Peter Oberender

Peter Otto Christian Oberender[1] (* 14. Juni 1941 in Nürnberg; † 25. Februar 2015) war ein deutscher Volkswirt mit dem Forschungsschwerpunkt Gesundheitsökonomie. Er war bis 2007 Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftstheorie der Universität Bayreuth. Er war zuletzt noch Direktor der Forschungsstelle für Sozialrecht und Gesundheitsökonomie an der Universität Bayreuth[2], Direktor des Instituts für angewandte Gesundheitsökonomie (IaG)[3], Wissenschaftlicher Leiter der WDA – Wirtschaftsakademie Deutscher Apotheker GmbH sowie Inhaber und Seniorpartner der Unternehmensberatung Oberender & Partner, eines auf Gesundheitsökonomie und Krankenhausmanagement spezialisierten Beratungsunternehmens.

Peter O. Oberender war zudem Mitherausgeber der Zeitschrift ORDO[4] und Gründungspräsident der Wilhelm Löhe Hochschule für angewandte Wissenschaften in Fürth[5] und Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Gesundheit.[6]

Außerdem war Peter Oberender von 1999 bis 2005 Mitglied des Wissenschaftsrates, in dessen Arbeitsgruppe Public Private Partnership in der Hochschulmedizin er zuletzt noch Vorsitzender war. Er war Mitglied der Bayerischen Bioethik-Kommission[7], stellvertretender Vorsitzender des Bundesschiedsamtes für die vertragsärztliche Versorgung und Vorsitzender des Bundesschiedsamtes für die zahntechnische Versorgung und Gründungspräsident der Wilhelm-Löhe-Hochschule in Fürth.[8] Außerdem war er der erste Träger der Gérard-Gäfgen-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Gesundheitsökonomie. 2011 wurde Oberender in die Klasse Social Sciences, Law and Economics der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste aufgenommen.[9]

Leben

Peter Oberender studierte Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und München. Danach war er wissenschaftlicher Assistent von Ernst Heuss (Universität Marburg), bei dem er auch promovierte. Nach Dozententätigkeit in Marburg war er 1967 Guest Scholar bei der Brookings Institution, Washington D.C. 1980 habilitierte er bei Heuss in Marburg und folgte kurz darauf einem Ruf auf einen Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth. In Bayreuth begründete er den Studiengang für Gesundheitsökonomie. 1987 bis 1990 war er Mitglied der Enquete-Kommission Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung des Deutschen Bundestages.[10]

Verschiedene Rufe auf Lehrstühle für Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Witten/Herdecke (1986), Freiburg im Breisgau (1990), sowie der Friedrich-Schiller-Universität Jena (1992) lehnte er zugunsten Bayreuths ab. Oberender war Gründungsdekan und Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena (1990–1994).

Im Juli 2003 erhielt Peter Oberender die Ehrendoktorwürde der TU Ilmenau.

Am 26. Januar 2007 hielt Oberender offiziell seine Abschiedsvorlesung unter dem Thema Ordnungspolitik – Quo vadis?. Er blieb der Universität Bayreuth weiterhin als Lehrbeauftragter für den von ihm initiierten Studiengang „Gesundheitsökonomie“ verbunden.

Peter Oberender starb am 25. Februar 2015.[11]

Kernthesen und Kontroversen

Peter Oberender vertrat streng marktwirtschaftliche Positionen in der Gesundheitspolitik. So stellte er die paritätische Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung in Frage, indem er darauf verwies, dass der „sogenannte Arbeitgeberanteil Lohnbestandteil ist“. Er kritisierte die Budgetierungen im Gesundheitswesen als „künstliche Eindämmung eines möglichen Marktwachstums im Gesundheitswesens“ und forderte die „Umorientierung von einer Politik der Planwirtschaft hin zu einer marktwirtschaftlichen Gesundheitspolitik bei einem ausreichenden Schutz ökonomisch Schwacher und chronisch Kranker“.[12]

In seinem Buch „Wachstumsmarkt Gesundheit“ stellte er die These auf, dass das Gesundheitssystem eine potentielle Wachstumsbranche sei, da der medizinische Fortschritt und die demographiebedingte Alterung der Gesellschaft in Kombination mit einer außerordentlich hohen individuellen Wertschätzung der Gesundheit in einer Marktwirtschaft zu einem überproportionalen Wachstum des Anteils der Gesundheitsausgaben am Volkseinkommen führen solle. Die Bindung der für das Gesundheitssystem zur Verfügung gestellten Mittel an die Lohnsumme führe zu einer Unterversorgung der Bevölkerung mit Gesundheitsdienstleistungen, weil die Lohnsumme demographiebedingt weniger wachse als die Kosten.[13]

Mit seinen Positionen stand Oberender in der Kritik von Gewerkschaften und Sozialverbänden.

In einem Interview 2004 schlug Oberender vor, den internationalen illegalen Organhandel wie unter anderem in Indien nach marktwirtschaftlichen Prinzipien gesetzlich zu regeln und damit kommerzielle Organspenden zu ermöglichen sowie das legale Angebot zu erhöhen.[14] Diese Frage wurde im Jahr 2006 im Deutschlandfunk[15] und 2010 im Handelsblatt[16] erneut thematisiert. Bettina Winsemann mutmaßte 2008 in ihrem Blog, dass dies auf eine Organspendepflicht für Arbeitslosengeld-II-Empfänger hinausliefe.[17]

Oberender war Mitunterzeichner des eurokritischen Manifests Die währungspolitischen Beschlüsse von Maastricht: Eine Gefahr für Europa[18] (1992) und des Hamburger Appells[19] (2005). Er war einer der 68 Hauptzeichner der Wahlalternative 2013.[20]

Publikationen

Frank E. Münnich und Peter Oberender (Hrsg.): Der Pharmamarkt vor dem Umbruch?, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, New York 1987, ISBN 3-437-11165-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. prabook.com: Peter Otto Christian Oberender.
  2. Forschungsstelle für Sozialrecht und Gesundheitsökonomie (Memento vom 28. Februar 2011 im Internet Archive)
  3. Institut für angewandte Gesundheitsökonomie
  4. Herausgeber auf der Website der Zeitschrift
  5. Informationen zur Leitung auf der Website der Hochschule
  6. Neuer Vorsitzender des Kuratoriums. Mitteilung der Stiftung Gesundheit vom 24. August 2015, abgerufen am 26. August 2015
  7. Mitglieder der Bayerischen Bioethikkommission (Memento vom 13. November 2010 im Internet Archive)
  8. http://www.nordbayern.de/toller-tag-fur-furth-1.2246301 Ein toller Tag für Fürth
  9. EuropAcad (Memento vom 13. Februar 2013 im Webarchiv archive.today) Peter Oberender → 2011
  10. Endbericht der Enquete-Kommission „Strukturreform der Gesetzlichen Krankenversicherung“: gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 4. Juni 1987 und vom 27. Oktober 1988; Drucksachen 11/310 und 11/3181, Bonn 1990
  11. Trauer um Peter Oberender Nordbayerischer Kurier vom 26. Februar 2015
  12. Alle Zitate aus seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Beitragssicherungsgesetzes in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der gesetzlichen Rentenversicherung (Bundestagsdrucksachen 15/27 und 15/28), PDF.
  13. Oberender, P.; Hebborn, A; Zerth, J, Wachstumsmarkt Gesundheit, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8252-2231-4
  14. „Experte fordert freien Organhandel“ Spiegel Online vom 12. Mai 2004
  15. „Wir brauchen einen regulierten Markt für Organe“ Deutschlandradio Kultur vom 22. Dezember 2006
  16. Organhandel benötigt einen freien Markt, Handelsblatt vom 20. April 2010, abgerufen am 5. Juni 2017
  17. Bettina Winsemann: Organspendepflicht für ALGII-Empfänger, Telepolis, 10. November 2008.
  18. siehe Liste der Unterzeichner bei der Online-Wiedergabe des Manifests im wirtschaftswissenschaftlichen Blog Wirtschaftliche Freiheit, Blogeintrag vom 11. Dezember 2016; abgerufen 12. Juli 2020.
  19. siehe Liste Unterzeichner des „Hamburger Appells“ (PDF), Webpräsenz des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts; abgerufen 13. Juli 2020.
  20. Wahlalternative 2013: Gründer und Hauptzeichner. Archiviert vom Original am 27. Januar 2013; abgerufen am 17. Februar 2015.