Ordo Franciscanus Saecularis

Das franziskanische Taukreuz[1]

Der Ordo Franciscanus Saecularis[2] (Ordenskürzel OFS, deutsch Franziskanischer Säkularorden) zählt zum sogenannten Dritten Orden des heiligen Franz von Assisi und damit zur franziskanischen Ordensfamilie. Dem katholischen Institut des geweihten Lebens gehören Frauen und Männer an, die sich der franziskanischen Idee und Tradition verbunden fühlen und in diesem Geist „in der Welt“ leben wollen.

Der Orden nannte sich im deutschen Sprachraum von den 1970er-Jahren bis 2012 Franziskanische Gemeinschaft. Der Name „Ordo Franciscanus Saecularis“ ist international bereits länger gebräuchlich und wurde 2012 von den zuständigen Ordenskapiteln nach kontroversen Diskussionen auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz angenommen.

Geschichte

Entstehung und Regel von 1289

Der OFS gehört zu den ältesten heute noch existierenden geistlichen Laienbewegungen der katholischen Kirche. Seine Anfänge reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück. Er ist jedoch nicht von Franziskus selbst gegründet worden, auch wenn dies lange so dargestellt wurde; Franziskus gilt als Initiator der „Bußbruderschaft“ für Laien. Als Gläubige, die nicht in einer ehelosen klösterlichen Gemeinschaft leben wollten, aber doch ihr Leben nach dem Evangelium ausrichten wollten, Franziskus um Anregung für ihr Leben baten, gab er ihnen mit seinem „Brief an die Gläubigen“ 1221 einen Impuls für ein intensives christliches Leben in Familie und Arbeitswelt. Die offizielle Anerkennung der Gemeinschaft erfolgte erst 1289, lange nach dem Tod des Franziskus, durch Papst Nikolaus IV.[3]

Regel Leos XIII. von 1883

Eine Aktualisierung der Ordensregel approbierte 1883 Papst Leo XIII., der seit 1872 selber dem Dritten Orden angehörte, in seiner apostolischen Konstitution Misericors Dei Filius; sie brachte eine Abmilderung der Fastenvorschriften und der Gebetsverpflichtungen. Die Gemeinschaft war zu der Zeit sehr beliebt, und der Papst erhoffte sich von ihrer Förderung eine Wiederverchristlichung der Menschen und einen Beitrag zur Lösung der Sozialen Frage.[4] Zur Förderung des Dritten Ordens trug auch der Umstand bei, dass Leo XIII. und seine Nachfolger der Gemeinschaft zahlreiche Ablassprivilegien gewährten.

An Verpflichtungen für die Mitglieder bestanden um die Wende zum 20. Jahrhundert – am Beispiel der Drittordensgruppen im Bereich der Sächsischen Franziskanerprovinz:

  • Die Tertiaren sollten einfach und bescheiden auftreten und auf den Besuch weltlicher Theatervorführungen verzichten.
  • Sie sollten möglichst regelmäßig einen kleinen finanziellen Beitrag für wohltätige Zwecke leisten und rechtzeitig ein Testament verfassen.
  • Täglich beteten sie je zwölfmal das Vaterunser, das Ave Maria und das Ehre sei dem Vater, hielten Gewissenserforschung und besuchten möglichst die heilige Messe.
  • Sie nahmen an der monatlichen Versammlung der örtlichen Tertiarengemeinde teil.
  • Sie trugen ein kleines Skapulier und einen Gürtel unter der Oberbekleidung.

Die örtlichen Gruppen wählten für jeweils drei Jahre einen dreiköpfigen Vorstand, der aus Frauen und Männern bestehen konnte. Die Gruppen wurden geleitet von einem Franziskaner als „Regelpater“ oder „Drittordensdirektor“, der vom Provinzial der Ordensprovinz bestimmt und eingesetzt wurde.[4]

Heutige Regel von 1978

Die heute gültige Fassung der Regel wurde 1978 von Papst Paul VI. bestätigt und der Orden offiziell in „Ordo Franciscanus Saecularis“ (OFS) umbenannt. In dieser Zeit wurde im deutschsprachigen Raum der Name „Fanziskanische Gemeinschaft“ für den Dritten Orden üblich, der bis 2012 öffentlich verwendet wurde. Der neuen Regel zufolge sollten sich die Mitglieder der Gemeinschaft weniger an konkreten Verhaltens- oder Gebetsverpflichtungen orientieren (wie es die Regel Leos XIII. von 1883 vorsahen), sondern mehr an jenen Anregungen, die Franziskus selbst seinen Anhängern gegeben hatte, um „im Vertrauen auf den Vater unter Führung des Heiligen Geistes den Fußspuren Jesu Christi nachzufolgen durch ein Leben nach dem Evangelium: als Antwort auf die Liebe Gottes, als Geschwister aller Geschöpfe, anspruchslos und dienstbereit, dankbar und froh, dem Frieden verpflichtet in jeder Beziehung, missionarisch durch das einfache Leben mit anderen, den Armen und Schwachen besonders verbunden, mitverantwortlich für den Aufbau der Kirche durch ständige Erneuerung, kontemplativ im Alltag, in den Geschöpfen und in den Ereignissen Gottes Geschichte mit den Menschen erblickend.“

Aufnahme und Ziele

Die Drittordensmitglieder bleiben im Allgemeinen in ihrem Beruf und ihrem Lebensumfeld, gegebenenfalls also auch in ihrer Ehe und ihrer Familie. Ähnlich wie im Ersten und Zweiten Orden geht der Aufnahme eine Zeit des Kennenlernens voraus. Es folgt eine in der Regel wenigstens einjährige Zeit der Unterweisung, nach der sich die Mitglieder durch ein zeitliches oder lebenslanges Versprechen an die Gemeinschaft binden. Ein Gelübde auf die Evangelische Räte (Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam) legen die Mitglieder nicht ab. In den kanonisch errichteten örtlichen Gemeinden treffen sich die Mitglieder des OFS allmonatlich zu wenigstens einer Versammlung mit Gebet und Schriftlesung.

Mitglieder des Ordens

Heute gehören weltweit mehrere hunderttausend römisch-katholische Christen beiderlei Geschlechts, aller Altersstufen und Berufe sowie in den verschiedensten Lebensverhältnissen zum OFS. Auch Kleriker der katholischen Kirche (Diakone, Priester, Bischöfe) können sich in den OFS aufnehmen lassen. Anders als die Mitglieder der Regulierten Dritten Orden tragen die Angehörigen des OFS im Alltag normalerweise keine Ordenstracht. Als äußeres Erkennungszeichen tragen sie hingegen oft ein franziskanisches Tau-Kreuz, ihr Wahlspruch lautet: „Pax et bonum“ = „Friede und alles Gute“.

Bedeutende Mitglieder

Regulierte Dritte Orden

Liliane Juchli, Angehörige eines franziskanischen Regulierten Dritten Ordens (SCSC), in Ordenstracht

Aus dem franziskanischen Dritten Orden haben sich eine Vielzahl neuer Gemeinschaften entwickelt, besonders im 19. Jahrhundert. Sie entstanden, indem sich sozial-karitativ tätige Gemeinschaften von den Idealen des heiligen Franziskus angezogen fühlten und ihre Satzungen an der franziskanischen Drittordensregel anlehnten.

Obwohl sich derartige „regulierte Dritten Orden“ sowohl für männliche als auch für weibliche Mitglieder bildeten, brachten sie vor allem für Frauen eine neue gesellschaftliche Rolle innerhalb der Kirche. Durch die Regulierten Dritten Orden entwickelte sich nämlich im 19. Jahrhundert ein neuer Typ von Ordensfrau: Hatten Nonnen bisher eher im Raum ihrer abgeschlossenen Klöster ein vorrangig beschauliches Leben verbracht, so streben die Angehörigen der Regulierten Dritten Orden nunmehr hinaus in die Welt, um mit sozialem Engagement Elend und Nöte der Menschen zu lindern.

Zu den Gemeinschaften dieses Typs zählen etwa Amigonianer, Elisabethinnen, Franziskusbrüder, Franziskanerbrüder vom Heiligen Kreuz, Franziskanerinnen, Barmherzige Schwestern vom heiligen Kreuz, Kreuzschwestern, Kapuzinerinnen und Liebfrauenschwestern.

Literatur

  • Sankt Franziskus und die Bußbruderschaften. Gründung des III. Ordens. In: Beda Kleinschmidt (Hrsg.): Sankt Franziskus von Assisi in Kunst und Legende (= Monographien zur Geschichte der christlichen Kunst. Band 2). B. Kühlen, M. Gladbach 1911, S. 24–27 (Textarchiv – Internet Archive).
  • Heribert Roggen: Geschichte der franziskanischen Laienbewegung. (= Bücher franziskanischer Geistigkeit Bd. XV.) Werl 1971.

Weblinks

Commons: Franziskanische Gemeinschaft – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Das „Taukreuz“ ist in der christlichen Symbolik auch als Antoniuskreuz bekannt. Es ist das Symbol der Franziskanerorden
  2. Ordo Franciscanus Saecularis - Ehem. Franziskanische Gemeinschaft (OFS Downloads): Entwicklung des OSF und seiner Bezeichnung Archivierte Kopie (Memento vom 27. März 2014 im Internet Archive)
  3. franziskaner.net: OFS – der Dritte Orden. Ein franziskanischer Weg abseits von klösterlichen Pfaden, abgerufen am 3. Februar 2020.
  4. a b Gisela Fleckenstein: Die Franziskaner im Rheinland 1875–1918 (= Franziskanische Forschungen, Heft 38). Dietrich-Coelde-Verlag, Werl 1992, S. 184.

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Liliane Juchli