Paul Mus

Paul Mus (* 1. Juni 1902 in Bourges; † 9. August 1969 in Murs) war ein französischer Historiker, spezialisiert auf Geschichte und Kultur von Südostasien, insbesondere den dortigen Buddhismus.

Herkunft und Anfänge seiner Karriere

Mus war der Sohn eines Schullehrers für Englisch in Bourges und (ab 1907) in Hanoi und wuchs in Vietnam auf. Sein Großvater war einfacher Arbeiter aus dem Département Vaucluse. Er besuchte das Lycée Henri IV, wo er ein Schüler von Alain war (seinem Paten). 1922 erhielt er sein Lizenziat in Philosophie. Er studierte an der École pratique des hautes études (EPHE) und Siamesisch an der École des Langues Orientales. Seine Lehrer waren unter anderem Marcel Mauss, Marcel Granet und Lucien Lévy-Bruhl, Jules Bloch und Sylvain Lévi. 1924 heiratete er und ging nach dem Militärdienst 1927 für die École française d’Extrême-Orient (EFEO) nach Hanoi. Er besuchte Bali, Borobodur und Angkor Wat und befasste sich mit Buddhismus und der Cham-Kultur. 1931 wurde er ständiges Mitglied der EFEO, deren Bibliothekar und Sekretär er war (zeitweise auch Interims-Direktor). 1935 war er zu einem Sabbatjahr in Europa in Oxford und Paris und wurde Directeur d’etudes an der EPHE, wo er Geschichte indischer Religionen lehrte. 1938 wurde er promoviert (Doctorat ès lettres, La lumière sur les six voies) und kehrte dann nach Hanoi zurück.

Zweiter Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg meldete er sich als Freiwilliger in die französische Armee, war 1940 als Maschinengewehrschütze im Rückzug an der Loire als Offizier in einem senegalesischen Bataillon und unterrichtete dann unter dem Vichy-Regime in Dakar und Togo. 1943 schloss er sich den Forces françaises libres von Charles de Gaulle an und erhielt eine Ausbildung in Algerien und bei den Briten (SOE) in Indien für beabsichtigte Kommandounternehmen und Untergrundoperationen in Indochina gegen die Japaner. In Vietnam teilten sich damals noch die Japaner die Herrschaft mit der französischen Verwaltung des Vichy-Regimes und setzten erst im März 1945 die französische Kolonialverwaltung ab. De Gaulle bemühte sich einerseits einen französischen Widerstand zu organisieren, wollte aber auch die Kolonialherrschaft in Vietnam behalten, was damals eine Gratwanderung war, da der US-Präsident Roosevelt strikt dagegen war. Mus kooperierte mit de Gaulles’ Ostasien-Abgesandten Francois Giron de Langlade und beriet ihn. Bei einer Gelegenheit war er mit ihm auch in London, wo er nur knapp einem V2-Einschlag entging. Er benutzte für Rundfunkansprachen im Vichy-Vietnam das Pseudonym Louis Caille. Sein Einsatz vor Ort in Vietnam wurde durch die Machtübernahme durch die Japaner durchkreuzt. Er wurde nach Indien ausgeflogen und sprang noch einmal April 1945 in Laos ab für ein vergebliches Bemühen, auf Befehl de Gaulles General Sabattier zum Weiterkämpfen in Vietnam zu bewegen. De Gaulle benannte darauf Generalmajor Leclerc als seinen Oberbefehlshaber in Südostasien und Mus wurde in Paris dessen Berater. Er begleitete den General auch bei der japanischen Kapitulation im September 1945 auf der Missouri und war auch noch kurz in der Wiederaufnahme französischer Kolonialherrschaft in Vietnam involviert. Beispielsweise traf er sich 1947 mit Ho Chi Minh bei einem mehrmonatigen Aufenthalt als Berater des französischen Hochkommissars Emile Bollaert. Er schilderte seine damaligen Eindrücke von Ho Chi Minh im US-amerikanischen Oscar-nominierten Dokumentarfilm In the year of the pig (1968, Emile de Antonio) über die Ursprünge des Vietnamkriegs.

Nach dem Krieg

1946 wurde er Leiter der ehemaligen Verwaltungshochschule für Kolonialbeamte in Paris, jetzt École national de la France d’outre mer genannt, was er bis 1950 blieb, als sein Vertrag wahrscheinlich wegen seiner bekannten Sympathien für die Viet Minh und als Gegner des Kolonialkriegs in Vietnam nicht erneuert wurde. Ab 1946 bis zu seinem Tod war er Professor für fernöstliche Zivilisationen am Collège de France. Er war auch ab 1951 Professor für Zivilisation Südostasiens an der Yale University. 1963 besuchte er Japan. Während des Vietnamkriegs hielt er sich in den USA, wo er sich als Gast empfand, zurück, gab sein Wissen über das Land aber an Studenten und befreundete Journalisten weiter und hielt Vorlesungen über den Vietnamkrieg. 1969 erlitt er einen Schlaganfall in New York. Er starb in seiner Wahlheimat Murs, wo er auch wie sein Sohn begraben liegt.

Sein einflussreichstes Buch ist seine Analyse des französischen Engagements in Vietnam 1952 (Vietnam, sociologie d’une guerre) und sein Hauptwerk Barabudur von 1934, das Werk das ihm die Universitätslaufbahn am renommierten College de France eröffnete.

Sein Sohn Émile (* 1932) fiel 1960 als Fallschirmjäger-Offizier im Algerienkrieg, was ihn tief traf. Er gab nach seinem Tod seine Briefe heraus. Eine Tochter Laurence Rimer wurde 1937 geboren.

Schriften

  • Le Viet Nam chez lui, Paris: Centre d’études de politique étrangère, 1946 (Rede an der Sorbonne)
  • Viêt-Nam, sociologie d´une guerre, Paris, Edition du Seuil, 1952
  • L’Inde vue de l’Est : cultes indiens et indigènes au Champa, Hanoi 1934
    • Englische Übersetzung: India seen from the East : Indian and indigenous cults in Champa, Monash University Press 2011
  • Barabudur, 2 Bände, Impr. d'Extrême-Orient, Hanoi. 1935, Reprint: New York, Arno Press 1978
    • Englische Übersetzung: Barabuḍur: sketch of a history of Buddhism based on archaeological criticism of the texts, Indira Gandhi National Centre of the Arts, New Delhi, Sterling Publ. 1998
  • Ho Chi Minh, l´Vietnam, l´Asie, Ed. du Seuil 1971
  • Le destin de l’Union française de l’Indochine à l’Afrique, Paris: Ed. du Seuil 1954
  • Guerre sans visage, lettres commentées du sous-lieutenant Émile Mus, Paris: du Seuil 1961
  • mit John T. McAlister The Vietnamese and their revolution, Harper and Row 1970
  • L’angle de l’Asie, Paris: Hermann 1977 (Herausgabe Serge Thion, mit Bibliographie)

Weblinks