Peredwischniki

Beispiel eines typischen Vertreters der Peredwischniki: Grigori Mjassojedow, Die Mäher, 1887

Die Peredwischniki (russisch Передви́жники; deutsch: Wanderer) waren eine Gruppe russischer Künstler, vorrangig Maler, die Vertreter des Realismus in der Malerei waren. Diese bildeten aus Protest gegen die Restriktionen der Kaiserlichen Kunstakademie Petersburg eine Genossenschaft von Künstlern und gründeten im Jahr 1870 die Genossenschaft der künstlerischen Wanderausstellungen (Товарищество передвижных художественных выставок / Towarischtschestwo peredwischnych chudoschestwennych wystawok).

Geschichte

Die Gesellschaft wurde in Sankt Petersburg auf Initiative von Kramskoi, Mjassojedow, Ge sowie Perow gegründet. Den Hintergrund bildete eine Auseinandersetzung innerhalb der Akademie zwischen den Vertretern der Avantgarde der Künste, die sich für demokratische Ideale einsetzten, und den Vertretern, die sich für die von der Petersburger Kunstakademie deklarierten und gelehrten Doktrinen einsetzten.

Gruppenbild der Peredwischniki um 1885
Sitzend (v. l.): Sergei Ammosow; Alexander Kisseljow; Nikolai Newrew; Wladimir Makowski; Alexander Litowtschenko; Illarion Prjanischnikow; Kirill Lemoch; Iwan Kramskoi; Ilja Repin; ..Iwanow (Angestellter des Vorstandes); Konstantin Makowski
Stehend (v. l.): Grigori Mjassojedow; Konstantin Sawizki; Wassili Polenow; Jefim Wolkow; Wassili Surikow; Iwan Schischkin; Nikolai Jaroschenko; Pawel Brjullow; Alexander Beggrow

Der Kopf der neu gegründeten Gesellschaft wurde Iwan Kramskoi. Die Peredwischniki wurden durch die ästhetischen Ansichten von Wissarion Belinski und Nikolai Tschernyschewski beeinflusst.

In der Zeit von 1871 bis 1923 wurden durch die Peredwischniki 48 Wanderausstellungen in Sankt Petersburg, Moskau, Kiew, Charkow, Kasan, Orjol, Riga, Odessa und anderen Städten des damaligen Russischen Reiches organisiert und durchgeführt.

Als Maler des Realismus bildeten sie oft die vielschichtigen Charaktere des gesellschaftlichen Lebens ab – und zwar nicht in den Salons von Sankt Petersburg oder in den Landsitzen des Adels, sondern bevorzugt die „einfachen Leute“, und dies mit kritischen Tönen. Das Anliegen ihrer Kunst war die Darstellung des Alltagslebens – in Bauernhütten, in den Dörfern und in den Vorstädten – sowie der Traditionen des Volkes.[1] In der humanistischen Kunst der Peredwischniki zeigte sich die entschlossene Verurteilung der absolutistischen Herrschaft Russlands.

Die Bewegung der Peredwischniki erreichte in ihrer Blütezeit während der 1870er und 1880er Jahre einen wachsenden Einfluss. Im Gegensatz zur traditionellen dunklen Farbgebung dieser Zeit wählten diese Künstler hellere, schillerndere Farben. Sie setzten auf Natürlichkeit in ihren Bildern und zeigten die Beziehungen der Menschen zu ihrer Umwelt.

Die Gesellschaft vereinigte fast alle der talentiertesten Maler des Landes. Zu den Peredwischniki zählten bald auch Künstler aus der Ukraine, Lettland und Armenien.

Um die Jahrhundertwende begannen die Peredwischniki ihren Fokus auf die Darstellung des Lebens zu verlieren. Ihr Einfluss auf die Gesellschaft schwand und einige Künstler begannen, sozialistische Ideen darzustellen, die die Entwicklung der Arbeiterbewegung abbildeten. Viele Peredwischniki bekannten sich zur sowjetischen Kunst und trugen zur Entstehung des Sozialistischen Realismus in der Malerei bei.

Im Jahr 1923 fand die 48. und gleichzeitig letzte Ausstellung der Peredwischniki statt.

Bedeutende Vertreter (Auswahl)

Neuere Ausstellungen

Literatur

  • Andrej Lebedew (Hrsg.): Die Peredwishniki. Genossenschaft für Wanderausstellungen (1870–1923). Aurora-Kunstverlag, Leningrad 1982. (Übersetzer: Karin Strauss).
  • Russische Realisten. Aufsätze zur Kunst der Wanderer. Seemann, Leipzig 1983. (Übersetzer: Gerhard Hallmann).
  • Elizabeth Valkenier: Russian realist art. The state and society, the Peredvizhniki and their tradition. Columbia University Press, New York 1989, ISBN 0-231-06970-7.
  • Товарищество Передвижных Художественных Выставок. Письма и документы. 1869–1899 гг. 2 Bände. Издательство 'Искусство', Москва 1987. (In kyrillischer Schrift, russisch).
Ausstellungskataloge
  • Peredwischniki, „Wandermaler“. Realistische Malerei Russlands in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts aus der Staatlichen Tretjakow-Galerie in Moskau und dem Staatlichen Russischen Museum in Leningrad. Österreichische Galerie, Wien 1976.
  • The Peredvizhniki. Pioneers of russian painting. Nationalmuseum, Stockholm 2011, ISBN 978-91-7100-831-2.
  • Die Peredwischniki. Maler des russischen Realismus. Stadt Chemnitz Kunstsammlungen, Chemnitz, Sachsen 2012, ISBN 978-3-930116-13-3.
Commons: Peredvizhniki – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Denise Bernard-Folliot: Die Malerei in Russland. In: Ilse Müller-von Werder (Bearb.): Moskau, Leningrad mit Kiew, Odessa, der Krim und den Badeorten am Schwarzen Meer. Polyglott-Verlag, München, 9. Aufl., 1988/1989, ISBN 3-493-60062-3, S. 74–87, hier S. 79.
  2. Museumsseite Kunstsammlungen Chemnitz, abgerufen am 16. März 2012

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Peredvizhniki.jpg

Sitzend von links nach rechts: Sergei Nikolajewitsch Ammosow; Aleksandr Aleksandrowitsch Kisselew; Nikolai Wassilijewitsch Newrew; Wladimir Jegorowitsch Makowski; Aleksandr Dmitrijewitsch Litowschenko; Illarion Michailowitsch Prjanischnikow; Kirill Wikentjewitsch Lemoh; Iwan Nikolajewitsch Kramskoi; Ilja Jefimowitsch Repin; Pawel Andrejewitsch Iwatschow; Konstantin Jegorowitsch Makowski

Stehend von links nach rechts: Grigorij Grigorjewitsch Mjassojedow; Konstantin Apollonowitsch Sawizki; Wassili Dmitrijewitsch Polenow; Jefim Jefimowitsch Wolkow; Wassili Iwanowitsch Surikow; Iwan Iwanowitsch Schischkin; Nikolai Alexandrowitsch Jaroschenko; Pawel Alexandrowitsch Brjullow; Alexandr Karlowitsch Beggrow.