Perchtoldsdorfer Hütereinzug

Petersdorfer Hiataeinzug 2019

Der Perchtoldsdorfer Hütereinzug, ortsüblich mit Petersdorfer Hiataeinzug benannt, ist ein traditionelles Erntedankfest der Weinhauer in der Marktgemeinde Perchtoldsdorf in Niederösterreich. Im Jahr 2010 wurde das Fest in die nationale Liste des Immateriellen Welterbes in Österreich aufgenommen.

Weinhüter

Mit Hiata sind die Weinhüter gemeint, die während der Reifezeit der Trauben Tag und Nacht die Weingärten bewachen. Zum Zwecke der Übernachtung und als Unterstand bei Regen verfügen sie über eine Hiatahütte. Wenn auch die Bewachung heute nicht mehr notwendig ist, so wird der Brauch dennoch ausgeübt. Wenn die Weinlese beendet ist, ziehen die Hiatabuam mit einem großen Zeremoniell wieder in den Ort ein. Diese Feierlichkeiten haben ihre Ursprünge bereits im Mittelalter. Die ältesten Listen von Weinhütern stammen aus dem 16. Jahrhundert.[1] Genaue Jahreszahlen sind aber keine bekannt. Fest steht, dass der Hiataeinzug im Jahr 1910, nachdem sich der Weinbau in Perchtoldsdorf nach starken Reblausschäden erholt hatte, eine Renaissance erlebte.

Erntedankfest

Der Termin für den Perchtoldsdorfer Hütereinzug ist jährlich mit dem Sonntag nach dem Namenstag des heiligen Leonhard am 6. November festgelegt. Schon die Vorbereitungsarbeiten, die in der Woche davor stattfinden, unterliegen einem festgeschriebenen Zeitplan.[2]

Das Fest selbst beginnt bereits am Samstag mit der Vorfeier. Am Sonntag findet der eigentliche Hiataeinzug statt. Dabei reiten als Spitze des einziehenden Konvois drei Hiata auf geschmückten Pferden zur Pfarrkirche, gefolgt von der Hauermusik und den übrigen Hiatern, die die Hiatapritschen mittragen. Das ist ein über zwei Meter hohes Holzgestell, das in Form einer Pyramide mit Trauben behängt ist und noch mit Ähren verziert ist. Die Pritschen wird beim Tragen gedreht, d. h. tanzen lassen.

Der Zug besucht zuerst die Messe und zieht anschließend weiter über den Marktplatz zum naheliegenden Rathaus. Den Höhepunkt stellen die von den Weinhauern selbst verfassten Gstanzln dar, die sich humorvoll mit dem Geschehen des ganzen Jahres über im Ort beschäftigen. Der Zug zieht dann weiter zum Haus des Hiatavaters, wo der Pritschenträger geehrt wird. Am Montag findet mit der Nachfeier ein Ausklang im Kreis des Hiatavaters statt.

Der Hütereinzug soll auch daran erinnern, dass im Jahr 1422 der Weinhüter Thomas beim Weißen Stein von Brauereigehilfen niedergeschlagen und danach von Weinhauern gerettet und gesund gepflegt wurde.[2][3]

Literatur

  • Franz Schunko: Von den Weinhütern in Perchtoldsdorf. In: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde, XVII/66, Wien, 1963, S. 154–167.
  • Walter Trübswasser: "Hiatabuam, riegelt's eich..." Der Perchtoldsdorfer Weinhütereinzug. Verlag der Marktgemeinde Perchtoldsdorf, Perchtoldsdorf 1999. ISBN 3-901316-17-5.
  • Gregor Gatscher-Riedl: Haurer und Hiata. Eine Geschichte des Perchtoldsdorfer Weinbaus in Bildern. Hrsg. von Franz Nigl und Franz Distl. Heimat-Verlag, Schwarzach 2013. ISBN 978-3-9503395-7-4.
  • Gregor Gatscher-Riedl: "Unter den österreichischen Sorten nimmt die hiesige Traube einen vorzüglichen Platz ein". Ein "G'mischter Satz" aus Perchtoldsdorfer Weinbau-, Weinausschank- und Ortsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert. In: Unsere Heimat. Zeitschrift für Landeskunde von NÖ, Jg. 84/2014, Heft 1–4, St. Pölten 2015, S. 28–47.
  • Festschrift 125 Jahre Weinbauverein Perchtoldsdorf 1890–2015 Hrsg. Weinbauverein Perchtoldsdorf, Perchtoldsdorf 2015.
  • Johann Werfring: Weinbräuche in Österreich. edition lex liszt 12, Oberwart 2021, ISBN 978-3-99016-178-4, S. 68–77.

Weblinks

Commons: Hiataeinzug Perchtoldsdorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hütereinzug Perchtoldsdorf auf Weinstraße Niederösterreich abgerufen am 5. November 2010
  2. a b Festschrift 125 Jahre Weinbauverein Perchtoldsdorf, S. 24–25.
  3. Erntedank. In: Ausg'steckt. Perchtoldsdorfer Gäste-Magazin Nr. 64. Band 10-12.2018, S. 5.

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Traditioneller Hiataeinzug mit anschließenden Gstanzln (die reifen Trauben der Weingärten werden von „Hütern“ bewacht und nach der Weinlese ziehen diese Hüter mit einer drehenden geschmückten „Pritschn“ in einem Festzug ins Dorf und singen Gstanzln, d.h. Reime zu Melodie mit bissigem Inhalt über politische und gesellschaftliche Ereignisse) - Diese Tradition wurde in das UNESCO-Kulturerbe aufgenommen.
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