Ottakringer Friedhof

Ottakringer Friedhof und Aufbahrungshalle 1

Der Ottakringer Friedhof ist ein Friedhof im 16. Wiener Gemeindebezirk Ottakring. Die 1885 als Friedhofskapelle erbaute Aufbahrungshalle 1 steht unter Denkmalschutz (Listeneintrag).

Lage

Im Friedhof

Der Ottakringer Friedhof liegt im Westen des Bezirks Ottakring am Gallitzinberg (Gallitzinstraße 5). Er befindet sich inmitten eines locker verbauten Wohngebiets zwischen Johann-Staud-Straße und Gallitzinstraße. Wiens sechstgrößter Friedhof umfasst eine Fläche von 173.461 m² und derzeit rund 28.000 Grabstellen.[1]

Geschichte

Alte Ottakringer Friedhöfe

Denkmal für die Opfer der Teuerungsrevolte

Erstmals wird ein Friedhof auf dem Gebiet Ottakrings im Jahr 1230 urkundlich erwähnt. Der Friedhof bestand bereits zur damaligen Zeit am heutigen Friedhofsstandort, wobei er sich in etwa auf dem Standort der heutigen Aufbahrungshalle 1 erstreckte, wo sich die Pfarrkirche St. Lambert befand. Im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurden auch die Seuchenopfer auf dem Ottakringer Friedhof bestattet. Nachdem die Kapazitäten für Seuchenopfer jedoch 1713 erschöpft waren, wurde auf dem Gebiet zwischen den heutigen Straßenzügen Gaullachergasse/Friedmanngasse ein eigener Seuchenfriedhof angelegt. Der Friedhof wurde in der Folge der Gemeinde Neulerchenfeld abgetreten, die den Friedhof bis zur Kirchstetterngasse vergrößerte. Die Auflassung des ehemaligen Seuchenfriedhof wurde 1799 verfügt, wobei die endgültige Schließung des Friedhofes erst 1842 erfolgte. Als Ersatz erwarb die Gemeinde Neulerchenfeld 1832 ein Grundstück auf der Schmelz, das neben dem Schmelzer Friedhof lag. Der neue Friedhof wurde am 9. September 1832 vom Klosterneuburger Propst Jakob Rukenstock zum Neulerchenfelder Friedhof geweiht und blieb bis 1888 in Betrieb. Der Neulerchenfelder Friedhof wurde auf Grund der Vereinigung von Ottakring und Neulerchenfeld zu einem Wiener Gemeindebezirk geschlossen, in der Folge diente der Ottakringer Friedhof für den gesamten Bezirk als Begräbnisstätte.

Ottakringer Friedhof

Grabmal von Franz Schuhmeier

Die Bestattungen erfolgte auf dem Ottakringer Friedhof lange Zeit kostenlos oder gegen eine geringe Grabgebühren. Auf Grund von Überbelegung und oftmaligen Erweiterungen wurden jedoch die Gebühren erhöht und die Bestattung von Ortsfremden 1874 untersagt. Auf Grund des starken Wachstums von Ottakring wurde der Ottakringer Friedhof ab 1835 fünfzehn Mal erweitert. Zudem waren laufende Investitionen in die Infrastruktur notwendig. 1863 erfolgte der Antrag auf ein Leichenhaus mit einer Wohnung für den Totengräber, 1879 bewilligte die Gemeinde die Einfriedung des bisher offenen Friedhofareals. 1885 erfolgte die Errichtung einer Kapelle, 1903 beschloss der Gemeinderat den Ankauf von Grundstücken für den Bau eines Verwaltungsgebäudes, einer Einsegnungshalle und einer Leichenkammer. Die Toranlage des heutigen Hauptportals stammt aus dem Jahr 1935. Die Aufbahrungshalle 2 wurde von 1969 bis 1985 durch den Architekten Erich Boltenstern umgebaut und für die Benutzung bei Erdbestattungen und Kremationsfeiern adaptiert. Gleichzeitig wurde der Zeremonienraum der Aufbahrungshalle 1 umgestaltet, das Altarkreuz schuf der Maler Hermann Bauch.

Die Beerdigung des populären Arbeiterführers Franz Schuhmeier am Ottakringer Friedhof vom 16. Februar 1913 war Wiens bis dahin größte Demonstration. Es nahmen – die Angaben schwanken – bis zu einer halben Million Trauergäste teil.[2] Hier befinden sich auch die Gräber vieler Opfer der Februarkämpfe des Jahres 1934. Der Friedhof ist geprägt von langen Alleen mit dunklen hohen Stelen der reichen Gewerbetreibenden aus Alt-Ottakring.

Grabstätten bedeutender Persönlichkeiten

Ehrenhalber gewidmete Gräber

Grabmal für die Opfer der Zelluloidkatastrophe 1908
Grabmal für Albert Sever
Grabmal für Karl Volkert
Grabmal für Franz Siegel

Der Ottakringer Friedhof weist 44 ehrenhalber gewidmete Gräber auf.[3] Dazu zählen auch die Gräber von 15 Opfern einer Zelluloidexplosion in der Fabrik Sailer am 6. Juni 1908.

NameLebensdatenTätigkeit
Ferdinand Blatt–1934Februaropfer 1934
Karl Bohuslawek1836–1886Sekretär des Kronprinzen Rudolf
Otto Brötzenberger–1886Opfer der Teuerungsrevolte 1911
Christine Busta1915–1987Lyrikerin
Georg Dänzer1848–1893Schrammelmusiker
Anton David1849–1924Politiker
Franz Edelbauer1854–1911Wohltäter und Pfarrer
Johann Frankovsky1888–1945Komponist und Textdichter
Johann Gasser1846–1896Industrieller
Rudolf Gmeiner1880–1924Konzertsänger
Kurt Girk[4]1932–2019Sänger
Franz Höbling1886–1965Hofschauspieler und Opernsänger
Josef Hornig1861–1911Volkssänger und Schriftsteller
Robert Joachimovitz1892–1970Universitätsprofessor
Franz Joachimsthaler–1911Opfer der Teuerungsrevolte
Josef Kaderka1910–1993Textautor, Komponist, Musiker, Maler
Karl Kantner1855–1925Verbandsobmann der Freiwilligen Feuerwehren
Gerhard Kofler1949–2005Schriftsteller
Adam Latschka1872–1905Pfarrer
Johann Friedrich Laux–1911Pfarrer
Walter Nausch1907–1957Bundeskapitän des ÖFB
Josef Raitmann1876–1912Hornist und Feuerwehrmann
Grete Rehor1910–1987Bundesministerin
Hansl Schmid1897–1987Wienerliedersänger
Heinrich Schoof1865–1939Komponist und Chormeister
Franz Schuhmeier1864–1913Politiker
Albert Sever1867–1942Politiker
Franz Siegel1876–1927Politiker
Franz Ullreich–1958Politiker
Karl Volkert1868–1929Politiker
Franz Wögerbauer–1911Opfer der Teuerungsrevolte

Gräber weiterer Persönlichkeiten

Weitere bedeutende Persönlichkeiten, die am Ottakringer Friedhof begraben sind:

NameLebensdatenTätigkeit
Paul Badura-Skoda1927–2019Pianist
Eva Badura-Skoda1929–2021Musikwissenschaftlerin
Alfred Baldia1913–1997Brieftaubenzüchter und Unternehmer
Ferdinand Baldia1860–1936Architekt und Stadtbaumeister in Ottakring
Ferdinand Mathias Baldia1818–1869Baumeister und Gemeinderatsmitglied von Ottakring
Josef Baldia1845–1912Architekt
Eduard Bauer1894–1948Fußballspieler
Otto F. Beer1910–2002Journalist und Schriftsteller
Gerald Bisinger1936–1999Lyriker
Jaromír Borek1928–1997Schauspieler
Oskar Bottoli1921–1995Bildhauer
Kurt Buchinger1935–2019Politiker
Theodor Charlemont1859–1938Bildhauer
Richard Czapek1913–1997Komponist und Wienerliedersänger
Adolf Czettel1924–1988Politiker
Wilfried Daim1923–2016Psychologe und Autor
Gustav Deutsch1952–2019Filmkünstler
Vinzenz Dittrich1893–1965Fußballspieler
Anton Duhan1882–1958Richter und Reichsanwalt
Franziska Fast1925–2003Politikerin
Eduard Frühwirth1908–1973Fußballspieler
Martha Frühwirt1924–1998Selbsthilfegruppe-Gründerin
Adolf Czettel1924–1988Politiker
Johann Goldschmid1919–1981Radrennfahrer
Heinz Grill1909–1983Historiker
Hans Grötzer1928–2019Geiger
Viktor Hammer1913–1986Bildhauer
Walter Haummer1928–2008Fußballspieler
Kurt Heller1919–1990Politiker
Adolf Heinrich Hobel1910–1995Botschafter
Edmund Holzfeind1897–1974Politiker
Adrian Hoven1922–1981Schauspieler, Regisseur und Filmproduzent
Karl Hodina1935–2017Musiker und Maler
Wilhelm Kaufmann1895–1975Maler
Ernst Kein1928–1985Autor, Mundartdichter
Peter Heinz Kersten1929–2004Zauberkünstler, Wienerliedinterpret
Herbert Klauser1916–2009Schriftsteller
Erwin Klein1924–1983Unternehmer
Richard Kurfürst1909–1991Journalist
Maximilian Kreuzer1960–2010Physiker
Alfred Lehr1924–2011Bankkaufmann
Hermann Lein1920–2006Autor und Widerstandskämpfer
Elisabeth Lichtenberger1925–2017Geografin
Herbert Link1944–2018Filmemacher
Anestis Logothetis1921–1994Komponist
Karl Lugmayer1892–1972Volksbildner
Bob Martin1922–1998Sänger
Alfred Migsch1901–1975Politiker
Hans Müller1873–1937Bildhauer
Heinz Ockermüller1921–1994Filmarchitekt
Herta Pammer1905–1995Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung
Erich Wolfgang Partsch1959–2014Musikwissenschaftler
Josef Pecanka1925–2015Eishockeyspieler
Günter Pernhaupt1936–1999Mediziner und Psychotherapeut
Franz Pfaudler1893–1956Schauspieler
Hubert Pfoch1920–2008Vizebürgermeister Wiens
Karl Prachar1925–1994Mathematiker
Ernst Robetschek1912–1972Jurist und Politiker
Wolfgang Schiesterl1983–2011Volleyballspieler
Max Schipper1900–1951Schauspieler und Regisseur
Karl Schmalhofer1871–1960Architekt
Kurt Schmied1926–2007Fußballspieler
Emmy Schörg1930–2020Schauspielerin
Anton Schwaiger1911–1975Politiker
Franz Senghofer1904–1998Erwachsenenbildner
Johann Staud1882–1939Politiker
Johannes B. Torelló1920–2011Geistlicher
Josef Uridil1895–1962Fußballspieler
Hermann Vetters1915–1993Archäologe
Franz Weselik1903–1962Fußballspieler
Rudolf Wiszkoczil1870–1925Architekt

Einzelnachweise

  1. Ottakringer Friedhof auf den Seiten der Friedhöfe Wien GmbH
  2. Wolfgang Maderthaner, Lutz Musner: Die Anarchie der Vorstadt. Das andere Wien um 1900. Campus-Verlag. Frankfurt am Main 1999. S. 176–178. ISBN 3-593-36334-8
  3. Friedhöfe Wien GmbH – Ehrenhalber gewidmete Gräber des Friedhofs Ottakring, Jänner 2008 (PDF, abgerufen am 15. Dezember 2008; 85 kB)
  4. Stadt Wien: Ehrengrab für Wienerliedsänger Kurt Girk und historisches Grab für Familie Tschepper. In: ots.at. 29. Oktober 2021, abgerufen am 31. Oktober 2021.

Literatur

  • Werner T. Bauer, Katharina Gossow (Fotos): Wiener Friedhofsführer. Genaue Beschreibung sämtlicher Begräbnisstätten nebst einer Geschichte des Wiener Bestattungswesens. Falter Verlag. Wien 2004. ISBN 3-85439-335-0

Weblinks

Commons: Ottakringer Friedhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 48° 12′ 48,1″ N, 16° 17′ 47,1″ O

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Ottakringer Friedhof , Grabmal von Albert Sever
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Ottakringer Friedhof in Wien 16
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Ottakringer Friedhof , Grabmal von Franz Schuhmeier
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Ottakringer Friedhof , Grabmal von Franz Siegel
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Ottakringer Friedhof , Grabmal für die Opfer der Zelluloidwerkexplosion 1908
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Ottakringer Friedhof, Grabmal für die Opfer der Teuerungsrevolte 1911: Otto Brötzenberger, Franz Joachimsthaler, Franz Wögerbauer
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Ottakringer Friedhof , Grabmal für Karl Volkert