Organmedizin

Mit dem Begriff Organmedizin wird entsprechend einer herkömmlichen medizinischen Ausbildung derjenige Teil der Medizin verstanden, der vor allem an der klassisch naturwissenschaftlich orientierten Krankheitslehre der Pathologie ausgerichtet war. Organische Krankheiten mit nachweisbaren anatomischen Veränderungen sind jedoch z. B. den funktionellen Krankheiten entgegengesetzt, die sich nur in der Störung der Funktion eines oder mehrerer Organe ohne erkennbare ursächliche patho-anatomische Grundlage äußern.[1]

Geschichte der Medizin

Der häufig gebrauchte Begriff „Organmedizin“ ist je nach unterschiedlicher Einstellung häufig kontrovers verwendet worden und spiegelt manchmal noch heute die ideologischen Auseinandersetzungen zwischen Psychikern und Somatikern. Für die Auffassung vom „Körper ohne Seele“ spricht die bekannte Aussage von Rudolf Virchow, er habe schon viele Leichen seziert, ohne je eine Seele anzutreffen.[2] Virchow war ein Gegner der zu seiner Zeit noch allgemein üblichen Auffassung der Psychiker, allerdings darf man in dieser Aussage keineswegs nur den Ausdruck einer Ideologie des Maschinenparadigmas sehen. Man kann in Virchow vielmehr auch den Begründer und Vertreter einer Sozialmedizin erkennen, der die Zellularpathologie als Ausgangspunkt seiner entsprechenden politischen Forderungen ansah.[3][4][5][6]

Literatur

  • Alexander Mitscherlich, Timo Hoyer, Bernd Hontschik: Kranksein verstehen. Ein Lesebuch. (suhrkamp taschenbuch). Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-518-46151-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Organische Krankheiten. In: Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1964, S. 633.
  2. Thure von Uexküll u. a. (Hrsg.): Psychosomatische Medizin. 3. Auflage. Urban & Schwarzenberg, München 1986, ISBN 3-541-08843-5, S. 4.
  3. Erwin Heinz Ackerknecht: Rudolf Virchow. Arzt, Politiker, Anthropologe. Stuttgart 1957, S. 36, 139.
  4. Klaus Dörner: Bürger und Irre. Zur Sozialgeschichte und Wissenschaftssoziologie der Psychiatrie. Bücher des Wissens. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1975, ISBN 3-436-02101-6, S. 307 f., 311, 313, 328.
  5. Wolfgang Jacob: Medizinische Anthropologie im 19. Jahrhundert. Mensch, Natur, Gesellschaft. Beitrag zu einer theoretischen Pathologie. Zur Geistesgeschichte der sozialen Medizin und allgemeinen Krankheitslehre Virchows. Enke, Stuttgart 1967 Jacob bemüht sich nach Dörner gegenüber Ackerknecht wieder mehr um die Darstellung einer Übereinstimmung Virchows mit der idealistischen Tradition der deutschen Medizin.
  6. Rudolf Virchow: Die Not im Spessart. Mitteilungen über die in Oberschlesien herrschende Typhus-Epidemie. (1847/48) Wissensch. Buchgesellschaft, Darmstadt 1968.

Siehe auch