Oszillation (Topologie)

In der Mathematik kommt der Begriff der Oszillation in der Topologie vor, einem der Teilgebiete der Mathematik. Er tritt ebenfalls in der Analysis und hier insbesondere in Integralrechnung auf. Statt von der Oszillation spricht man auch von der Schwankung oder der Schwankungsbreite. Die Oszillation dient bei der Untersuchung von Stetigkeitsfragen zu Abbildungen von topologischen Räumen in metrische Räume dazu, in einem gewissen Sinne die Unstetigkeit einer Abbildung zu messen. Mit dem Begriff der Oszillation verwandt ist der des Stetigkeitsmoduls von Abbildungen metrischer Räume.[1][2][3][4][5][6][7][8][9]

Oszillation einer Folge

Die Oszillation einer Folge (hier die blauen Punkte) ist die Differenz zwischen dem Limes Superior und dem Limes Inferior

Sei eine Folge reeller Zahlen. Die Oszillation ist definiert als Differenz zwischen dem Limes superior und Limes inferior von :

.

Die Oszillation einer Folge ist genau dann null, wenn die Folge konvergiert. Die Oszillation ist nicht definiert, wenn Limes Superior und Limes Inferior beide gleichzeitig gleich oder gleich sind, wenn also die Folge bestimmt divergiert.

Definitionen, Sprech- und Schreibweisen

Gegeben sei ein topologischer Raum , ein metrischer Raum sowie eine Abbildung .

Oszillation auf einer Teilmenge

Für eine beliebige nicht-leere Teilmenge versteht man unter der Oszillation von auf bzw. unter der Schwankung von auf den Durchmesser der Bildmenge bezüglich der Metrik , also diejenige Größe , welche folgendermaßen definiert ist:

Es wird im Allgemeinen auch die Oszillation nicht ausgeschlossen, wenn – wie im Falle unbeschränkter Funktionen möglich – kein endliches Supremum existiert.

Ein häufig betrachteter Fall ist der, dass ist, wobei die Betragsmetrik, also die durch die Betragsfunktion gegebene darstellt, während zugleich auf beschränkt ist. Unter diesen Gegebenheiten ist

[10]

Hinsichtlich der Bezeichnung findet man statt auch oder ; manchmal auch, jedoch eher in englischsprachigen Quellen, .

Oszillation in einem Punkt

In jeder Umgebung um den Punkt p oszilliert die Funktion zwischen f(a) und f(b) unendlich oft. Die Oszillation dieser Funktion an dem Punkt p ist damit f(b)-f(a).

Für einen Punkt definiert man:

[11]

Man nennt diese Größe die Oszillation von im Punkte oder die Oszillation von in (bei) oder auch die Punktschwankung von in (bei) . Das obige Infimum wird dabei definitionsgemäß über alle -Umgebungen im Umgebungsfilters gebildet. Es genügt jedoch für dessen Bestimmung auch schon, allein die offenen Umgebungen innerhalb oder gar nur die -Umgebungen einer beliebigen in enthaltenen Umgebungsbasis zu betrachten.

Statt gibt es auch die Schreibung bzw. . Daneben ist, sofern aus dem Kontext heraus die Abhängigkeit von keiner Hervorhebung bedarf, die einfache Schreibung bzw. zu finden.

Wird die topologische Struktur von ebenfalls durch eine Metrik erzeugt, so hat der Umgebungsfilter des Punktes die -Umgebungen   () als Umgebungsbasis und es gilt:

Untersuchungen zur Oszillation treten oft – etwa in der Integralrechnung – für den Fall auf, dass die betrachteten Funktionen auf reellen Intervallen leben, also ist und zugleich eine beschränkte Funktion ist.

Da für einen Punkt die offenen Intervalle der Form und auch die abgeschlossenen Intervalle der Form   eine Umgebungsbasis bilden, hat man:

.

Beispiel

Die Funktion für positive

Für die Funktion

ist für und .

Resultate

  1. Die Funktion ist eine oberhalb stetige Funktion.
  2. Für eine Abbildung von einem topologischen in einen metrischen Raum ist Stetigkeit in einem Punkte gleichbedeutend damit, dass in diesem Punkt die Oszillation gleich Null ist. Mit anderen Worten heißt das für ist in stetig genau dann, wenn ist. Eine Abbildung von einem topologischen in einen metrischen Raum ist folglich stetig genau dann, wenn sie in keinem Punkte eine Oszillation größer Null aufweist.
  3. Bezeichnet man mit die Menge der Unstetigkeitsstellen von und setzt man mit , so gilt
    .
  4. Die sind allesamt abgeschlossene Mengen und damit ist stets eine Fσ-Menge.
  5. Ist ein abgeschlossenes n-dimensionales Intervall und eine beschränkte reelle Funktion, so ist dann und nur dann Riemann-Darboux-integrierbar, wenn die allesamt Jordan-Nullmengen sind.

Zum Stetigkeitsmodul

Der mit der Oszillation verwandte Begriff des Stetigkeitsmoduls wurde von Henri Léon Lebesgue im Jahre 1910 eingeführt. Das Stetigkeitsmodul zu einer Abbildung zwischen zwei metrischen Räume und und einer gegebenen reellen Zahl ist dabei die folgende Größe :

[12]

Der Stetigkeitsmodul hat folgende Eigenschaften:

  1. .
  2. ist monoton steigend.
  3. ist subadditiv.
  4. ist gleichbedeutend damit, dass gleichmäßig stetig ist.

Siehe auch

Literatur

  • John J. Benedetto: Real Variable and Integration. B. G. Teubner Verlag, Stuttgart 1976, ISBN 3-519-02209-5.
  • Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis. Teil 1 (= Mathematische Leitfäden). 16., durchgesehene Auflage. B. G. Teubner Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-8351-0131-9.
  • Stephen Willard: General Topology. Addison-Wesley, Reading MA u. a. 1970 (MR0264581).
  • Kazimierz Kuratowski: Topology. New edition, revised and augmented Auflage. Volume 1. Academic Press, New York / London 1966 (Aus dem Französischen übersetzt von J. Jaworowski).
  • Nicolas Bourbaki: Elements of Mathematics. General Topology. Part 2 (= ADIWES International Series in Mathematics). Addison-Wesley Publishing Company, Reading MA 1966.
  • Guido Walz [Red.]: Lexikon der Mathematik in sechs Bänden. Band 5. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg / Berlin 2002, ISBN 3-8274-0437-1.
  • Guido Walz [Red.]: Lexikon der Mathematik in sechs Bänden. Band 4. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg / Berlin 2002, ISBN 3-8274-0436-3.
  • Hermann Athen, Jörn Bruhn (Hrsg.): Lexikon der Schulmathematik und angrenzender Gebiete. Band 4: S–Z. Aulis Verlag, Köln 1978, ISBN 3-7614-0242-2.
  • John C. Oxtoby: Measure and Category. A Survey of the Analogies between Topological and Measure Spaces (= Graduate Texts in Mathematics. Band 2). 2. Auflage. Springer Verlag, Berlin u. a. 1987, ISBN 3-540-90508-1.
  • Serge Lang: Analysis. Hrsg.: Willi Jäger. Inter European Editions, Amsterdam 1977, ISBN 0-201-04152-9 (Deutsche Übersetzung von Bernd Wollring).

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Lexikon der Mathematik in sechs Bänden. Band 4, S. 128–129.
  2. Lexikon der Schulmathematik. Band 4, S. 941–942.
  3. H. Heuser: Lehrbuch der Analysis. 2006, S. 241, 470–473.
  4. J. J. Benedetto: Real Variable and Integration. 1976, S. 24.
  5. S. Lang: Analysis. 1977, S. 403.
  6. J. C. Oxtoby: Measure and Category. 1987, S. 31 ff.
  7. S. Willard: General Topology. 1970, S. 177.
  8. N. Bourbaki: Elements of Mathematics. 1966, S. 151.
  9. K. Kuratowski: Topology. 1966, S. 208.
  10. Stellenweise wird sogar eine noch allgemeinere Situation zugrunde gelegt. Dann betrachtet man in eine nicht-leere Teilmenge sowie eine Abbildung und definiert dann . Aus Vereinfachungsgründen wird dann bei   gesetzt. Vgl. hierzu S. Willard: General Topology. 1970, S. 177.
  11. Bei N. Bourbaki: Elements of Mathematics. 1966, S. 151. wird diese Größe auch allgemeiner für , und definiert.
  12. Lexikon der Mathematik in sechs Bänden. Band 5, S. 108.

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