Paul Nipkow
Paul Julius Gottlieb Nipkow (* 22. August 1860 in Lauenburg i. Pom. (heute: Lębork in Polen); † 24. August 1940 in Berlin) war ein deutscher Techniker und Erfinder. Er erfand die Nipkow-Scheibe, welche die Grundlage für die Entwicklung des mechanischen Fernsehens schaffte.
Anfänge
Paul Nipkow kam 1860 als Sohn des Bäckermeisters und Stadtverordnetenvorstehers Friedrich Wilhelm Nipkow zur Welt. Er besuchte zunächst das Progymnasium in Lauenburg i. Pom., ab 1880 das Königliche Gymnasium in Neustadt in Westpreußen. Schon zu dieser Zeit beschäftigte er sich mit praktischen Experimenten der Telefonie und dachte dabei bereits an eine zusätzliche Übertragung bewegter Bilder. Nach dem Abitur Ostern 1882 ging er nach Berlin, um Mathematik und Naturwissenschaften an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu studieren und Lehrer an einer höheren Schule zu werden. Er hörte aber auch Vorlesungen an der Technischen Hochschule Charlottenburg: bei Hermann von Helmholtz physiologische Optik und bei Adolf Slaby elektrophysikalische Probleme.
Nipkow-Scheibe
Noch als Student erfand Nipkow „seine“ Scheibe zur Bildzerlegung. Nach seinen eigenen Erzählungen geschah dies am Heiligen Abend 1883, als er allein in seinem möblierten Zimmer in der Phillipstraße 13a in Berlin-Mitte vor seiner Petroleumlampe gesessen habe und ihm die Idee gekommen sei, mit einer spiralförmig gelochten Scheibe ein Bild „mosaikartig in Punkte und Zeilen“ zu zerlegen.[1] Die Neuerung bestand dabei in der spiralförmigen Scheibe, das Zerlegen von Bildern in Punkte zur telegraphischen Übertragung hatte Alexander Bain schon vor Nipkows Geburt realisiert.
Für diese Scheibe beantragte er beim Kaiserlichen Patentamt in Berlin ein Reichspatent für ein Elektrisches Teleskop zur „elektrischen Wiedergabe leuchtender Objekte“ in der Rubrik Elektrische Apparate. Es wurde ihm am 15. Januar 1885 rückwirkend zum 6. Januar 1884 erteilt. Dabei ist nicht bekannt, ob sich Nipkow jemals um eine praktische Realisierung dieser Scheibe bemühte. Man darf aber davon ausgehen, dass er nie selber einen entsprechenden Apparat gebaut hat. Da auch sonst kein Interesse an dem Patent bestand, verfiel es nach fünfzehn Jahren.
Berufstätigkeit
Im Sommer 1885 brach Paul Nipkow aus finanziellen Gründen sein Studium ab. Am 12. Dezember 1885 heiratete er seine Studienfreundin Sophia Colonius, die für seine Erfinderaktivitäten viel Verständnis aufbrachte. So meldete sie, damals noch seine Verlobte, am 6. Januar 1884 auf ihre Kosten sein „Elektrisches Teleskop“ beim Kaiserlichen Patentamt an. Sein eigentliches Betätigungsfeld lag jedoch in seiner Berufslaufbahn. Nach dem Abbruch seines Studiums meldete er sich als „Einjährig-Freiwilliger“ beim Eisenbahnregiment in Berlin-Schöneberg an. Nach der Ableistung dieses Dienstes stellte ihn die Firma Zimmermann & Buchloh – Eisenbahnsignalbauanstalt in Borsigwalde bei Berlin am 1. Oktober 1886 als Konstruktionsingenieur ein.
Erste Fernsehsysteme
Nach dem Ersten Weltkrieg begannen unter Hochfrequenztechnikern die Bemühungen um die elektrische Übertragung von Bildern, wobei die ersten Fernsehübertragungen alle mit einer optisch-mechanischen Bildabtastung arbeiteten, die meisten mit einer Nipkow-Scheibe. Das veranlasste auch Paul Nipkow, sich wieder auf diesem Gebiet zu betätigen, und es kam zu einem weiteren Patent, diesmal über eine Einrichtung zur Erzielung des Synchronismus bei Apparaten zur elektrischen Bilderzeugung, dadurch gekennzeichnet, daß alle zusammenarbeitenden Sender und Empfänger an ein und dasselbe Wechselstromkraftverteilungsnetz angeschlossen sind. 1932/33 setzte sich dann die elektronische Bildabtastung Manfred von Ardennes mit ihrer überlegenen Qualität durch, woraufhin Nipkows Erfindung nur noch in England für einige Zeit Bedeutung für das Fernsehen hatte. Die entscheidenden Fortschritte in der Entwicklung des Fernsehens waren ab den 1930er Jahren in erster Linie Manfred von Ardenne zuzuschreiben.
Sender Paul Nipkow
Der 1935 in Betrieb genommene erste öffentliche Fernsehsender der Welt wurde jedoch nach dem „Vater“ der ersten Generation der Fernsehtechnik, die als mechanische Variante auf der Nipkow-Scheibe basierte, „Fernsehsender Paul Nipkow“ genannt. Nipkow wurde Ehrenpräsident der Fernseharbeitsgemeinschaft der Reichsrundfunkkammer. Der Reichssendeleiter sprach vom „deutschen Fernsehpionier“, der die „Generalidee“ des Fernsehens erdacht hat.
Ehrungen
Zu seinem 75. Geburtstag verlieh die Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main Paul Nipkow die Ehrendoktorwürde der Naturwissenschaften.[2]
Seine Geburtsstadt Lauenburg ernannte ihn 1937 zum Ehrenbürger und benannte eine Straße nach ihm (Paul-Nipkow-Straße, heute ulica Targowa). Weitere Städte benannten Straßen nach ihm, z. B. Bonn, Berlin, Mühlacker und Lampertheim.
Aus Anlass seines 80. Geburtstages im Jahre 1940 errichtete Reichsintendant Heinrich Glasmeier eine Paul-Nipkow-Stiftung, die dem Personal des Fernsehsenders Paul Nipkow Urlaubsaufenthalte in den Erholungsstätten der Reichsrundfunkgesellschaft ermöglichen sollte.[3]
Zwei Tage nach seinem 80. Geburtstag starb Nipkow in Berlin an einem Herzschlag.[4] Er erhielt ein Staatsbegräbnis, wobei der Staatsakt am 30. August 1940 in der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin stattfand.[5] Sein Grab befindet sich auf dem städtischen Friedhof Pankow III in der Abt. C-13. Es ist als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet.
1983, zur Internationalen Funkausstellung war sein Name auf dem Sonderpostwertzeichen „100 Jahre Fernsehtechnik“ der Deutschen Bundespost gedruckt.
Zitate
„Am Weihnachtsabend 1883 endlich, als ich ohne Baum und ohne Kerzen in der Philippstraße in Berlin saß, wurde alles zu Papier gebracht[,] und irgendwie gelang es mir auch, die zwanzig Mark zu bekommen für die Patentanmeldung, und am 6. [Januar] 1884 lag alles im Patentamt.“
„So habe ich in meinen alten Tagen doch noch eine Freude. Man hat mich nicht ganz vergessen, obgleich nur die Nipkow-Scheibe als einziger Nutzen, den ich von meiner Erfindung habe, in der ganzen Welt meinen Namen trägt. Aber dieser Name ist wohl ein Begriff geworden, bei dem die Menschen nicht mehr nach der Entstehung fragen […] Ja, ich bin tatsächlich der Erfinder des Fernsehens[,] und ich kann dies, ohne als eingebildet zu gelten, ruhig behaupten… In der ganzen Welt wird diese Scheibe noch heute verwendet[,] und sie ist es auch, die meinen Namen trägt: die Nipkow-Scheibe.“
Literatur
- Walter Bruch: Kleine Geschichte des deutschen Fernsehens (= Buchreihe des SFB, Band 6), Haude und Spener, Berlin 1967, DNB 456205535.
- Michaela Krützen: Der Punkt / Die Matrix. Paul Nipkows Scheibe, Vilém Flussers Universum und der Würfel der Borg. In: Lorenz Engell, Bernhard Siegert, Joseph Vogl (Hrsg.): Licht und Leitung (= Archiv für Mediengeschichte, 2002). Universitätsverlag, Weimar 2002, ISBN 3-86068-175-3, S. 113–123.
- Helmut Lindner: Nipkow, Julius Paul Gottfried. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 279 (Digitalisat).
- Claus-Dietrich Schmidt: Paul Nipkow: wynalazca telewizji (1860–1940): życie w służbie postępu (Paul Nipkow: Erfinder des Fernsehens). Muzeum, Leborg (Lauenburg in Pommern) 2009, ISBN 978-83-915885-9-8 (polnisch).
- K. Jäger, F. Heilbronner (Hrsg.): Lexikon der Elektrotechniker, VDE Verlag, 2. Auflage von 2010, Berlin/Offenbach, ISBN 978-3-8007-2903-6, S. 308–309
Weblinks
- Zeitungsartikel über Paul Nipkow in den Historischen Pressearchiven der ZBW
- private Seite: Heimatkreis Lauenburg – Zum 150. Geburtstag
- Anja und Doris Arp: 24.08.1940 - Todestag des Ingenieurs Paul Nipkow. WDR ZeitZeichen vom 24. August 2015 (Podcast, 13:13 min).
Einzelnachweise
- ↑ Walter Bruch: Kleine Geschichte des deutschen Fernsehens. S. 14.
- ↑ Ehrung des „Vaters des Fernsehens“. In: Innsbrucker Nachrichten, 13. September 1935, S. 8 (online bei ANNO).
- ↑ Kurz und bündig. In: Innsbrucker Nachrichten, 23. August 1940, S. 4 (online bei ANNO).
- ↑ (Kurznachricht ohne Titel). In: Kleine Volks-Zeitung, 26. August 1940, S. 2 (online bei ANNO).
- ↑ Staatsbegräbnis für Paul Nipkow. In: Neues Wiener Tagblatt. Demokratisches Organ / Neues Wiener Abendblatt. Abend-Ausgabe des („)Neuen Wiener Tagblatt(“) / Neues Wiener Tagblatt. Abend-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes / Wiener Mittagsausgabe mit Sportblatt / 6-Uhr-Abendblatt / Neues Wiener Tagblatt. Neue Freie Presse – Neues Wiener Journal / Neues Wiener Tagblatt, 30. August 1940, S. 6 (online bei ANNO).
- ↑ Fernsehen – eine deutsche Erfindung. In: Innsbrucker Nachrichten, 23. August 1940, S. 11 (online bei ANNO).
- ↑ Beim Vater des Fernsehens. In: Neues Wiener Journal, 23. August 1930, S. 7 (online bei ANNO).
Personendaten | |
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NAME | Nipkow, Paul |
ALTERNATIVNAMEN | Nipkow, Paul Julius Gottlieb (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Techniker und Erfinder |
GEBURTSDATUM | 22. August 1860 |
GEBURTSORT | Lauenburg in Pommern |
STERBEDATUM | 24. August 1940 |
STERBEORT | Berlin |
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Photograph of Paul Nipkow
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An early mechanical-scan television receiver from the 1930s. Dozens of early stations experimented with television broadcasting using these mechanical-scanning systems during the 1920s and 30s. It uses a Nipkow disk, a spinning metal disk with a spiral pattern of holes in it. A neon light behind the disk, shining through the holes, creates the scan lines of the TV image. The image is only about one inch (3 cm) square so it is viewed through the magnifying lenses shown. The video signal from the receiver (bottom) is applied to the neon light, varying its intensity, to create the different tones of the monochrome image. Different TV stations used different numbers of scan lines and frame rates, and this receiver has two lenses and two neon lights, so it was able to receive TV broadcasts with two different standards, probably a 48 line, 15 frames per second broadcast and a 60 line, 20 frames per second broadcast.
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Berliner Gedenktafel, Paul Nipkow, Parkstraße 5, Berlin-Pankow, Deutschland
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Gedenktafel, Paul Nipkow, Uferstraße 2, Berlin-Gesundbrunnen, Deutschland
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Farbtestbild mit der Nipkowscheibe wiedergegeben, 32 Zeilen vertikal
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Dies ist ein Foto des Berliner Kulturdenkmals mit der Nummer