Orthostat

Als Orthostat (Plural: Orthostaten) (griech. ὀρθοστάτης, aufrecht stehend) – wird in der Archäologie ein großer, aufrecht stehender Steinblock oder eine entsprechende Steinplatte bezeichnet, die Teil einer Baustruktur sein kann.[1] Dieses Bauelement fand insbesondere bei Gräbern, Tempelanlagen sowie in der antiken Monumentalarchitektur Anwendung.

Urgeschichte

Für die Vorgeschichte definiert das britische Concise Oxford Dictionary of Archaeology Orthostaten als große aufrechtstehende Steine, die in Megalithgräbern das Dach tragen.[2] Menhire haben dagegen keine tragende Funktion und sind somit keine Orthostaten.

Bauforschung

In der Bauforschung wird auch die aus mächtigen Werksteinen gesetzte, unterste Wandschicht minoischer[3] und griechischer Tempel sowie Repräsentationsbauten als Orthostatenschicht bezeichnet, die einzelnen Steine dieser Schicht werden Orthostaten genannt. Sie konnten waagrecht gesetzt sein, waren aber auch oft hochkant gestellt und wurden meist zweireihig ausgeführt.[4]

Vorderasiatische Archäologie

In der vorderasiatischen Archäologie werden auch Steinplatten, die aufrecht an der Innenseite von Gebäuden, vor allem von Repräsentationsbauten stehen, als Orthostaten bezeichnet, zum Beispiel in Neo-hethitischen Palästen wie Ain Dara, Karkemisch, Karatepe oder Zincirli,[5] und entsprechenden Neo-Assyrischen Anlagen. Sie sind oft mit Reliefs verziert. Diese Platten müssen nicht besonders groß sein. Im mittelbronzezeitlichen „Orthostatengebäude“ von Tel Kabri[6] sind die entsprechenden Platten nur zwischen 0,4 und 1,5 m hoch.[7]

Einzelnachweise

  1. Definition of orthostat in English (Memento vom 26. Oktober 2013 im Internet Archive).
  2. Timothy Darvill: The Concise Oxford Dictionary of Archaeology. 2nd edition. Oxford University Press, Oxford u. a. 2008, ISBN 978-0-19-953404-3.
  3. Joseph Shaw: Architectural signposts: datable ashlar style at Middle Minoan III Kommos in south-central Crete. In: Colin F. Macdonald, Carl Knappett (Hrsg.): Intermezzo. Intermediacy and Regeneration in Middle Minoan III Palatial Crete (= British School at Athens. Studies. 21). British School at Athens, London 2013, ISBN 978-0-904887-67-9, S. 137–143, hier fig. 11.4., JSTOR:23536746.
  4. Wolfgang Müller-Wiener: Griechisches Bauwesen in der Antike. C.H. Beck, München 1988, ISBN 3-406-32993-4, S. 88.
  5. Alessandra Gilibert: Syro-Hittite Monumental Art and the Archaeology of Performance. The Stone Reliefs at Carchemish and Zincirli in the Earlier First Millennium BCE (= Topoi. Berlin Studies of the Ancient World. 2). De Gruyter, Berlin u. a. 2011, ISBN 978-3-11-022226-5, (Zugleich: Berlin, Freie Universität, Dissertation, 2008).
  6. Assaf Yasur-Landau, Eric H. Cline, Nurith Goshen, Nimrod Marom, Inbal Samet: An MB II Orthostat Building at Tel Kabri, Israel. In: Bulletin of the American Schools of Oriental Research. Nummer 367, 2012, S. 1–29, JSTOR:10.5615/bullamerschoorie.367.0001.
  7. Assaf Yasur-Landau, Eric H. Cline, Nurith Goshen, Nimrod Marom, Inbal Samet: An MB II Orthostat Building at Tel Kabri, Israel. In: Bulletin of the American Schools of Oriental Research. Nummer 367, 2012, S. 1–29, hier S. 4, JSTOR:10.5615/bullamerschoorie.367.0001.

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Das Kastell Gholaia, das durch antike Quellen auch als castra Chol(aia), [G]olas sowie in der Tabula Peutingeriana als Chosol überliefert ist, war ein römisches Militärlager, das für Sicherungs- und Überwachungsaufgaben am vorderen Limes Tripolitanus, einem tiefgestaffelten System von Kastellen und Militärposten, in der römischen Provinz Africa proconsularis zuständig war. Blick von Süden über die rückwärtigen Portikus der Principia. Auf älteren Photos der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts trägt der zweite Pfeiler von rechts noch einen kapitellartigen, monolitischen Bogenansatz, der an den Außen und Innenseiten plan zum Pfeilerschaft gearbeitet ist.