Persönliches Ziel

Persönliche Ziele sind Ziele, die sich eine Privatperson oder ein Privathaushalt im Rahmen des Selbstmanagements setzt und in Zukunft durch entsprechendes Handeln zu erreichen versucht.[1] Sie können für sämtliche Lebensbereiche gesetzt werden.

Der Mensch sieht sich in seinem Leben stets mit Zielen konfrontiert, seien sie selbst gesetzt oder von anderen vorgegeben.[2] Über je mehr Selbstbestimmung eine Person verfügt, umso mehr Ziele kann sie sich selbst setzen und umso weniger unterliegt sie fremden Zielen.[3]

Persönliche Ziele haben stets auch Auswirkungen auf andere. Grundlegend zu unterscheiden sind dabei egozentrische und kooperative Ziele. Bei egozentrischen Zielen nützt die Zielerreichung ausschließlich dem Individuum selbst. Bei kooperativen Zielen ist die Zielerreichung so angelegt, dass das Ergebnis zumindest auch für einen weiteren Akteur von Vorteil ist.

Wirtschaftliche Perspektive

Je nach Wirtschaftssubjekt gibt es Unternehmensziele, Staatsziele oder persönliche Ziele. Anders als Unternehmensziele oder Staatsziele setzen sich Privathaushalte ihre Ziele selbst (Eigenziele) und sind nicht auf Zielvorgaben durch andere Stellen angewiesen. Bei der Zielerfüllung kann sich die hieraus ergebende intrinsische Motivation als förderlich herausstellen.

Wissenschaftliche Aspekte

Persönliche Ziele geben dem Alltag Struktur und Bedeutung. Sie sind „Anliegen, Projekte und Bestrebungen, die eine Person in ihrem Alltag verfolgt und in Zukunft realisieren möchte“.[4] In der Forschung gibt es verschiedene Ansätze, die sich mit dem Konstrukt „persönliche Ziele“ befasst haben. Persönliche Ziele hängen mit dem subjektiven Wohlbefinden zusammen. Denn bereits 1966 stellten Wessman und Ricks die These auf, dass „der Alltag glücklicher Menschen vom Streben nach bedeutungsvollen Zielen ausgefüllt“ sei (Telische Theorie des Wohlbefindens).[5] Unglückliche Menschen verfügten dieser Theorie zufolge über keine ausreichenden Zielbindungen oder betrachten ihre Ziele und Pläne als hoffnungslos.

Moderne Zielkonstrukte sind die aktuellen Anliegen (englisch current concerns; 1980),[6] persönlichen Projekte (englisch personal projects; 1983),[7] persönlichen Bestrebungen (englisch personal strivings; 1986)[8] und Lebensaufgaben (englisch life tasks; 1994).[9]

Klinger misst persönlichen Zielen mehr Bedeutung zu als den persönlichen Bestrebungen. Persönliche Ziele führen Klinger zufolge zu einer konkreten Zielsetzung; die Bedeutung der persönlichen Ziele wird durch die Stärke der affektiven Bindung gegenüber der Zielsetzung ausgedrückt. Little und Cantor betonen die Plastizität und Veränderbarkeit von persönlichen Zielen im jeweiligen Kontext. Sie betrachten persönliche Ziele als Ergebnis einer Interaktion von Personen (mit ihren Motiven und Werten) und der Umwelt (soziokulturelle und lebensaltersspezifische Situation). Emmons dagegen siedelt sein Konzept der persönlichen Bestrebungen auf einer übergeordneten Ebene gegenüber konkreten Anliegen an. Ziele werden hier als überdauernde Persönlichkeitsmerkmale verstanden, was in seinem hierarchischen Modell zum Ausdruck kommt: die Motive einer Person beeinflussen ihre persönlichen Bestrebungen, diese bestimmen wiederum die konkreten Anliegen und Projekte und resultieren schließlich in ganz konkreten (zielgerichteten) Handlungen. Der Unterschied zwischen Motiven und Bestrebungen kommt hier zum Ausdruck: Während die Motive einer Person kognitiv keine große Rolle spielen, sind die persönlichen Bestrebungen kognitiv deutlich repräsentiert und individualisieren somit das Motivationssystem einer Person. Wichtige Befunde von Emmons sind:[10]

  • Das Erreichen von persönlichen Zielen steht in positivem Zusammenhang mit dem Wohlbefinden und Glück einer Person.
  • Problematische persönliche Ziele, die sich durch Konflikthaftigkeit und Ambivalenz auszeichnen, wirken sich negativ auf das Wohlbefinden einer Person aus.

Untersuchungen aus 1989 haben 15 persönliche Bestrebungen und Ziele zusammengetragen, die häufig vorkommen und durch eine Rangfolge in eine individuell unterschiedliche Zielhierarchie eingebunden werden können.[11]

Zieldimensionen

Zieldimensionen sind Zielinhalt, Zielausmaß und der Zielhorizont.[12] Mit dem Zielinhalt wird eine sachliche Festlegung des angestrebten Zustands erreicht (Sachziel), das Zielausmaß ist die Ausprägung des Ziels (Formalziel) wie etwa ein Maximalziel (Weltmeister werden) oder ein Minimalziel (Erreichen des Viertelfinales). Der zeitliche Bezug gibt an, in welchem Zeitraum ein Ziel erreicht werden soll.[13] Dabei gibt es kurzfristige Ziele (Zielerreichung <1 Jahr: Tagesziele wie etwa die Erledigung einer Arbeitsaufgabe oder Konsumziele), mittelfristige Ziele (>1 Jahr bis <3 Jahre: Berufswahl, private Liquiditätsrechnung) und langfristige Ziele (>3 Jahre: Altersvorsorge, Gesundheit). Beispielsweise erfüllt die Zielformulierung einer Privatperson „Ich möchte, dass der Arbeitgeber mein Gehalt (Zielinhalt) innerhalb des nächsten Jahres (Zeitbezug) um 10 % erhöht (Ausmaß)“ diese Zieldimensionen. Um dies zu erreichen, muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung (Arbeitsqualität und/oder Arbeitsvolumen) steigern oder den Arbeitgeber wechseln. Als Umweltzustand hat er den Arbeitgeber und dessen Verhandlungsmacht zu berücksichtigen. Zielformulierungen dürfen nicht zu abstrakt und müssen operabel sein, damit sich entsprechende Handlungen daran ausrichten können. So kann die Zielformulierung „Erfolg im Leben haben“ für jemand ein Karriereziel sein, für andere Personen dagegen „Familie gründen“ bedeuten.[14]

Zielfindung

Besonders die Betriebswirtschaftslehre hat sich mit der Erforschung der Unternehmensziele befasst. Deren Erkenntnisse können auf Privatpersonen entsprechend übertragen werden. Ausgangspunkt ist die Zielfindung, die sich mit der Ermittlung sinnvoller Ziele beschäftigt, die unter Berücksichtigung des Umweltzustands (externe Einflüsse auf die Zielerreichung wie etwa Mitbewerber bei der Bewerbung) auch realisierbar sind. Durch die Zielvorstellung werden bisher nebulös vorhandene Ziele kognitiv verarbeitet. Der komplexe Prozess der Zielfindung erfordert die Erarbeitung langfristig angestrebter Ziele, Prüfung der Realisierungsmöglichkeiten sowie die Bestätigung oder Veränderung der Ziele.[15] Dabei sind Umweltanalysen erforderlich wie der IST-Zustand der zielsuchenden Person (Finanzanalyse, Marktanalyse usw.), grobe Zielvorstellungen sind dabei hilfreich. Es sind Datenparameter zu berücksichtigen, die die Zielerfüllung beeinflussen (die angestrebte Gehaltserhöhung wird durch die – hieraus resultierende – höhere Einkommensteuer beeinträchtigt). Stehen die Ziele fest, erfolgt eine Zielformulierung, die die Zieldimensionen zu berücksichtigen hat.

Typische persönliche Ziele

Die allgemein bekannten Neujahrsvorsätze sind keine echten Vorsätze, sondern müssen als Ziele eingestuft werden;[16] doch scheint der Grad der Zielerfüllung gering zu sein (etwa Nichtraucher werden). Die vier häufigsten Neujahrsvorsätze sind: Nichtraucher werden, Abnehmen, Freizeitsport betreiben und die eigenen Finanzen organisieren.[17] Außerhalb der Neujahrsvorsätze lässt sich zwischen finanziellen und sonstigen Zielen unterscheiden. Zu ersteren gehören Alterssicherung, berufliche Ziele, finanzielle Allgemeinbildung, private Finanzplanung oder private Liquiditätsrechnung. Nicht-finanzielle Ziele sind familiäre Ziele, Frieden, Gerechtigkeit, Gesundheit, Glück, kreative Ziele oder soziale Kontakte. Statista zufolge sind die wichtigsten Lebensziele gute Freunde (97 %), glückliche Beziehung (95 %), finanzielle Unabhängigkeit (91 %) oder Gesundheit (60 %).[18]

Operables ökonomisches Ziel eines Privathaushaltes ist die Erhaltung oder Steigerung des Lebensstandards als die Gesamtheit der Vorstellungen über die Art und Weise der Lebensführung.[19] Ökonomisch formal verfolgt ein Privathaushalt das Ziel der Nutzenmaximierung.[20] Der erwünschte Lebensstandard wird durch konkreten Bedarf präzisiert, der durch Güter und Dienstleistungen befriedigt werden kann, einen bestimmten Nutzen stiftet und damit der Zielerreichung dient.[21] Die ökonomischen Ziele von Privathaushalten lassen sich folgendermaßen konkretisieren:[22]

Persönliches Zielökonomische Zielformulierung
Leistungserstellungs- und
Leistungserhaltungsziele
Gesunderhaltungsziele, Leistungsziele
finanzwirtschaftliche ZieleExistenzsicherungsziele, Vermögensbildungsziele, Finanzierungsziele
Arbeitsbezogene ZieleArbeitstechnische Ziele, Arbeitszeitziele, Freizeitziele
Ziele als VerbraucherEinkaufsziele, Konsumverhalten, Konsumziele
RisikobewältigungszieleSchadensverhinderungsziele, Schadensvermeidungsziele

Bei Mehrpersonenhaushalten können die verschiedenen Haushaltsmitglieder unterschiedliche Ziele oder Zielpräferenzen aufweisen, so dass es zu Zielkonflikten kommen kann. Zum Abgleich ist ein interpersoneller Zielbildungsprozess erforderlich.[23]

Umsetzung der Ziele

Während Privatpersonen ihre selbst formulierten Ziele freiwillig zu erreichen versuchen, sind Unternehmen dazu gezwungen, ihre im Vorstand formulierten Ziele durch Zielvereinbarungen und Führungsziele an die Beschäftigten etwa mittels Führen durch Ziele (englisch Management by Objectives) als transaktionale Führung weiterzugeben. Die Zielsetzung kann im Rahmen der Zielsetzungstheorie als Motivation verstanden werden, sich für die Erreichung der Ziele aktiv einzusetzen. Wesentliche Erfolgsquellen sind Verhalten, Intelligenz, Wissen, Kultur und Motivation, das gilt für persönliche Ziele, Unternehmensziele oder gesellschaftliche Ziele.[24] Um Ziele besser umsetzen zu können, sollten sie schriftlich formuliert werden, damit sie während der möglicherweise zeitaufwendigen Zielerfüllung nicht vergessen werden.[25] Wird ein Ziel erreicht, spricht man vom Erfolg.[26]

Literatur

  • Oliver Lüdtke: Persönliche Ziele junger Erwachsener. Persönliche Ziele im frühen Erwachsenenalter. Waxmann, Münster 2006, ISBN 3-8309-1610-8 (zugl. Dissertation, FU Berlin 2004).
  • Joachim C. Brunstein, Günter W. Maier: Persönliche Ziele. Ein Überblick zum Stand der Forschung. In: Psychologische Rundschau. Jg. 47, 1996, ISSN 0033-3042, S. 146–160.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. James Drever, Werner D. Fröhlich: dtv Wörterbuch zur Psychologie. 1970, S. 290.
  2. Stephan Frank: Zielvorgaben als Instrument der Unternehmenssteuerung. 2012, S. 5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Kurt Tepperwein: So erreichen Sie Ihre Lebensziele. 2013, S. 8 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Joachim C. Brunstein, Günter W. Maier: Persönliche Ziele. Ein Überblick zum Stand der Forschung. In: Psychologische Rundschau. Band 47, 1996, S. 146 ff.
  5. Aldon E. Wessman, David F. Ricks: Mood and Personality. 1966, S. 33 ff. (englisch).
  6. Eric Klinger, Steven G. Barta, Madeline E. Maxeiner: Motivational correlates of thought content frequency and commitment. In: Journal of Personality and Social Psychology. Band 39, Nr. 6, 1980, S. 1223 (englisch).
  7. Brian R. Little, Katariina Salmela-Aro, Susan D. Phillips: Personal Project Pursuit. Goals, Action, and Human Flourishing. 1983, S. 6 ff. (englisch).
  8. Robert A. Emmons: Personal strivings. An approach to personality and subjective well-being. In: Journal of Personality and Social Psychology. Band 51, Nr. 5, 1986, S. 1058–1068 (englisch).
  9. Nancy Cantor: Life Task Problem Solving. Situational Affordances and Personal Needs. In: Personality and Social Psychology Bulletin. Band 20, Nr. 3, 1994, S. 235–243 (englisch).
  10. Robert A. Emmons: Personal strivings. An approach to personality and subjective well-being. In: Journal of Personality and Social Psychology. Band 51, Nr. 5, 1986, S. 1058–1068 (englisch).
  11. Robert A. Emmons, Laura A. King: Personal striving differentiation and affective reactivity. In: Journal of Personality and Social Psychology. Band 56, Nr. 3, April 1989, S. 478–484 (englisch).
  12. Edmund Heinen: Grundlagen betriebswirtschaftlicher Entscheidungen. Das Zielsystem der Unternehmung. 1976, S. 52.
  13. Edmund Heinen: Grundlagen betriebswirtschaftlicher Entscheidungen. Das Zielsystem der Unternehmung. 1976, S. 52 f.
  14. Oliver Lüdtke, Detlef H Rost: Persönliche Ziele junger Erwachsener. 2006, S. 16 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  15. Klaus Altfelder, Hans G. Bartels, Joachim-Hans Horn, Heinrich Theodor Metze (Hrsg.): Lexikon der Unternehmensführung. 1970, S. 288.
  16. Uwe Nixdorff: Check-Up-Medizin. 2009, S. 356.
  17. Profil. Band 37. Wirtschafts-Trend Zeitschriftenverlag, 2006, S. 91.
  18. Was zählt für Sie im Leben? In: Statista Das Statistik-Portal. 2018.
  19. Berndt Tschammer-Osten: Haushaltswissenschaft. Einführung in die Betriebswirtschaftslehre des privaten Haushalts. 1979, ISBN 978-3-437-40075-9, S. 55.
  20. Berndt Tschammer-Osten: Haushaltswissenschaft. Einführung in die Betriebswirtschaftslehre des privaten Haushalts. 1979, S. 48 f.
  21. Bernd C. Mossgraber: Versicherung als Bestandteil der Risikopolitik privater Haushalte. 1996, S. 21 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  22. Marianne Maierbeck: Nutzen- und Zielprobleme privater Haushalte. 1978, ISBN 978-3-428-04220-3, S. 101 ff.
  23. Bernd C. Mossgraber: Versicherung als Bestandteil der Risikopolitik privater Haushalte. 1996, S. 22.
  24. Maximilian Lackner: Talent-Management Spezial. 2014, S. 285 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  25. Brian Tracy: Keine Ausreden! Die Kraft der Selbstdisziplin. 2011, S. 69 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  26. Jens Uwe Martens, Julius Kuhl: Die Kunst der Selbstmotivierung. 3. Auflage. Stuttgart 2009, S. 35.