums genießt das IQWiG international gerade wegen dieser Unabhängigkeit unter Forschern hohes Ansehen.[5]

Vertragsende und Vorwurf der unzulässigen Spesenausgaben

Im November 2009 wurde bekannt, dass die neue Regierung unter CDU/CSU und FDP eine Ablösung von Peter Sawicki als Chef des IQWiG plant. Die Gesundheitspolitiker der Regierung, darunter die CDU-Politiker Jens Spahn und Rolf Koschorrek, forderten in ihrem Papier „Kernforderungen an eine schwarz-gelbe Gesundheitspolitik“ eine Neuausrichtung des IQWiG zu Gunsten der Pharmaindustrie.[6] Sawicki sollte dazu nach Ablauf seines Vertrags im Sommer 2010 durch einen pharmaindustriefreundlicheren Kandidaten ersetzt werden.[7] Zwei Wochen nach der Vereidigung des neuen Bundesgesundheitsministers Philipp Rösler wurde die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO beauftragt, Spesenquittungen und die Nutzung des Dienstwagens zu untersuchen. Dies geschah ohne öffentliche Ausschreibung, entgegen der beim IQWiG geltenden Verfahrensordnung.[8]

Am 22. Januar 2010 teilten Vorstand und Stiftungsrat des IQWiG mit, dass Sawickis Vertrag nicht verlängert werde und er somit zum 31. August 2010 aus dem Amt scheide. Ihm wurde vorgeworfen, durch kritische Bewertungen der Wirksamkeit von Arzneimitteln der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Pharmaindustrie zu schaden. Fachlich konnte Sawicki jedoch kein Fehler nachgewiesen werden. Offiziell wurden als Grund für das Vertragsende finanzielle Ungereimtheiten mit seinem Dienstwagen angegeben. Ein Bericht der abermals beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO hat, nach der FAZ zugespielten Informationen, dazu Abrechnungsfehler dokumentiert. In dem Prüfbericht wird ihm nach Angaben von Die Welt wiederholte Pflichtverletzung vorgeworfen. 2006 und 2009 hat Sawicki nach dem Bericht ohne Rücksprache mit dem Vorstand einen Dienstwagen geleast. Außerdem wurde kritisiert, dass er bei Flügen regelmäßig Business Class benutze und Parkquittungen aus dem In- und Ausland unrechtmäßig erstattet bekommen habe.[9][10] Sawicki hatte allerdings die unrechtmäßig bewilligten Gelder zurückerstattet und Sawickis Dienstwagen war stets ordnungsgemäß im Haushaltsplan des IQWiG aufgeführt gewesen, der vom Vorstand erstellt und vom Stiftungsrat genehmigt wird. Ein von Sawicki in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass es deswegen keine Verstöße gegen seinen Dienstvertrag gebe.[5]

Einige Beobachter sehen den wahren Grund in einer zu kritischen Haltung Sawickis gegenüber der Pharmaindustrie. So wurde in einem Beschluss der Wirtschaftsminister der Bundesländer schon vor der Bundestagswahl 2009 die Methodik des Institutes als „volkswirtschaftlich nicht hinnehmbar“ bemängelt. Es müsse sich vielmehr um die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen pharmazeutischen Unternehmen bemühen.[5] Eine Petition von zahlreichen Ärzten, gerichtet an den Gesundheitsminister Rösler (FDP) und den IQWiG-Stiftungsrat, forderte eine Verlängerung des Vertrages von Sawicki.[11] Im März 2010 bezeichnete Spiegel Online die Absetzung im Rahmen einer Dokumentation als gezielte Intrige.[12] Wie Spiegel Online in einer Vorabversion zur Ausgabe 34/2010 berichtete, war auch das Kanzleramt durch die damalige Leiterin des Referats Gesundheitspolitik, Susanne Wald, bei der Absetzung von Peter Sawicki beteiligt.[13]

Einzelnachweise

  1. IQWiG-Chef Sawicki: Vorstand entlässt Institutsleiter. In: Spiegel Online. 22. Januar 2010, abgerufen am 30. Juni 2015.
  2. Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie:Dozenten
  3. Werner Bartens: Zurückgehaltene Daten – "Irreführung durch Verschweigen". In: sueddeutsche.de. 14. Oktober 2010, abgerufen am 30. Juni 2015.
  4. Pressemitteilung des IQWiG vom 24. November 2009.
  5. a b c Veronika Hackenbroch, Katrin Elger: IQWiG-Chef Sawicki: Oberster Arzneimittelprüfer muss gehen. In: Spiegel Online. 21. Januar 2010, abgerufen am 30. Juni 2015.
  6. Hannes Vogel: Bundestagsabgeordneter begehrter Geschäftspartner von Pharmakonzernen. spiegel.de, 20. Juli 2013, abgerufen am 26. Juli 2013.
  7. Regierungskoalition will unbequemen Pharma-Kontrolleur ablösen. In: Der Spiegel (Vorabversion aus Ausgabe 49/2009). 28. November 2009, abgerufen am 30. Juni 2015.
  8. Geschasster IQWiG-Chef: Überprüfung von Sawicki kostete mehr als 20.000 Euro. In: Spiegel Online. 14. März 2010, abgerufen am 30. Juni 2015.
  9. Andreas Mihm: Dienstwagenaffäre belastet Arzneimittelprüfer. In: FAZ.net. 17. Januar 2010, abgerufen am 30. Juni 2015.
  10. Philipp Neumann: Oberster Arzneimittelprüfer steht offenbar vor der Ablösung. In: welt.de. 19. Januar 2010, abgerufen am 30. Juni 2015.
  11. IQWiG-Chef unter Beschuss: Neue Vorwürfe gegen Arzneimittelprüfer Sawicki. In: Spiegel Online. 18. Januar 2010, abgerufen am 30. Juni 2015.
  12. Markus Grill: Affären: Operation Hippokrates. In: Spiegel Online. 15. März 2010, abgerufen am 30. Juni 2015.
  13. Kanzleramt war involviert in Sawicki-Absetzung. In: Der Spiegel (Vorabversion aus Ausgabe 34/2010). 21. August 2010, abgerufen am 30. Juni 2015.

Weblinks