Paul Torche

Paul Torche

Paul Torche (* 6. Juni 1912 in Cheiry; † 29. Dezember 1990 in Freiburg) war ein Schweizer Politiker (konservativ) und Staatsrat des Kantons Freiburg.

Leben und Wirken

Torche, von Hause aus katholisch, stammt von Cheiry. Seine Eltern waren Henri Olivier Torche, Landwirt, und Cécile Angélique geb. Bondallaz. 1942 heiratete er Yvonne Berchier.

Nach dem Besuch des Kollegiums St. Michael, das er mit der lateinisch-griechischen Matura abschliesst, studierte er Rechtswissenschaften an der Universität Freiburg. 1934/35 war er Zentralpräsident des Schweizerischen Studentenvereins. Nach einem kurzen Aufenthalt in einer Anwaltskanzlei in Baden absolvierte er ein Praktikum bei Anwalt Maxime Quartenoud. Ab 1937 war er als Notar in Estavayer-le-Lac und zugleich als Agent des Crédit agricole in Domdidier tätig. Als Mitglied der jungen Konservativen wurde er angefragt, 1936 für den Grossen Rat zu kandidieren, hatte jedoch noch nicht das geforderte Alter von 25 Jahren erreicht. Er musste folglich bis 1941 warten, um auf einer gemeinsamen konservativen und freisinnigen Liste an erster Stelle als Abgeordneter des Broyebezirks in den Grossen Rat gewählt zu werden. 1946 war er zum ersten Mal dessen Vizepräsident. Paul Torche war Sekretär der Enteignungskommission für den Greyerzersee (1943).

1946 in den Staatsrat gewählt, wurde er Vorsteher der Gesundheits- und Polizeidirektion. Er lancierte die Spitalreform, die zum Bau eines neuen Kantonsspitals führt, und verantwortete das Gesetz über die Bekämpfung der Tuberkulose (1951). Er sah sich mit einem Arbeitskonflikt zwischen Dr. François Ody (1896–1957), Chefarzt für Chirurgie am Kantonsspital seit 1940, und drei von dessen Kollegen konfrontiert. Der Konflikt wurde in der Presse, insbesondere im Neuenburger L’Express, breitgewalzt. In einer Einschätzung kam eine Ärztegruppe unter Leitung des Bundesrichters Louis Couchepin am 24. April 1951 zum Schluss, dass eine Zusammenarbeit zwischen Ody und seinen Kollegen unmöglich war. Der Chefarzt musste seine Stelle aufgeben. Bei einer Begegnung in einer Gaststätte kritisierte Ody den Staatsrat in Gegenwart von Torche, der an einem solchen Ort und vor Dritten diese Affäre nicht besprechen mochte. Ody begann ein zweites Mal mit seinen Anschuldigungen und setzt sich an den Tisch des Gesundheitsdirektors, der ihm daraufhin eine Ohrfeige verabreichte.

Im Polizeibereich wurden unter Torche ein Gesetz über das Kino und das Theater (1949) und ein Gesetz über die Gaststätten, den Tanz und den Getränkehandel (1955) verabschiedet.

Als Maxime Quartenoud 1956 starb, leitete Paul Torche bis zu seinem Rücktritt mit grossem Erfolg die Direktion des Innern, der Landwirtschaft, der Industrie und des Handels. Er schaffte das Gesetz über die Bodenverbesserungen und die Gewerbegerichtsbarkeit. Mit seiner Tätigkeit förderte er die wirtschaftliche Entwicklung des Kantons, machte aber auch auf die psychologischen Probleme aufmerksam, wenn Landwirte in die Fabrik geschickt wurden. Die Freiburger Wirtschaft war noch nicht imstande, den Geburtenüberschuss aufzufangen. Während Torches Regierungsjahren war ein Rückgang des Primärsektors festzustellen, in dem ein Viertel der Arbeitskräfte tätig waren, während der Sekundärsektor auf mehr als 40 % stieg (Volkszählung von 1960). Paul Torche, ein Mann der Tat, galt als Urheber des freiburgischen Wirtschaftswunders. Er veränderte das Image Freiburgs, das sich zuvor abgekapselt hatte, und präsentierte auf Pressefahrten, die das Informations- und Public-Relations-Zentrum des Genfers René-Henri Wüst organisierte, einen modernen Kanton. Er sei ein ausgezeichneter Botschafter für Freiburg, erklärte sein Mitarbeiter Pierre Dreyer. Dank seiner Politik siedelten sich rund 65 Unternehmen im Kanton an.

Als Doyen der Regierung musste er 1958 auf eine Anfrage von Louis Barras über die Haltung der Westschweizer Presse nach dem Freitod von Léonce Duruz, Oberamtmann des Broyebezirks, antworten, der gegen Pierre Barras, den offiziellen Kandidaten der Konservativen Volkspartei, zum Kantonsrichter gewählt worden war. 1951, 1955 und 1960 war er Staatsratspräsident. Nach Quartenouds Tod galt er als der starke Mann der Regierung.

Gesundheitlich angeschlagen und enttäuscht über das im Staatsrat herrschende Klima – ein Kollege warf ihm sogar vor, er arbeite zu viel –, trat er am 31. März 1966 zurück. Seiner Meinung nach wäre Pierre Dreyer sein idealer Nachfolger, doch die Konservativ-Christlich-soziale Volkspartei beschloss, den Greyerzer Jacques Morard zu präsentieren, der dem Freisinnigen Paul Genoud unterlag. Für Torche hätte Morard bis zu den allgemeinen Wahlen Ende 1966 warten sollen.

Von 1947 bis 1954 war er Nationalrat (er berichtete insbesondere 1951 über das Landwirtschaftsgesetz) und von 1954 bis 1972 Ständerat. Mit Erfolg unterstützte er eine Motion zum Bau eines Transhelvetischen Kanals (Wasserweg zwischen Genfersee und Basel, von der Rhone zum Rhein), der jedoch Projekt blieb. 1969/70 war Torche Ständeratspräsident. Ohne Kandidat zu sein, erhielt er 85 Stimmen bei der Bundesratswahl, in der Roger Bonvin 1962 im fünften Wahlgang mit 142 Stimmen den Sieg davontrug. «Sein Hauptanliegen war kantonaler Natur», stellt François Gross fest. Dennoch sah er dank seiner Herkunft aus der Broye über die Kantonsgrenzen hinaus. Er knüpfte vertrauliche Beziehungen zu einem anderen Broyard, dem freisinnigen Waadtländer Staatsrat und Bundesparlamentarier Jean-Pierre Pradervand.

Paul Torche war durch seine Begegnungen mit Papst Pius XII., General Guisan und Robert Schuman geprägt. Der Letztere, ein führender Politiker des MRP in Frankreich und einer der Väter Europas, war 1949 im Anschluss an einen offiziellen Besuch in Bern nach Freiburg gekommen. Auf Wunsch von Hans Oprecht, Präsident der Schweizer Sozialdemokratischen Partei, setzte er sich für den Aufenthalt des wegen Kollaboration verurteilten belgischen Sozialisten Henri de Man in Greng bei Murten ein. Zu seinen Bekannten gehörte auch Monsignore Bela Varga, Präsident der ungarischen Nationalversammlung und der Kleinlandwirte-Partei, der von den Kommunisten vertrieben wurde und eine Zeitlang im Kloster Hauterive lebte, bevor er sich in den Vereinigten Staaten niederliess.

Paul Torche war 1956 Präsident des Organisationskomitees für die 100-Jahr-Feier der konservativen Regierung. Tatkräftig leitete er die Bewegung für das Frauenstimmrecht, die sich für die Revision des entsprechenden Verfassungsartikels einsetzte (Abstimmung 1969). Von 1966 bis 1968 war er Präsident der kantonalen Konservativ-Christlichsozialen Volkspartei (heute CVP), konnte aber nicht die Abspaltung des christlich-sozialen Flügels verhindern. Er war Ehrendoktor und Ehrensenator der Universität und leitete zudem den Hochschulverein.

Nach seinem Rücktritt war er weiterhin am öffentlichen Leben interessiert und saß in mehreren Verwaltungsräten (Präsident von Nestlé, Schweizerischer Bankverein). In der Armee war er Hauptmann und Kommandant einer Kompanie des Freiburger Regiments 7 während des Aktivdiensts und bekleidete zuletzt den Rang eines Majors.

Literatur

  • Georges Andrey, Hubertus von Gemmingen (Übersetzung): Der Freiburger Staatsrat: 1848–2011; Geschichte, Organisation, Mitglieder. Hrsg.: John Clerc, Jean-Pierre Dorand, Nicholas Gex. Paulus, Freiburg 2012, ISBN 978-3-7228-0815-4.

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