Parteibetrieb (SED)

Als Parteibetrieb der SED bezeichnete man wirtschaftliche Unternehmen und Betriebe, bei denen die SED selbst als Eigentümer, Besitzer, Betreiber und/oder Arbeitgeber fungierte.

Trotz enger Verflechtungen in der DDR sind Parteibetriebe als Organisationseigene Betriebe (OEB) nicht gleichzusetzen mit Volkseigenen Betrieben (VEB), Betrieben und Vermögen des DDR-Staatsapparates, des Bereiches Kommerzielle Koordinierung (KoKo), des Ministeriums für Außenhandel (MHA) und des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) oder der bewaffneten Organe.

Auch die anderen Blockparteien besaßen z. B. parteieigene Verlage.

Aufgabe, Funktion

Die Parteibetriebe im engeren Sinne sicherten die Aktivitäten der Partei, das wirtschaftliche Funktionieren des Parteiapparates und seiner Medien ab. Sie bildeten und verwalteten das materielle und finanzielle Parteivermögen einschl. Immobilien.

Neben den Parteibetrieben im engeren Sinne zählten im weiteren Sinne auch Unternehmungen, Eigentum oder Beteiligung an anderen in- und ausländischen Firmen dazu. Diese dienten bis 1989 vornehmlich der Devisenbeschaffung und dem Import von Waren aus dem nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet (NSW), also aus allen Staaten der westlichen und Dritten Welt, die nicht zum Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (im Osten RGW, im Westen Comecon abgekürzt) gehörten. Letztlich dienten sie der Realisierung von Gewinnen, die u. a. der Finanzierung der DKP dienten.[1]:S. 51 Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) schätzte, dass die DKP in den 1970er Jahren mit weit über 60 Millionen DM jährlich finanziert wurde.[1]:S. 57.

Des Weiteren dienten solche Firmen und Beteiligungen den legalen und illegalen Finanztransfergeschäften, insbesondere auch in der Wendezeit der Vermögensvertuschung und im Zusammenhang mit den Bildungen der Nachfolgeparteien SED-PDS, PDS, Die Linkspartei.PDS und nach der Vereinigung mit der WASG aktuell die heutige Partei Die Linke den dazugehörigen Vermögensübergängen.

Geschichte

Nach der Zerschlagung des „Dritten Reiches“ übernahmen die Alliierten die Verwaltungshoheit im Nachkriegsdeutschland. Sie ließen u. a. politische Parteien zu und bestätigten alte oder neue Rechtsnormen und -organe. Unzweifelhaft zuordenbares Eigentum konnte auch nach den Enteignungen "Dritten Reich" den Parteien, Gewerkschaften u. a. Organisationen zurück übertragen werden, so auch der SPD und KPD, die sich in der Sowjetischen Besatzungszone 1946 zur SED vereinten.

Die Anwaltskanzlei Gentz hatte für die Partei- und später auch für die Staatsführung der DDR eine zentrale Bedeutung. Die 1945 als Notarin zugelassene Rechtsanwältin Ingeburg Gentz beurkundete unter anderem die Gründungsversammlungen aller Parteibetriebe einschließlich der Zentrag[2]:S. 118

Die Parteibetriebe unterstanden dem Zentralkomitee. ZK-Beauftragte für Finanzen und Parteibetriebe waren u. a.:

Im Bereich KoKo war Waltraud Lisowski bis Ende der 1980er Jahre Leiterin der AG-Parteifirmen.

Kapitalanteile an ausländischen Firmen hielt für die SED der langjährige Treuhänder Werner Girke.

Zu Wendezeiten wurden Parteibetriebe und -firmen für die legitime Sicherung und den legitimen, aber auch illegitimen Transfer von Parteivermögen betraut bzw. zur Vermögensverschleierung missbraucht.

Parteibetriebe und Beteiligungen

Die SED besaß oder führte in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR zeitweise oder dauernd verschiedene wirtschaftliche Betriebe oder Beteiligungen, Gästehäuser und Urlaubs- bzw. Ferienobjekte. Das Geflecht aller Betriebe im Vermögen der SED wurde mit der Untersuchung der Parteivermögen nach 1989 öffentlich.

Ende 1989 beschäftigte die SED 40.000 hauptamtliche und sonstige Mitarbeiter.

Die Partei begründete oder führte zudem ausländische Firmen, Vermögen und Beteiligungen.

1982 führte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) zudem 15 Briefkastenfirmen und ausländische DDR-Gesellschaften und Holdings in der Schweiz, Luxemburg, Liechtenstein, Niederlande und Curaçao (Niederländische Antillen) an.[1]:S. 54

Alexander Schalck-Golodkowski, Leiter des Bereichs KoKo, listete in einem Schreiben an den Generalsekretär der SED Erich Honecker 1988 fünfzehn Firmen auf, die sich im Eigentum der SED unter Verwaltung des Bereichs KoKo befanden.

In den Nachwendejahren gründete die SED bzw. die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) bis Inkrafttreten der §§ 20a und 20b des Parteiengesetzes der DDR neue Firmen. Sie sollten als privatwirtschaftliche Betriebe, meist GmbH, das Vermögen und Arbeitsplätze unter den sich abzeichnenden neuen gesellschaftlichen Bedingungen sichern.

Frühere Parteischulen und Bildungseinrichtungen wurden als Kongresszentren, Tagungs- und Veranstaltungseinrichtungen von neuen Betreibergesellschaften weitergeführt. Bisherige Gästehäuser der SED sowie Erholungs- und Ferienobjekte wurden zu Hotel- und Gastronomiebetrieben. Die Fahrbereitschaften der früheren SED-Bezirksleitungen wurden zu Autohandels- und Reparaturbetrieben, Fahrschulen, Speditionen, Touristikunternehmen und Reisebüros umgegründet. Frühere Fernmeldeabteilungen wurden in der Rechtsform der GmbH als Betriebe der Kommunikations- und Sicherheitstechnik und im Audio- und Video-Bereich neu etabliert.[3]

Treuhänderische Verwaltung 1990 bis 1995

Die Vermögensbildung der SED kam laut Zeugenaussage von Wolfgang Langnitschke vor dem Untersuchungsausschuss am 17. Oktober 1996 zu 45 bis 50 Prozent aus dem Aufkommen der Parteibeiträge (Ende der 1980er Jahre ca. 710 Millionen DDR-Mark), ein weiterer Teil aus der Tätigkeit der wirtschaftlichen Parteibetriebe und nur etwa 100 Mio. DDR-Mark aus dem Staatshaushalt.[2]:S. 439.

Eine enge Verflechtung bestand im Rahmen des Bereiches Kommerzielle Koordinierung (KoKo) der Regierung der DDR zwischen dem Parteivermögen und den Unternehmungen und Vermögen der Ministerien für Außenhandel (MAH) und Staatssicherheit (MfS). Der Bereich KoKo wurde auf Ministerratsbeschluss im März 1990 aufgelöst. Die dem Bereich zugeordneten Betriebe gingen an die Treuhandanstalt (THA).

Ein Großteil des zum Stichtag im August 1989 gehörenden Parteivermögens wurde als nicht rechtens erworben ermittelt. Mit der Wende begann der Streit um den weiteren Bestand dieser Vermögenswerte und Organisationen. Noch vor der deutschen Wiedervereinigung wurde daher von der Volkskammer ein Gesetz verabschiedet, das die Vermögen von Parteien und Massenorganisationen der DDR (PMO) unter die Verwaltung einer Behörde bis zur endgültigen Entscheidung über die Verwendung stellte.

Ab 1. Juni 1990 kam das bis August 1989 bestehende Vermögen von fünf Parteien und 18 Massenorganisationen zur Prüfung und treuhänderischen Verwaltung in die Hände der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen (UKPV). Mit der Deutschen Wiedervereinigung ging die Kontrolle über die Vermögen an die Treuhandanstalt (THA) über, die auch mit der Privatisierung der Volkseigenen Betriebe und auch von Parteibetrieben, beauftragt war. Eigentum, das unzweifelhaft rechtmäßig der Partei gehörte, wurde 1995 im abschließenden Vergleich zwischen PDS und Treuhand aus der Obhut der Treuhand entlassen. Die THA wurde ab 1995 als Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) weitergeführt.

Betriebe der Nachfolgepartei "Die Linke"

Ihre zweifelsfrei als rechtmäßig ermittelten Firmen konnten die Vorgängerparteien zurück erhalten, sie aber nur durch Zuwendungen aus dem nach der Wende erworbenen Parteivermögen sanieren. Die Linke verfügt heute über die Vermögen der ehemaligen WASG und Linkspartei.PDS.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d e Bericht des Untersuchungsausschusses zu Schalck-Golodkowski auf interpool online (PDF; 2,4 MB), abgerufen 21. Januar 2019.
  2. a b c | Beschlußempfehlung und Bericht an den Bundestag 13. Wahlperiode, Drucksache 13/10900, Bonn 28. Mai 1998, abgerufen 21. Januar 2019
  3. a b Unterrichtung durch die Bundes regierung an den 13. Bundestag, Drucksache 13/11353 vom 24. August 1998, S. 151–224
  4. Wolfgang Hoffmann: Ein Maulwurf in der Treuhand auf | Zeit online Nr. 31/1992, abgerufen 21. Januar 2019
  5. Unterrichtung durch den Präsidenten des 18. Deutschen Bundestages, Drucksache 18/4300 vom 11. März 2015, S. 178ff, abgerufen 24. Januar 2019