Parteihochschule „Karl Marx“

Die Parteihochschule „Karl Marx (PHS) war eine 1946 in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) gegründete Hochschule, die dem Zentralkomitee der SED unterstellt war. Der Betrieb wurde am 30. Juni 1990 eingestellt.

Geschichte

Sitz

Der Sitz der PHS befand sich zunächst in Liebenwalde, seit 1948 in der Neuen Hakeburg in Kleinmachnow und ab 1955 in Berlin-Mitte in der Rungestraße, im Haus am Köllnischen Park. Im Jahr 1971 erhielt der Gebäudekomplex einen Anbau entlang der Straße Am Köllnischen Park, der vor allem für größere Veranstaltungen genutzt wurde. Um 1980 wurden einzelne Lehrstühle nach Kleinmachnow ausgelagert.

Rolle in der DDR

Die PHS war die höchste Bildungsstätte der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, nachgeordnete Einrichtungen zur Schulung der Mitgliedschaft waren die Bezirksparteischulen (BPS) und Kreisparteischulen (KPS). Alternativ konnte auch an der Parteihochschule der KPdSU in Moskau studiert werden.

Das Ausbildungsziel der PHS wurde wie folgt formuliert: „Heranbildung qualifizierter Kader in Verbindung mit theoretischer Forschungsarbeit und Herstellung von Schulungs- und anderen Materialien nach den Weisungen des Zentralsekretariats“.[1] Die Parteihochschule war eine staatliche Hochschule mit einer Eintragung in das Hochschulregister der DDR, die auch das Promotions- und Habilitationsrecht besaß.

Die Hochschule war anfangs der Abteilung Agitation und Propaganda des Ministeriums für Staatssicherheit unterstellt, ab 1983 dem Kultursekretär im Politbüro Kurt Hager, der als Chefideologe der DDR nach Ulbrichts Entmachtung und der Machtübernahme durch Erich Honecker galt. Hager unterrichtete auch selbst an der Parteihochschule.

Entwicklung

Im ersten Jahr des Bestehens, von 1946 bis Ende 1947, fanden sechsmonatige Lehrgänge statt. Im Jahr 1947 wurde die allgemein politisch-ideologische Ausbildung auf Zweijahreslehrgänge für jüngere SED-Mitglieder und -Funktionäre ausgedehnt. Ältere, oft relativ einflussreiche Funktionäre, die für neue Aufgaben weitergebildet wurden, besuchten Halbjahreskurse.[2] Um den Bedürfnissen der gewachsenen Zahl von Schülern und Lehrern gerecht zu werden, erfolgte 1948/1949 nach Plänen der Architekten Selman Selmanagić, Falkenberg und Hirsche ein umfangreicher Ausbau von Innenräumen.[3] Drei Viertel aller Kursanten kamen aus der SBZ bzw. der DDR, die übrigen waren Funktionäre der KPD aus den westlichen Besatzungszonen, die hier häufig unter anderen Namen studierten.[4] In späteren Jahren delegierten die betrieblichen oder Wohnparteiorganisationen Parteimitglieder zum Einjahres- oder Dreijahresstudium. Das Direkt- oder das Fernstudium führten zum Abschluss als Diplom-Gesellschaftswissenschaftler.

(c) Bundesarchiv, Bild 183-50759-0001 / Zühlsdorf, Erich / CC-BY-SA 3.0
Tagung im Haus am Köllnischen Park anno 1957

Absolventen

Etwa 25.000 SED-Mitglieder absolvierten Lehrgänge und Kurse. Zusätzlich studierten 2000 Personen befreundeter Parteien und linker Organisationen aus 67 Ländern am 1963 gegründeten Thälmann-Institut (Institut für Ausländerstudium).[5]

Auflösung

Nach dem Ende der SED-Diktatur in der DDR erfolgte im Sommer 1990 die Liquidation der Hochschule, die Entlassung der 150 Professoren, Dozenten und Assistenten, der verbliebenen Studenten und der etwa 300 sonstigen Mitarbeiter.

Volksmund

Im Volksmund wurde die Parteihochschule als „Rotes Kloster“ oder als „Wolfsschlucht“ in Anspielung auf die langjährige Direktorin Hanna Wolf (1950 bis 1983) bezeichnet.[6]

Lehrstühle

  • Geschichte der KPdSU
  • Politische Ökonomie des Sozialismus
  • Politische Ökonomie des Kapitalismus
  • Lehre von der marxistisch-leninistischen Partei, dem Parteileben und dem Parteiaufbau
  • Ökonomik der Industrie
  • Agrarpolitik und Agrarökonomie
  • Kulturpolitik der SED
  • Marxistische Philosophie

Direktoren

Absolventen (Auswahl)

Siehe auch

Literatur

  • Hermann Weber: Damals, als ich Wunderlich hieß. Vom Parteihochschüler zum kritischen Sozialisten. Aufbau-Verlag, ISBN 3-351-02535-1.
  • Uwe Möller, Bernd Preußer (Hrsg.): Die Parteihochschule der SED – ein kritischer Rückblick. GNN Verlag, Schkeuditz 2006, ISBN 3-89819-236-9.
    Website zum Buch mit Leseproben
  • Hubert Faensen: Die Neue Hakeburg. Wilhelminischer Prachtbau, Hitlers Forschungszentrum, SED-Kaderschmiede. Ch. Links, Berlin 2018, ISBN 978-3-96289-029-2.

Einzelnachweise

  1. Der Aufbau des Schulungssystems der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. In Neues Deutschland vom 22. Mai 1946, S. 2.
  2. Wolfgang Leonhard: Die Revolution entlässt ihre Kinder. 15. Auflage. Ullstein, 1976, S. 389–390.
  3. Hermann Exner: Eine sozialistische Hochschule. In: Bildende Kunst, Berlin, 6/1949, S. 196
  4. Wolfgang Leonhard: Im Fadenkreuz der SED. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Band 46, Nr. 2, 1998, S. 292 (ifz-muenchen.de [PDF]).
  5. Zur Arbeit des Thälmann-Instituts (Institut für Ausländerstudium) der Parteihochschule der SED, Inhaltsangabe
  6. Norbert Podewin: Die »Wolfsschlucht« (neues deutschland). Abgerufen am 30. August 2020.
  7. Maul, Artur. Biographische Angaben aus dem Handbuch „Wer war wer in der DDR?“ Bundesstiftung Aufarbeitung, abgerufen am 14. November 2023.

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Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
Zentralbild Zühlsdorf-Vgt-Qu. 30.10.1957 - Parteiaktivtagung der Bezirksleitung Berlin der SED - Am 30.10.1957 fand im großen Lektionssaal der Parteihochschule, Berlin Rungestrasse, eine Bezirksparteiaktivtagung der SED statt. Gen. Kuhn, 2. Sekretär der Bezirksleitung der SED Groß Berlins, sprach über die Aufgaben der Berliner Parteiorganisation nach der 33. Tagung des ZK der SED. UBz.: Blick in den Lektionssaal während der Ausführungen von Willi Kuhn. [Positiv in G IV a CDU 1955 bis 59]