Otto Flagge

Otto Flagge

Otto Flagge (* 5. Januar 1938 in Hildesheim) ist ein deutscher Stadtplaner.

Leben

Flagge besuchte das humanistische Gymnasium Andreanum in Hildesheim und begann 1957 nach dem Abitur an der Technischen Hochschule Darmstadt mit dem Studium der Architektur. 1964 schloss er mit Diplom ab. Nach einer ersten Anstellung als Projektleiter im Büro Lenz in Mainz, wo er vor allem Wettbewerbe bearbeitete, erhielt er ein Auslandsstipendium für ein Stadtplanerstudium in England. 1966 begann er ein Post-Graduate-Studium an der Universität Edinburgh bei Percy Johnson-Marshall am Department of Regional Planning and Urban Design. Er bearbeitete stadträumlich den Stadtkern Edinburghs und die Stadterweiterung von Broxburn-Uphall und schloss 1966 mit einem Civic-Design-Diplom ab, der Voraussetzung für die nachfolgende Master-of-Science-Abschlussarbeit.

Im Anschluss war Otto Flagge bis 1969 Mitarbeiter im Greater London Council am Department of Architecture and Civic Design. Der GLC war damals die Kommunalverwaltung Londons und bearbeitete alle wichtigen kommunalen Vorhaben. Flagge beschäftigte sich vor allem mit der Reorganisation des Umfeldes des Bahnhofs Waterloo, der Ufergestaltung der Themse am Greenwich Pier und den stadträumlichen Folgen der geplanten Stadtautobahn London South Cross Route. Während seiner Arbeit beim GLC schrieb er seine M.Sc.-Abschlussarbeit zum Thema „Factors influencing the Location and Design of Urban Motorways with Particular Reference to the London South Cross Route“ (dt. Einflussfaktoren auf Ort und Gestaltung städtischer Autobahnen mit spezieller Hinsicht auf die London South Cross Route), die er 1969 bei der Universität Edinburgh einreichte.

1967 heiratete er in London die Archäologin Ingeborg Flagge. Nach Rückkehr nach Deutschland baute er das Planungsbüro Guther/Stracke als Zweigbüro in Bonn auf und war bis 1974 dessen Leiter. Arbeitsschwerpunkte waren vor allem die Entwicklung eines neuen Bonner Stadtteiles (Bonn-Tannenbusch), die Beratung der Stadt bei der Aufstellung eines Flächennutzungsplanes nach der kommunalen Neugliederung 1969 sowie die Beratertätigkeit für die Stadt Bonn, das Land Nordrhein-Westfalen sowie den Bund bei der Formulierung und Umsetzung eines Hauptstadtkonzeptes.

Während seiner Arbeit in Bonn wurde er 1971 zum Mitglied im Royal Town Planning Institute ernannt und schrieb von 1971 bis 1973 eine Dissertation zum Thema „Die Bedeutung von Verträgen bei Planung und Realisierung neuer Städte und Stadtteile“. 1974 wurde er damit zum Dr.-Ing. an der TH Darmstadt promoviert.

Bis 1987 war Otto Flagge Leiter des Planungsamtes der Stadt Leverkusen. Hier war er vornehmlich mit kommunalen Aufgaben wie der Aufstellung eines neuen Flächennutzungsplanes nach der kommunalen Neugliederung und der Aufstellung eines Landschaftsplanes und Verkehrsgesamtplanes beschäftigt.

Zum 1. April 1987 wurde er zum Stadtbaurat (Mitglied des Magistrates) der Landeshauptstadt Kiel gewählt. Am 31. März 1999 schied er nach zwei Wahlperioden aus dem Dienst aus. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Jürgen Fenske sagte in der Abschiedsrede, dass „Otto Flagge der Stadt Urbanität und Vitalität gegeben habe“. Kiel habe durch ihn eine „Frischzellenkur erlebt“.

Zu seinen Hauptprojekten zählten die Sanierung der brachgefallenen Flächen an der Südspitze des Hafens, mehrere neue Wohngebiete, der Umbau des Bahnhofes und seines Umfeldes, die Sanierung des Stadtteiles Friedrichsort sowie die umstrittene Einführung von Tempo 30 in fast allen Wohnquartieren. Otto Flagge nahm insgesamt starken gestalterischen Einfluss auf zahlreiche bedeutende private Bauvorhaben.

Über Jahrzehnte hat Otto Flagge seit seinem Studium auf allen Reisen gezeichnet – immer direkt mit dem Tuschestift, so dass kein Strich korrigierbar war und die Aquarellfarben bei der nächsten Gelegenheit im Sitzen aufgetragen – danach keine Ergänzungen oder Änderungen. Zeichnen bedeutete für Flagge Zeit seines Lebens die konkrete Auseinandersetzung mit Architektur im städtischen und landschaftlichen Raum. Skizzieren bedarf eines scharfen Blickes, der gleichzeitig Analyse und Interpretation ist.

Mitte 1999 gründete Otto Flagge ein privates Büro für kommunale Planungsberatung, das er bis 2012 betrieb.

Flagge ist Mitglied der SPD, außerordentliches Mitglied des Bundes Deutscher Architekten und seit 1989 Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung DASL.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Fast 1000 Wohnungen, ein Investorenwettbewerb, in: DAB 11/1973
  • Bundesbauten Bonn, Notizen zum Ergebnis eines Wettbewerbes, in: Der Architekt 5/1973
  • Edinburghs alte New Town, in: Baumeister 5/1976
  • Stop dem Straßenbau in London?, in: Bauwelt 16/1975
  • Neue Bodenreform in Großbritannien, in: Stadtbauwelt 54/1977
  • London Docklands, Chancen und Probleme auf Europas größter Baustelle, in: Bauwelt 10/1978
  • Bundeshauptstadt Bonn, Bundesbauten und -planungen, in: Architektur in Bonn, Verlag Röhrscheid, Bonn 1984
  • Was heißt Stadtqualität in der Zukunft?, in: Der Architekt 7–8/1986

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