Oswald Menghin

Oswald Menghin (* 19. April 1888 in Meran, Tirol, Österreich-Ungarn; † 29. November 1973 in Buenos Aires, Argentinien) war ein österreichischer Prähistorischer Archäologe, Universitätsprofessor und Unterrichtsminister im nationalsozialistischen Kabinett von Arthur Seyß-Inquart.

Aufnahme von Ludwig Schwab (1930er Jahre)

Leben

Nach Abschluss des Gymnasiums in Meran 1906 studierte Menghin Prähistorische Archäologie an der Universität Wien; gleichzeitig besuchte er das Institut für Österreichische Geschichtsforschung, wo er mit der Arbeit Beiträge zur ältesten Siedelungs- und Agrargeschichte Deutschtirols 1911 abschloss. Menghin habilitierte sich im Jahre 1913 für Urgeschichte des Menschen. 1914 gründete er die Wiener prähistorische Gesellschaft und begründete die Wiener prähistorische Zeitschrift, die er selbst bis 1945 redigierte.[1]

Nach dem Tod von Moriz Hoernes stand er dem Urgeschichtlichen Institut der Universität Wien von 1917 bis 1945 als Universitätsprofessor vor, darüber hinaus war er von 1930 bis 1933 Professor an der Universität Kairo.

Von 1919 bis 1926 war Menghin Mitglied der Deutschen Gemeinschaft, in der er Arthur Seyß-Inquart kennenlernte, sowie des ähnlich gelagerten deutschnationalen Deutschen Klubs. Zudem war er Mitglied der im Geheimen operierenden, antisemitischen Professorengruppe „Bärenhöhle“ an der philosophischen Fakultät, die erfolgreich akademische Karrieren von Juden in Wien verhinderte.[2]

Für das Studienjahr 1935/36 wurde er zum Rektor der Universität Wien gewählt. Nach mehrmaligen vergeblichen Versuchen erfolgte 1936 die Wahl zum wirklichen Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Von Juli 1936 bis Juni 1937 war er Mitglied des Führerrates der Vaterländischen Front. Im Jahr 1936 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt. Im Juni 1937 verlieh ihm die Philosophische Fakultät der Universität Göttingen auf Vorschlag des deutschen Botschafters in Wien von Papen den Ehrendoktor-Titel.[3]

Am 11. März 1938 wurde er Unterrichtsminister im sogenannten „Anschlusskabinett“ von Seyß-Inquart. In seine bis Ende Mai laufende Amtszeit fielen das Anschlussgesetz und die sogenannte „Säuberung“ der Universität Wien. So wurden für jüdische Studierende ein Numerus clausus von 2 % eingeführt und rund 40 % des Lehrkörpers wegen „jüdischer Abstammung“ bzw. aus „politischen Gründen“ entlassen. Im August 1938 kehrte Menghin wieder an die Universität Wien zurück. 1940 trat er der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 8.123.303).[4][5]

Nach dem „Anschluss Österreichs“ im März 1938 an das Deutsche Reich beteiligte sich Menghin mit einem Beitrag am Bekenntnisbuch österreichischer Dichter (herausgegeben vom Bund deutscher Schriftsteller Österreichs)[6], das den Anschluss begeistert begrüßte. Während des Zweiten Weltkriegs war Menghin u. a. an Ausgrabungen in der Umgebung des KZ Gusen in Oberösterreich involviert. Er wurde außerdem als unabkömmlich von Einsätzen an der Front zurückgestellt.[7]

In katholischen Kreisen galt er ab diesem Zeitpunkt als Verräter und wurde von seiner – er war 1906 als Student Mitglied geworden[8]CV-Verbindung Rudolfina Wien, die wie alle katholischen Verbindungen verboten worden war, auf einem im Untergrund abgehaltenen Convent am 12. November 1938 ausgeschlossen.

Nach dem Krieg kam er als Mitglied der Seyß-Inquart-Regierung auf die 1. Kriegsverbrecherliste. Die US-Armee verhaftete ihn kurz nach Kriegsende in Mattsee. Auch österreichische Behörden leiteten später Ermittlungen gegen ihn ein. Er wurde jedoch nicht angeklagt, sondern kam bis Februar 1947 in Internierungslager, wo er Vorträge hielt. 1948 gelang ihm die Flucht nach Argentinien, wo er Universitätsprofessor in Buenos Aires und ab 1957 auch an der Universidad Nacional de La Plata wurde. Das Verfahren gegen ihn wurde 1956 eingestellt. 1959 wurde er korrespondierendes Mitglied im Ausland der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Er starb am 29. November 1973 in Buenos Aires in Argentinien.

Auch Menghins Sohn Osmund wirkte als Prähistoriker.

Weitere Mitgliedschaften

  • Karantania Klagenfurt (heute im MKV)[9]

Werke (Auswahl)

  • Weltgeschichte der Steinzeit. Schroll, Wien 1929
  • Geist und Blut: Grundsätzliches um Rasse, Sprache, Kultur und Volkstum. Schroll, Wien 1933.
  • Herausgeber der Reihe Urgeschichtliche Volksbücher. Burgverlag, Wien.

Literatur

  • Robert Obermair: Oswald Menghin. Science and Politics in the Age of Extremes. de Gruyter, Berlin u. a. 2023, ISBN 978-3-11-105320-2 (zugl.: Dissertation, Universität Salzburg, 2021).
  • Otto Helmut Urban: „Er war der Mann zwischen den Fronten“. Oswald Menghin und das Urgeschichtliche Institut der Universität Wien während der Nazizeit. In: Archaeologia Austriaca, Jg. 80 (1996), S. 1–24.
  • Erich Hackl: Nachschrift zum Fall Menghin. In: Theodor Kramer Gesellschaft (Hrsg.): Zwischenwelt. Zeitschrift für Kultur des Exils und des Widerstands, Jg. 19 (2002), Heft 4: Aufklärung, Gegenaufklärung, ISSN 1606-4321, S. 5f. (Hinweis: Obgleich das Heft zum Jahrgang 2002 der Zeitschrift gehört, erschien es erst im Februar 2003.)[10]
  • Heinz-Dietmar Schimanko: Das volksgerichtliche Verfahren gegen Oswald Menghin. Wien, Jänner 2023 (online).
  • Marcelino Fontán: Der Fall Menghin. Ein österreichischer Anschlußminister in Argentinien. Aus dem argentinischen Spanisch von Erich Hackl. In: Zwischenwelt. Zeitschrift für Kultur des Exils und des Widerstands, Jg. 19, Nr. 4. Wien, Februar 2003, ISSN 1606-4321, S. 4f.
  • Otto Helmut Urban: Oswald Menghin. Professor für Urgeschichte, Unterrichtsminister 1938. In: Mitchell Ash, Josef Ehmer (Hrsg.): Universität – Politik – Gesellschaft, 650 Jahre Universität Wien – Aufbruch ins neue Jahrhundert, Bd. 2. Vienna University Press, Göttingen 2015, S. 299–304.
  • Philip L. Kohl, J. A. Perez Gollan: Religion, Politics, and Prehistory. Reassessing the Lingering Legacy of Oswald Menghin In: Current Anthropology, Jg. 43 (2002), S. 561–586.
  • Otto H. Urban: Ein Prähistoriker und Unterrichtsminister in der NS-Zeit: Oswald Menghin und die „Kulturkreislehre“ von Pater Wilhelm Schmidt. In: Andre Gingrich; Peter Rohrbacher (Hg.), Völkerkunde zur NS-Zeit aus Wien (1938–1945): Institutionen, Biographien und Praktiken in Netzwerken (Phil.-hist. Kl., Sitzungsberichte 913; Veröffentlichungen zur Sozialanthropologie 27/3). Wien: Verlag der ÖAW 2021, S. 231–292. doi:10.1553/978OEAW86700
  • Marcelino Fontán: Oswald Menghin: ciencia y nazismo. El antisemitismo como imperativo moral. Fundación Memoria del Holocausto, Buenos Aires 2005.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Schriftleitung: Univ-Prof. Dr. h. c. Dr. Oswald Menghin zum vollendeten 80. Lebensjahr. In: Der Schlern. Nr. 5, Mai 1968 (42. Jahrgang).
  2. Kurt Ehrenberg: Othenio Abel’s Lebensweg, unter Benützung autobiographischer Aufzeichnungen. Kurt Ehrenberg, Wien 1975, S. 85 f., ausgewertet bei Klaus Taschwer: Geheimsache Bärenhöhle. Wie ein antisemitisches Professorenkartell der Universität Wien nach 1918 jüdische und linke Forscherinnen und Forscher vertrieb. In: Regina Fritz, Grzegorz Rossoliński-Liebe, Jana Starek (Hrsg.): Alma mater antisemitica: Akademisches Milieu, Juden und Antisemitismus an den Universitäten Europas zwischen 1918 und 1939. Band 3, new academic press, Wien 2016, S. 221–242, hier S. 230 (online).
  3. Dirk Schumann, Lena Freitag: Abschlussbericht zum Projekt: Ehrungen der Universität Göttingen (Ehrenbürger und -doktoren) in der NS-Zeit und der Umgang mit ihnen nach 1945, herausgegeben von der Universität Göttingen. Göttingen, 26. August 2014, S. 34–40. (Auszug Online)
  4. Mitchell Ash, Josef Ehmer: Universität – Politik – Gesellschaft. In: 650 Jahre Universität Wien – Aufbruch ins neue Jahrhundert. Band 2. Vandenhoeck & Ruprecht, 2015, ISBN 978-3-8470-0413-4, S. 303 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Zweite aktualisierte Auflag. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 402.
  6. Bund Deutscher Schriftsteller Österreichs (Hrsg.): Bekenntnisbuch Österreichischer Dichter. Krystall Verlag, Wien 1938.
  7. Biografie der Universität Wien
  8. Die Ehrenmitglieder, Alten Herren und Studierenden des C.V. Wien 1925, S. 656.
  9. "Acta Studentica", 72/1988, S. 6.
  10. Archiv der Ausgaben der Zwischenwelt, abgerufen am 12. Juli 2023.

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Das ursprüngliche Staatswappen wurde in der ersten Republik Österreich im Jahr 1919 eingeführt. Im austrofaschistischen Ständestaat wurde es im Jahr 1934 wieder abgeschafft und, im Rückgriff auf die österreichisch-ungarische Monarchie, durch einen Doppeladler ersetzt. In der wiedererstandenen (zweiten) Republik im Jahr 1945 wurde das Bundeswappen mit dem Wappengesetz in der Fassung StGBl. Nr. 7/1945 in modifizierter Form wieder eingeführt. Der Wappenadler versinnbildlicht, diesem Gesetzestext entsprechend (Art. 1 Abs. 1), „die Zusammenarbeit der wichtigsten werktätigen Schichten: der Arbeiterschaft durch das Symbol des Hammers, der Bauernschaft durch das Symbol der Sichel und des Bürgertums durch das Symbol der den Adlerkopf schmückenden Stadtmauerkrone […]. Dieses Wappen wird zur Erinnerung an die Wiedererringung der Unabhängigkeit Österreichs und den Wiederaufbau des Staatswesens im Jahre 1945 dadurch ergänzt, dass eine gesprengte Eisenkette die beiden Fänge des Adlers umschließt.“

Mit dem Bundesverfassungsgesetz vom 1. Juli 1981, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird, BGBl. Nr. 350/1981, wurden die Wappengesetze von 1919 und 1945 außer Kraft gesetzt und dem Text des Bundes-Verfassungsgesetzes mit Artikel 8a B-VG eine Verfassungsbestimmung über die Farben, die Flagge und das Wappen der Republik Österreich hinzugefügt. Mit der Neuverlautbarung des Wappengesetzes mit BGBl. Nr. 159/1984 in § 1 in der grafischen Umsetzung der Anlage 1 wurde das Bundeswappen in seiner aktuellen Version eingeführt.
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Oswald Menghin (1888–1973), österreichischer Prähistoriker, Universitätsprofessor und Unterrichtsminister im nationalsozialistischen Kabinett von Arthur Seyß-Inquart. (Silbergelatineabzug)